Newsletter

Journal
Fräulein Prolet heißt Fritzi, sie ist Munitionsarbeiterin, 17 Jahre alt, und sie erlebt die aufreibende Zeit zwischen Revolution und Entstehung des Freistaats Bayern und sie verehrt Sonja Lerch.
mehr lesen
...

Der Nahost-Konflikt aus Sicht derer, die ihn erleben
mehr lesen
...

Erich Kästner u. Walter Trier
mehr lesen
...

Zukunft denken
mehr lesen
...

Kafka
mehr lesen
...

Die Volljährigkeit naht, und dann?
mehr lesen
...

Weihnachtszeit
mehr lesen
...

Der Mann, der alles erfand - nur nicht sich selbst.
mehr lesen
...

Auch die Nacht hat eine Farbe
mehr lesen
...

Bekenntnisse eines Außerirdischen
mehr lesen
...

Sie sind hier: Gespräche#451

Gespräche



 26.05.2020 - Das Gespräch über ein Kochbuch 



Yassamin Esfandiari

Yassamin Esfandiari ist Unternehmerin eines Catering-Service. Mit frischen Zutaten aus der Region und von Hand zubereiteten Speisen, mit Eleganz angerichtet, bietet sie eine kulinarische Reise von Köstlichkeit zu Köstlichkeit. Und selbstverständlich kocht Yassamin Esfandiari auch selbst.

Buch... Bücher... Autoren...

Diesmal geht es um ein Kochbuch „Die persische Küche – der ganze Zauber des Orients“ von Neda Afrashi, erschienen im Christian Verlag. Die Autorin können wir nicht befragen, sie lebt in Teheran. Sie hat lange in Deutschland gelebt und das Buch auf deutsch geschrieben. Wir fragen Frau Yassamin Esfandiari, die in München lebt und sich immer wieder von diesem Buch inspirieren lässt, was sie daran begeistert.
Was mich an diesem Buch begeistert, ist die Geschichte ‚dahinter‘, hinter den Rezepten. Es ist nicht nur eine Auflistung von Rezepten. Wenn man mit dem Buch anfängt, bekommt man erst mal einen Hinweis, warum zum Beispiel Khorescht, die Soßen, warum sie Khorescht heißen. Khorescht ist ein persischer Oberbegriff für Eintopfgerichte in der persischen Küche die man zum Reis ist. Und was mir gefällt: die Rezepte sind wirklich traditionelle Rezepte. Das ist heutzutage nicht mehr so einfach zu finden. Ich weiß es, weil meine Oma fast genauso wie in diesem Buch gekocht hat. Das waren die zwei Elemente, die mich an diesem Buch fasziniert haben.

Wie lange haben Sie dieses Buch? Und wo steht es, im Bücherschrank oder in der Küche?
Also, das Buch gehört auf jeden Fall in meine Küche. Ich habe alle meine Lieblingskochbücher in meiner Küche stehen.

Dieses Buch ist schon in der 8. Auflage. Das spricht für sich.

Das Buch ist in dunkelrotem Leinen gebunden, auf den Innenseiten blühen üppige Rosen, ebenso auf dem schönen, glänzenden und blumenreichen Schutzumschlag.
Die Rezepte mit stimmungsvollen Bildern von Land und Leuten machen das Buch zu einem umfangreichen Nachschlagewerk der persischen Küche. Die Rezepte und Zutaten sind alle auf deutsch geschrieben, im Anhang befindet sich ein persisch-deutsch Glossar für die wichtigsten Zutaten der Küche.
Frau Esfandiari, Sie sind geborene Iranerin. Sind Ihnen die Geheimnisse der persischen Küche von Kindesbeinen an vertraut?

Ich hatte ja das Glück, das ich mit meiner Oma aufwachsen konnte. Meine Mutter war berufstätig. Mit elf Jahren habe ich angefangen mit meiner Oma zu kochen, Sie war leidenschaftliche Köchin, und bei ihr musste wirklich alles frisch sein. Meine Oma hat von früh bis abends gekocht, und das mit Liebe und Leidenschaft. Nach der Schule durfte ich ihr helfen und habe dabei alle Zutaten kennen gelernt. Daher kommt auch der Name meiner Firma La Violetta. Violetta ist eine Blume in der Art der Stiefmütterchen oder Veilchen, und wir haben sie sehr gerne für Salate genommen.

Sind die vergleichbar mit unseren Stiefmütterchen, die wir in Deutschland auf dem Markt kaufen?

