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Für Sie gelesen!
Nicht nur Bibliothekarinnen und Bibliothekare aus den Münchner Stadtbibliotheken stellen Ihnen Bücher vor.
Lesen Sie hier die Buchbesprechungen und Buchempfehlungen. Auch Ihre Buchempfehlungen sind herzlich willkommen.

Wir wünschen vergnügliches Lesen.


02.03.2024 John Grisham pur
 
Spannung pur? und noch mehr Spannung! - wie weit geht das? Was bedeuten schon Millionen Lösegeld, wenn Forderungen am kippen sind?
Werte Leser, Sie sind dabei, mitten in Manhattan in der Anwaltskanzlei und suchen nach Lösungen, um den mörderischen Konflikt zulösen.

John Grisham
Die Entführung

übersetzt aus dem Amerikanischen von
Imke Walsch-Araya u. Bea Reiter
Heyne Verlag

aus dem KLappentext:
ünfzehn Jahre ist es her, dass Mitch McDeere gemeinsam mit dem FBI seine kriminelle alte Firma hat hochgehen lassen. Mittlerweile arbeitet er in der größten Anwaltskanzlei der Welt in Manhattan.
Da holt ihn das Verbrechen wieder ein: Als ihn ein Mentor in Rom um einen Gefallen bittet, findet sich Mitch schnell im Zentrum eines mörderischen Konflikts wieder. Er soll durch eine immense Lösegeldzahlung eine Geiselnahme beenden, doch die Umstände sind dramatisch. Schon bald ist nicht nur er selbst in Gefahr, sondern auch die, die ihm nahestehen.

John Grisham ist einer der erfolgreichsten US-amerikanischen Schriftsteller. Seinen internationalen Durchbruch feierte er Anfang der 90er Jahre mit Die Firma. Der Weltbestseller wurde mit Tom Cruise verfilmt.
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23.02.2024 Der Nahost-Konflikt aus Sicht derer, die ihn erleben
 
Der Nahost-Konflikt aus Sicht derer, die ihn erleben
Dieses Buch bringt klare Übersicht, mit vielen Zeittafeln und Original-Dokumenten. Was in diesem Buch aus dem Alltag erzählt wird, macht sehr deutlich, dass es mehrere Wahrheiten gibt.

Martin Schäuble
Die Geschichte der Israelis und Palästinenser

Der Nahost-Konflikt aus der Sicht derer, die ihn elben
Hanser Verlag

aus dem Klappentext:
Das Buch der Stunde – hochaktuell und neu überarbeitet. Das Standardwerk zum Nahost-Konflikt von der Staatsgründung bis zum Hamas-Angriff
Kenntnisreich und vor Ort recherchiert: Wer den Nahost-Konflikt verstehen will, muss die Geschichte der Israelis und Palästinenser kennen – und den Menschen zuhören, die sie erlebt haben. Martin Schäuble hat über viele Jahre mit Israelis und Palästinensern gesprochen. Sie berichten von einem Leben im Ausnahmezustand, von langen, erbitterten Kämpfen. Was sie aus dem Alltag erzählen, macht überdeutlich, dass es nicht die eine gültige Wahrheit gibt. Und der andauernde Konflikt keinen Raum mehr lässt, die Stimmen der anderen Seite zu hören. – Dieses „aktuelle und ergreifende Sach- und Geschichtsbuch“ (FOCUS) beleuchtet die Region und den Konflikt hautnah – von der Staatsgründung bis zum Hamas-Angriff auf Israel. Mit Karten, Zeittafel, vielen Medientipps und Originaldokumenten. Erhellend, nicht nur für junge Leser:innen.

Martin Schäuble, geboren 1978, studierte in Berlin, Israel und Palästina Politik und promovierte über zwei Dschihadisten. Als Journalist bereist er seit 20 Jahren immer wieder den Nahen Osten. Aus seinen Recherchen entstand 2011 das Buch Black Box Dschihad. Außerdem erschienen bei Hanser Zwischen den Grenzen. Zu Fuß und per Anhalter durch Israel und Palästina (2013) sowie sein Jugendroman Endland (2017). 2024 folgte eine aktualisierte und ergänzte Neuausgabe von Die Geschichte der Israelis und Palästinenser - Der Nahost-Konflikt aus Sicht derer, die ihn erleben. Aktuell wohnt er mit seiner Familie in Berlin.
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22.01.2024 Büchertipp
 
einst sagte Karl Valentin:
Heute ist die gute alte Zeit von Morgen
doch Florence Gaub's Buch: Zukunft - eine Bedienungsleitung" schafft es gedanklich jetzt in die Zukunft zu reisen.

Florence Gaub
ZUKUNFT

eine Bediengungsanleitung
DTV Verlag

Selten war die Zukunft mit so vielen und großen Unsicherheiten behaftet wie heute. Aber: „Der Mensch ist das das Wesen, das die Fähigkeit hat, sich die Zukunft so detailliert vorzustellen, dass es sie erschaffen kann“, schreibt Florence Gaub, und das ist in diesen Monaten eine Nachricht voll Hoffnung.
Dr. Florence Gaub ist Politikwissenschaftlerin, Militärstrategin, und Zukunfsforscherin.
In dem Buch "Zukunft" gibt die Autorin ihre Ansichten wieder und nicht die des Verlages


Büchertipp
18.12.2023 Die Volljährigkeit naht, und dann?
 
ca. 50 Jahre später - kugelt man sich vor Lachen bei der einen oder anderen Erinnerung. Mit herrlichem, trockenen Humor hat Peter Probst und mit großem Witz eine Generationengeschichte, auch von einer Arglosigkeit der Jugend, erzählt, in der sich die gesellschaftlichen Konflikte im Krisenjahr 1977 spiegeln.

Peter Probst
ich habe Schleyer nicht entführt

Kunstmann Verlag

aus dem Klappentext:
Endlich achtzehn! Peter Gillitzer hat riesige Erwartungen an die neue Freiheit. Aber schon seine harmlosen Partypläne werden von den Eltern durchkreuzt.
In wenigen Tagen wird Peter Gillitzer volljährig. Endlich kann er so leben, wie er will. Denkt er. Doch bereits das Geburtstagsfest im Hobbykeller scheitert, sein Vater verbietet ihm allen Ernstes, Mädchen einzuladen. Zum Glück gibt es Alternativen.
Da ist ein Mann in der Nachbarschaft mit einem Haus voller Bücher, der ihm Zugang zu einer faszinierenden Welt verspricht. Zur Literatur, zu »echten« Schriftstellern. Für Peter ein Traum, den ihm der Nachbar erfüllen kann - dass der in ihn verliebt ist, wird Peter erst allmählich klar.
Da sind die Mädchen, die Schwärmereien, der Sex und die Missverständnisse. Und da sind die Zweifel an den politischen Verhältnissen, gegen die Peters Freunde aktiv werden wollen. Aber, das fragt er sich, wie weit darf Widerstand gehen? Ist Gewalt gegen Sachen legitim? Sollen Revolutionäre in offenen Beziehungen leben oder doch besser enthaltsam? Irgendwann wächst ihm alles über den Kopf und er haut mit einem Freund nach Italien ab.
Als die beiden zurückkommen, hat die politische Lage sich dramatisch zugespitzt. Sie geraten mitten in die Fahndung nach dem von Terroristen entführten Martin Schleyer und werden selbst verdächtigt.

Peter Probst, geb. 1957 in München, studierte Deutsche und Italienische Literatur und Katholische Theologie. Bald begann er mit dem Schreiben von Drehbüchern u.a. für den TATORT. Für seine Fernsehspiele erhielt er zahlreiche Auszeichnungen.
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13.12.2023 Ein schwieriger Fall
 
Wie sieht es heute aus? Alle Spione willkommen, wenn sie dazu beitragen, dass Hoffnung nicht begraben wird.

Uta Seeburg
Der treue Spion

Kriminalroman
HarerCollins Verlag

aus dem Klappentext:
Ein französischer Diplomat verschwindet 1896 spurlos aus dem Münchner Hotel Vier Jahreszeiten. Vermutlich hat er Informationen zu einer neuen Erfindung besessen, die es ermöglicht, telegrafische Falschmeldungen zu produzieren. In den unruhigen Zeiten, auf die Europa zusteuert, birgt diese Technik eine zerstörerische Macht. Die Ermittlungen führen Gryszinski auf eine verhängnisvolle Reise mit düsterem Ausgang.

Zwanzig Jahre später hält ein grausamer Krieg die Welt im Klammergriff. Gryszinskis Sohn Fritz ist mittlerweile erwachsen und wird als Meldegänger an der Front in Verdun eingesetzt. Unverhofft gerät er an neue Indizien zum Fall des verschwundenen Diplomaten. Fritz begibt sich auf eine geheime Mission durch Europa, in der Hoffnung, zu Ende zu führen, was sein Vater begonnen hat.

Uta Seeburg
ist Berlinerin und lebt in München. Sie arbeitete bereits als Werbetexterin, Drehbuchautorin und Redakteurin, widmet sich aber heute ausschließlich der Schriftstellerei. Die promovierte Literaturwissenschaftlerin wohnt mit ihrem Mann und ihrer kleinen Tochter in München.
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15.11.2023 Die Buchbinderin von Oxford
 
Pip Williams
Die Buchbinderin von Oxford

Heyne Verlag

aus dem Klappentext:
England, 1914: Als die Männer in den Krieg ziehen, halten die Frauen die Nation am Laufen. Zwei von ihnen sind die Zwillingsschwestern Peggy und Maude, die in der Buchbinderei der Oxford University Press im Arbeiterviertel Jericho arbeiten und auf einem Hausboot voller Bücher leben. Peggy träumt davon, eines Tages an der Universität zu studieren.
Doch ihr wird gesagt: "Dein Job ist es, die Bücher zu binden und nicht zu lesen!". Maude ist ein ganz besonderes, verletzliches Mädchen, und Peggy fühlt sich nach dem Tod ihrer Mutter für ihre Schwester verantwortlich. Mit der Ankunft von belgischen Flüchtlingen in Oxford und der Unterstützung neuer Freunde rücken Peggys Träume ganz unerwartet in greifbare Nähe. Und sie beschließt, eine andere Zukunft für sich zu erschaffen - eine, in der sie nicht nur ihre Hände, sondern auch ihren Verstand einsetzen kann.

Ein emanzipatorischer Roman, der Licht wirft auf die unsichtbare Arbeit von Frauen und das alte Handwerk des Buchbindens
Der Nr.-1-Bestseller aus Australien: Ein historischer Schmöker für Buchliebhaber*innen zum Eintauchen und Entspannen »(Williams) Charaktere sind so überzeugend, so voller Leben, dass sie eher entdeckt als erfunden wirken.« (The Sydney Morning Herald)
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19.10.2023 Der Mann, der alles erfand - nur nicht sich selbst.
 
Ulrich Chaussy
Arthur Eichengrün
Der Mann, der alles erfand, nur nicht sich selbst

Herder Verlag

Wir verdanken ihm ASPIRIN. Er erfand den unbrennbaren Kinofilm und schuf mit „Cellon“ seinen Urstoff, der beim Bau der Flugzeuge und Zeppeline, in der Textil- und Elektroindustrie in Deutschland und international Verwendung fand. Dr. Arthur Eichengrün war Forscher, Erfinder und Unternehmer in Personalunion. Der Aufstieg des jüdischen Tuchfabrikantensohnes zu einem der vielseitigsten Chemiker der Kaiserzeit setzte sich in der Weimarer Republik fort und verschaffte ihm Wohlstand und Anerkennung.

1929 wird er als „Vater der Acetylcellulose“ zum Ehrendoktor, 1930 mit dem Eintrag in das „Reichshandbuch der deutschen Gesellschaft“ gewürdigt. Ab 1933 gelten all seine Verdienste nichts mehr. Deportiert ins KZ Theresienstadt muss der große Chemiker erkennen, dass er eines nicht umformen und synthetisieren konnte:
Eine Identität, die ihn vor dem Rassenwahn der Nationalsozialisten hätte schützen können.

Ulrich Chaussy stieß auf den völlig Vergessenen, als er die Geschichte des für Hitlers „Führersperrbezirk“ zerstörten Bergdorfes Obersalzberg erforschte.


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11.10.2023 Auch die Nacht hat eine Farbe
 
Beeindruckende Geschichte zweier Menschen, die in ihrer Glückseligkeit gemeinsam und doch jeder für sich wandeln, oder besser leben, bis sich das Unsichtbare zeigt. Leichtsinn und Trägheit. Der Vater tröstet: Wenn Du im Kopf Geschichten entstehen lässt, überlebst Du.
Ein Buch mit Hoffnung und großartig geschrieben.

Marianne Ach
Auch die Nacht hat eine Farbe

edition lichtung

Wie findet man Halt, wenn das Liebste im Leben von einem Tag auf den anderen in die Dunkelheit gerissen wird? Konstanze hat ihren festen Platz noch nicht gefunden. Im Studium ist sie wenig zielstrebig, ihre Freunde wechseln. Zur Mutter hat sie ein kühles Verhältnis, eng verbunden fühlt sie sich mit dem Vater.

Eric tritt in ihr Leben, ein Schauspieler, der nur für die Bühne lebt und ihr keine Sicherheiten bietet. Trotzdem wünscht sich Konstanze ein Kind von ihm. Als die kleine Chiara auf der Welt ist, scheint sich alles zu fügen, Konstanze gewinnt Boden unter den Füßen. Doch dann bricht ein Unglück in ihr Leben herein, das alles überschattet.

Marianne Ach führt nah an ihre Hauptfigur Konstanze heran, an ihren Wankelmut, ihre Verzweiflung, ihre Hoffnung. Sie erzählt eine erschütternde Geschichte, die nicht ohne Hoffnung bleibt: Auch die Nacht hat eine Farbe.
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01.10.2023 Bekenntnisse eines Außerirdischen
 
Uff? Die Außerirdischen kommen zu uns?
Da müssen sich aber die Außerirdischen auf Manfred gefasst machen. Manfred ist unter uns, und wir machen uns keine Sorgen um ihn. Wir sind gut unterhalten und erleben Grenzen menschlicher Erkenntnisse.

Thomas Lehr
MANFRED

Die Bekenntnisse eines Außerirdischen
Hanser Verlag


aus demKlassepnext:
Manfred ist ein höchst durchschnittliches Exemplar der Gattung Homo sapiens. Anfang 30, blass und schmerbäuchig lebt er einsam im Homeoffice. Und dennoch löst er intergalaktischen Alarm aus. Wieso sollte gerade er – wie vor ihm Descartes oder Einstein – die Fähigkeit haben, die Existenz der Außerirdischen zu entlarven? Der Außerirdische Zorrgh ergreift Besitz von Manfreds Bewusstsein, um den Grund herauszufinden. Er boostert Manfred und schon bald nimmt dieser Kontakt zu seiner – nicht ganz so harmlosen – Jugendliebe Sabine auf. Bis hin zu einem furiosen Finale ahnt Zorrgh nicht, wie nah ihn die beiden an seine eigenen Grenzen bringen werden. Der irrwitzigste Roman, den Thomas Lehr je geschrieben hat.

Der Autor Thomas Lehr ist einer der besten deutschen Schriftsteller mit sprachlichen Fähigkeiten und den Spannkräften eines flexiblen und scharfen Intellekts.
Bei Hanser erschienen u.a. Größenwahn passt in die kleinste Hütte (Kurze Prozesse, 2012), die Novelle Frühling (2019) sowie die Romane September. Fata Morgana
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18.07.2023 Büchertipp - Heimliche Heldinnen
 
Hans Pleschinski
Der Flakon

C.H.Beck Verlag

DIE GRÄFIN IN DER POSTKUTSCHE
KANN SIE DEN LAUF DER GESCHICHTE AUFHALTEN?

Im August 1756 überfällt Friedrich der Große ohne Kriegserklärung Sachsen. Vor der hochgerüsteten preußischen Armee flüchtet Friedrich August, Herrscher über Sachsen und Polen, zusammen mit seinem Premierminister Heinrich von Brühl, nach Warschau. Aber die Reichsgräfin von Brühl bleibt in Dresden und kapituliert nicht, während das Land geplündert wird. Sie schmiedet einen Plan...

Getarnt durch ein Pseudonym, macht sie sich mit ihrer Kammerzofe auf den mühevollen Weg nach Leipzig, wo Friedrich der Große seine Audienzen hält. Kann man durch eine beherzte Tat die Geschichte verändern, einen barbarischen Krieg beenden?

In seinem neuen ebenso unterhaltsamen wie kenntnisreichen Roman erzählt Hans Pleschinski von einem wenig bekannten Ereignis der deutschen Geschichte und von heimlichen Heldinnen.


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13.07.2023 Transitmaus - Ein Roman aus den letzten Tagen West-Berlins
 
Eva Sichelschmidt
Transitmaus

Rowohlt Verlag

Eine Fluchtgeschichte: Ein Mädchen will erwachsen werden, sie will Spaß. Im düsteren, lange schon mutterlosen Elternhaus am Rande des Ruhrgebiets ist der gewiss nicht zu finden. Doch in diesem Winter 1988 tönen Sirenenklänge von einer glitzernden Insel im grauen, realsozialistischen Meer: West-Berlin.

Dort glaubt sie zunächst, in einem Fotografen ihre neue Liebe gefunden zu haben. Sie stürzt sich in das Leben dieser seltsamen Metropole, deren bekanntester Club nicht von ungefähr «Dschungel» heißt.
Doch der Freund entpuppt sich als Filou, und auch diverse andere Bekanntschaften taugen kaum als Ersatz für den fernen Vater, zu dem sie immer mehr den Zugang verliert. Sie weiß nicht, wie schlimm es um ihn steht, zu sehr ist sie selbst gefangen in einem Sog aus Lügen und Betrug, in dieser Stadt zwischen Mauern, gebaut wie für die Ewigkeit …

Eva Sichelschmidt wuchs am grünen Rand des Ruhrgebiets auf. 1989 zog sie nach Berlin, wo sie als Kostümbildnerin für Film und Oper arbeitete und erst ein Maßatelier für Abendmode, dann das Geschäft «Whisky & Cigars» eröffnete. 2017 erschien ihr erster Roman, «Die Ruhe weg». Ihr zweiter, «Bis wieder einer weint», war u.a. für den Deutschen Buchpreis nominiert. 2022 war sie zum Bachmann-Wettbewerb eingeladen. Eva Sichelschmidt lebt in Rom und Berlin.
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10.07.2023 Die Welt umsegeln
 
Nadja Raiser
Die Weltensegelerin

Knaur Verlag

Eine wagemutige Frau – ein unerhörtes Abenteuer – und eine große Liebe:

Im historischen Roman »Die Weltenseglerin« begleiten Sie die junge Portugiesin Mariella Alvaro und ihren berühmten Onkel Fernando Magellan auf einer der spektakulärsten Entdeckungsreisen der Seefahrt.

Portugal, 1519: Um der Ehe mit einem gewalttätigen Trinker zu entgehen, flüchtet sich die junge Mariella Alvaro als Mann verkleidet auf die Concepción – eines der fünf Schiffe, mit denen ihr Onkel Fernando Magellan den westlichen Seeweg von Spanien zu den Gewürzinseln Indonesiens erkunden will.

Als Mariellas Tarnung schließlich auffliegt, muss sie sich nicht nur gegen zermürbende Flauten und lebensbedrohliche Stürme behaupten: Die Matrosen begegnen ihr entweder mit offener Feindseligkeit, weil sie überzeugt sind, eine Frau an Bord würde Unglück bringen; oder sie werfen ihr Blicke zu, die Mariella als mindestens ebenso gefährlich empfindet.

In die größte Gefahr bringt Mariella jedoch ihr eigenes Herz, das sie ausgerechnet an den ehemaligen Kapitän Juan Sebastián de Elcano verliert …

An der Seite der wagemutigen Mariella lässt uns Nadja Raisers historischer Roman die Entdeckung der Südpassage an Feuerland vorbei miterleben: mitreißend, dramatisch und gewürzt mit einer leidenschaftlichen Liebesgeschichte.
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21.05.2023 Büchertipp - Wo die Geschichte ihren Anfang hat
 
Thomas Hartwig
HOYWOJ

Roman
Salon Literatur VERLAG München

Bevor ich das Buch in den Händen hielt und aufschlug, wollte ich wissen, wo die Heimat der Sorben liegt. Ich glaubte, dass das Buch in einem Ritterschloss mit vielen Menschen in schönen Kleidern spielt.
Aber –
die erste Station war unerwartet Köln am Rhein. Dort lebt der Musiker Patrick mit seiner kleinen Familie.

Das Buch HOYWOJ ist eine schöne, sensible Hinführung zu einer deutschen Vergangenheit, und der Name ist sorbisch für Hoyerswerda. Hätten Sie, liebe Leserinnen und Leser, dass gewusst? Ich nicht, ich dachte Hoyerswerda liegt ja in Sachsen, unweit von Dresden. Und das in Sachsen eine starke Minderheit von Sorben lebt, erfuhr ich durch das Buch.
Was treibt einen Autor um, dieses Thema zu bewegen?

Auch das hat Geschichte, und der Autor Thomas Hartwig macht das Leben der jungen Marja, Patricks Urgroßmutter, drastisch sichtbar. Die, weil sie in ihrem Dorf mit Familie und Dorfbewohnern sorbisch sprach, in den Kriegsjahren als Magd auf ein Rittergut in Ostpreußen zwangsverpflichtet wurde. So kam Marja wegen ihrer sorbischen Herkunft auf das Schloss Steinort des Grafen Heinrich von Lehndorff in den Masuren, wo auch Reichsaußenminister Joachim von Ribbentrop wohnte. Vieles musste Marja mit ansehen, Angst aushalten, Hinrichtungen und die Vertreibung miterleben.

