Newsletter

Journal
Weihrauch und Rosenduft
mehr lesen
...

Americana: Ein zerrissenes Land im Spiegel der Country Music
mehr lesen
...

Ada und die Künstliche Blödheit
mehr lesen
...

Roman: Der nackte Wahnsinn
mehr lesen
...

Das Gespräch mit Gunna Wendt
mehr lesen
...

Lost in Translatione Stefan Wimmer
mehr lesen
...

Das Gespräch mit Stefan Wimmer
mehr lesen
...

10 Fragen an Rafael Seligmann
mehr lesen
...

Die großen Unbekannten der Mathematik
mehr lesen
...

Was, wenn das Leben, das du führst, nie deins war?
mehr lesen
...

Sie sind hier: Gespräche#269

Gespräche



 02.05.2016 - Felicitas Mayall - Autorin 



Felicitas Mayall

Felicitas Mayall ist das Pseudonym von Barbara Veit-Mayall. Frau Veit-Mayall ist Journalistin und Schriftstellerin. Sie war lange Redakteurin bei der Süddeutschen Zeitung. Sie verfasste Kinder- und Jugendbücher. Aus ihren vielen Reisen entstanden literarische Reiseberichte über Australien und Tasmanien, ebenso Italien. Beliebt sind ihre Kriminalromane „Laura Gottberg ermittelt“ mit Schauplätzen zwischen München und Siena. Diese atmosphärischen Krimis machten Felicitas Mayall zur Bestseller-Autorin.

Frau Mayall, mit der Protagonistin Laura Gottberg, Hauptkommissarin mit scharfsinnigem Spürsinn aus München, schaffen Sie in Ihren Krimis eine Atmosphäre, wie sie nicht spannender sein kann. Was ich sehr an Ihren Krimis schätze, ist, dass Sie nicht grauenhafte, blutige Morde beschreiben. Ist das eine weibliche Sicht vom Kriminalroman?
Ich kann blutrünstige Romane nicht ausstehen. Die Welt ist blutrünstig genug, da brauche ich nicht detaillierte Beschreibungen von Gruselmördern. Ich lese solche Bücher gar nicht, und verstehe auch nicht ganz warum so manche davon erfolgreich sind und gerne gelesen werden. Ich mag Bücher, die mehr bieten und die auch gesellschaftliche Probleme aufgreifen.

Sie schreiben Krimis mit Handlungen zwischen München und der Toskana. Es ist aber auch eine sensible Liebesgeschichte mit viel italienschem Flair. Dabei zeigt sich Ihre hohe Kunst die Leserinnen und Leser zu verblüffen. Was könnte Sie selbst verblüffen?

Nein, mittlerweile nicht mehr viel, dazu habe ich einfach zu viel erlebt.

Im Ihrem ersten Buch „Laura Gottberg ermittelt“ kommt ein Satz vor:„..sie haben sehr präzise Vorstellungen von anderen Menschen.“ Die haben Sie, Frau Mayall, wohl auch, denn Sie haben ausgeprägte Menschenkenntnis und psychologisches Sachwissen. Nach welchen Kriterien legen Sie ihre Figuren fest?
Wenn ich ein neues Buch „Laura Gottberg ermittelt“ anfange, überlege ich mir ganz genau, wie es den Figuren ergehen soll. Sollen sie einen Konflikt austragen, wie sieht die Person aus, was soll sie schon erlebt haben. Von Mördern mache ich mir auch eine Vorstellung, doch beim Schreiben entwickelt sich so manches ganz anders. (Frau Mayall sagt es schmunzelnd)

Oder anders gefragt, wie recherchieren Sie?

Ich lese sehr viele Bücher zum jeweiligen Thema. Und entsprechend zum Thema mache ich auch mit Experten Interviews dazu, um mir ein Bild zu verschaffen. Eine Informationsquelle ist natürlich das Internet, das ich ebenfalls benutze, und die Tageszeitungen.

Haben Sie beim ersten Band von Laura Gottberg gewusst, das so viele folgen werden?
Nein, das habe ich nicht geahnt. Der Erfolg vom ersten Buch hat sich ganz gut angelassen, sodass es sich anbot, weiter zu schreiben, und mit jedem Band wurde die Serie „Laura Gottberg ermittelt“ erfolgreicher.