Nicht ganz, diese Violen sind bio. Sie sind vom Geschmack her süß. Sie wuchsen in unserem Garten, ebenso Minze, Rosen, viele Kräuter. Von meiner Oma habe ich viele Kräuter- und Gewürzmischungen gelernt.

Wann sind Sie nach Deutschland gekommen?

Ich bin 2002 nach Deutschland gekommen. Der Liebe wegen. Ich war Übersetzerin, aber ich wollte immer gerne Köchin werden. In meiner Familie konnte man sich nicht vorstellen, dass eine Frau unter 25 Jahren eine Köchin wird, Juristin oder Ärztin schon.

Und dann haben Sie angefangen zu kochen?

Zuerst war für mich die deutsche Küche etwas ganz Neues. Ich musste erstmal die Fleischsorten kennen lernen und habe bei Vinzenz Murr ein Praktikum gemacht. Danach begann ich langsam meine Catering-Firma aufzubauen, das hat aber acht Jahre gedauert.

Die Autorin Neda Afrashi ist wie Sie im Iran geboren. Was entdeckten Sie in diesem Buch an Aspekten der persischen Esskultur im Unterschied zur deutschen? Welche Unterschiede sind für Sie interessant?
Was ich interessant finde ist, dass es bei der deutschen und bayrischen Küche darum geht, satt zu werden. Es geht nicht darum, dass das Essen schön aussehen muss, es ist eigentlich immer funktional. Es ist einfache Küche, und man verwendet auch nicht viele Gewürze, aber es schmeckt lecker und macht satt. Das ist die Funktion.
Die persische Küche ist dagegen auch funktional, aber sie ist eine sehr gesunde Küche, fast eine ayurvedische Küche, sie muss immer eine Balance haben. Die traditionelle persische Küche ist nicht fleischhaltig. In der deutschen Küche spielt Fleisch eine wichtige Rolle. 60% ist Fleisch und 20% sind die Beilagen. In der persischen Küche ist es umgekehrt, 60% ist Reis, der sehr wichtig ist, und so etwa 15-20% sind Fleisch. Dann sind Gewürze sehr wichtig, und wie das Essen dekoriert wird, das spielt auch eine große Rolle. Wir haben viele Vorspeisen, sehr viele Beilagen, auch die Soße muss dekoriert werden. Das hat man in der deutschen Küche nicht.

Sind in diesem Kochbuch auch moderne Rezepte?

Ja, aber hauptsächlich traditionelle und lokale Gerichte.

Das Buch enthält eine illustrierte Landkarte mit einer Übersicht der lokalen Küche in den einzelnen Regionen, damit man die Rezepte zuordnen kann.
Der Iran ist ein sehr großes Land und hat viele verschiedene Klimazonen. Im Norden ist es feucht und schwül, dort wachsen die meisten Lebensmittel. Im Süden ist Wüste und das Kaspische Meer. Da gibt es hauptsächlich Datteln, Bananen und Fische. Die Küche im Süden ist eher eine arabische-indische Küche. Im Norden ähnelt sie der türkischen Küche oder die Küche aus Aserbaidschan. Man kann in jeder Stadt neue Esserlebnisse haben.

Würden Sie gerne die Autorin Neda Afrashi treffen?
Sehr, sehr gerne. Als ich das Buch gelesen habe, dachte ich mir, was für ein tolles Buch. Vorher glaubte ich, dass ich eigentlich alles kenne, aber ich entdeckte Sachen, die ich noch nicht gehört oder gelesen hatte. Ich fragte mich, wer ist diese Frau hinter diesem Buch? Am liebsten würde ich mich ihr im Iran treffen, oder mit ihr zusammen kochen, das würde mich sehr freuen.

Sehr schön sind auch die Geschichten über Land und Leute mit den stimmungsvollen Bildern vom Fotografen Oswald Baumeister.

Das sind ganz tolle Fotos.

Das biblische Wort „Paradies“ entstammt dem persischen Wort für Garten. Ist die persische Küche eine Küche des Garten Edens?
Eine schöne Frage, und ich sage ja. Deshalb heißt auch einer meiner Teesorten Behescht. Und Behescht heißt Paradies bzw. Garten Eden. Wenn man in Kaschan durch die Rosenfelder geht, spürt man einem intensiven Blumenduft, und man könnte denken, das ist das Paradies. Dort wächst eine spezielle Rosensorte aus der Öl hergestellt wird, oder sie wird für Tee getrocknet.