Auf 575 Seiten ist geballtes Leben festgehalten.
Der Autor hat aus der über tausend Jahren alten Geschichte der Sorben in der Ober- und Niederlausitz die letzten Jahrzehnte festgehalten, bis in unsere heutige Zeit, die Zeit nach der Wende 1989. Man steht immer wieder da und begreift eigentlich nicht, was geschieht. Warum wird Marja Tochter Waltraud, die für Freiheit und ein eigenständiges Leben steht, in den 90er Jahren von Neonazis erschlagen?
Der Autor erwähnt zwar den Unmut und die Wut der jungen DDR-Bürger, zu Beginn der 50er Jahre, aber nicht den Aufstand vom 17. Juni 1953, der lange Zeit in Westdeutschland ein Gedenkfeiertag war.

Ein spannender, ein bewegender, ein informativer Roman über Ausgrenzung, Suche nach der eigenen Identität, Lebensgefühl einer Minderheit und Bangen um die große Liebe.
©Steffi.M.Black 2023 (Text)

Aus dem Klappentext:

Thomas Hartwig hat mit HOYWOJ einmal mehr einen großen Roman gegen Ausgrenzung und Diskriminierung geschrieben.

Seit knapp 1.500 Jahren besiedeln Sorben und Wenden die Gebiete der Ober- und Niederlausitz, wo sie bis heute in vielen Bereichen ihre kulturelle Eigenständigkeit bewahren konnten. Am bekanntesten sind die Osterritte, ihre bunten Trachten sowie die von Otfried Preußler aufgegriffene Sage von Krabat, dem sorbischen Betteljungen, der die Zauberkunst erlernt und sie zum Wohle der Sorben und Wenden einsetzt.

Thomas Hartwigist Schriftsteller, Drehbuchautor und Regisseur. Er drehte Dokumentarfilme als Autor und inszenierte auch Fernsehspiele. Für die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten schrieb er Hörfunkfeatures. Von 1993 bis 1996 war er als Dozent, Dramaturg und Skripteditor an der Filmakademie Ludwigsburg, der Bavaria-Atelier-GmbH und der Hochschule für Fernsehen und Film in München tätig.Seine filmischen Arbeiten wurden mit mehreren Preisen und Ehrungen ausgezeichnet. Mitgliedschaften:Er ist Mitglied im Bundesverband der Fernseh- und Filmregisseure in Deutschland e.V.
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HOYWOJ
16.05.2023 Ein Buch für Dich und mich, um zu verstehen worum es geht. Nicht nur Chefsache -
 
Julia Finkeissen u. Thomas R. Köhler
Chefsache Metaverse:

NFT, Blockchain, AR, VR:
So steuern Sie sicher durchs Web3 –
Ein Praxisbuch für Unternehmen / plus E-Book inside
Campus Verlag

im Oktober 2021 verkündet der Facebook-Konzern – Betreiber von WhatsApp, Instagram und Facebook – seine Umbenennung in »Meta«. Was zunächst wie eine simple Namensänderung klang, könnte das gesamte Internet revolutionieren. Das Unternehmen investiert Milliarden in das Metaverse. Und der Rest der Technologiebranche – von Apple bis Microsoft – zieht mit.
In diesem Buch geben Julia Finkeissen und Thomas R. Köhler mit ihrer Expertise für neue Technologien Einblick in die wichtigsten Bausteine des Metaverse und des Web3. Sie liefern konkrete Handlungsempfehlungen für Unternehmen und beschreiben die neuen Chancen und Risiken des Metaverse und der zugrundeliegenden Technologien – ohne falschen Hype und immer mit Blick auf Nutzen und Anwendungspotenziale.
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10.05.2023 Das Cafe ohne Namen
 
Robert Seethaler
Das Cafe ohne Namen

Claassen Verlag

Ein Café und seine Menschen. Ein Mann, der seiner Sehnsucht folgt. Robert Seethalers neuer Roman.

Wien im Jahr 1966. Robert Simon verdient sein Brot als Gelegenheitsarbeiter auf dem Karmelitermarkt. Er ist zufrieden mit seinem Leben, doch zwanzig Jahre nach Ende des Krieges hat sich die Stadt aus ihren Trümmern erhoben. Überall wächst das Neue, und auch Simon lässt sich mitreißen. Er pachtet eine Gastwirtschaft und eröffnet sein eigenes Café. Das Angebot ist überschaubar, und genau genommen ist es gar kein richtiges Café, doch die Menschen aus dem Viertel kommen, und sie bringen ihre Geschichten mit – von der Sehnsucht, vom Verlust, vom unverhofften Glück. Sie kommen auf der Suche nach Gesellschaft, manche hoffen sogar auf die Liebe, und während die Stadt um sie herum erwacht, verwandelt sich auch Simons eigenes Leben.

Das Café ohne Namen ist ein Roman über den menschlichen Drang zum Aufbruch. Mit einem Reigen unvergesslicher Figuren und seiner besonderen Aufmerksamkeit für die Details des Lebens erzählt Robert Seethaler davon, wie eine neue Welt entsteht, die wie alles Neue ihr Ende schon in sich trägt.
Über den Autor
Robert Seethalers Bücher wurden in über 40 Sprachen übersetzt. Mit seinem Roman Ein ganzes Leben stand er auf der Shortlist des International Booker Prize. Er lebt in Berlin und Wien.
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25.04.2023 Edgar hatte Glück - Büchertipp
 
Sie verlieren sich nicht aus den Augen. Drei Freunde aus Dortmund-Lütgendortmund.
Ihre Kindheit in Lütgendortmund ist typisch für den „Pott“. das Ruhrgebiet, kleine Wohnungen, die Zechen gleich nebenan, Armut, und eine Zukunft im Pütt zu arbeiten. Das prägt und schürt Sehnsüchte.
Nicht jeder Bub will nach der Schule in der „Grube“ malochen. Edgar hatte Glück, sein Maltalent wurde entdeckt und er durfte eine Lehre als Schaufensterdekorteuer machen. Sein Förderer erreichte, dass Edgar als Arbeiterkind an der Düsseldorfer Kunstschule angenommen wurde.
Lütgendortmund, in dieser Vorstadt wird die Tristheit, aber auch das Zusammenleben großartig von Jörg Thadeusz nahegebracht. Im Norden Dortmunds, in Lütgendortmund blieben die Menschen nach dem Krieg in ihrer Nachbarschaft fast so wie vorher, blieben misstrauisch und lebten ihren Alltag, waren für einander da, auch wenn der Tag oft mit Boonekamp runtergespült wurde.
Die Jugend, von der Steinhammerstraße mit ihren Lädchen und Frisörsalon, träumt von einem besseren, von einem anderen Leben.
„Steinhammer“ so das Buch von Jörg Thadeusz, lässt die 1950er/1960er Jahre an einem vorüberziehen, und diejenigen, die das dortige Leben kennen, denken, es war vorgestern gewesen.

Jörg Thadeusz
Steinhammer

Kiepeheuer & Witsch Verlag

Aus demKlappentext:
Dortmund-Lütgendortmund in der Nachkriegszeit, das bedeutet Armut, Kriegstraumata und wenig Hoffnung auf eine rosige Zukunft. Doch drei Jugendliche kämpfen um einen besseren Platz im Leben. Edgar wächst bei seiner Mutter und seinem Onkel – der Vater ist im Krieg gefallen – in den 50er-Jahren in der Steinhammer Straße in Dortmund auf. Er soll später den Friseurladen übernehmen oder bei schlechtem Betragen zur Strafe auf den Pütt. Er, seine Jugendliebe Nelly und sein bester Freund Jürgen – sie alle haben genug von der ärmlichen Enge und Versehrtheit des Viertels und träumen davon, alles hinter sich zu lassen. Als Edgar die Möglichkeit bekommt, Schaufensterdekorateur zu lernen, und Förderer findet, öffnet sich die Tür zur Düsseldorfer Künstlerszene. Doch Edgar ist anders als die Sprösslinge reicher Familien und eckt mit seiner unkontrollierten Art immer wieder an.

Der Roman lehnt sich an an das Leben des Malers Norbert Tadeusz, der es zum Meisterschüler Beuys’ und zum Kunstprofessor brachte. Jörg Thadeusz schreibt in diesem authentischen Roman über einen Aufsteiger, der mit seiner Herkunft bricht und sie doch nie ganz loswird.
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Büchertipp
13.04.2023 Büchertipp - Berechnung
 
Die Berechnung des Rauminhaltes – welches System ist da das richtige? Sollte man es dem Zufall überlassen, oder wie Tara Selter zu einer Antiquariatsmesse fahren? Was stellt eine Brandwunde auf der Hand mit einem an? Ist die Wunde der Indikator für Tara Selters Erinnerungsverweigerung, sodass sie meint, immer am selben Tag aufzuwachen?

Tara Selter ist die Hauptfigur in Solvej Balle‘s Buch „Über die Berechnung des Rauminhalts“. Ihr Leben geriet an einem 18.November in eine Zeitschleife. Jeder Tag war der 18. November. Merkwürdiges und Unvorhersehbares durchlebt Tara Selter. Von was wird sie getrieben? „Es waren Morgen ohne Eigenschaften die verschwanden. Es war die Zeit auf dem Meeresgrund, die unmöglich wiederzufinden war“, so das Buch. Und was geschieht, wenn der Tag dann der 19. November ist?

Lassen Sie sich, geschätzte Leserinnen und Leser, in den Sog einer spannenden, einer ungewöhnlichen Liebesbeziehung ziehen.

Solvej Balle
Über die Berechnung des Rauminhalts I
Matthes & Seitz Verlag Berlin


aus dem Klappentext:
Nach einer Geschäftsreise zu einer Antiquariatsmesse in Bordeaux beginnt für die Buchhändlerin Tara Selter, die mit ihrem Mann Thomas in einem Haus in Nordfrankreich lebt, die Zeit stillzustehen. Gefangen in einer Wiederholung, durchlebt sie stets von Neuem jenen 18. November, während es für Thomas und alle anderen Menschen, denen sie begegnet, ein immer neuer Anfang ist. Sie erinnern sich an nichts, was »gestern« war, erwachen stets zu ihrem ersten 18. November des Jahres. Genießt Tara diese Zeit des »Schwindels« im doppelten Sinne die ersten sechzig Tage noch, offenbart sich langsam ein Problem: Sie wird älter, Thomas nicht. Die beiden, die sich zuvor so nahegestanden haben, entfernen sich voneinander – und Tara versucht versessen, aus dem 18. November herauszufinden. Über die Berechnung des Rauminhalts I ist der erste Band eines groß angelegten Romanprojekts, in dem Solvej Balle die Fiktion von der Wirklichkeit befreit, ohne jedoch Science-Fiction zu schreiben. Mit einem präzisen, stets aufmerksam lauschenden Stil schildert Balle die Mechanik und Monotonie der Zeitschleife, in die ihre Protagonistin gerät, sowie die ungewöhnliche Liebesbeziehung, die sich daraus ergibt. Eindringlich führt sie uns vor Augen, wie jeder in seiner eigenen Blase lebt, und lehrt uns – wie es große Literatur oft tut –, die Welt mit neuen Augen zu sehen.
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Büchertipp
19.03.2023 Büchertipp
 
Daniel Glattauer
Die spürst du nicht

Zsolnay Verlag

Bü+m:Kennen Sie den Begriff: Schockschaden? Oder besser: Schmerzensgeld?
Ferien in der Toskana. Exklusiv-Ferien gegen Langeweile,
doch es bleibt nicht dabei. Atemlos verfolgt der Leser, die Leserin, die kleine Gruppe am Pool und dann ihr Leben wieder zu Hause. Die Freundin der Tochter einer Umweltaktivistin, ein somalisches Flüchtlingskind, ist im Pool ertrunken. Ein Juristischer Schlagabtausch hält die Presse in Bewegung, wettert über die privilegierte Gesellschaft mit ihrer Doppelmoral. Was ist ein Menschenleben wert?
Warum ist sie und ihre Familien aus Somalia geflohen, wie kamen sie nach Österreich? Der Leser, die Leserin hält wieder den Atem an, können so eine Flucht auch sogenannte Wohlstandsbürger überleben.
Ja, das Leben schreibt die besten Szenen; die Tochter lernt über eine Internet-Plattform virtuell einen feinfühligen jungen Mann kennen, dem sie sich anvertraut und sich verliebt. Sie kann nicht ahnen, dass sie bewusst ausgesucht wurde.

aus dem Klappentext
Der Bestsellerautor Daniel Glattauer lässt in seinem neuen Roman Menschen zu Wort kommen, die keine Stimme haben – ein Sittenbild unserer privilegierten Gesellschaft.
Die Binders und die Strobl-Marineks gönnen sich einen exklusiven Urlaub in der Toskana. Tochter Sophie Luise, 14, durfte gegen die Langeweile ihre Schulfreundin Aayana mitnehmen, ein Flüchtlingskind aus Somalia. Kaum hat man sich mit Prosecco und Antipasti in Ferienlaune gechillt, kommt es zur Katastrophe.
Was ist ein Menschenleben wert? Und jedes gleich viel? Daniel Glattauer packt große Fragen in seinen neuen Roman, den man nicht mehr aus der Hand legen kann und in dem er all sein Können ausspielt: spannende Szenen, starke Dialoge, Sprachwitz. Dabei zeichnet Glattauer ein Sittenbild unserer privilegierten Gesellschaft, entlarvt deren Doppelmoral und leiht jenen seine Stimme, die viel zu selten zu Wort kommen.
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15.03.2023 Das Presselager im Bleistiftschloss.
 
Büchertipp:

Das Presselager im Bleistiftschloss. Aufregende Geschichten - so viele Schriftstellerinnen und Schriftsteller, die wir heute als Berühmtheiten kennen, auf der Suche nach Gerechtigkeit versammelt.

Neumahr, Uwe
Das Schloss der Schriftsteller

Nürnberg '46 - Treffen am Abgrund
C.H.Beck Verlag

aus dem Klappenetxt:

Wohl nie waren so viele berühmte Schriftsteller und Reporterinnen aus aller Welt unter einem Dach versammelt wie in Nürnberg 1946. Sie kamen, um zu berichten: von den Gräueln des Krieges und des Holocaust, die dort vor Gericht verhandelt wurden. Sie wohnten und schrieben auf Schloss Faber-Castell, diskutierten, tanzten, verzweifelten, tranken. Uwe Neumahr erzählt ihre Geschichte in seinem aufregenden und bewegenden Buch.

Erich Kästner war in Nürnberg und Erika Mann, John Dos Passos und Martha Gellhorn, Willy Brandt und Markus Wolf. Augusto Roa Bastos kam aus Paraguay, Xiao Qian aus China. Im Gerichtssaal blickten sie den Verbrechern ins Angesicht, im Press Camp auf dem Schloss versuchten sie, das Unfassbare in Worte zu fassen. Dabei trafen im Mikrokosmos des Faber-Schlosses Exil-Rückkehrer auf Überlebende des Holocaust, Kommunisten auf Vertreter westlicher Medienkonzerne, Frontberichterstatter auf extravagante Starreporter. Und während sie in den Abgrund der Geschichte sahen, während sie über Schuld, Sühne und Gerechtigkeit nachdachten, veränderten sich nicht nur sie, sondern auch die Art, wie sie schrieben.

Bü+m: Wenn man in die Nachkriegs-Geschichte einsteigt, kommen immer wieder Details oder der eine oder andere Hinweis zutage, die uns späteren Generationen einen intensiven Eindruck geben, Geschichte zu begreifen. Sehr lesenswertes Buch.

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25.02.2023 Zwischen Welten oder zwischen Welten?
 
Juli Zeh & Simon Urban
Zwischen Welten

Luchterhand Verlag

Zwanzig Jahre sind vergangen: Als sich Stefan und Theresa zufällig in Hamburg über den Weg laufen, endet ihr erstes Wiedersehen in einem Desaster. Zu Studienzeiten waren sie wie eine Familie füreinander, heute sind kaum noch Gemeinsamkeiten übrig.

Stefan hat Karriere bei Deutschlands größter Wochenzeitung DER BOTE gemacht, Theresa den Bauernhof ihres Vaters in Brandenburg übernommen. Aus den unterschiedlichen Lebensentwürfen sind gegensätzliche Haltungen geworden. Stefan versucht bei seiner Zeitung, durch engagierte journalistische Projekte den Klimawandel zu bekämpfen. Theresa steht mit ihrem Bio-Milchhof vor Herausforderungen, die sie an den Rand ihrer Kraft bringen.

Die beiden beschließen, noch einmal von vorne anzufangen, sich per E-Mail und WhatsApp gegenseitig aus ihren Welten zu erzählen. Doch während sie einander näherkommen, geraten sie immer wieder in einen hitzigen Schlagabtausch um polarisierende Fragen wie Klimapolitik, Gendersprache und Rassismusvorwürfe. Ist heute wirklich jeder und jede gezwungen, eine Seite zu wählen? Oder gibt es noch Gemeinsamkeiten zwischen den Welten? Und können Freundschaft und Liebe die Kluft überbrücken?


Juli Zeh,
1974 in Bonn geboren, Jurastudium in Passau und Leipzig, Promotion im Europa- und Völkerrecht. Längere Aufenthalte in New York und Krakau. Schon ihr Debütroman »Adler und Engel« (2001) wurde zu einem Welterfolg, inzwischen sind ihre Romane in 35 Sprachen übersetzt. Juli Zeh wurde für ihr Werk vielfach ausgezeichnet, u. a. mit dem Thomas-Mann-Preis (2013) und dem Heinrich-Böll-Preis (2019). Im Jahr 2018 erhielt sie das Bundesverdienstkreuz und wurde zur Richterin am Verfassungsgericht des Landes Brandenburg gewählt. Ihr Roman »Über Menschen« war das meistverkaufte belletristische Hardcover des Jahres 2021.

Simon Urban,
geboren 1975 in Hagen, Studium der Germanistik, Komparatistik und Philosophie in Münster. Sein Roman „Plan D“ (2011), in dem die DDR heute noch existiert, wurde in elf Sprachen übersetzt. 2014 erschien der Roman „Gondwana“. Ausgezeichnet mit zahlreichen Literaturpreisen und Kreativawards wie Cannes-Löwen und dem Clio-Grand Prix. Für die Agentur Jung von Matt schrieb er den Edeka-Film #heimkommen, der weltweit für Aufsehen sorgte und zu den erfolgreichsten deutschen Virals gehört. er dabei umkam“ über einen Juristen, der zum Rächer wird.
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23.02.2023 Büchertipp
 
aus dem DUDEN:
Am¬bi¬va¬lenz, die

Bedeutung
Zwiespältigkeit; Spannungszustand; Zerrissenheit

Das neue Buch von Amélie Nothomb wäre kein Amélie Nothomb Buch, wenn auch hier die bittere Süße der Boshaftigkeit fehlen würde. Die Wandlungen im Leben - eine spannende Geschichte.

Amélie Nothomb
Ambivalenz

Diogenes Verlag

aus dem Klappentext:
Claude ist ein unbeständiger Verehrer. Erst lässt er seinen Charme spielen und verführt Dominique mit Champagner und Chanel N° 5, dann wieder ist er unnahbar und abweisend.
Gemeinsam haben sie eine Tochter, Épicène, die mit ihrem extravaganten Vornamen früh lernt, eigenständig zu denken und zu handeln. Sie weiß auch sofort, was zu tun ist, als die Mutter in einem Pariser Stadtpalais den Launen des Vaters auf die Schliche kommt.

Amélie Nothomb,
geboren 1967 in Kobe, Japan, hat ihre Kindheit und Jugend als Tochter eines belgischen Diplomaten hauptsächlich in Fernost verbracht. In Frankreich stürmt sie mit jedem neuen Buch die Bestsellerlisten und erreicht Millionenauflagen. Ihre Romane erscheinen in über 40 Sprachen. Für ›Mit Staunen und Zittern‹ erhielt sie den Grand Prix de l'Académie française, für ›Premier Sang‹ den Prix Renaudot 2021. Amélie Nothomb lebt in Paris und Brüssel,
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24.01.2023 Agentenleben in Pullach
 
Buchtipp
Carl Maria Ehrlicher
Das Tor der Tränen

SALONLiteraturVERLAG

Darf sich ein Agent verlieben? So richtig verlieben, und die Wahrheit über sich sagen? Und was geschieht, wenn er es tut?
Das Buch von C.M.Ehrlicher ist kein Abenteuerroman, obwohl sein Protagonist als Agent beim Bundesnachrichtendienst in Pullach arbeitet. Für den reist er quer durch die Welt.
„Das Tor der Tränen“
ist ein fesselndes Buch über ein Agentenleben - von innen. Das geheimnisvolle Leben als Agent - Jungs aufgepasst, wenn man James Bond werden möchte - sieht allzu oft doch anders aus. Büros reihen sich aneinander, Neid und Konkurrenz sind Tür an Tür.
Der Buchtitel hat nichts mit Weinen zu tun. Es ist eine Meerenge im Roten Meer, nach der sollte eine Aktion heißen. Der Autor C.M.Ehrlicher, natürlich ein Pseudonym, weiß wovon er schreibt, ist wohl selbst Agent gewesen und bringt die Machenschaften der Geheimdienste dem Leser hautnah rüber. Es sind die 1970/80er Jahre, als die Welt in Turbulenzen war.