Klar, Laura Gottberg ist schlagfertig, sie hat einen klaren, analytischen Verstand. Gleichzeitig überfällt sie immer wieder das schlechte Gewissen einer berufstätigen Mutter. Das macht diese Figur authentisch und sehr sympathisch.

In „Zeit der Skorpione“ enden Sie mit dem Satz: „Ach, irgendwie haben sich die Zeiten nie grundlegend geändert. Ich finde es langweilig. Meinst du nicht, dass sich die Menschen endlich etwas anderes ausdenken sollten?“ Frau Mayall, sind Sie resigniert, dass in Krimis immer der Tod auftritt?
Eigentlich geht es um Kriminalität, darum dass sich Menschen gegenseitig umbringen wegen Geld, Eifersucht, Konkurrenz, Hass. Das war schon immer so, und Laura kommentiert mit diesem Satz einen Vers aus Dantes Göttlicher Komödie, den Commissario Guerrini ihr vorgelesen hatte. Ich denke, wenn man sich die Welt so anschaut, sieht man, dass sie im Moment nicht besser wird, und da bin ich schon resigniert. Ich dachte, der Mensch hätte etwas dazugelernt und bräuchte keine Kriege mehr, aber es sieht nicht danach aus.

Die italienische Mafia sorgt immer wieder für Spannung und beschäftigt auch Laura Gottberg. Vorurteile sind schnell bei der Hand, wenn Leichen als Betonskulpturen auftauchen. Im Gegensatz dazu ist der Chef eines Münchner Nobelrestaurants ein sensibler Mafioso. Ist das Mafia alla Bavarese?
Nein, gar nicht. Es gibt sicher eine Menge sensibler Mafiosi, die gerne aussteigen würden, die aber aus dem System nicht rauskommen. Sie müssen sich anpassen, um kein schlechtes Mafia-Schicksal herauszufordern. Dieser hier ist ein bipolarer Mafioso, einer der in seinen Impulsen hin und her schwankt.

Frau Mayall, wundern Sie sich über Ihre Courage, die Mafia real zu beschreiben?

Über die Mafia wird inzwischen so viel geschrieben, das braucht keine Courage mehr. Vermutlich freut sich die eitle Mafia, wenn über sie berichtet wird.

Wie geht es Ihnen, wenn Sie gerichtsmedizinische Vorgehensweisen am Seziertisch in der Pathologie beschreiben. Ist Ihnen mal beim Schreiben schlecht geworden?
Nein, da bin ich hart im Nehmen, ich sitze am Schreibtisch und stelle es mir ja nur vor, und gucke nicht real zu.

Neun spannende Kriminalromane haben Sie geschrieben, und wir LeserInnen können nicht genug bekommen. Sie sind bestimmt fit durch Ihre Recherchen und könnten jetzt Seminare über moderne Kriminalistik und kriminelle Syndikate halten. Oder?
Ja, das könnte ich schon, doch da bin ich nicht wild drauf. Ich mache lieber Seminare über das kreative Schreiben. Aber am liebsten schreibe ich selber, viel lieber, als dass ich darüber rede.

Vergnüglich ist in ihren Krimis auch die Fürsorge für den Gaumen. Die Ess-Szenen sind so anregend, dass man sofort die Rezepte ausprobieren möchte. Können wir auf ein Rezeptebuch von Ihnen hoffen?
Ja, das habe ich schon länger vor. Das Buch wäre schon da, wäre mir nicht eine Krankheit dazwischen gekommen. Dieses Buch möchte ich gerne in der Toskana schreiben. Dort kenne ich eine Restaurant-Köchin, die alle traditionellen Rezepte beherrscht und mir mit ihrem kulinarischen Wissen zur Seite steht.

Wenn ein Krimi aus der Serie Laura Gottberg verfilmt werden wird, welche Schauspielerin wünschen Sie sich für die Besetzung der Kommissarin?