Sie betreiben in München einen Catering-Service. Auf ihrer Webseite werben Sie mit den Worten:
Auch in unserer Küche wird mit Wasser gekocht. Eines unserer Geheimnisse ist allerdings, dass wir unsere Gewürze direkt aus ihren Herkunftsländern beschaffen und unsere Gemüse frisch vom Feld in einem unserer Kochtöpfe zubereiten. Ein Essen sollte zunächst im Geschmack überzeugen, doch gepaart mit Optik und Duft der Speisen bieten wir unsern Kunden das besondere Erlebnis von Orient bis Okzident.
Und dafür ist für Sie auch das Buch „Die Persische Küche, der ganze Zauber des Orients“ eine Inspirationsquelle?
Ja, Das Buch inspiriert mich sehr, weil ich dort noch mehr traditionelle Rezepte gefunden habe. Ich mag auch die moderne Küche. Ich mische Rezepte, in dem Sinn das ich alte Rezepte auch modern präsentiere.

Was heißt das?
Zum Beispiel, bei einer traditionellen Küche würde es heißen: Reis auf der rechten Seite, Fleischsoße auf der linken Seite. Meine Kunden sind zum größten Teil Europäer, da wird auch die Präsentation anders erwartet. Ja, das Buch fasziniert mich immer wieder.

Verraten Sie uns, welche Gewürze sind typisch persisch?
Also es sind zwei Gewürze, die echt persisch sind. Die finden Sie überall, in allen Speisen oder Nachspeisen, eigentlich in allem was wir essen. Es ist Safran, das teuerste Gewürz der Welt, und Kurkuma. Ursprünglich kommt Kurkuma aus Indien. Kardamom gehört auch noch dazu. Die persische Küche ist nicht sehr scharf, ist eher blumig. Dann haben wir Rosen, die auch verwendet werden. Wir machen sehr viele Joghurtspeisen mit Rosen.

Sind das die Rosen, die wir hier in die Vase stellen?

Nein, das ist eine spezielle Rose. Die heißt auf persisch Mohamaddi Das ist eine besondere Rosensorte, die es hier in Deutschland leider nicht gibt.

Und ist das die Rose, die im Buch „Persische Küche“ immer wieder zu sehen ist, auf der Innenseite oder auf den Kacheln?

ja, eine typische Mohammadi Rose. Diese Rose hat viel, viel mehr Blätter als die normale Rose, die Blätter sind etwas kleiner und haben einen unglaublichen Duft. Alle Rosen sind in dieser pink-rosè Farbe wie in dem Buch, es gibt keine andere.

Sollten Hobbyköche sich an diese Rezepte wagen?
Auf jeden Fall. Ich würde sie empfehlen. Sie sind nicht kompliziert, die Rezepte sind einfach beschrieben, es funktioniert. Was ich in diesem Buch großartig finde, ist ein Überblick über die Zutaten und deren Bedeutung, das habe ich vorher noch nicht gesehen. Die Autorin hat auch immer einen Ersatz oder eine Alternative vorgeschlagen, wenn man eine Zutat hier nicht besorgen kann.

Was ist das Spannende an Ihrem Beruf?
Das ist eine schwierige Frage. Es ist alles spannend an meinem Beruf. Ich liebe es, neue Rezepte zu finden. Auch immer wieder die ‚Küchen‘ zu mischen und zu sehen, wie die Gäste darauf reagieren. Kochen ist mein Leben und Essen auch. Für mich gibt es einen Unterschied zwischen Butter und Butter. Ich versuche gute Produkte zu benutzen.

Nah am Viktualienmarkt führen Sie auch ein kleines Café, mit Tradition und Pistazienkuchen. Wer kommt zu Ihnen ins Café?

Zu uns kommen Gäste, die eine moderne und leckere persische Küche mögen, die trotzdem ihren traditionellen Oma’s Charakter behalten hat.

Nun, zum Schluss noch eine Frage: Und was ist Ihr Lieblingsrezept?

Frau Esfandiari lacht herzhaft, weil sie meint, dass das wohl auch ein Lieblingsrezept der Autorin ist, denn sie fängt in ihrem Buch damit an.
Mein Lieblingsrezept ist Halim Bademjan auf Seite 34, es ist ein Auberginenpüree, ich werde nie satt davon.

Frau Esfandiari, es macht sehr neugierig mit Ihnen über das Kochbuch „Die Persische Küche, der ganze Zauber des Orients“ zu sprechen und vor allem hungrig.
Vielen Dank für das Gespräch.



©Steffi.M.Black 2020 (Text u. Bild)