Aus dem Klappentext:
Eigentlich hat sich Karl Häusler nicht viel dabei gedacht, als er Ende der 1960er Jahre bei der Jobsuche eher zufällig an den deutschen Auslandsnachrichtendienst gerät. Anfangs ist er neugierig, doch je länger er als Agent dient, umso mehr zweifelt er an dem, was er tut. Im Sommer 1979 führt ihn eine Operation, die ihr Entstehen einem Missverständnis auf hoher politischer Ebene verdankt, nach Schweden. Als er sich dort unter falschem Namen in eine Frau verliebt, verliert er langsam die Kontrolle über sein bislang so routiniertes Leben.
Zur gleichen Zeit gerät die Welt aus den Fugen – Chomeini übernimmt im Iran die Macht, in Teheran werden 52 amerikanische Diplomaten als Geiseln genommen. Politik und Liebe steuern auf eine Tragödie zu.

Der Roman ist ein Insider-Roman und literarischer Nachruf auf die Pullacher Ära des BND – und ein bemerkenswerter Blick hinter die Kulissen eines Apparats, der trotz seiner speziellen Aufgaben, Methoden und Möglichkeiten spätestens mit dem Umzug nach Berlin eines geworden ist und vermutlich bleiben wird: eine ganz normale Behörde.

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SALONLiteraturVERLAG
04.01.2023 Ein Duell? Heutzutage? Wenn Unerwartetes passiert.
 
Büchertipp

Rayk Wieland
Beleidigung Dritten Grades

Antjie Kunstmann Verlag


Ein Roman besonderer Überraschung

Eine Frau zwischen zwei Männern – das war einmal große Oper. Früher duellierte man sich da, nach allen Regeln der Kunst. Heute ist das nicht zu erwarten. Aber wenn das Unerwartete geschieht, was dann? Als der Psychiater Oskar B. Markov auf der Wache am Alexanderplatz Anzeige erstatten will, weil er zum Duell gefordert wurde, hält die Polizei das für einen schlechten Scherz.
In Berlin habe es seit hundert Jahren kein Duell mehr gegeben, die Kulturtechnik des zivilisierten gegenseitigen Totschießens sei ausgestorben. Aber Markov lässt sich nicht abwimmeln, er besteht auf einer Ermittlung.
So beginnt eine abenteuerliche Groteske, die zu einem Antiquar führt, der über der Lektüre alter Duellbücher ganz offensichtlich den Realitätsbezug verloren hat und die Tatsache, dass seine Ex-Freundin mit dem Psychiater eine Beziehung angefangen hat, als eine Beleidigung dritten Grades empfindet. Für ihn ist klar: Ein Duell muss stattfinden.

Nur, wie kann das gehen? Und wie ist es früher gewesen? Rayk Wieland verbindet in diesem rasanten Roman eine aberwitzige, ganz und gar gegenwärtige Geschichte mit der Erzählung des letzten Duells in Deutschland und schafft so eine Spannung, die bis zur letzten Seite anhält.
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02.01.2023 Wenn ich mir vorstelle, ich öffne den Kofferraum.... das fängt ja gut an.
 
Büchertipp

Volker Michel
Der Pelzige Pälzer

Lauinger Verlag


Der Arzt Moritz Wolf
kommt gerade aus dem Fritz-Walter-Stadion, als er auf einen Bewusstlosen mit einem Messer in der Brust trifft.
Nachdem er ihm Erste Hilfe geleistet hat, steigt er versehentlich in den falschen, noch dazu letzten, Park-and-Ride-Bus. Gestrandet an der Kaiserslauterer Uni macht er sich zu Fuß auf dem Weg zu seinem Auto.

Unterwegs begegnet ihm die junge Deutsch-Amerikanerin Emily Jones. Sie hat eine Autopanne und steht zitternd vor ihm. Wolfs amateurhafte Pannenhilfe wirkt nur kurzfristig. Nach längerem Zureden bringt er die völlig aufgelöste Frau dazu, ihm zu verraten, was sie verbirgt. Was sie Moritz Wolf zeigt, als sie ihren Kofferraum öffnet, verändert sein Leben und die ganze Welt …


Volker Michel kommt aus der Vorderpfalz. Volker Michel ist mit seiner einstigen Regie-Assistentin, der Pfälzerin Bärbel Michel, verheiratet, die zugleich seine wichtigste Literaturkritikerin ist.
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10.12.2022 Endlich - das Leben in und mit DALLMAYR geht weiter. Freuen Sie sich auf den Glanz einer neuen Ära.
 
Zum Schwelgen und Genießen: Die erfolgreiche Saga um den legendären Aufstieg des Feinkostladens Dallmayr geht weiter!

Lias Graf
Dallmayr
Der Glanz der neuen Ära

Pinguin Verlag

München 1905. Mit ihrem Gespür für Delikatessen hat Therese Randlkofer Köstlichkeiten aus aller Welt nach Deutschland gebracht. Handverlesene Früchte von den Kanaren, feinster Blätterkrokant aus der Schweiz und goldgelber französischer Lavendelhonig zieren die Auslage des Dallmayr. Doch ihr missgünstiger Schwager und größter Kontrahent Max versteht sich darin, Zwietracht in der Familie zu säen – besonders bei ihren eigenen erwachsenen Kindern. Dabei bräuchte Therese deren Hilfe dringender denn je. Denn um das Unternehmen in die Zukunft zu führen, hat sie einen folgenschweren Entschluss gefasst. Einen Entschluss, der sie alles kosten könnte …

Akribisch recherchiert und mitreißend geschrieben – auch mit dem 2. Band der Reihe rund um den Feinkostladen Dallmayr entführt uns Bestsellerautorin Lisa Graf ins München der Jahrhundertwende. Ein liebevoll gestaltetes Paperback für noch mehr genussvolle Lesemomente!



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06.12.2022 Aufstieg des Feinkostladens Alois Dallmayr
 
Lisa Graf
Dallmayr. Der Traum vom schönen Leben

Dallmayr-Saga 1 Penguin Verlag

Zum Dahinschmelzen schön – die Saga um den legendären Aufstieg des Feinkostladens Dallmayr!

München 1897. Anton und Therese Randlkofer führen den beliebten Feinkostladen Dallmayr in der Dienerstraße. Während die Gutsituierten erlesene Pralinen, honigsüße Früchte und exquisiten Kaffee probieren, träumen vor den prachtvoll dekorierten Schaufenstern die einfachen Bürger vom schönen Leben. Ein jeder möchte Kunde im Dallmayr sein. Doch dem glanzvollen Aufstieg des Familienunternehmens droht ein jähes Ende, als Patriarch Anton ganz unerwartet verstirbt. Schon wenige Tage später beginnt sein Bruder Max zu intrigieren, um das florierende Geschäft unrechtmäßig an sich zu reißen. Entschlossen, ihm das Feld nicht kampflos zu überlassen, setzt sich Therese an die Spitze des Unternehmens. Noch weiß sie nicht, dass auch in den eigenen vier Wänden Geheimnisse lauern …

Akribisch recherchiert, mitreißend geschrieben – Lisa Graf entführt ins München der Jahrhundertwende. Perfekt zum Schwelgen und Genießen!

p.s.
Dallmayr. Der Glanz einer neuen Ära: Roman (Dallmayr-Saga 2)
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16.11.2022 Mathematik heute - ein Vergnügen?
 
Thomas Barth
Die Kunst des Zählens: Mathematik und Technik
von der Steinzeit bis Big Data und KI

Wiley-VCH Verlag

Alles andere als staubtrockene Theorie: Ohne Mathematik wären Computer, Tablets und Smartphones undenkbar. Es lohnt sich also, sich mit der Entwicklung der Mathematik eingehender zu beschäftigen!

Thomas Barth hat Mathematik und Wissenschaftstheorie in Paris bei Gustave Choquet und in Erlangen bei Heinz Bauer und Paul Lorenzen studiert, 1970 in Paris sein Diplom (DÉA) erhalten und 1977 in Erlangen in Mathematik promoviert. Von 1971-1990 hat Thomas Barth Mathematik an Hochschulen und Fachhochschulen unterrichtet und dabei auch Anfängervorlesungen für Ingenieure mit über 200 Studenten gehalten. Ebenso lange, von 1991-2009, war Thomas Barth in der IT-Industrie bei Siemens Nixdorf und Fujitsu Siemens Computers tätig. Daneben engagiert er sich ehrenamtlich als Juror für den Münchener Businessplan-Wettbewerb und betreut Start-Up-Unternehmen.
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14.11.2022 Elizabeth Zott wird Ihr Leben verändern!
 
Bonnie Garmus
Eine Frage der Chemie

Übersetzer Ulirike Wasel und Klaus Timmermann
Piper Verlag

Elizabeth Zott ist eine Frau mit dem unverkennbaren Auftreten eines Menschen, der nicht durchschnittlich ist und es nie sein wird.
Doch es ist 1961, und die Frauen tragen Hemdblusenkleider und treten Gartenvereinen bei.
Niemand traut ihnen zu, Chemikerin zu werden. Außer Calvin Evans, dem einsamen, brillanten Nobelpreiskandidaten, der sich ausgerechnet in Elizabeths Verstand verliebt.

Aber auch 1961 geht das Leben eigene Wege. Und so findet sich eine alleinerziehende Elizabeth Zott bald in der TV-Show »Essen um sechs« wieder. Doch für sie ist Kochen Chemie. Und Chemie bedeutet Veränderung der Zustände ...
So smart wie »Damengambit«, so amüsant wie »Mrs. Maisel«


»In Elizabeth Zott verliebt man sich total. Sie ist so toll und natürlich dargestellt, dass ich sie sogar gegoogelt habe: Die muss es doch wirklich geben, habe ich gedacht! Lange habe ich nicht ein so unterhaltendes, witziges und kluges Buch gelesen wie dieses.« Elke Heidenreich

Witzig, rebellisch und ihrer Zeit voraus – Elizabeth Zott ist unwiderstehlich!

Aus dem Englischen von Ulrike Wasel und Klaus Timmermann, dem Übersetzerduo von Delia Owens' "Der Gesang der Flusskrebse"

Bonnie Garmus "Eine Frage der Chemie" ist ihr erster Roman und in 35 Ländern erscheinen wird.
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13.11.2022 Zukunft der Zukunft? Zieht Euch warm an
 
Dirk Rossmann u. Ralf Hoppe
Der Zorn des Oktopus

Lübbe Velag

Das Jahr 2029, die Klimakatastrophe ist da, und die Menschheit kämpft ums Überleben.
Die Klima-Allianz, ein Bündnis der großen Machtblöcke, will Chaos und Hungerkriege verhindern. Ihr wichtigstes Instrument: ein Supercomputer. Doch dann fällt dieser Quantencomputer in die Hände eines ebenso brillanten wie besessenen Verbrechers.

Und plötzlich sind da nur noch zwei Menschen, die das Allerschlimmste verhindern müssen - Thomas Pierpaoli, ein kleiner Beamter, und Ariadna, eine temperamentvolle Millionärin. Gejagt und in Gefahr - und mit nur einem Ziel vor Augen: die Welt zu retten.

Auf 608 Seten -
bitte nicht verzweifeln. Kluge und engagierte Menschen helfen uns.


Der Autor Dirk Rossmann ist Mitbegründer der Deutschen Stiftung Weltbevölkerung, engagiert seit 1991 für eine zukunftsfähige Bevölkerungsentwicklung.

Der Autor Ralf Hoppe
ist Journalist und arbeitete fast drei Jahrzehnte für die ZEIT und den SPIEGEL. Seine Reportagen, die ihn in zahlreiche Krisengebiete führten, wurden vielfach preisgekrönt (u. a. Henri-Nannen-Preis, Theodor-Wolff-Preis). Zwischendurch war er Drehbuchautor und schrieb an mehreren SPIEGEL-Büchern mit. Der Autor lebt im Osten von Hamburg.
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12.11.2022 Feine Öko-Küche für wenig Geld
 
Büchertipp

Rosa Wolff
Arm aber Bio!

Feine Öko-Küche für wenig Geld
Edition Butterbrot

118 Rezepte für alle Tages- und Jahreszeiten und für jeden Anlass – immer köstlich und immer äußerst preiswert.

Rosa Wolff: „Eigentlich bin ich überhaupt nicht der sparsame Typ, im Gegenteil. Da ich aber einerseits als Freiberuflerin und lange Zeit alleinerziehende Mutter mit finanziellen Engpässen bestens vertraut bin und andererseits Kochen schon immer meine Leidenschaft war, bin ich in einem wirklich geübt: gut kochen für wenig Geld.“

Bio muss nicht teuer sein,
hat Rosa Wolff festgestellt. Bio für wenig Geld funktioniert aber nur, wenn man möglichst alles selbst zubereitet und die Zutaten den Jahreszeiten entsprechend auswählt.

In »Arm aber Bio! Das Kochbuch« finden Sie 118 Rezepte für alle Tages- und Jahreszeiten und für jeden Anlass – immer köstlich und immer äußerst preiswert.
Preisbeispiele (pro Person)
Suppen
0,25 € für ein leichtes Linsensüppchen bis 1,20 € für eine Kartoffel-Kichererbsen-Suppe
Nudelgerichte
0,55 € für Ravioli mit Tofu-Spinat-Füllung bis 1,80 € für Bandnudeln mit Auberginen und Ziegenkäse
(einige wenige) Fischgerichte
1,60 € für Rosa liebstes Fischfilet bis 2,30 € für Fisch-Curry
Fleisch und Geflügel
1,50 € für Hühnerfrikasse bis 2,50 € Hühnercurry mit Tandoori-Sauce

Sie finden darin außerdem Brot, das jedem Anfänger gelingt, dazu feine Dips und Aufstriche wie Avocado-Sahne, Schafkäse-Basilikum-Aufstrich, Auberginen-Tomaten-Aufstrich, Kartoffelkäse, Hummus.

Arm aber Bio! Das Kochbuch ist keine vegetarische Rezeptesammlung; aber die weitaus meisten Gerichte – 101 von 118 Rezepten – sind vegetarisch, eine ganze Reihe sogar vegan.
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05.09.2022 München 72
 
Petra Mattfeldt
München 72
Der Tag, an dem die Spiele stillstanden
Blanvalet Verlag

München 72 - es sollen die heiteren Spiele werden, doch sie enden in einer Tragödie. Spannend, eindringlich, fiktiv - der Roman, der die Ereignisse greifbar macht.

München, 1972: Die „heiteren Spiele“ beginnen mit Jubel und Freude in der bayrischen Landeshauptstadt. Die Stimmung ist ausgelassen, Frieden und Fröhlichkeit überall spürbar. Angelika Nowak könnte kaum glücklicher sein. Sie wurde als einzige Bogenschützin ausgewählt, die DDR bei den olympischen Spielen zu vertreten. Schnell freundet sie sich mit Roman an, einem Ringer der israelischen Mannschaft.
Doch dann passiert etwas, mit dem niemand gerechnet hat. Am Morgen des 5. Septembers verändert ein Terroranschlag alles, und der Sportler Roman ist einer der Geiseln.

Der Roman von Petra Mattfeldt erzählt aus der Sicht von fünf fiktiven Figuren, die auf realen Personen beruhen, die Ereignisse um das Olympiaattentat. Sie beschreibt ihre Gefühle, Ängste, Träume und Wünsche während der olympischen Spiele und zeichnet ein spannendes, faszinierendes und erschütterndes Porträt des schwärzesten Tages der Olympiageschichte.

Petra Mattfeldt ist verheiratet, Mutter von drei Kindern und lebt in der Nähe von Bremen. Sie schreibt Jugendbücher, Krimis und Thriller. Unter den Pseudonymen Ellin Carsta und Caren Benedikt veröffentlicht sie außerdem Historische Romane.
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30.08.2022 Igelhaut
 
Büchertipp

Katharina Adler
Igelhaut
Rowohlt Verlag

Sie hat eine Vorliebe für Whiskey-Cocktails und alte Sozialdemokratinnen, hat schlechte Backenzähne, Geldprobleme und ein Talent für den Umgang mit Holz: Iglhaut, die im Hinterhof eines Münchner Mietshauses ihre Werkstatt unterhält. Die freiheitsliebende Iglhaut, die sich immer wieder – ohne eigenes Zutun und definitiv gegen ihren Willen – in nachbarschaftliche Angelegenheiten verstrickt.

Katharina Adlers Iglhaut ist eine Heldin nach Art alter Götter. Aus dem Holz für verlässliche Beziehungen ist sie nicht gemacht, weder in der Liebe noch im Geschäft. Auch ihre Laune: so wandelbar wie das Wetter. Dabei will sie eigentlich nur ihre Ruhe, Ruhe für sich, die Hündin und ihre Arbeit.

Doch dann steht da plötzlich eine alte, komplizierte Liebe, drängen immer mehr Anwohner und ihre Geschichten – cholerisch, komisch, ungebeten – in diesen zutiefst menschlichen Roman. Einen Roman, der das Leben feiert, ohne die Augen zu verschließen vor dem, was ist.

«Selten bin ich dem Charme einer Romanfigur so verfallen.» Denis Scheck, ARD druckfrisch


Katharina Adler wurde 1980 in München geboren, wo sie nach Stationen in Leipzig und Berlin heute wieder lebt. Mit ihrem viel beachteten Debüt, «Ida», war sie unter anderem für den Alfred-Döblin-Preis, den Klaus-Michael Kühne-Preis und den ZDF-aspekte-Literaturpreis nominiert. 2019 wurde sie mit dem Bayerischen Kunstförderpreis, 2020 mit dem Premio Letterario Adei-Wizo ausgezeichnet. «Iglhaut» (2022) ist ihr zweiter Roman.
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28.07.2022 Die unheimliche Macht der geheimen Worte - die bewegende Geschichte des Rotwelsch
 
Büchertipp

Martin Puchner
Die Sprache der Vagabunden: Eine Geschichte des Rotwelsch und das Geheimnis meiner Familie
Siedler Verlag
Übersetzung aus dem Englischen Matthias Fienbork

Sie hinterließen geheime Zeichen, um den Nachfolgenden anzuzeigen, wo man willkommen war und wo nicht. Und sie benutzten einen geheimen Code, um auf der Straße zu überleben.
Man nannte sie Vagabunden, Ausgestoßene, fahrendes Volk. Ihre rätselhafte Sprache, das Rotwelsch, hat Martin Puchner schon in den siebziger Jahren als Kind in der fränkischen Provinz fasziniert.
Viel später, als Professor in Harvard, wird er diesen Code als Wissenschaftler erforschen – und erkennen, dass auch seine eigene Familie mit dieser Sprache auf unheilvolle Weise verbunden ist.
Ein bewegendes und anrührendes Buch über die unheimliche Macht der Worte - und ein dunkles Familiengeheimnis.

Martin Puchner ist der Inhaber des Byron and Anita Wien Lehrstuhls für englische und vergleichende Literaturwissenschaft an der Harvard University. Er ist Verfasser und Herausgeber von zahlreichen Büchern, die z. Teil auch ins Deutsche übersetzt wurden.
Seine Norton Anthology of World Literature ist marktführend und wird weltweit benützt, wie auch sein konstenlos zugänglicher HarvardX online course, Masterpieces of World Literature.
Sein populäres Buch THE WRITTEN WORD: HOW LITERATURE SHAPED HISTORY erzählt die Geschichte der Literatur von der Erfindung der Schrift bis zum Internet.

auch sehr empfehlemswert:
Martin Puchner
Die Macht der Schrift
Wie Literatur die Geschchte der Menschen formte

Blessing Velag
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20.07.2022 Einblick in eine andere Münchner Geschichte
 
Marian Offman
Mandelbaum

Volk Verlag

In München marschiert eine Gruppe von Rassisten, Antisemiten und anderen rechten Hetzern auf. Umringt werden sie von Polizei und Gegendemonstranten, unter ihnen der jüdische Stadtrat Felix Mandelbaum. Dann ein Zusammenstoß in der Menschenmenge – ein Anschlag? Mandelbaum wird festgenommen, in einer kargen Zelle steht ihm die längste Nacht seines Lebens bevor.
Die Situation ist beängstigend, vielleicht sogar lebensgefährlich. Mandelbaum weiß nur einen Ausweg: Er flüchtet sich in Erinnerungen. Kindheit, Jugend, Studium, Familie und politischer Aufstieg – in jeder fiebrig aufflackernden Lebensphase gehen Hoffnung, Glück und zerstörerische Erfahrungen von Antisemitismus Hand in Hand, während über allem die Frage schwebt: Kann eine deutsch-jüdische Existenz gelingen?
Deutsch. Jüdisch. Ein gutes Leben?
Fiktion und Wirklichkeit liegen oft nah beieinander. In seinem Roman „Mandelbaum“ verwebt Autor Marian Offman, interreligiöser Beauftragter der Stadt München und langjähriger Stadtrat, seine eigene Biografie ebenso geschickt wie spannungsgeladen mit der des fiktionalen Felix Mandelbaum.

Marian Offman engagierte sich im Kampf gegen Rassismus und Antisemitismus. Als Stadtrat setzte er sich für Geflüchtete ein und bemühte sich um eine Annäherung jüdischen und islamischen Lebens in München.