Bis jetzt habe ich noch keine wirkliche Besetzung gefunden. Prima wäre natürlich einen Schauspieler zu finden, der ein echter Italiener ist und den Commisario in allen Facetten darstellt. So einer wie Vittorio Gassmann’s Sohn würde mir gefallen. Laura muss natürlich eine Frau mit Lebensfreude und Charme sein.

Was interessiert Sie an Kriminalliteratur?

Also, interessiert haben mich Kriminalromane immer schon. Jerry Cotton habe ich unter meinem Bett deponiert, als Fünfzehnjährige, später stapelten sich dort Chandler und die berühmten Amerikaner und Engländer, bis meine Mutter sie entfernt hat. Ich hab’ mir immer vorgestellt, dass ich irgendwann auch einen Krimi schreiben werde. Meine literarischen Vorstellungen konnte ich gut in Krimis packen.

Wo schreiben Sie am liebsten Ihre Romane, hier in Bayern oder in der Toskana?

Ich schreibe überall, da wo ich gerade bin. Besonders gerne natürlich in der Toskana, oder in meinem Arbeitszimmer.

Gibt es für Sie Vorbilder, die für Ihre Arbeit von besonderer Bedeutung waren?

Die Vorbilder gehen quer durch alle Literaturen. Natürlich lese ich sehr gerne italienische Kriminalautoren und ich bin ein Fan von Andrea Camilleri’s Commissario Montalbano.

Frau Mayall,es gibt auch ein Buch von Ihnen mit dem Titel „Das Paradies ist immer wo anders“. Sie haben es gesucht und einen Reisebericht über das unbekannte Tasmanien geschrieben. Das war so vor 12 Jahren. Würden Sie wieder dort hinfahren und ein Buch über das heutige Tasmanien schreiben?

Ich glaube nicht, dass sich da sehr viel verändert hat. Tasmanien liegt richtig aus der Welt, da passiert eigentlich nicht viel, außer Buschbränden, Segelregatta, ansonsten ist die Holzindustrie dabei, die schönen Wälder zu zerstören. Tasmanien eine stille Insel mit unglaublich guter Luft, und deshalb ein bisschen paradiesisch.

Das Buch „Fliegende Hunde“ über Australien ist jetzt auch als Taschenbuch beim Rowohlt Verlag erschienen. Diese Reise nach Australien war für Sie so beeindruckend, dass Sie ein Buch darüber schreiben mussten. Warum?
Es war ja nicht nur eine Reise. Sieben, acht große Outback-Touren habe ich mit meinem Mann zusammen gemacht, sodass daraus dieses Buch entstanden ist. Australien ist so fasinzierend und so widersprüchlich. Und man weiss ja immer noch nicht viel über diesen Kontinent, das hat mich gereizt, unsere seltsamen Erfahrungen, die wir gemacht haben, zu beschreiben. Seltsame Menschen, seltsame Tiere, seltsame Politiker, seltsame Pflanzen sind da, man muss sie nur suchen. Australien ist ein vielfältiges, spannendes Land.

Frau Mayall, packt Sie ein Schreibfieber, wenn Sie an einen neuen Kriminalroman denken?

Manchmal schon, wenn ich so an einige Bücher denke, die ich bereits geschrieben habe. Aber im Moment nicht so sehr, weil ich noch ein bisschen krank bin, aber ich möchte einen weiteren Laura Gottberg Roman schreiben. In Lauras Leben passiert so einiges, das möchte ich zum Abschluss bringen.

Neun Bücher mit der Hauptkommissarin sind auf dem Buchmarkt und in den Münchner Stadtbibliotheken zu finden. Im Jahr 2017 erscheint der 10. Band mit Laura Gottberg. Dieser wird mit großer Spannung und Neugierde erwartet. Was wird Laura Gottberg ermitteln? Und es stellt sich die große Frage, liebt der Commissario immer noch seine Commissaria tedesca? Vielen Dank für das Gespräch.

Titel sind in geb.Ausgabe beim Kindler Verlag, und
Taschenbücher bei rororo Rowohlt Verlag erschienen.
©Steffi.M.Black 2016(Text)
©Paul Mayall (Bild)