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Gespräche



 13.05.2013 - 1-Das Gespräch mit Franz-Maria Sonner 



Franz-Maria Sonner

Franz-Maria Sonner
vom Schriftsteller zum Verleger von O-Tönen. Franz-Maria Sonner war vor 10 Jahren dabei, um sich für das Bücherbegehren einzusetzen, als in München die Schließung einer noch nicht bekannten Anzahl von Stadtteilbibliotheken drohte.


Bücher & mehr e.V.: Herr Sonner, für Sie sind Bibliotheken nichts Fremdes. Nicht die Entfernung zu ihnen, nicht die vielen Bücher. Sie haben diese Orte schon immer aufgesucht. Wie begann Ihre Liebe zu den Büchern eigentlich?

FMS: Ich bin in München Neuhausen in die - damals so genannte - Volksschule gegangen. Dorthin kam regelmäßig ein Bus der Wanderbibliothek. Ein stattliches, großes Auto mit ausklappbarer Treppe, ein bisschen wie eine Gangway. Drinnen die Regale voller Bücher. Ich habe damals am liebsten „Bomba der Dschungelboy“ gelesen, eine Buchserie über die Abenteuer eines eher kindlichen Tarzans. Mindestens der folgende Abend war damit spannend ausgefüllt.

Bücher & mehr e.V.: Herr Sonner, als vor 10 Jahren einige Stadtteilbibliotheken der Stadt München dem Rotstift geopfert, oder gar geschlossen werden sollten, haben Sie sich dafür eingesetzt, dieses zu verhindern. Was waren Ihre Beweggründe und was Ihr Beitrag?

FMS: Wer wie ich mit Bibliotheken aufgewachsen ist, kann so etwas nicht nachvollziehen. Ich erinnere mich noch an jede einzelne: die Gemeindebibliothek auf dem Land, die dortige Pfarrbibliothek, die damalige Zentralbibliothek in der Infanteriestraße, die Bibliothek des Deutschen Museums. Diese Fülle unterschiedlichster Literatur hätte ich ohne öffentliche Bibliotheken nie kennen gelernt. Gut, man neigt dazu, den eigenen Werdegang ein wenig zu romantisieren, aber das Gerüst des Ganzen ist doch: alles lesen zu können ohne Bücher kaufen zu müssen. Bücher bilden einen kulturellen Unterbau, den fördern muss, wer Hochkultur subventioniert. Der Charme einer Bibliothek ist, dass sie etwas unmittelbar Demokratisches an sich geht: Du gehst hinein und holst dir Bücher! So einfach ist das. Schon deshalb habe ich gleich zugesagt, bei der Lesenacht im Spiegelzelt im Kunstpark Ost, kurz vor der Abstimmung über das Bürgerbegehren „Bücherbegehren“ mitzumachen. Und ich unterstütze das Anliegen auch weiterhin.

Bücher & mehr e.V.: In dem Roman von Peter Weiss “Ästhetik des Widerstands“ erinnern wir uns an die drei Freunde...

FMS: Ja, der Erzähler besucht einen Bildungsverein, wo er sich mit anderen zusammen bildende Kunst und Literatur aneignen möchte. Sie diskutieren, sie legen aus, sie vergleichen. Das wirklich Bewegende an dieser Schilderung von Peter Weiss ist, eine große Ernsthaftigkeit und Sehnsucht nach Bildung dargestellt zu haben, das Bedürfnis danach. Nur wer die Welt durch künstlerische Hervorbringungen verstehen gelernt hat, kann sich in ihr orientieren.

Bücher & mehr e.V.: Sie, Herr Sonner, empfinden die Bibliothek im Gasteig als eine großzügige und angenehme Bibliothek, Sie lesen gerne dort und stöbern nach Büchern. In Ihrem Weg von der Wanderbibliothek bis zur heutigen Bibliothek ist für Sie die Präsenzbibliothek immer wichtiger geworden. Und heute kommen ja noch eBooks dazu...

FMS:
Richtig, aus der Bücherei im engen Sinne ist eine Medienbibliothek geworden, in der sich ein repräsentatives Angebot an Audio, Video und elektronischen Büchern befinden sollte. Das Kriterium hierfür ist ein ganz schlichtes: auf den Inhalt kommt es an, das Medium selbst ist weder gut noch schlecht. Inzwischen gibt es gangbare Wege, die mit den Verlagen ausgehandelt sind, wie sich Bücher auf elektronischem Wege verleihen lassen. Kurz gesagt: das Basismodell einer öffentlichen Bibliothek funktioniert für alle Medien.

Bücher & mehr e.V.: Herr Sonner, Sie sind vom gedruckten Wort zum gesprochenen Wort gewechselt und haben einen Verlag für Audiokultur gegründet. Ihr Verlag Quartino wirbt mit dem Slogan “Wissen für Kopfhörer“. In verschiedenen Themenreihen und in der Audioakademie des Verlages haben Sie den Anspruch, Originaltöne zu veröffentlichen.

FMS: Man kann Adorno, Bloch, Heidegger der Jaspers gelesen haben und doch vermitteln Original-Vorträge mehr als der Text: ein spezieller Duktus, eine ganz eigene Intentionalität - Authentizität eben. Der Effekt ist der gleiche wie in jeder alltäglichen Kommunikation: verstehe ich den Menschen, verstehe ich auch, was er mir sagen möchte.

Bücher & mehr e.V.:
in der Reihe O-TON Wissenschaft Ihres Verlages gibt es eine CD mit dem Titel „Hannah Arendt und Karl Jaspers: Eichmann, von der Banalität des Bösen“. Der Quartino Verlag brachte eine CD schon 2010 heraus. Für diejenigen, die den Film von Margarethe von Trotta über Hannah Arendt gesehen haben, und im Radio BR 2 Kulturjournal die Sendung dazu gehört haben könnte diese CD eine Ergänzung sein.

Herr Sonner noch eine Frage: Stadtbibliotheken, die einen kulturellen Auftrag haben und der Volkskultur bzw. der Bildung dienen, werden selbstverständlich hingenommen. Was sollte geschehen, um auf die Angebote hinzuweisen und die Bibliotheken zu Mittelpunkten zumachen?

FMS: Sie als das zeigen, was sie sind: komfortabel, anregend, modern. Es gibt eine Unzahl bezahlter Ausleihen, Videotheken z.B. – das funktioniert doch. Um so mehr eine kostenlose Ausleihe! Und für uns gilt: Einfach die Stadtbibliotheken in Anspruch nehmen!

Herr Sonner, vielen herzlichen Dank für das Gespräch.

Verlag Quartino "Wissen für Kopfhörer"
München
http://www.quartino.de

©Steffi.M.Black 2013(Text u.Bild)