Im Rahmen unseres Programm
STADT|RAUM|BIBLIOTHEK
haben wir eine Lesung mit dem Autor
am

Donnerstag 27, Oktober 2022
Rathaus -Marienplatz
Großer Sitzungssaal des Stadtrates – ist ausgeschildert
Marienplatz 1, 80331 München

Einlass 18.30 Uhr, Beginn 19 Uhr
Eintritt frei
Bitte informieren Sie sich über die zum Veranstaltungstag gültigen Corona-Regeln

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13.07.2022 Der Markisenman
 
Jan Weiler
Der Markisenmann

Heyne Verlag

Was wissen wir schon über unsere Eltern? Meistens viel weniger, als wir denken. Und manchmal gar nichts. Die fünfzehnjährige Kim hat ihren Vater noch nie gesehen, als sie von ihrer Mutter über die Sommerferien zu ihm abgeschoben wird. Der fremde Mann erweist sich auf Anhieb nicht nur als ziemlich seltsam, sondern auch als der erfolgloseste Vertreter der Welt.
Aber als sie ihm hilft, seine fürchterlichen Markisen im knallharten Haustürgeschäft zu verkaufen, verändert sich das Leben von Vater und Tochter für immer.

Ein Buch über das Erwachsenwerden und das Altern, über die Geheimnisse in unseren Familien, über Schuld und Verantwortung und das orange-gelbe Flimmern an Sommerabenden.
Jan Weiler ist Journalist und Schriftsteller.
Er war viele Jahre Chefredakteur des SZ Magazins. Sein erstes Buch «Maria, ihm schmeckt’s nicht!» gilt als eins der erfolgreichsten Romandebüts der Nachkriegszeit. Jan Weiler verfasst zudem Hörspiele und Hörbücher, die er auch selber spricht.

Doch wie finden Sie den Schluss vom Markisenmann?
Kitschig? oder der Roman hat ein humoristisches Ende?

Vergnügliches Lesen wünscht Ihnen Ihr Förderverein
Bücher&mehr e.V.
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11.05.2022 Zwischen Ost und West
 
Titus Müller
Das zweite Geheimnnis

Heyne Verlag

Zwölf Jahre nach dem Mauerbau führt Ria Nachtmann ein weitgehend angepasstes Leben in Ostberlin. Niemand würde vermuten, dass sie einst als Spionin für den Bundesnachrichtendienst aktiv war. Nur eines hat die Jahre überdauert: ihre Liebe zu Jens, einem westdeutschen Journalisten. Doch Verbindungen mit dem Klassenfeind sind streng verboten. Als Ria ein geheimes Treffen arrangiert, wird sie bereits beobachtet. Ein gefährliches Katz-und-Maus-Spiel beginnt ...

Der zweite Band
zur Nachkriegsgeschichte Ost/West Deutschland - zwischen Ost u. West wird Ria Nachtmann verdächtigt, Fluchthilfe betrieben zu haben und wendet sich an den BND.

Titus Müller, geboren 1977 in Leipzig, schreibt Romane und Sachbücher. Er ist Mitglied des PEN-Clubs und wurde u. a. mit dem C.-S.-Lewis-Preis, dem Sir-Walter-Scott-Preis und dem Homer-Preis ausgezeichnet. Seine große Spionin-Trilogie erzählt die Geschichte einer mutigen Frau – und drei Jahrzehnte deutsch-deutscher Geschichte.

Ein Interview unter Gespräche am 09.07.2021
mit Titus Müller: Die fremde Spionin
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01.05.2022 Literaturagenten denken sich was aus
 
Sebastian Fitzek u. Micky Beisenherz
Schreib oder stirb

Droemer Verlag

Wer nicht schreiben will,
muss sterben.
Fitzek-Thrill meets Beisenherz-Humor

Carl Vorlau, mysteriöser Patient einer psychiatrischen Privatklinik, behauptet, vor Monaten die siebenjährige Pia entführt und an einen geheimen Ort verschleppt zu haben. Über seine Tat will Vorlau nur mit einem einzigen Menschen reden - dem ebenso humorvollen wie unkonventionell arbeitenden Literaturagenten David Dolla, dem Vorlau ein diabolisches Angebot macht: Der Agent soll ihm einen Verlagsvorschuss von einer Million Euro verschaffen, für einen Thriller mit dem Titel "Ich töte was, was du nicht siehst". Ein Geständnis in Form eines True-Crime-Romans über das Schicksal der kleinen Pia!

Als Belohnung verspricht Vorlau, Dolla zu einem Helden zu machen, der das Mädchen in letzter Sekunde vor dem sicheren Tod rettet. Sollte Dolla den Auftrag jedoch ablehnen, will Vorlau nicht nur Pia sterben lassen, sondern auch das Leben des Agenten für immer zerstören …

Klingt nach einem typischen Psychothriller?

Stimmt. Aber auch wieder nicht. Denn die Hauptfiguren von "Schreib oder stirb" sind noch außergewöhnlicher als das
neue Autorenduo selbst: Sebastian Fitzek & Micky Beisenherz.

"Wir wollten etwas schreiben, was es so noch nie gab: eine Geschichte, über die man auf der einen Seite herzhaft lachen kann - und beim Umblättern bleibt einem genau dieses Lachen vor Spannung im Halse stecken!"
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04.04.2022 Eine andere - ungewöhnliche Nacht in Venedig
 
Leila Slimani
Der Duft der Blumen in der Nacht

Übersetzung aus dem Franzöischen von
Amelie Thoma
Luchterhand Verlag

Mitreißend und mit entwaffnender Offenheit erzählt Leila Slimani in diesem sehr persönlichen Buch von einer ungewöhnlichen Nacht, die sie allein im Museum Museo Punta della Dogana in Venedig verbringt, dem einstigen Zollgebäude der Serenissima. Einem Ort, an dem sich seit jeher Orient und Okzident begegnen und der zum Sinnbild ihrer eigenen Geschichte wird.
Leïla Slimani nimmt uns mit auf eine Reise durch ihr Leben. Fesselnd erzählt sie von ihrer Familie und ihrer Kindheit in Rabat, vom Alltag in Paris als Mutter und Schriftstellerin, vom Leben zwischen den Kulturen, ihrer Aufgabe als Schriftstellerin und gesellschaftspolitisch engagierter Frau – und letztlich von der Kraft der Literatur.

Die französisch-marokkanische Autorin Leila Slimani gilt als eine der wichtigsten Stimmen Frankreich. Ihre Bücher sind Besteller. Die Autorin widmet sich dem Isam und dem Feminismus sowie dem zunehmenden Fanatismus.
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02.04.2022 Wenn Möhren frisiert und getröstest werden
 
Julia Mattera
Der Koch, der zu Möhren und Sternen sprach

Übersetzung aus dem Französichen von
Monika Buchgeister
Eichborn Verlag

Ein Gasthof im Elsass. Ein schrulliger Koch.
Eine verheißungsvolle Begegnung.

Der Gasthof von Elsa und Robert Walch ist eine Institution. Es ist Sommer, und die Touristen schwärmen von überall herbei, um inmitten friedvoller Natur Roberts köstliche Landküche zu genießen. Während seine Schwester Elsa sich um die Gäste kümmert, verbringt Robert seine Zeit am liebsten am Herd und in seinem prächtigen Gemüsegarten.
Er erzählt den Möhren Geschichten, singt seinen Hühnern Wiegenlieder und ersinnt unter dem Sternenhimmel Rezepte voller Nostalgie. Bis eines Tages die temperamentvolle Maggie aus England eintrifft. Und ihn zum Tanz auffordert. Zunächst auf dem Parkett. Doch wird Robert es wagen, mit ihr auch das wahre Leben zu erkunden?

Julia Mattera
wuchs im elsässischen Mulhouse auf. Nach dem Studium der modernen Literatur arbeitete sie als Buchhändlerin, bevor sie sich selbst dem Schreiben widmete. In DER KOCH, DER ZU MÖHREN UND STERNEN SPRACH findet nicht zuletzt ihre Liebe zu ihrer Heimat und der regionalen Kulinarik in atmosphärischen Bildern Niederschlag. Am liebsten schreibt sie in der Küche, während das Essen auf dem Herd vor sich hin köchelt.

einfach wagen - das Leben zu erkunden
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28.03.2022 Es ist nie zu spät . . .
 
Karl Lauerbach
Bevor es zu spät ist:
Was uns droht, wenn die Politik
nicht mit der Wissenschaft Schritt hält
Rowohlt Verlag Berlin

Wir leben in einer Zeit nie da gewesener Herausforderungen. Zum ersten Mal seit Beginn der Zivilisation ist sogar das Überleben der Menschen auf dem Planeten Erde gefährdet. Der sich beschleunigende Klimawandel macht das Erreichen des 1,5-Grad-Ziels mit jedem Tag unwahrscheinlicher. Kipppunkte des Klimawandels werden von der Wissenschaft warnend beschrieben und trotzdem überschritten. Doch auch bei Artenschwund, weltweitem Wassermangel oder der Gefahr noch schlimmerer Pandemien gilt: Die Fakten liegen längst auf dem Tisch. Warum schafft es die Politik nicht, die wissenschaftlichen Erkenntnisse rechtzeitig in Handeln umzusetzen?

Die Politik muss aufnahmefähiger für die Forschung sein, ja Schritt mit ihr halten – sonst werden wir, wie Karl Lauterbach zeigt, die Kontrolle über unsere Zukunft verlieren und scheitern. Kaum jemand könnte besser darlegen als Karl Lauterbach, Politiker und Wissenschaftler zugleich, warum eine Revolution des Zusammenspiels von Politik und Wissenschaft nötig ist; von welch unterschiedlichen Denk- und Herangehensweisen diese beiden Systeme bestimmt werden; und ob eine Verzahnung überhaupt möglich ist.

Ein hochdringlicher Weckruf und ein starkes Plädoyer für eine Politik, die sich der Realität stellt.
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18.02.2022 Was ist Familie? Zärtlich und herzzerreißend komisch.
 
Yasmina Reza
SERGE
übersetzt aus dem Franzöischen von Frank Heibett
und Hinrich Schmidt-Henkel
Hanser Verlag

Was bedeutet Familie?
Was heißt jüdisch sein?
Der neue Roman von Jasmina Reza kreist um große Fragen – bissig, zärtlich und herzzerreißend komisch.
Die Geschwister Popper: Serge, verkrachtes Genie und homme à femmes, Jean, der Vermittler und Ich-Erzähler, und Nana, die verwöhnte Jüngste mit dem unpassenden spanischen Mann.

Eine jüdische Familie.
Nach dem Tod der Mutter entfremdet man sich immer mehr. Zu ihren Lebzeiten hat keiner die alte Frau nach der Shoah und ihren ungarischen Vorfahren gefragt. Jetzt schlägt Serges Tochter Joséphine einen Besuch in Auschwitz vor. Virtuos hält Reza das Gleichgewicht zwischen Komik und Tragik, wenn bei der touristischen Besichtigung die Temperamente aufeinanderprallen.
Hinter den messerscharfen Dialogen ist es gerade die existentielle Hilflosigkeit dieser Menschen, die berührt.

Yasmina Reza

ist eine französische Schriftstellerin und Schauspielerin.
Als Autorin von Theaterstücken, Romanen und Drehbüchern ebenso bekannt.
"Der Gott des Gemetzels" wurde 2011 unter gleichem Namen von Roman Polański verfilmt.
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29.01.2022 Fürsorge - um die Tochter vor der Welt zu schützen?
 
Matt Haig
Der fürgsorgliche Mr. Cave

Droemer Verlag

Wie weit geht ein Vater, um seine Tochter vor der Welt zu schützen?
Beklemmend, bewegend und zutiefst zu Herzen gehend: Matt Haigs psychologischer Roman über die zerstörerische Kraft von Angst und Liebe.

Wann wird Liebe zu Besessenheit?
Drei Mal schon musste Antiquitätenhändler Terence Cave den Verlust eines geliebten Menschen verkraften: erst den Selbstmord seiner Mutter, dann den Mord an seiner Frau, und schließlich den tragischen Tod seines Sohnes Reuben. Geblieben ist ihm nur noch seine Tochter Byrony, Reubens Zwillingsschwester – und das Gefühl, dass ihm alle genommen werden, die er liebt.
Umso verzweifelter versucht Terence nun, seine wunderschöne Tochter vor jeder Gefahr zu schützen, koste es, was es wolle! Doch die 15-jährige Byrony riskiert immer mehr, um aus dem goldenen Käfig ihres Vaters auszubrechen, und Terence muss sich fragen, ob er sie wirklich nur beschützen will?

Mit »Der fürsorgliche Mr Cave« hat der britische Autor Matt Haig hat einen ebenso anrührenden wie erschütternden psychologischen Roman über einen Vater geschrieben, dessen Fürsorge in Besessenheit zu kippen droht.
Die Sorgen und Nöte, die Angst-Störungen und Depressionen verursachen, kennt Matt Haig aus eigener Erfahrung.
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20.01.2022 Kinder u.Pink Floyd
 
Alexander Gorkow
Die Kinder hören Pink Floyd

Kiepenheuer u. Witsch

Schau in die Welt,
Junge, nicht in den Himmel!

Die 70er-Jahre. Eine Vorstadt. Das Westdeutschland der letzten Baulücken, der verstockten Altnazis, der gepflegten Gärten. Die Kriegsgräuel sind beiseitegeschoben, zum Essen geht es in den Balkan Grill, die Einbauküche daheim überzeugt durch optimale Raumnutzung. Für den 10-jährigen Jungen aber ist es eine Welt der Magie, der geheimen Kräfte, des Kampfs des Bösen gegen das Gute.

Der Leitstern des Jungen in diesem Kampf ist die große Schwester – das Kind Nr. 1 der Familie. Sie ist herzkrank und sehr lebenshungrig. Mit trockenem Humor und großer Aufsässigkeit stemmt sie sich gegen alle Bedrohungen, nicht zuletzt mithilfe der vergötterten Band Pink Floyd aus dem fernen London, den Kämpfern gegen das Establishment, deren Songs alles zum Glänzen bringen.


Alexander Gorkow, geboren 1966, arbeitet seit 1993 bei der Süddeutschen Zeitung. Buchveröffentlichungen: »Kalbs Schweigen« (2003), »Mona« (2007), »Draußen scheint die Sonne. Interviews« (2008), »Hotel Laguna« (2017). Als Herausgeber: Till Lindemanns »In stillen Nächten« (2013) und »100 Gedichte« (2020).
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29.12.2021 Gefühl von Ordnung ?
 
Dave Eggers
EVERY

Übersetzung Klaus Timmermann
Kiepenheuer & Witsch Verlag

Nach »Der Circle« legt Dave Eggers mit »Every« eine rasante Fortschreibung seines Weltbestsellers vor - ein hochbrisanter Thriller

Der Circle ist die größte Suchmaschine gepaart mit dem größten Social-Media-Anbieter der Welt. Eine Fusion mit dem erfolgreichsten Onlineversandhaus brachte das reichste und gefährlichste – und seltsamerweise auch beliebteste – Monopol aller Zeiten hervor: Every.

Delaney Wells ist »die Neue« bei Every und nicht gerade das, was man erwarten würde in einem Tech-Unternehmen. Als ehemalige Försterin und unerschütterliche Technikskeptikerin bahnt sie sich heimlich ihren Weg, mit nur einem Ziel vor Augen: die Firma von innen heraus zu zerschlagen. Zusammen mit ihrem Kollegen, dem nicht gerade ehrgeizigen Wes Kavakian, sucht sie nach den Schwachstellen von Every und hofft, die Menschheit von der allumfassenden Überwachung und der emojigesteuerten Infantilisierung zu befreien. Aber will die Menschheit überhaupt, wofür Delaney kämpft? Will die Menschheit wirklich frei sein?

Wie schon bei »Der Circle« weiß Dave Eggers wie kein zweiter unsere Wirklichkeit so konsequent weiterzudenken, dass einem der Atem stockt beim Lesen. Man kann nur inständig hoffen, dass die Realität nicht schneller voranschreitet, als Dave Eggers schreiben kann.
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09.11.2021 Wie wäre unsere Welt, wenn...
 
Yanis Varoufakis
Ein anderes Jetzt
Nachrichten aus einer alternativen Gegenwart

Kunstmann Verlag

Wie sähe eine gerechte und gleichberechtigte Gesellschaft aus? In Ein Anderes Jetzt gibt der weltbekannte Ökonom Yanis Varoufakis darauf eine radikale und subversive Antwort.
Ist ein liberaler Sozialismus machbar? Gibt es Wohlstand und Wachstum ohne den Ruin der Erde? Sind wir in der Lage, eine gute Gesellschaft trotz unserer Fehler zu schaffen?

Stellen Sie sich vor, es ist 2025.

Als Folge der Finanzkrise von 2008 ist eine globale politische Bewegung entstanden, durch die die Gesellschaft, wie wir sie kennen, verändert wurde: Geld, Land, digitale Netzwerke und Politik sind wahrhaft und von Grund auf demokratisiert worden.
In einem originellen Gedankenexperiment bietet der weltbekannte Ökonom Yanis Varoufakis Einblicke in diese alternative Realität. Durch die Augen von drei Protagonisten – einer libertären Ex-Bankerin, einer marxistischen Feministin und einem technisch hochbegabten Eigenbrötler – sehen wir die Genese einer Welt ohne kommerzielle Banken oder Börsen, in der die Unternehmen denen gehören, die dort arbeiten, in der es ein garantiertes Grundeinkommen gibt, globales Ungleichgewicht und Klimaveränderung sich gegenseitig ausgleichen und Wohnen ein Grundrecht ist.
Radikal in Form und Vision verbindet Ein Anderes Jetzt platonischen Dialog mit Fiktion und zeigt, dass es eine Alternative zum Kapitalismus geben könnte. Die Frage ist: Wie weit würden wir gehen, um das zu erreichen?

Yanis Varoufakis, geb. 1961, wurde 2015 Europas bekanntester Finanzminister, als er sich weigerte, für das bankrotte Griechenland neue Schulden aufzunehmen. Seit seinem Rücktritt wurde er zur Galionsfigur der Bewegung Democracy in Europe Movement 25 (DiEM25) für eine Reform der Eurozone. Der international renommierte Wirtschaftswissenschaftler lehrte an Universitäten in England, Australien und den USA und an der Universität in Athen.
Zuletzt erschien
Die ganze Geschichte – Meine Auseinandersetzung mit Europas Establishment
(2017),auch im Kunstmann Verlag.
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02.11.2021 Kalkülroman
 
Dietmar Dath
Gentzen
oder:
Betrunken aufräumen.

Matthes & Seitz Verlag

Ein Kalkülroman
oder doch die Romantisierung einens bedeutenen Mathematikers samt seinem tragischen Tod?

Ein rasanter Roman, der ein Jahrhundert umfasst und den Leser in die Zukunft schleudert Der deutsche Logiker Gerhard Gentzen zählte zu den genialsten seines Fachs. Doch wer erinnert sich an ihn?
Dietmar Dath
macht sich in diesem erstaunlichen, mitreißenden Roman mit Laura und Jan auf die Suche nach jemandem, an den sie sich nicht mehr erinnern. Der Leser betritt einen Denkraum, in dem nicht nur Gerhard Gentzen aufritt, sondern auch noch ganz andere Figuren: Dietmar, der seit zehn Jahren an einem Roman über einen berühmten Logiker schreibt, aber auch Frank Schirrmacher, der sich den Kopf über das Internet zerbricht, Jeff Bezos, Ruth Garrett Millikan, eine schiefe Tante und ein geheimnisvolles Wesen, das das Leben auf der Erde erheblich in Gefahr bringen wird.
Das ganze Personal dieses großen Romans stellt sich in den Dienst der Suche nach der Grundlage unseres Lebens in der Gegenwart: der schier unendlich scheinende Rechenleistuneng der Computer. Sie ermöglicht die Flugbuchungen, die Verteilung von Impfstoffen oder Hilfsgütern, die Steuerung der Atomwaffenarsenale oder die detaillierte Abbildungen eines Lebens durch Likes und Kommentare in den sozialen Medien, die es nicht gäbe, wenn Programme nicht die Funktionsweise von Programmen überprüfen könnten.
Dass sie das können, hat wiederum mit Gerhard Gentzen zu tun. Kunstfertig und temporeich, humorvoll und immer wieder überraschend schreiben diese vielen Erzählstränge selbst ein Programm – If Then GoTo –, das uns die Chancen und Möglichkeiten der Rechentechnik der Gegenwart erleben lässt und unerwartete Ergebnisse ausspuckt: Science Fiction eben, was sonst.

Dietmar Dath, 1970 in Rheinfelden geboren, ist Autor, Journalist und Übersetzer. Spätestens seit seinem 2008 für den Deutschen Buchpreis nominierten Roman"Die Abschaffung der Arten" ist er einem großen Publikum bekannt.

aus Wikipedia:
Die Literaturkritik nannte Dath einen „hyperproduktiven Autor“, einen „Gedanken- und Textgenerator“, der die „Möglichkeiten des Sprechens“ erforsche und dem „Denkgrenzen nichts gelten“. Daths Romane handelten von „Darwin, Marx, Fantasy, Heavy Metal, Zombies und Gentechnik“. In Simon Urbans Alternative-History-Roman Plan D ist die Figur des Kulturministers der nach 1990 weiterexistierenden DDR nach Dath benannt.
2020 wurde er mit dem Siegfried-Kracauer-Preis für die beste Filmkritik 2020 ausgezeichnet. Geehrt wurde seine Filmkritik zu Terminator: Dark Fate, die „sprachliche und sinnliche Qualität des Textes“.
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23.10.2021 Zwischen München und Salzburg
 
Christoph Lindenmeyer
Teufelsgasse

Verlag Anton Pustet

Von der Ausweglosigkeit im Mikro-Biotop Der eine Mann, namenlos, sein ganzes Berufsleben lang peinlich um Korrektheit bemüht, steht nachts in Salzburg auf seinem Balkon.
Was will er dort?
Der andere, leitender Redakteur eines großen Medienhauses in München, beobachtet seine Stadt als aufmerksamer Spaziergänger. Beide bewegen sich ebenso allmählich wie ungeplant auf einen dritten Protagonisten zu, der gerne Farmer in Namibia geworden wäre. In der feinfühligen Charakterisierung der drei Männer geht es um den Kontrast zwischen dem Milieu von Massenmedien und jenem von Kleingärtnern. Beides hat miteinander zu tun. Der sauber geknüpfte Handlungsstrang skizziert die – innere und aufgezwungene – Veränderung, die die Hauptdarsteller durchmachen. Der Roman Teufelsgasse lässt uns erahnen, warum ein Täter zum Täter wird, ein Ermittler zum Ermittler, und warum sich die Spur einer ungeheuerlichen Tat in der Realität verliert …

Christoph Lindenmeyer
ist Journalist, Dozent und Autor. Nach seinem Studium der evangelischen Theologie in Erlangen, Heidelberg und München war er Leitender Redakteur im Bayerischen Rundfunk, u.a. als Kulturchef im Hörfunk.
Er ist Honorarprofessor für Christliche Publizistik (Universität Erlangen) und Mitglied des deutschen PEN-Zentrums.

Im Verlag Anton Pustet erschienen: Rebeller, Opfer, Siedler – die Vertreibung der Salzburger Protestanten (2015 und 2016), Der Birnbaum im Pfarrgarten – eine evangelische Gemeinde im Nationalsozialismus (2019) und der Roman Teufelsgasse (2021).
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05.10.2021 wieder ein Bronski Krimi
 
Max Bronski
HALDER
Kriminalroman
Edition Nautilus

Kurt Halder, der Präsident des Verfassungsschutzes, macht sich auf den Weg von Köln nach München, um an einer Sitzung der Soko Nordring teilzunehmen.
Im Euro-Industriepark ist ein Polizeiwagen nach der Methode »Nobelkarossentod« abgefackelt worden, dabei kam Kommissar Röhricht ums Leben. Die Polizei verdächtigt ein militantes linksradikales Netzwerk, dies ruft den Verfassungsschutz auf den Plan. Aber auch rechtsextreme Kreise sind in das Geschehen verwickelt, der Ermordete gehörte einer subversiven Polizeigruppe an und verschickte Drohbriefe an Exponenten der linken Szene. Halder entwickelt ein persönliches Interesse an dem Fall, er nimmt zwei ehemalige RAF-Sympathisanten ins Visier, die den Eindruck erwecken, ihren antikapitalistischen und antifaschistischen Kampf wiederaufnehmen zu wollen. Halder sieht sich bei der Bekämpfung der RAF-Restbestände in der Tradition großer Vorgänger, die ihren Einsatz mit dem Leben bezahlen mussten.

Zu diesem Motiv gesellt sich noch ein weiteres: Eine ehemalige Schulkameradin hat sich bei Halder gemeldet und ihn zu einem Besuch eingeladen, den er mit seiner Dienstfahrt verbinden kann.
Ein Jugendtraum scheint wahr zu werden. Schicht für Schicht seziert Bronski Halders familiäres, weltanschauliches und seelisches Innenleben und verknüpft es mit seinem Handeln als Verfassungsschützer. Es entsteht das Psychogramm eines rechten Ideologen an höchster Stelle.

Max Bronski (Franz-Maria Sonner) lebt in München.
Er ist Produzent und Herausgeber von elektronischen Medien und Hörbüchern, er schreibt Hörspiele und Romane. Bis 2006 hat er im Kunstmann Verlag diverse Romane veröffentlicht, seit 2006 ist er unter dem Pseudonym Max Bronski Autor von Krimis.
Seine Reihe um den Münchner Antiquitätenhändler Gossec (zuletzt erschien 2018 "Schneekönig") ist inzwischen Kult. Große Beachtung fand auch sein Roman "Der Tod bin ich" (2013). Für "Oskar" erhielt er 2019 den Glauser-Preis für den besten Kriminalroman des Jahres. Im September 2021 erschien "Halder".
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30.09.2021 Flucht und Entkommen ...
 
Suzanne Maudet
Dem Tod davongelaufen:
Wie neun junge Frauen dem Konzentrationslager entkamen
Hrsg. Patrick Andrivet und Pierre Sauvanet
Übersetzung Ingrid Scherf
Verlag assoziation-a Hamburg

»Wir wollen leben und werden es wagen, weil wir dieses wunderbare, freie, abenteuerliche Leben zurückhaben wollen
Diesen Satz schreibt unmittelbar nach Kriegsende Suzanne Maudet, eine französische Deportierte, der im April 1945 auf dem Todesmarsch zusammen mit acht Mitgefangenen die Flucht aus den Fängen der Nazis glückt. Zusammen sind sie neun Freundinnen, sechs aus Frankreich, zwei Holländerinnen und eine Spanierin. Alle sind sie von den Nazis gefangen genommen und in das Konzentrationslager Ravensbrück deportiert worden.
Im Frauenaußenlager Leipzig-Schönefeld des KZ Buchenwald mussten sie für den Rüstungskonzern HASAG Zwangsarbeit leisten und Panzerfäuste anfertigen. Bei der Räumung des Lagers im April 1945 fassen sie den Entschluss, zu fliehen und sich zu den amerikanischen Linien durchzuschlagen. Unterwegs begegnen sie Bauern und Dorfbewohnern, umherirrenden Soldaten und Kriegsgefangenen, stets mit dem Risiko, denunziert zu werden oder vom Geschützfeuer der letzten Artilleriegefechte zwischen sich auflösender Wehrmacht und vorrückenden Alliierten getroffen zu werden.
Aber auch unerwartete Hilfe wird den flüchtenden Frauen zuteil.
Nach acht abenteuerlichen Tagen stoßen sie auf amerikanische Truppen und sind endlich in Sicherheit. Das Überraschende dieser Geschichte ist ihr allen Gefahren trotzender Charme, der übermütige, schelmische Humor, der selbst den ernstesten Situationen noch eine Situationskomik abzugewinnen vermag.

Es ist diese jugendliche, fast unbekümmerte Frische, die vor einem Hintergrund, der dramatischer kaum sein könnte, die Farbe dieses außergewöhnlichen Textes ausmacht. Er vibriert geradezu vor Lebenslust und Optimismus, ist beflügelt von euphorischer Vorfreude auf die Freiheit. Bereits 1945/46 verfasst, ist diese literarische Neuentdeckung ein kleines Juwel.
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18.09.2021 Entscheidung...
 
Christiane Tramitz
Das Dorf und der Tod.

Kriminalroman nach einer wahren Begebenheit.
Ludwig Verlag

Eine furchtbare Entscheidung, die hundert Jahre zurückliegt.
Eine ausgelöschte Familie. Und ein Dorf, das bis heute schweigt. 1995, ein idyllisches Dorf in Oberbayern. Kurz vor Weihnachten geschieht dort ein bestialischer Mehrfachmord.
Drei Menschen sterben, der Täter begeht Suizid, die Polizei kommt zu dem Schluss, dass „Hass“ das Mordmotiv gewesen ist, und stellt die Ermittlungen ein. Doch woher kommt dieser unbändige Hass? Christiane Tramitz, selbst in diesem Ort aufgewachsen, macht sich auf die Suche und stößt auf furchtbare Ereignisse, die über hundert Jahre zurückliegen:
Alles begann mit einer jungen Frau, einer unglücklichen Liebe und einer tragischen Entscheidung, die sich über zwei Generationen hinweg auswirkte und in die ebenso grauenhafte wie verzweifelte Tat mündete. Basierend auf dieser wahren Geschichte und ihren eigenen Recherchen hat die Bestsellerautorin einen True-Crime-Roman geschrieben, der den alten Fall neu aufrollt – abgründig, erschütternd und packend.

Christiane Tramitz
war als Verhaltensforscherin u.a. am Max-Planck-Institut tätig, bevor sie ihre Leidenschaft für das Schreiben entdeckte. Sie befasst sich überwiegend mit den Lebensgeschichten faszinierender Menschen, schreibt aber gelegentlich auch gerne Krimis.
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14.09.2021 Kolonialismus an der Goldküste
 
Thomas Kraft
Die Zeit der Narben

Conte Verlag

Ein Filmprojekt führt die Journalisten Paula und Stefano nach Ghana. Ihre Recherchereise auf den Spuren des Kolonialismus führt sie zu den Sklavenforts an der Goldküste.
In der preußischen Festung Großfriedrichsburg stoßen sie auf die Geschichte der deutschen Pilotin Hanna Reitsch, »Hitlers Fliegerin«, die gegen Ende des Zweiten Weltkrieges den Einsatz von Selbstmordpiloten vorangetrieben hatte und in den 1960er Jahren für den umstrittenen Präsidenten Kwame Nkrumah in Ghana eine Segelflugschule errichtete.
Paula, deren eigener Großvater gegen Kriegsende einen sinnlosen Fliegertod hatte sterben müssen, beginnt, sich intensiv mit Reitschs Lebensgeschichte zu beschäftigen. Als es in einer Hotelanlage zu einem scheinbar sinnlosen Überfall kommt, erhärtet sich der Verdacht, dass die neugierige Paula in ein Wespennest gestochen hat. Die Spur führt nach Berlin.

Thomas Kraft ist Schriftsteller, Literaturkritiker, Programmleiter der Münchner Bücherschau und Kulturmanager von Literatur-Festivals.
Im Maro Verlag Augsburg erschienen von Thomas Kraft die Biographie „Cohen“, über Leonard Cohen, der Erzählband „Tomaten aus Tulsa“ und der geheimnisvolle Roman „Alles Tarnung“.
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09.09.2021 Afganistan
Nichts ist gut am Hindukusch
 
Emran Feroz
Der längste Krieg

20 Jahre War in Terror
Westend Verlag Frankfurt/M

Mit der Operation Enduring Freedom begann am 7. Oktober 2001 der "Krieg gegen den Terror" in Afghanistan, der bis heute zum längsten Krieg der USA und ihrer Verbündeten geworden ist, mit Tausenden Toten und Verletzen, auch unter den deutschen Soldaten.
Nun ziehen die westlichen Truppen ab, doch der Krieg bleibt, denn der neokoloniale "Kreuzzug" hat Wunden hinterlassen, die womöglich niemals heilen werden. Emran Feroz beschreibt zum 20. Jahrestag diesen Krieg nun erstmals aus afghanischer Perspektive. Er hat mit vielen Menschen vor Ort gesprochen: Von Hamid Karzai über Taliban-Offizielle bis zu betroffenen Bürgern, die unter diesem Krieg leiden. Ein Buch über die Gräuel eines verbrecherischen Krieges, das gleichzeitig einen völlig neuen Blick auf ein Land und seine Menschen ermöglicht, die uns weitaus weniger fremd sind, als wir annehmen.

Emran Feroz, Journalist mit Fokus auf Nahost und Zentralasien, berichtet aus Afganistan für zahlreiche deutsche und englische Medien. Es folgten Bücher. 2018 veröffentliche er den Interviewband mit Noam Chomsky "Kampf oder Untergang". Emran Feroz ist der Gründer von "Drone Memnorial" - www.dronememorial.com - einer virtuellen Gedenkstättefürfür zivile Drohnenopfer.
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06.09.2021 Alles wird anders
Bd.4 - Die Schwestern vom Kudamm
 
Brigitte Riebe
Die Schwestern vom Ku/damm: Ein neuer Morgen

Die 50er-Jahre-Reihe, Band 4
Wunderich Verlag

Vier starke Frauen und ihr Berliner Kaufhaus
im Wandel der Zeit

Die Thalheim-Schwestern könnten unterschiedlicher nicht sein. Rike lebt für das Familienunternehmen, das Modekaufhaus am Ku’damm, Silvie liebt das Leben und die Männer, Nesthäkchen Florentine interessiert sich nur für das Zeichnen. Als Tochter einer Schneiderin wurde Miriam die Liebe zu aufregender Mode und feinen Stoffen in die Wiege gelegt.
Nach dem Krieg sind sie es, die das Kaufhaus Thalheim wiederaufbauen und ihm zu neuer Blüte verhelfen. Vier starke Frauen zwischen Aufbruch, Wirtschaftswunder und Kaufrausch, zwischen Petticoats, Miniröcken und Rock n Roll. Gemeinsam durchleben sie die 50er- und 60er-Jahre und meistern die Höhen und Tiefen des Lebens. Gemeinsam suchen sie ihr Glück in turbulenter Zeit.


Die Autorin Brigitte Riebe ist promovierte Historikerin und arbeitete zunächst als Verlagslektorin. Sie hat mit großem Erfolg zahlreiche Romane veröffentlicht, in denen sie die Geschichte der vergangenen Jahrhunderte lebendig werden lässt. Ihre Bücher wurden in mehrere Sprachen übersetzt. Die Autorin lebt mit ihrem Mann in München.
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08.08.2021 Frankfurter Fake News: Ein Virus Cop Krimi
 
Robert Maier
Der Tote an der Nidda

Der Virus COP ermittelt (Bd.1)
Frankfurter News (Bd.2)
mainbook Verlag Frankfurt/M

Ein Deutschtürke wird in seinem Bockenheimer Reisebüro erschossen. Ein Auftragsmord des organisierten Verbrechens, wie die Frankfurter Kripo vermutet? IT-Rentner Olaf ermittelt in seinem zweiten Fall wieder heimlich hinter dem Rücken seines Sohns, der als Kriminalbeamter in die Ermittlungen eingebunden ist.

Olaf gewinnt zunehmend Gefallen an seiner Rolle als IT- und Internet-„Schnüffler“. Bei seinen Recherchen unter dem Tarnnamen „Virus Cop“ stößt er bald auf Online-Gruppen, die Fake News verbreiten und Menschen manipulieren, und deckt einen heimtückischen Plan auf. Doch als Olaf tiefer in den Sumpf aus Lügen eintaucht, droht er selbst Zielscheibe eines mörderischen Spiels zu werden.

In der brandaktuellen Diskussion um Fake News und online/offline-Realitäten liefert der zweite „Virus Cop“-Krimi einen spannenden Beitrag auf der Höhe der Zeit. Autor Robert Maier, selbst IT-ler, kennt das Internet aus dem Effeff, schreibt authentisch und hat mit dem IT-Rentner Olaf einen sympathischen Privatermittler geschaffen, dem die LeserInnen gerne bei seinen Recherchen über die Schulter schauen.

2016 wurde Robert Meier erster Roman „Pankfurt“ im Charles-Verlag veröffentlicht. 2019 folgte mit „Der Tote an der Nidda“ der erste Band der Krimireihe „Virus Cop“, der im mainbook-Verlag veröffentlicht wurde. 2020 kam der zweite Band heraus, „Frankfurter Fake News“.
Robert Maier lebt seit vielen Jahren in Bad Vilbel bei Frankfurt am Main, ist verheiratet und hat zwei erwachsene Kinder. Er arbeitet bei einer großen deutschen Fluggesellschaft im IT-Bereich.
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31.07.2021 Millionärin von nebenan: Wie erfüllt UND finanziell erfolgreich geht – als Frau, Unternehmerin und Mutter
 

Stephanie Raiser
Millionärin von nebenan

FBV Verlag München

Du willst Mutter sein und arbeiten, ohne dich dabei schlecht zu fühlen? Für deine Familie da sein, aber auch eine sinnvolle Arbeit mit Mehrwert haben und erfolgreich sein? Die gute Nachricht: Es ist okay, mehr zu wollen als ein Durchschnittsdasein mit dem Gefühl, das eigene Potenzial nicht voll auszuschöpfen.

Wer weiß das besser als Stephanie Raiser,
die bewiesen hat, dass es möglich ist, das Denken über Geld, Business und Familie zu verändern und einen Millionenerfolg aufzubauen. Sie erzählt, wie sie es geschafft hat von einer unscheinbaren Heilpraktikerin mit Aversionen gegen das Verkaufen hin zu einer der gefragtesten Expertinnen zum Thema Geld, Erfolg und Kundengewinnung – und gleichzeitig ein ganz neues, unkompliziertes Bild von Familie und Beruf zu leben.
Zudem gibt sie dir den Werkzeugkasten für dein neues Leben gleich mit an die Hand mit wertvollen Übungen und Perspektivwechseln direkt zum Umsetzen.
Auf dass du die nächste Millionärin von nebenan wirst!
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22.07.2021 Unterwegs in die Ferne
 
Judith Hermann
Daheim

S.Fischer Verlag

Judith Hermann erzählt in ihrem neuen Roman »Daheim« von einem Aufbruch: Eine alte Welt geht verloren und eine neue entsteht.
Sie hat ihr früheres Leben hinter sich gelassen, ist ans Meer gezogen, in ein Haus für sich. Ihrem Exmann schreibt sie kleine Briefe, in denen sie erzählt, wie es ihr geht, in diesem neuen Leben im Norden. Sie schließt vorsichtige Freund-schaften, versucht eine Affaire, fragt sich, ob sie heimisch werden könnte oder ob sie weiterziehen soll. Judith Hermann erzählt von einer Frau, die vieles hinter sich lässt, Widerstandskraft entwickelt und in der intensiven Landschaft an der Küste eine andere wird.
Sie erzählt von der Erinnerung.
Und von der Geschichte des Augenblicks, in dem das Leben sich teilt, eine alte Welt verlorengeht und eine neue entsteht.

Die Prosa von Judith Hermann gehört zum Wichtigsten, was die deutsche Literatur unserer Jahre zu bieten hat.« (Marcel Reich-Ranicki). Und sie wurde mit zahlreichen Preisen geehrt.
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19.07.2021 Direktorin Sabine Rinberger und Kurator Andreas Wolf haben gemeinsam das Buch verfast.
 

Sabine Rinberger u. Andreas Koll
Liesl Karlstadt
Schwere Jahre 1935-1945
Kunstmann Verlag

Liesl Karlstadt (1892–1960) und Karl Valentin waren ein legendäres Paar auf der Bühne, so erfolgreich wie berühmt. Dem Publikum verborgen blieben die schweren Jahre von Liesl Karlstadt, in denen sie in einer tiefen Lebenskrise steckte. Die Jahre von 1935 bis 1945 werden in diesem Buch beleuchtet, mit vielen Fotos und Originaldokumenten.

Künstlerisch und privat ging schon seit Jahren für Liesl Karlstadt nichts mehr voran, bevor sie am 6. April 1935 versuchte, sich das Leben zu nehmen. Es gelang ihr nicht, man wies sie in eine Klinik ein, schickte sie zur Erholung, aber wirklich geholfen hat es ihr nicht.

Ihre Verzweiflung spiegelt sich in bisher unveröffentlichten Briefen aus dieser Zeit. Karl Valentin konnte sie oft nicht mehr ertragen, aber aufgeben konnte sie ihn auch nicht. Erst nach einem erneuten Zusammenbruch im April 1939 begann sie, sich von ihm zu lösen. Und erholte sich in den Jahren 1941 und 1943 in den Bergen. Das Kriegsende­ mit allen Schrecken der Zeit erlebte sie dann in München.
Mit vielen Bildern, Dokumenten und bisher unveröffentlichten Briefen beleuchtet dieses Buch die schwere Zeit im Leben und Wirken von Liesl Karlstadt und ermöglicht so einen persönlichen Blick auf eine ungewöhnliche Frau, die aus dem Schatten von Karl Valentin, sollte sie je in ihm gestanden sein, endgültig heraustritt.

Sabine Rinberger, in München geboren, studierte Neuere und Neueste Geschichte, Alte Geschichte und Soziologie an der Ludwig-Maximilians-Universität in München. Seit 2004 führt sie das Valentin-Karlstadt-Musäum und gestaltete es neu, zunächst als eigene Betreiberin, ab 2018 als städtische Museumsdirektorin.

Andreas Koll, Studium der deutschen und vergleichenden Volkskunde in München; anschließend als Musiker und Komponist tätig. Publikationen im Münchner Trikont Verlag, derzeit Mitherausgeber der CD-Reihe Stimmen Bayerns. Seit 2009 betreut er die städtische Sammlung im Valentin-Karlstadt-Musäum. Daneben kuratiert und gestaltet er Ausstellungen
.

***
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11.07.2021 Lebensgefühl einer neuen Frauengeneration
 
Susanne Beyer
Die Glücklichen: Warum Frauen die Mitte
des Lebens so großartig finden

Blessing Verlag

Eine neue Frauengeneration ist in der Mitte des Lebens angekommen: Fünfzig sind nicht die neuen dreißig, fünfzig sind die neuen fünfzig! Ein wunderbarer Lebensabschnitt! Woher kommt dieses neue Selbstbewusstsein, was hat sich verändert, welche Erfahrungen haben diese Frauen gemacht, dass sie die gängigen Urteile über diese Lebensphase nicht mehr auf sich beziehen wollen? Diese Fragen stellt die bekannte Spiegel-Autorin Susanne Beyer sich selbst und Prominenten wie Claudia Schiffer, Christiane Paul und Katarina Barley, aber auch einer Oxforder Professorin, einer Pflegerin, einer ehemaligen Hausfrau. So entsteht eine positive Erzählung über die Lebensmitte aus weiblicher Sicht, die auch jüngeren Frauen Mut zum und Lust aufs Älterwerden macht.

Susanne Beyer ist Kulturredateurin und utorin vieler Bücher.
Im Oktober 1996 wurde sie beim Nachrichtenmagazin Der Spiegel Redakteurin des Kulturressorts, dessen stellvertretende Leiterin sie im Januar 2014 wurde. Von Februar 2015 bis Dezember 2018 war sie stellvertretende Chefredakteurin und seit Januar 2019 ist sie Autorin des Hauptstadtbüros.
Susanne Beyer gehört zu den Unterstützern der Charta der Digitalen Grundrechte der Europäischen Union, die Ende November 2016 veröffentlicht wurde.
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01.07.2021 Kriminalspannung und Lokalkoloritt in München
 
Kerstin Cantz
Fräulein Zeisig und der frühe Tod:
Kriminalroman, Band 1

Knaur Verlag
Die 60er Jahre in München, ein Mädchenmörder und die »Schwabinger Krawalle«: Die Drehbuch- und Roman-Autorin Kerstin Cantz mit ihrem ersten Kriminalfall für Kriminalkommissarin Elke Zeisig - einem spannenden und facettenreichen historischen Kriminalroman im München der 60er Jahre
*

Fräulein Zeisig und der amerikanische Freund:
Kriminalroman, Band 2

Knaur Verlag
Amerikanische Jazz-Clubs und ein toter GI im München der 60er Jahre:
Fräulein Zeisig, Münchens erste Mordermittlerin löst ihren zweiten Fall
Ein heikler Auftrag führt Kommissarin Elke Zeisig 1963 in die Siedlung der amerikanischen Soldaten am Perlacher Forst in München: Bei der WKP, der Weiblichen Kriminalpolizei, ist der anonymer Hinweis eingegangen, die Frau eines US-Offiziers würde ihr sechs Monate altes, deutsches Pflegekind vernachlässigen.

Die Autorin Kerstin Cantz ist Redakteurin fürs Fernsehen und schreibt heute erfolgreich Drehbücher und Romane.
Ihre historischen Romane spielen meistens im 19. Jahrhundert. Der Roman Die Hebamme wurde unter der Regie von Hannu Salonen von Sat.1 verfilmt und am 25. März 2014 urausgestrahlt.
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22.06.2021 Eine Zeitreise durch die 1970er Jahre
 
Ulrike Edschmid
Levys Testament

Suhrkamp Verlag

In Berlin haben sie sich kennengelernt, in London werden sie ein Paar. Ihre Tage verbringen sie im Gerichtssaal des Old Bailey, um Anarchisten zu unterstützen, denen drakonische Haftstrafen drohen. Streiks, Hausbesetzungen, Anschläge der IRA und die harten Reaktionen der Regierung bestimmen den Alltag im Winter 1971. Schwerelos wie im Traum erkunden die beiden die Stadt. Über seine jüdische Familie weiß der Engländer (wie die Erzählerin den Gefährten nennt) nur wenig zu sagen. Jahrzehnte später, ihre Trennung liegt lange zurück, kommt der Engländer einem Familiendrama auf die Spur. Sie führt zurück ins Old Bailey: 1924, ein spektakulärer Betrugsfall, angeklagt Levy, sein Urgroßvater.

Der rastlosen Suche des anderen folgend, sie mit ihren Fragen vorantreibend, stößt die Erzählerin auf das unergründliche Wirken der Geschichte, welche die entlegensten Episoden unseres Lebens miteinander verknüpft. Der leise, nüchterne, unerbittliche Ton macht Ulrike Edschmids Romane unverwechselbar. In Levys Testament verwandelt sich die Liebende in eine Chronistin und die Intimität des Gefühls in ein Instrument der Erkenntnis.

aus Wikipedia:
Nach ersten literarischen Arbeiten und Rundfunksendungen ab Mitte der 1980er Jahre bewegt sich das literarische Werk von Ulrike Edschmid.
1999 gab sie den viel beachteten Briefwechsel ihres früheren Schwiegervaters Kasimir Edschmid mit dessen erster Ehefrau, der vor den Nationalsozialisten nach England emigrierten Künstlerin und Naturwissenschaftlerin Erna Pinner, heraus, wobei sie weitere Einblicke zur Aufklärung zu den Brüchen, der Entfremdung und Sprachlosigkeit zwischen den Partnern offen lässt.


17.06.2021 Die politischen Wirren der 1961er Jahre
 
Titus Müller
Die fremde Spionin

Heyne Verlag -Die Spionin Reihe Bd.1

Ria ist zehn Jahre alt, als ihre Eltern von der Staatssicherheit abgeholt werden. Sie wird von ihrer kleinen Schwester getrennt und in einer Adoptivfamilie untergebracht.
Seither führt Ria in Ostberlin ein scheinbar angepasstes Leben. Erst als der BND sie als Informantin rekrutiert, sieht sie ihre Chance gekommen. Mithilfe des westlichen Geheimdienstes will Ria sich an der DDR rächen und endlich ihre Schwester wiederfinden.
Doch dann erfährt sie im Sommer 1961 von einem ungeheuerlichen Plan, der ihr Schicksal und die Zukunft beider deutscher Staaten für immer verändern könnte …

Titus Müller, geboren 1977,
studierte Literatur, Mittelalterliche Geschichte, Publizistik und Kommunikationswissenschaften. Mit 21 Jahren gründete er die Literaturzeitschrift "Federwelt", drei Jahre später veröffentlichte er seinen ersten historischen Roman, "Der Kalligraph des Bischofs".
Titus Müller ist Mitglied des PEN-Clubs und wurde u.a. mit dem C. S.-Lewis-Preis und dem Sir-Walter-Scott-Preis ausgezeichnet. Für den Roman "Nachtauge" wurde Titus Müller im Rahmen einer Histo-Couch-Umfrage zum Histo-König des Jahres gewählt. Zuletzt erschienen die Romane "Der Tag X" und "Die goldenen Jahre des Franz Tausend".

Marcela Drumm urteilte in SWR2 über Titus Müllers vorletzten Roman: "Es gibt wenige Bücher, die man mit so großem Vergnügen und so viel Gewinn gelesen hat." Und Patric Seibel bezeichnete "Berlin Feuerland" in NDR Kultur als "eine historische Momentaufnahme voller Leuchtkraft".
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06.06.2021 Wer ist Robert Habeck?
 
Stefan Berkholz
Das ganze Ding ist ein Risiko:
Robert Habeck
Eine Nahaufnahme

Blessing Verlag

Spätestens seit 2018 gehört Robert Habeck zu den interessantesten und einflussreichsten Stimmen der bundesdeutschen Politik. Im März 2019 kürt das ZDF-Politbarometer ihn zum beliebtesten Politiker, 2020 zeigen Umfragen, dass Habeck zu den aussichtsreichsten Kanzlerkandidaten für die kommende Bundestagswahl zählt.

Warum das so ist, wie sich dieser Aufstieg erklärt, beleuchtet der Journalist Stefan Berkholz, der Robert Habeck lang begleitet und genau beobachtet hat. Wo kommt Habeck her, was hat ihn geprägt? Ob sich die Inhalte und die Ernsthaftigkeit, die er immer wieder einfordert, in unserer Ablenkungsgegenwart überhaupt transportieren lassen? Und ob wir Aufrichtigkeit in der Politik auch dann noch ertragen, wenn sie unseren Wohlstand infrage stellt? Auch davon handelt dieses facettenreiche Buch.

Stefan Berkholz
wurde 1955 geboren und schrieb Beiträge für Die Zeit und den Tagesspiegel, Rezensionen für den ARD-Hörfunk und Hörfunkfeatures. Er veröffentlichte unter anderem »Carl von Ossietzky. 227 Tage im Gefängnis. Briefe, Dokumente, Texte« (Hg.). Der Autor lebt in Berlin.
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26.05.2021 Una Storia complicata
deutsch/italienische Kindergeschichte zum Lesen und Hören
 
Ada Zapperi Zucker
Vikis blaue Auge

Verlag ohne Geld - München

Das Kinderbuch ist zweisprachig.

Wieso hat Viki als einzige in der Familie blaue Augen und blonde Haare? Ob das vielleicht mit ihrer sizilianischen Großmutter, der Nonna, zusammenhängt, die ebenfalls blaue Augen hat und angeblich auch einmal blond war?

Um das Rätsel zu lösen, fängt diese Nonna, die überhaupt nicht erzählen kann, eine spannende Geschichte über die Normannen in Sizilien vor 800 Jahren an. Ob die Nonna das alles erfunden hat oder vielleicht sogar selber eine normannische Königin ist?

Auf Grund der einfachen Sprache ist das Buch auch für den Spracherwerb von Erwachsenen gut geeignet!

Diesem Buch liegt eine CD bei, in der beide Sprachversionen vorgelesen werden.

Ada Zapperi Zucker ist eine italienische Schriftstellerin, deren Romane und Erzählungen oft in Südtirol angesiedelt sind. Ihre Themen behandeln vor allem die Auswirkungen von Krieg und Diktatur auf Schicksale der meist weiblichen Protagonisten.
Vikis blaue Augen ist ihr erstes Kinderbuch mit Fortsetzungen.
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18.05.2021 Erinnerungen und Reflexionen
 
Andrea Paluch
Gipfelgespräch

Ellert & Richter Verlag

Das Leben ist ein Berg, mit seinen Höhen und Tiefen. Auf dem Zenit ihres Lebens unternimmt eine Frau eine Wanderung. Und begegnet sich selbst. Die Stimmen der Vergangenheit verbinden sich zu einem Gespräch über das Leben, darüber Frau zu sein, Frau in diesem Leben zu sein. Was anderen Midlife-Krise ist, führt sie als Gipfelgespräch. Unbewusstes wird bewusst. Vergessenes erinnert.

Aus einem Chor von Erinnerungen und Reflexionen, alltäglichen Beobachtungen und theoretischen Überlegungen entsteht das Abbild eines weiblichen Bewusstseins im 21.Jahrhundert.

Andrea Paluch, geboren 1970 in Hannover, studierte Anglistik und Germanistik in Hannover, Freiburg i.Br., Roskilde und Hamburg, wo sie im Jahr 2000 mit einer Arbeit zur zeitgenössischen britischen Lyrik promovierte. Seitdem ist sie als Schriftstellerin tätig und hat mehrere Romane für Erwachsene, Jugendliche und Kinder geschrieben.
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10.05.2021 Zwei junge Frauen kämpfen um ein besseres Leben
 
Gertrud Tinning
Die Frauen von Kopenhagen

Diana Verlag

Kopenhagen 1885: Nelly und Marie arbeiten in der größten Weberei Kopenhagens. Bei einem Unfall am Webstuhl verletzt sich Marie schwer. Als wäre das nicht schon schlimm genug, gibt das Verhalten der Verantwortlichen Rätsel auf. Nelly steht mit einem schweren Verdacht alleine da und erzählt nicht einmal ihrem Geliebten Johannes davon.
Dessen Schwester Anna kommt zur selben Zeit aus Jütland nach Kopenhagen. Und ist schockiert, wie brutal und ungerecht das Leben in der großen Stadt ist. Furchtlos nimmt sie den Kampf auf und setzt einen Meilenstein in der Geschichte Dänemarks.

Gertrud Tinning hat an der Writers' School of Children Literatur studiert und für die UN in Kenia und Sri Lanka gearbeitet. Heute ist sie Dozentin an der International High School in Helsingör, Dänemark. Im Jahr 2013 erschien ihr erster Roman Wie kleine Soldaten, der von der dänischen Kritik gelobt wurde. Die Frauen von Kopenhagen ist ihr erster Roman im Diana Verlag.
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01.05.2021 Eine Liebe im Ausnahmezustand
 
Steffen Kopetzky
Monschau

Rowohlt Berln Verlag

Im Jahr 1962, als das nukleare Wettrüsten seinen Höhepunkt erreicht, als in Algier und Paris Bomben explodieren, bricht im Wirtschaftswunder-Deutschland der junge Mediziner Nikolaos Spyridakis in die Eifel auf. Es ist eine heikle Mission: Im Kreis Monschau sind die Pocken ausgebrochen, hochansteckend und lebensgefährlich. Mitten im Karneval droht nun Stillstand, Quarantäne.
Der Rither-Chef will die Fabrik um jeden Preis offen halten, keine zwanzig Jahre nach Ende des Zweiten Weltkriegs ist man weltweit gut im Geschäft. Ganz andere Pläne hegt Vera Rither: Die Alleinerbin studiert in Paris, bewundert Simone de Beauvoir und trägt den Geist der Avantgarde nach Monschau.
Dort begegnet sie Nikolaos, der als Betriebsarzt durch die tiefverschneite Eifel zur Patientenvisite gefahren wird, vor Ansteckung geschützt durch einen Stahlarbeiteranzug. So unterschiedlich die beiden auch sind, der kretische Arzt, der als Kind die Gräuel der deutschen Besatzung miterlebt hat, und die schwerreiche Vollwaise: Sie entdecken schnell, dass sie mehr verbindet als ihre Liebe zu Miles Davis. Doch die Krankheitsfälle häufen sich, und das Virus nimmt sich, was es kriegen kann.

Steffen Kopetzky erzählt
von einer Liebe im Ausnahmezustand und von der jungen, vom rasanten Wirtschaftswachstum geprägten Bundesrepublik – und verwandelt die wahren Begebenheiten eines kaum bekannten Kapitels deutscher Geschichte in packende Literatur.
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27.04.2021 Der virtuose Umgang mit der Wahrheit und die hohe Kunst des Fälschens
 
Tilman Spengler
MADE IN CHINA

Transit Verlag
Genre: Roman

Leo Zwirn, sowjetischer Kulturexperte und Lebenskünstler, wird Anfang der 60er Jahre nach China strafversetzt.
Nach dem Bruch der chinesisch-sowjetischen »Freundschaft« müssen alle Experten zurück in die UdSSR – außer Zwirn, der an ein von aller Welt vergessenes Museum in Xi’an, der alten Kaiserstadt, »delegiert« wird. Es ist die Zeit der Kulturrevolution, das Museum soll als »rückwärtsgewandte Institution« geschlossen werden.
Um dies zu verhindern, finden sich im Museum Mitstreiter, die mit gewiefter Taktik und Phantasie diesen Beschluss zu unterlaufen versuchen. Mit der Wahrheit muss unkompliziert umgegangen werden. Ein sensationeller Fund, nämlich abstrakte Zeichnungen des frühen Mao Zedong, taucht auf, der im Museum wirkungsvoll präsentiert wird.
Aber sind sie tatsächlich echt?
Und wie lässt sich der misstrauische, skrupellose und machthungrige Politkommissar, der »Stählerne Wu«, in ein weiteres Projekt einbinden, durch das ein kunsthistorisches Weltwunder herbeigezaubert werden könnte: Das Entstehen der unsterblichen Armee von Terrakottakriegern, die von der Überlegenheit des chinesischen Volkes kündet und ganz nebenbei dem Tourismus, der »Industrie ohne Rauch«, einen global bewunderten Aufschwung verschafft.

Als 15-jähriger wurde Tilman Spengler in Oberhausen vom damaligen Erzbischof von Taipeh gefirmt. Etwa zwei Jahrzehnte später (1991) erschien der Band »Geistermauern«, Spenglers erstes Buch über China.
In seinen Romanen »Der Maler von Peking« (1993) und »Die Stirn, die Augen, der Mund« (1999) beschäftigte er sich weiter mit der sinnlichen Wahrnehmung von und in fremden Kulturen.
Spengler hat viele Jahre in China verbracht, als Forscher, als Journalist, als Berater - am liebsten als Beobachter und Gast.
Zweimal traf ihn bisher das offizielle Verdikt, »kein guter Freund« des Landes zu sein. Es wirkt bis heute.

Tilman Spengler wurde berühmt durch seinen Bestseller »Lenins Hirn« sowie durch seine langjährige Herausgeberschaft der Zeitschrift »Kursbuch«.
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20.04.2021 Die Schönheit der Alltäglichkeit
 
Marianne Ach
Der Atem deines Landes

Lichtung Verlag

Drei Tage Sturm
Marianne Ach erzählt in „Der Atem deines Landes“
einfühlsam die Lebensgeschichte zweier Menschen

Von Christian Muggenthaler
Drei Tage Sturm sind es, die über einen kleinen griechischen Ort hinwegbrausen und die Touristen in einem Gästehaus in ihre Zimmer treiben – zusammen mit dessen Betreiber Spiros, der die drei Tage nutzt, um sich über seine Vergangenheit und die seiner gestorbenen Ehefrau Irene klar zu werden. Diese hatte er während seines Studiums in Deutschland kennengelernt, mit ihr hat er zwei Kinder und mit ihr ist er zurück in seinen Heimatort gezogen. Jetzt lernt er sie in der Erinnerung noch einmal kennen, findet in der einstigen Nähe auch eine weite Entfernung zwischen zwei Menschen, die ein gemeinsamer Lebensweg verband und zueinander führte, aber auch in ihrer individuellen Einsamkeit beließ.
Marianne Ach hat in „Der Atem deines Landes“ eine ruhige, präzise, ganz und gar unspektakuläre und genau wegen dieser Stille schnell nahegehende Erzählung über zwei Menschen geschrieben. Ihr Buch ist eine Mischung aus Roman und Novelle, gut lesbar während eines Sonntags auf dem Sofa, mit Eintauchgarantie in die Geschichte Spiros’: weil dieser Mann durch und durch unheroisch ist. Und weil die kluge Autorin die Leserschaft ganz allmählich hineinholt in seinen inneren Monolog, indem sie erst einmal zwischen „Ich“- und „Er“- Erzählhaltung hin- und herwechselt, bis man mittendrin in der Geschichte und im Innenleben des Protagonisten ist.
Die Sturm- und Regentage im Buch garantieren einen melancholischen Grundton, der sanft berührt, ohne aufzuwühlen. Es gibt da ein offenes Geheimnis im Leben von Irene, das Spiros’ Mutter wissend ahnt und das beide zu viel mehr macht als Schwiegertochter und Schwiegermutter. Dass sie zusammenfügt wie Freundinnen aus einer viel älteren, archaischen Zeit Griechenlands. In einer wunderbaren, zentralen Stelle des Buchs wandern beide durch den wie aus der Zeit gefallenen Ort und seine weltabgewandten, manchmal schon gar nicht mehr benutzten Gebäude.
„Der Atem deines Landes“, der auch ein Sturm sein kann, haucht hier Zeitlosigkeit. Ein Dasein zwischen Schuld und Verzeihen, zwischen Sprechen und Schweigen, zwischen Vergangenheit und Gegenwart, Deutschland und Griechenland: Marianne Achs Buch ist ein Bericht aus den Zwischenräumen dieser Antagonismen. Es ist die Sprache, die dieses ganz leicht schemenhaft-romantisch wirkende Zwischendrin an zwei parallele Wirklichkeiten bindet: Irene kann sich ein zweites Dasein außerhalb Deutschlands über die von ihr so geschätzte Fremdsprache Griechisch einrichten – und verliert, wenn sie diese Sprache verliert, zuletzt auch ihr ganzes Dasein.

Erst, wer sein Leben sprachlich auszudrücken und zu verbalisieren weiß, lebt es ganz, erklärt Irene in einem Gespräch: „Du musst das Schöne in Worte fassen können, dann erst ist es schön.“
In dem dichten, wohltuenden Buch der Münchnerin Marianne Ach werden zwei Leben behutsam und sacht in Worte gefasst, um die Schönheit der Alltäglichkeit zu zeigen. Dann sind die drei Tage Sturm vorbei und das Leben geht weiter. Und Spiros ist wieder verliebt.
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08.04.2021 Bewegende Erinnerungen
 
Daniel Speck
Jaffa Road

S.Fischer Verlag

Jaffa Road
Fortsetzung und Abschluss dieser Familiengeschichte aus »Piccola Sicilia«

Eine Villa am Meer unter Palmen: Die Berliner Archäologin Nina reist nach Palermo, um das Erbe ihres verschollenen Großvaters Moritz anzutreten. Dort begegnet sie ihrer jüdischen Tante Joëlle - und einem mysteriösen Mann, der behauptet, Moritz’ Sohn zu sein. Elias, ein Palästinenser aus Jaffa.
Haifa, 1948: Unter den Bäumen der Jaffa Road findet das jüdische Mädchen Joëlle ein neues Zuhause. Für das palästinensische Mädchen Amal werden die Orangenhaine ihres Vaters zur Erinnerung an eine verlorene Heimat. Beide ahnen noch nichts von dem Geheimnis, das sie verbindet, in einer außergewöhnlichen Lebensreise rund ums Mittelmeer.
Drei Familien, drei Generationen, drei Kulturen und ein gemeinsames, bewegendes Schicksal.

Der Titel: Picola Szilia von Daniel Speck ist der erste Teil der Familiengeschichte.

Wir möchten gerne auch auf das Buch Bella Germania hineisen, eine große deutsch-italiensche Famlienegschichte in drei Generationen. Voller Zeitkolorit, dramatischer Wendungen und große Gefühle.
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01.04.2021 Bücher und Schicksale
 
Ines Thorn
Die Buchhändlerin

Rowohlt Verlag Polaris

Bücher und Schicksale: Die Geschichte einer starken Frau, Liebe und Literatur in den 1940er Jahren. Frankfurt, kurz nach dem 2. Weltkrieg: Christa bricht enttäuscht ihr Germanistikstudium ab, weil sie als Frau an der Universität nicht für voll genommen wird.
Zunächst aus Verlegenheit fängt sie an, in der Buchhandlung ihres Onkels auszuhelfen, die dieser nach der Enteignung durch die Nationalsozialisten nun wieder aufbaut. Bald schon wird das Bücherverkaufen für Christa zur Passion - und die Buchhandlung zu einem Ort, an dem sich Gleichgesinnte treffen, an dem Freundschaften entstehen und sogar Liebe.
Doch noch sind die Wunden der Kriegszeit nicht verheilt, und Christa muss all ihre Klugheit und Tatkraft einsetzen, um die Buchhandlung und ihr eigenes Glück zu bewahren.

Die Schriftstellerin Ines Thorn war zunächst als Buchhändlerin tätig. 1990 nahm die Autorin an der Frankfurter Goethe-Universität ein Studium der Slawistik, Germanistik und Kulturphilosophie auf. Ihren Debütroman „Die Spiegeltänzerin“ brachte sie im Jahr 2000 auf den Markt.
Der große Durchbruch gelang Ines Thorn unter anderem mit ihren historischen Romanen aus der Reihe der „Deutschland-Saga“.
Sie lebt und arbeitet in Frankfurt am Main und schreibt seit langem erfolgreich historische Romane.
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23.03.2021 Angst kocht auch nur mit Wasser
 
Dan Katz
Angst kocht auch nur mit Wasser

mvgverlag
asu dem schwedischem Annett Stütze

Wie wird man negative Gedanken los?
Wie durchbricht man altgewohnte Verhaltensmuster?
Wie wird man endlich angstfrei?


Immer wieder hindern uns eingefahrene Sichtweisen und Verhaltensmuster, klar zu denken und zu handeln. Dan Katz erklärt diese psychologische Muster auf ganz neue Weise: Mithilfe von einprägsamen Metaphern und humorvollen Illustrationen bietet er weitreichende Erklärungen für alltägliche Verhaltensweisen, die uns im Alltag immer wieder ausbremsen. So können das Leben, unsere Beziehungen, Gedanken und Gefühle besser verstanden und gelenkt werden.

Angst kocht auch nur mit Wasser ist ein Must-have für jeden, der seine Denkfehler erkennen und in Zukunft vermeiden will.

Dan Katz ist Psychologe und Psychotherapeut, Sein Wunsch ist, die kognitive Verhaltenstherapie für jedermann zugänglich zu machen. Neben seiner Arbeit in seiner Praxis ist er Dozent und arbeitet als medizinischer Experte für viele schwedische Medien.

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17.03.2021 Was wäre wenn?
 
Matt Haig
Die Mitternachtsbliothek

Droemer Verlag
aus dem Englischen von Sabine Hübner

Stell dir vor, auf dem Weg ins Jenseits gäbe es eine riesige Bibliothek, gesäumt mit all den Leben, die du hättest führen können. Buch für Buch gefüllt mit den Wegen, die deiner hätten sein können.
Hier findet sich Nora Seed wieder, nachdem sie aus lauter Verzweiflung beschlossen hat, sich das Leben zu nehmen.
An diesem Ort, an dem die Uhrzeiger immer auf Mitternacht stehen, eröffnet sich für Nora plötzlich die Möglichkeit herauszufinden, was passiert wäre, wenn sie sich anders entschieden hätte.
Jedes Buch in der Mitternachtsbibliothek bringt sie in ein anderes Leben, in eine andere Welt, in der sie sich zurechtfinden muss. Aber kann man in einem anderen Leben glücklich werden, wenn man weiß, dass es nicht das eigene ist?

Matt Haig ist ein zauberhafter Roman darüber gelungen, dass uns all die Entscheidungen, die wir bereuen, doch erst zu dem Menschen machen, der wir sind. Eine Hymne auf das Leben – auch auf das, das zwickt, das uns verzweifeln lässt und das doch das einzige ist, das zu uns gehört.
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15.03.2021 Anregender Lesegenuss!
 
Patrick Modiano
Unsichtbare Tinte

Hanser Verlag
aus dem Franzöischem von Elisabeth Edl

Wer noch nie einen Roman des Nobelpreisträgers
Patrick Modiano gelesen hat, sollte jetzt damit anfangen.

Wer ist Noëlle Lefebvre?
Warum verlor sich Mitte der 60er Jahre ihre Spur? Jean Eyben ist knapp zwanzig, als er in einer Pariser Detektei anheuert und auf die verschwundene Noëlle Lefebvre angesetzt wird.
Alle Hinweise führen ins Leere, doch das Rätsel lässt Jean auch Jahre später nicht los. Da sind die Namen von Noëlles Kontakten, das schmale, damals heimlich entwendete Dossier und ihr sporadisch geführter Kalender mit dem geheimnisvollen Satz „Wenn ich gewusst hätte…“.
Als Jean einen Jugendfreund trifft, erscheint ihm ein Detail plötzlich von Bedeutung: Noëlle Lefebvre stammt aus „einem Dorf in der Umgebung von Annecy“. So wie er selbst.
Ein verblüffender, tief berührender Roman über die Hoheit der Erinnerung und die Deutung der eigenen Geschichte.
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09.03.2021 Mystische Fantasy
 
Antonia Neumayer
Zwischen Dir und der Dunkelheit

Heyne Verlag

Ihre Youtube-Videos über die Sagen und Mythen Bayerns sind so beliebt, dass Sera, Jo und Mark die Genehmigung erhalten, nachts in der Münchner Frauenkirche zu drehen. Als sie sich dem berühmten Teufelstritt im Steinboden nähern, geschieht das Unfassbare: Der Fußabdruck beginnt zu leuchten, und ein unheimlicher Wind fegt durch die Kathedrale.
Obwohl die drei alles auf Video festhalten, ernten sie nur Hass und den Spott ihrer Follower, was vor allem Sera nahe geht. Hat sie sich alles nur eingebildet? Oder gibt es in der Frauenkirche, von der sie Nacht für Nacht träumt, wirklich übernatürliche Phänomene? Schnell stellt Sera fest, dass sie nicht die einzige ist, die dem Rätsel auf den Grund gehen will: die schöne Lily und der geheimnisvolle Elias bieten ihr ihre Hilfe an.
Doch die beiden verfolgen ihre eigenen Ziele – und sind bereit, dafür über Leichen zu gehen ...

Antonia Neumayer ist 24 Jahre alt und hat bereits ihren zweiten Fantasy-Roman veröffentlicht..
Nach dem Abitur studierte sie Germanistik und Theaterwissenschaften in München und Frankreich. Ihre große Leidenschaft gehört jedoch der Fantastik. Bereits als Kind dachte sie sich Geschichten und Abenteuer für ihre Freunde aus. Sie schrieb mehrere Kurzgeschichten, bevor sie mit »Selkie« ihren ersten Roman verfasste. Die Autorin lebt in der Nähe von München.
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16.02.2021 Am Götterbaum - ein eigenwilliger Roman über einen vergessenen Schriftsteller
 
Hans Pleschinski
Am Götterbaum

C.H.Beck Verlag

An einem Märzabend macht sich die MünchnerStadträtin Antonia Silberstein auf den Weg zu einer Ortsbesichtigung der besonderen Art. In ihrer Begleitung: die Schriftstellerin Ortrud Vandervelt und die Bibliothekarin Therese Flößer.
Das Ziel des launigen Spaziergangs der drei Frauen: die hinter einer Mauer versteckt liegende einstige Villa eines großen Vergessenen.

Antonia Silberstein hat verwegene Pläne für diese Villa, aber sie braucht den guten Rat eines Experten. Schon auf dem Spaziergang sind sich die Frauen, zwischen Autos, Passanten, Verkehrsinseln mäandernd, uneins über Rang, Werk und Vermächtnis des Mannes, dessen einstige Behausung sie in ein spektakuläres Kulturzentrum verwandeln könnten: Paul Heyse. Der erste echte deutsche Literaturnobelpreisträger (1830– 1914), hochgeehrt, liberal, ein schöner Mann mit einer liebenswerten Ausstrahlung, Autor von Romanen, Theaterstücken und nicht zuletzt 180 Novellen, ist so vergessen, dass in München vor allem eine Unterführung an ihn erinnert. Hat er das verdient?

In seinem neuen Roman erzählt Hans Pleschinski kenntnisreich, scharfzüngig und komisch von Heyses Leben und Werk, von Ruhm und Vergänglichkeit und dem stets bedrohten Reichtum der Kultur in einer sich verschleißenden Welt. Mit einem genauen Blick auf die Gegenwart entfachter in spritzigen Dialogen ein höchst unterhaltsames Feuerwerk.
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10.02.2021 Mysterium der Himmelscheibe

 
Ulf Schiewe
Die Kinder von Nebra

Historischer Roman
Lübbe Verlag

Das Mysterium der Himmelsscheibe, eine Hochkultur im Herzen Europas und der immerwährende Kampf zwischen Gut und Böse - ein großer historischer Roman mit unvergesslichen Figuren

Nebra vor 4000 Jahren:
Lange haben sich die Menschen der Willkür des mächtigen Fürsten Orkon gebeugt, der das Volk quält und ausbeutet, sich nimmt, wonach immer es ihn gelüstet. Jetzt endlich regt sich Widerstand. Die junge Priesterin Rana will Orkons dunkle Herrschaft brechen und die Menschen befreien. Das Werk ihres Vaters soll ihr dabei helfen: eine bronzene Scheibe, die den Sternenhimmel zeigt und eine geheime Botschaft der Götter enthält. Sie steht für die Göttin des Lichts, die dem Hass Liebe entgegensetzt. Doch Ranas Weg ist gefährlich, viel steht auf dem Spiel. Auch das Leben derjenigen, die ihr am liebsten sind ...

Auf einem Hügel bei Nebra
stießen Sondengänger Ende der 1990er-Jahre auf eine bronzene Scheibe. Sie zeigt Mond und Sterne, gilt heute als die erste konkrete Himmelsdarstellung der Menschheitsgeschichte. Ein Sensationsfund, den die Finder zunächst an Hehler verscherbelten. Erst 2002 kam die Himmelsscheibe in die kundigen Hände von Archäologen. Seither wird sie erforscht - und hat das Bild unserer Vorfahren geändert.
Ulf Schiewe lässt ihre unbekannte Kultur auferstehen und spinnt um sie einen großen, epischen Roman.
Und das auch in weiteren Romane von Ulf Schiewe.
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09.02.2021 München 1945. Auf dem Schwarzmarkt...
 
Teresa Simon
GLÜCKSKINDER

Heyne Verlag

München 1945.
Auf dem Schwarzmarkt in der Möhlstraße treffen sich alle, die nach Glück und ein wenig Leben suchen. Nylons, Kaffee, Schokolade und Schmuck wechseln hier die Besitzer. Auch Toni, die ihr Zuhause verloren hat und nun bei ihrer Tante Vev wohnt, versucht, auf dem Schwarzmarkt das Nötigste für die Familie zu organisieren.
Als sie die Holländerin Griet kennenlernt, spürt Toni zunächst eine tiefe Abneigung. Sie ahnt nicht, dass Griet eine schwere Zeit hinter sich hat, über die sie nie wieder sprechen möchte. Sie könnten einander helfen.
Doch das geht nur, wenn sie ehrlich zueinander sind und ihre Vorurteile überwinden ...
Teresa Simon
ist das Pseudonym der promovierten Historikerin und Autorin Brigitte Riebe
.Sie ist neugierig auf ungewöhnliche Schicksale und lässt sich immer wieder von historischen Ereignissen und stimmungsvollen Schauplätzen inspirieren. Die SPIEGEL-Bestsellerautorin ist bekannt für ihre intensiv recherchierten und spannenden Romane, die tiefe Emotionen wecken.

Ihre Romane Die Frauen der Rosenvilla, Die Holunderschwestern und Die Oleanderfrauen wurden alle zu Bestsellern.
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16.01.2021 Historischer Roman
 
Antje Sievers
Die Judenmadonna

Conte Verlag

»Die Judenmadonna«
erzählt die Geschichte eines außergewöhnlichen Kunstwerkes und einer Liebe, die das Unmögliche überwindet. Golda, die Tochter einer jüdischen Familie aus Bergheim im Elsass gerät in eine folgenreiche Beziehung mit dem Colmarer Maler Martin Schongauer.
Im Jahr 1473 bildet er sie als »Madonna im Rosenhag« ab. Doch Schongauer, wie die meisten seiner Zeitgenossen ein Judenfeind, ahnt nicht, dass seine Geliebte als Tochter eines jüdischen Rosshändlers geboren wurde. Als ihre Identität durch den Inquisitor Heinrich Institoris, den Verfasser des »Hexenhammers«, aufgedeckt zu werden droht, muss sie aus Colmar fliehen.

Antje Sievers
lässt in ihrem glänzend recherchierten Roman eine entschwundene jüdische Welt wieder lebendig werden, wie sie überall in Europa einmal zum Alltag gehörte. Dabei verwebt sie historische Fakten, wie den enormen Einfluss der gerade erfundenen Buchdruckkunst und den beginnenden Hexenwahn mit detailreichen Schilderungen des Künstlermilieus und des jüdischen Alltagslebens zu einem farbenprächtigen Panorama des ausgehenden fünfzehnten Jahrhunderts.
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15.01.2021 Eine berührende Geschichte
 
Martina Borger
Wir holen alles nach

Diogenens Verlag

Job und Kind unter einem Hut –
die alleinerziehende Sina jongliert damit seit Jahren. Seit kurzem wird sie von ihrem neuen Partner Torsten dabei unterstützt. Und sie haben Ellen, Ende sechzig, die sich für Nachhaltigkeit einsetzt und das hat, was sich Sinas Sohn Elvis so wünscht: Zeit, Geduld – und einen Hund.

Doch dann widerfährt dem sensiblen Jungen etwas Schlimmes. Da er sein Geheimnis nicht preisgibt, spinnt sich ein fatales Netz aus Gerüchten um die kleine Patchworkfamilie.

von Martina Borger gibt es weitere Bücher:

Katzenzungen
Kleine Schwester
Sommer mit Emma.
Mit der Co-Autorin Maria Elisabeth Straub schrieb sie auch Romane und Drehbücher.
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11.01.2021 Heile Welt?
 
Wer nicht reden will, muss streiten!
Der humorvolle Familien-Roman von Monika Bittl mit Lachtränen-Garantie

Monika Bittl
Man sollte öfter mal ausmisten

Knaur Verlag

Nach 27 Ehe-Jahren ist der Lack eben ab, da sind sich Franziska und Bastian Schweighöfer einig. Jetzt, wo die Kinder aus dem Haus sind, hat man sich einfach nichts mehr zu sagen und es wird Zeit für
getrennte Wege. Deswegen muss man sich noch lange nicht streiten, hat man ja nie groß getan. Mit der vollkommen friedlichen Scheidung soll nur noch gewartet werden, bis sich Franziskas Mutter Mathilde von einem leichten Herzanfall erholt hat. Bis dahin wird »heile Familie« gespielt.
Natürlich haben Franziska und Bastian keine Ahnung, dass Oma Mathilde sie längst durchschaut hat und ihnen die Kranke nur vorspielt. Tatsächlich funktioniert Omas Plan wunderbar: Die heile Familie
vorzutäuschen ist nämlich so anstrengend, dass Franziska und Bastian bald streiten, was das Zeug hält.
Und wer sich streitet, der liebt sich noch!

Mit unnachahmlichen Sinn für Humor seziert Bestseller-Autorin Monika Bittl das Ehe- und Familien-Leben und schreibt dabei so authentisch, dass man meint, die Schweighöfers könnten nebenan wohnen.
»Man sollte öfter mal ausmisten« ist ein großer Spaß für alle, die gern in humorvolle Familien-Romane eintauchen.
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28.12.2020 Deutschland in der Zukunft
 
Zoe Beck
Pradise City

Thriller
Suhrkamp Verlag

Deutschland in der Zukunft. Die Küsten sind überschwemmt, weite Teile des Landes sind entvölkert, und die Natur erobert sich verlassene Ortschaften zurück. Berlin ist nur noch eine Kulisse für Touristen. Regierungssitz ist Frankfurt, das mit dem gesamten Rhein-Main-Gebiet zu einer einzigen Megacity verschmolzen ist. Dort, wo es eine Infrastruktur gibt, funktioniert sie einwandfrei. Nahezu das gesamte Leben wird von Algorithmen gesteuert. Allen geht es gut – solange sie keine Fragen stellen.

Liina, Rechercheurin bei einem der letzten nichtstaatlichen Nachrichtenportale, wird in die Uckermark geschickt, um eine, wie sie glaubt, völlig banale Meldung zu überprüfen. Dabei sollte sie eigentlich eine brisante Story übernehmen. Während sie widerwillig ihren Job macht, hat ihr Chef einen höchst merkwürdigen Unfall, der ihn fast das Leben kostet, und eine Kollegin wird ermordet. Beide haben an der Story gearbeitet, die Liina versprochen war. Anfangs glaubt sie, es ginge darum, ein Projekt des Gesundheitsministeriums zu vertuschen, aber dann stößt sie auf die schaurige Wahrheit: Jemand, der ihr sehr nahesteht, hat die Macht, über Leben und Tod fast aller Menschen im Land zu entscheiden. Und diese Macht gerät nun außer Kontrolle ...
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12.12.2020 Un be rechenbar?
 
Harlad Lesch u.Thomas Schwartz
Unberechenbar

Das Leben ist mehr als eine Gleichung
Herder Verlag

Gibt es eine perfekte Gesellschaft? Nein. Aber in welcher Gesellschaft wollen wir leben – vor allem, wenn es schwierig wird? Helfen da Physik, Mathematik oder die Wirtschaft?
Harald Lesch und Thomas Schwartz analysieren mit Scharfsinn und Witz, welche Missstände und Fehlentwicklungen uns beschäftigen. Viel wichtiger aber: Sie begnügen sich nicht mit Krisen-Gejammer, sie wollen mehr.
Ihre Schlüsse sind wissenschaftlich präzise, sie entlarven Verschwörungstheorien und Vorurteile, und stellen konkrete Forderungen, an Politik, Wirtschaft und jeden einzelnen. Pointiert und vor allem kreativ erklären Lesch und Schwartz, weshalb das Dorf-Prinzip hilft, singen das Lob der Grenze und lassen eine Freiheit fühlen, die Dialekt spricht und Raum gibt.

Ein faszinierendes und bahnbrechendes Buch – ein Buch so unberechenbar wie das Leben.
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06.12.2020 Als WhatsApp noch Zeppelinpost hieß.
 
Florian Scherzer
Zeppelinpost

Hirschkäfer Verlag

München 1931. Carl Dürrnheimer führt ein ereignisloses Leben zwischen Arbeit und seiner vermüllten Wohnung. Eines Tages ändert sich alles. Er bekommt einen ungewöhnlichen Brief aus Brasilien. Von einer Jugendfreundin, die in den Wirren der Zeit nach dem Ersten Weltkrieg plötzlich nach Südamerika verschwand.
Seine erste, unerwiderte Liebe. Das wilde, von allen begehrte Mädchen das Viertels. Zwischen den beiden entwickelt sich eine Art frühe WhatsApp-Konversation. Ein Briefaustausch von Kontinent zu Kontinent auf dem damals schnellstmöglichen Weg: per Luftschiff ›Graf Zeppelin‹. In nur drei Tagen von Deutschland nach Brasilien.

Carl Dürrnheimer schämt sich für sein trauriges, ödes Dasein und konstruiert sich ein neues, virtuelles Leben, von dem er nach Brasilien schreibt. Aufregend, ereignisreich, voller Freunde aus dem Künstlermillieu. Negroni trinkend und feiernd. Erfolgreich in seinem tollen Job, erfolgreich im Liebesleben. Das genaue Gegenteil seines echten Alltags. Schließlich erfindet er sich eine aufregende Geliebte, mit der er zunächst seine brasilianische Brieffreundin nur neidisch machen will.
Aber sein Phantasiekonstrukt Therese gelingt im so gut, dass es zum zentralen Punkt seines Lebens und zu seiner großen Liebe wird. Dürrnheimer weiß, dass die Briefe nach Brasilien die einzige Möglichkeit sind, seine Freundin leben zu lassen …
Ein Roman in Briefen, der sich rasant zu einem überraschenden Kriminalfall entwickelt
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01.12.2020 Klimawandel - Katasophe - Thriller
 
Dirk Rossmann
Der neunte Arm des Oktopus

Lübbe Verlag

Eine Klima-Allianz - unsere letzte Chance?
Der Klimawandel - eine Katastrophe ungeahnten Ausmaßes steht uns bevor. Verändert unsere Erde. Verändert unser aller Leben.
Das Fiasko scheint unaufhaltsam. Bis die drei Supermächte China, Russland und die USA einen radikalen Weg einschlagen. Doch wird diese starke Klima-Allianz das Ruder noch herumreißen?

Die Maßnahmen der Allianz greifen gravierend in das Leben der Menschen ein, und nicht jeder will diese neue Wirklichkeit kampflos akzeptieren. Alle Mittel sind den Gegnern recht, um ihre ökonomischen und machtpolitischen Interessen zu verteidigen.
Die Situation spitzt sich dramatisch zu, und plötzlich liegt das Schicksal der Erde in den Händen eines schüchternen Kochs und einer unscheinbaren Geheimagentin.
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30.11.2020 Aufbruch in ein neues Land
 
Rafael Seligmann
Hannah und Ludwig

Heimatlos in Tel Aviv
Langenmüller Verlag

1933 flieht Ludwig aus Nazi-Deutschland nach Tel Aviv.
Der hebräischen Sprache kaum mächtig, arbeitet er sich mit großer Energie und sonnigem Gemüt vom Orangenpflücker zum Prokuristen hoch. Gerade noch rechtzeitig holt er seine Eltern und Geschwister nach Palästina und rettet damit ihr Leben. Als er 1940 die schöne Hannah trifft und die beiden heiraten, zeichnet sich eine glückliche Zukunft ab.

Doch persönliche Schicksalsschläge und die politische Unsicherheit im neu gegründeten Staat Israel lassen bei Ludwig und Hannah die Sehnsucht nach der deutschen Heimat wachsen. Zusammen mit Sohn Rafael kehren sie in ein Deutschland zurück, wo die Vorurteile gegen Juden keineswegs der Vergangenheit angehören ...

Der Autor Rafael Seligmann verfasste die ersten deutsch-jüdischen Gegenwartsromane, unter anderem "Der Musterjude". "Hannah und Ludwig" ist der zweite Teil der Familiensaga "Lauf Ludwig,lauf".
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19.11.2020 Tukan Preisträger 2020
 
Tukanpreis der Landeshauptstadt München 2020

Markus Ostermair
für seinen Roman „Der Sandler“

Osburg Verlag

aus der Jurybegründung

Wie moderne Gespenster streifen sie durch Brückengewölbe, Notschlafstellen und Kleiderkammern, unbeachtetes Treibgut der Wohlstandsgesellschaft. Obwohl mitten unter uns, blicken wir meist durch sie hindurch. Die Obdachlosen auf dem teuren Münchner Pflaster haben keine Stimme, um von ihrem täglichen Überlebenskampf zu berichten, davon, wie ihnen das Leben entglitten ist oder von ihrer Scham darüber und wie sie einen verstummen, letztlich ganz verschwinden lässt.

Für ihre Sprachlosigkeit und die der Stadt, die sie umgibt, findet Markus Ostermair in seinem Roman Der Sandler eine so angemessene wie anspruchsvolle Form. Er spannt das Panorama einer Gegenwelt auf, die von Abgründen durchzogen ist, aber auch von Hoffnung und unerwartetem Zusammenhalt.
Da ist Kurt, der aus dem Gefängnis kommt und sich ändern will, wie einst Franz Biberkopf auf dem Berliner Alexanderplatz.
Da ist Lenz, der nicht mehr kann, doch unbedingt noch seinen Freund Karl finden muss, um ihm einen Schlüssel zu hinterlassen – und vielleicht eine letzte Chance. Karl war früher Mathe-Lehrer, Familienvater, bis er eine schwere Schuld auf sich geladen hat, die er seither durch die Straßen schleppt, halb flüchtend, halb suchend. So sehr er auch gegen sein altes Leben antrinkt, er wird die Sehnsucht nach einem Zuhause nicht los. Doch zwischen ihm und dem hell leuchtenden Schlüsselloch lauern noch seine Dämonen.

Statt die harte Realität in wohlfeilem Realismus auszustellen, evoziert Markus Ostermair sie in einer präzise gestalteten, an Döblin geschulten Sprache, die seinen Figuren Würde gibt, ohne ihnen falsche Nähe aufzuzwingen, ohne zu urteilen oder zu verklären.
Aus wechselnden Blickwinkeln, genauer Beobachtung und mäandernden Gedankenströmen, mal poetisch, mal rau verdichtet, schafft er die eindrucksvolle Innenschau einer gesellschaftlichen Außenperspektive.

Ein wichtiger, kraftvoller Roman über Ausgrenzung und Selbst-
behauptung auf dem dünnen Firnis unserer so sicher geglaubten Welt.
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20.10.2020 Deutschland 2049 – mitten in der Klimakrise
 
Alexander Sperling
Glashauseffekt

Ein Zukunftsroman
Verlag &Töchter

Deutschland im Jahr 2049.
Die Klimakrise hat globale, nationale und individuelle Folgen für die Menschheit. Dürren, Wassermangel und Verteilungskämpfe zwingen Menschen auf der ganzen Welt zur Flucht – auch in Deutschland. Ein neues Virus ist auf dem Vormarsch, Arbeitslosigkeit allgegenwärtig.

Die neugegründete Partei für Gerechtigkeit bedient sich der Wut der Bevölkerung über den verpassten Klimaschutz der früheren Generationen und inszeniert einen Schauprozess in Nürnberg, in dem die als verantwortlich Gezeichneten zur Rechenschaft gezogen werden sollen.
Die junge Journalistin Erica Mazur ist Beobachterin dieser „Bundeskunstaktion“, die die Republik in Aufruhr versetzt. Der Prozess spaltet die Gesellschaft und reißt alte Wunden auf.
Ericas Weltbild beginnt zu bröckeln, aber nicht nur das: Wohin verschwindet Dingo, ihr fester Freund, jede Nacht? Was zieht sie an ihrem neuen Arbeitskollegen Tom so sehr an? Gefangen in den Ränken einer aus den Fugen geratenen Gesellschaft muss Erica nicht nur die Schuldfragen ihrer Elterngeneration, sondern auch ihre eigenen Gewissenskonflikte aushandeln.


Alexander Sperling
hat Deutsch, Geschichte und Sozialkunde für das gymnasiale Lehramt in München und Oslo studiert. Nach dem 2. Staatsexamen begann er eine Promotion über die Dystopie der Gegenwart.


19.10.2020 Balladen
 
Friedrich Ani
Die Raben von Ninive
Balladen

Suhrkamp Verlag

Balladen, andere Gedichte und ein Zwiegespräch.
Auch als Lyriker genießt Friedrich Ani Anerkennung und Bewunderung. Jetzt hat er sich einer besonderen Gedichtform gewidmet, den Balladen – und es ist nicht zu weit hergeholt, sie in die Tradition von Brecht und Biermann zu rücken.

Es gelingt ihm in diesem populären Genre, die aktuellen politischen Ängste, die Bedürfnisse des Populus anzusprechen, teils zu bestärken, teils zurückzuweisen, teils zu bekämpfen.
Balladen sind für ihn also eine Kunstform, in der er politisch werden kann, ohne sich agitatorisch zu verhalten.

Politisch kann er jedoch nur werden, wenn er die privatesten Umstände seiner Existenz beleuchtet und enthüllt. In ihrer Verschränktheit von Öffentlichkeit und Privatheit belegen diese Gedichte die Gegenwärtigkeit von Balladendichtung und zugleich Friedrich Anis poetische Kunst.
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10.10.2020 Agenten unterwegs
 
Max Bronski
JAGUAR

Droemer Verlag

Raffiniert, rasant, doppelbödig:
ein packender Agenten-Thriller um einen internationalen Rache-Feldzug
Durch die Willkür des Zufalls geraten zwei junge Männer Ende der 80er-Jahre ins Fadenkreuz der CIA: Ruben Diaz aus San Salvador beobachtet ein Massakers an den jesuitischen Dozenten der Zentralamerikanischen Universität; der Schweizer Santino Marti wird als Tourist in Puerto Rico in ein Mord-Komplott gegen den nicaraguanischen Präsidenten verwickelt. Beide lässt die CIA unauffällig verschwinden.
Auf einem Gefängnisschiff im Golf von Mexiko, einer sogenannten »black site«, treffen Ruben Diaz und Santino Marti aufeinander, aus den Leidensgenossen werden Freunde. Bis zu ihrem verbrieften Tod.
2012 werden in Afrika, den USA und Lateinamerika merkwürdige Morde verübt. Die Opfer – ein Entwicklungshilfe-Berater, ein hippieartiger Privatier, ein Fondsmanager – scheint nichts zu verbinden. Doch alle wurden mit dem Zeichen des Jaguar-Gottes Kinich Ahau gebrandmarkt. Und einer von ihnen ist ein ehemaliger CIA-Agent, der in den 80ern an mehreren Geheim-Operationen in Lateinamerika beteiligt war …

»Der Jaguar« von Max Bronski
ist ein ebenso vielschichtiger wie rasanter Rache-Thriller für alle Fans von Jason Bourne und der Agenten-Thriller von Robert Wilson oder John le Carré.

Für alle Liebhaber von Bronski liegt dem Buch eine CD bei mit Soundstracks zum Roman
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01.10.2020 Mafia im Allgäu?
 
Gerhard Köpf
Palmengrenzen

braumüller Verlag

Die schönsten Stunden im Leben liegen häufig ein wenig außerhalb der Legalität, sagte einst Alain Delon.
Das gilt auch für den pensionierten Notar Bruno Ziegler, der während eines Arbeitsaufenthaltes im Grand Hotel Garibaldi in den idyllischen Allgäuer Bergen wie zufällig in die Kreise der Mafia gerät. Was ihn mehr und mehr fasziniert, wird ihm schließlich zum Verhängnis.
Er wird Zeuge, wie sich eine neue geräuschlose Generation der Ehrenwerten Gesellschaft ausbreitet, die nicht mehr wild um sich schießt und Staatsanwälte in die Luft jagt, sondern diskret und klammheimlich wächst und gedeiht, auch weil ihre Existenz von der offiziellen Politik geleugnet wird. Während einer Zugfahrt schreibt er seine Beobachtungen über die "Verschiebung der Palmengrenze" ins Allgäu nieder.
Er tut dies nicht zuletzt in Hinblick auf seinen neuen Mandanten, einen Mann, den alle nur den Commendatore nennen. Außerdem ist da noch die rätselhafte attraktive Witwe des Hoteliers, die ein Auge auf den Notar geworfen hat: privat, aber auch geschäftlich …
Gerhard Köpf, 1948 geboren, ehemaliger Literaturprofessor an verschiedenen Universitäten des In- und Auslandes, danach Gastprof. an der Psychiatr. Klinik der LMU München; diverse Literaturpreise für sein literar. Werk (u. a. 1983 Preis der Jury beim Ingeborg-Bachmann- Preis; 1989 Förderpreis Berliner Akad. der Künste, 1990 Raabe- Preis); spielt gelegentlich kleine Rollen in Film (zuletzt Oliver Stone: Snowden) und Theater (Münchner Kammerspiele). Zuletzt bei Braumüller erschienen: "Das Dorf der 13 Dörfer" (2017), "Innerfern" (2018) und "Außerfern" (2018)
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23.09.2020 Polit-Thriller mit Büchern
 
John Grisham
Das Manuskript

Heyne Verlag
aus dem Amerikanischen von Bea Reiter

Nach dem Buch "Das Original"
kehrt John Grisham nach Camino Island zurück!

Bruce Cable, Betreiber der Buchhandlung Bay Books, bereitet gerade die Lesung eines Bestsellerautors vor, als Hurrikan Leo Camino Island heimsucht. Der Gouverneur ordnet eine Evakuierung der Insel an, aber Bruce beschließt zu bleiben. Der Sturm fordert mehrere Todesopfer und auch Bruces Freund Nelson Kerr, ein Thrillerautor, kommt ums Leben. Allerdings stellt sich heraus, dass nicht der Sturm die Todesursache war, sondern mehrere Schussverletzungen am Kopf. Bruce beginnt zu ermitteln: Könnte die Lösung des Falls auf den Seiten von Nelsons Roman zu finden sein?
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22.09.2020 Die Macht des Geldes - die Macht des Erzählens
 
Benjamnin Quaderer
Für immer die Alpen

Luchterhand Verlag

Staatsfeind Nummer 1 zu sein ist nicht leicht. Das gilt auch dann, wenn dieser Staat einer der kleinsten der Erde ist: das Fürstentum Liechtenstein. Johann Kaiser, Sohn eines Fotografen, Weltenbummler, Meister der Manipulation, lebt unter falschem Namen an einem unbekannten Ort. Mit dem Verkauf gestohlener Kundendaten einer großen Bank hat er so gut verdient, dass es sich unbesorgt leben ließe - wären da nicht die Verleumdungen aus seiner Heimat, die aus ihm einen Verräter machen wollen. Im Versuch, die Deutungshoheit über sein Leben zurückzuerlangen, greift Johann zu Stift und Papier.

Benjamin Quaderer hat einen tollkühnen Debütroman geschrieben über die Macht des Geldes und die Macht des Erzählens. Das Porträt eines Hochstaplers, der die Gesellschaft spiegelt, die er betrügt.
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30.08.2020 Was ist die Wahrheit?
 
Amelie Fried
Die Spur des Schweigens

Heyne Verlag

Journalistin Julia schlägt sich mühsam als freie Schreiberin durch und träumt von der großen, investigativen Story. Sie erhält einen Hinweis auf mögliche sexuelle Übergriffe in einem renommierten Forschungsinstitut. Der Me-too-Debatte überdrüssig, geht sie dem Verdacht zunächst nur halbherzig nach. Als sich aber die erste Betroffene bei ihr meldet und Julia den attraktiven Hauptverdächtigen kennenlernt, ist ihr Reporterinnen-Instinkt geweckt.

Am Institut stößt sie auf ein gefährliches Gemisch aus Machtmissbrauch, Schweigen und Vertuschung – und auf eine schockierende Verbindung zu ihrem Bruder Robert, der zwölf Jahre zuvor spurlos verschwunden ist. Plötzlich muss Julia sich unangenehme Fragen stellen: Was hat Robert mit dem Selbstmord einer chinesischen Doktorandin zu tun? Warum wurde seine Leiche nie gefunden? Hat sie all die Jahre etwas übersehen?

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12.08.2020 Das Leben schreibt die besten Romane
Zwei Frauen - zwei Leben - nach Kriegsende
 
Cora Stephan
Margos Töchter

KiWi Verlag

Jeder Mensch hat eine Mutter.
Jana Seliger hatte zwei.


Cora Stephan erzählt die Geschichte zweier außergewöhnlicher Frauen und eines geteilten Landes über vier Jahrzehnte. Ein großer Roman über die Suche nach dem Glück in Zeiten gesellschaftlicher Umbrüche und die Frage, was man opfern muss, um es zu finden. Leonore Seliger wächst in den 1960er-Jahren in der norddeutschen Provinz auf. Sie ist eine Außenseiterin, unangepasst, rebellisch.

Trost findet sie bei Clara, einer Brieffreundin aus der DDR, die sie in einem Pioniercamp der DDR getroffen hat. In einem verrauchten Jugendclub in Osnabrück lernt Leonore die Musik der Beatles kennen, nach dem Abitur in England die freie Liebe. Während sie im Deutschen Herbst in Frankfurt studiert und durch eine verhängnisvolle Affäre ins Visier der Polizei gerät, bereitet sich Clara in Ostberlin auf eine große Aufgabe vor.

Im Auftrag des Ministeriums für Staatssicherheit soll sie in den Westen gehen, um dort für die Genossen die Augen aufzuhalten. Kurz bevor sie die DDR verlässt, bekommt sie eine Tochter und ist gezwungen, eine nahezu unmögliche Entscheidung zu treffen.
Das Schicksal führt Leonore und Clara wieder zusammen. Die beiden, die unterschiedlicher nicht sein könnten, verbindet ein Geheimnis. Jahrzehnte später kommt eine junge Frau diesem Geheimnis auf die Spur und begibt sich auf eine aufwühlende Reise in die Vergangenheit.
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Empfehlung mit "Ab heute heiße ich Margo" zum Lesen anzufangen, und dann bei "Margos Töchter" wird der Leser Zeuge schicksalhafter Begegnungen
08.08.2020 Zwei Frauen - zwei Leben - zwei Welten
 
Cora Stephan
Ab heute heiße ich Margo

KiWi Verlag

Die Wege von Margo und Helene kreuzen sich in Stendal in den Dreißigerjahren. Margo ist Lehrling in der Buchhaltung, Helene Fotografin.
Sie lieben denselben Mann, werden durch den Krieg getrennt und bleiben doch miteinander verbunden.
Selbst das Ende der DDR bedeutet kein Ende ihrer dramatischen Verstrickung, die noch bis ins letzte Jahr des 20. Jahrhunderts reicht.Cora Stephan erzählt Zeitgeschichte als Familiengeschichte und entwirft Charaktere, denen man voller Spannung folgt, getrieben von dem Wunsch, dem Rätsel von Liebe, Verwandtschaft und Verrat auf die Spur zu kommen.


Empfehlung mit "Ab heute heiße ich Margo" zum Lesen anzufangen, und bei "Margos Töchter" steigert sich die Geschichte. Man will nicht aufhören zu lesen Dank Cora Stephans große Erzählkunst.
27.07.2020 Einblick auf die Deutsch-Französische Seele
 
Nathalie Kir de Montfolet
Wie sie lebten und liebten, die Frauen in meiner Familie

Verlag tredition

Nathalies deutscher Ururgroßvater verliebt sich in eine Französin, seine Urenkelin verliebt sich in einen Deutschen und seine Ururenkelin – Nathalie – ebenfalls.
Für ihre große Liebe verlässt sie Frankreich und zieht nach Deutschland, wo sich Jahre später ihre Tochter wiederum in einen Franzosen verlieben wird … Nathalie ist in Tullins, einem kleinen Dorf in der Nähe von Grenoble, aufgewachsen.

Viele Jahre später kehrt sie nach dem Tod ihrer Eltern zurück in ihre Heimat. Beim Ausräumen der Wohnung und beim Auspacken der vielen Kartons kommen in ihrem ehemaligen Zuhause Erinnerungen hoch. Jeder Gegenstand bringt eine andere Geschichte wieder ans Licht und nach und nach setzt sich Nathalies Familienpuzzle zusammen. Sie begibt sich auf eine gedankliche Reise zu ihren Wurzeln.

Ein Gespräch mit
der Autorin Nathalie Kir de Montfolet
finden Sie auch in der Rubrik: GESPRÄCHE
05.10.2020
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10.07.2020 Ki Künstliche Intelligenz
 
Richard David Precht
Künstliche Intelligenz

und der Sinn des Lebens: Ein Essay
Goldmann Verlag

Während die drohende Klimakatastrophe und der enorme Ressourcenverbrauch der Menschheit den Planeten zerstört, machen sich Informatiker und Ingenieure daran, die Entwicklung einer Künstlichen Intelligenz voranzutreiben, die alles das können soll, was wir Menschen auch können – nur vielfach »optimierter.
Ausgehend von völlig falschen Annahmen soll den Maschinen sogar eine menschenähnliche Moral einprogrammiert werden.
Richard David Precht
macht uns eindringlich klar,
dass das nicht möglich ist. Denn unser Leben besteht nicht aus der Abfolge vorausberechneter Schritte. Wir sind viel mehr als das.


07.07.2020 Glück und Fernbeziehung
 
Das neueste Buch von

Leif Randt
Allegro Pastell

Kiepenheuer& Witsch Verlag

Allegro Pastell ist die Geschichte einer fast normalen Liebe und ihrer Transformationen. Ein Roman in drei Phasen, beginnend im Rekordfrühling 2018.
Eine Fernbeziehung wirkt makellos. Die Prtagonisten bleiben über Text und Bild eng miteinander verbunden und besuchen sich für lange Wochenenden in ihren jeweiligen Realitäten.
Jogging durchs Naturschutzgebiet und Meditation im südhessischen Maintal, driftende Dauerkommunikation und sexpositives Ausgehen in Berlin - Jerome und Tanja sind füreinander da, jedoch nicht aneinander verloren.
Eltern, Freund*innen und depressive Geschwister spiegeln ihnen ein Leid, gegen das Tanja und Jerome weitgehend immun bleiben.
Doch der Wunsch, ihre Zuneigung zu konservieren, ohne dass diese bieder oder schmerzhaft existenziell wird, stellt das Paar vor eine große Herausforderung.
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07.07.2020 Die 12 Leidensstationen
 
Stefan Wimmer
Die 12 Leidensstationen nach Pasing

Heyne Verlag

siehe auch in der Rubrik "Das Gespräch"
mit Stefan Wimmer persönlich


Sommer 1985. Die Kajal-Clique hält die Welt in Atem. Zumindest die Münchner Vorstadt Pasing, in der die vier halbwüchsigen Schüler durch die Straßen streunen und die Gegend unsicher machen. Stets bewaffnet mit alkoholischen Getränken, verehren sie abgöttisch Gothic- und Wave-Bands wie The Cure oder The Human League und sind rund um die Uhr auf der Suche nach »der Party« und dem ersten Sex.
Denn die Zeiten lassen einiges zu wünschen übrig: Ihre Mitschülerinnen reagieren auf die Avancen der Clique mit stoischem Desinteresse, und auch die Schlägerbande rund um den Psychopathen Lothar macht den jungen Rebellen das Leben schwer. Erst als Baby Love aus dem benachbarten Mädchen-Gymnasium in Pasing auf den Plan tritt, gewinnen die Dinge an Rasanz.

Das Gespräch mit der Autor Stefan Wimmer
finden Sie auch in der Rubrik GESPRÄCHE
15.07.2020
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03.07.2020 Die Zunkunft nach Corona
 
Matthias Horx
Die Zukunft nach Corona

wie eine Krise die Gesellschaft, unser Denken und unser Handeln verändert.
Econ Verlag

RE-GNOSE STATT PRO-GNOSE: IM RÜCKBLICK WERDEN WIR UNS WUNDERN
Krisen verändern die Welt. Unsere Vorfahren haben sich stets auf neue Bedingungen eingestellt. Deshalb hat unsere Spezies den Planeten erobert. Jetzt erfahren auch wir eine Krise, die alles erschüttert und in unser Leben eingreift. Geht es danach weiter wie bisher? Oder erleben wir einen Kulturwandel, in dem alles seine Richtung ändert und eine völlig neue Zukunft entsteht? Matthias Horx übt mit seinen Lesern die Re-Gnose, die Selbst-Veränderung durch rückblickende Vorausschau - mit einer überraschenden Erkenntnis.



14.04.2020 Alchemie und Politik
 
Titus Müller
Die goldenen Jahre des Franz Tausend

Blessing Verlag

Die wahre Geschichte des Franz Tausend weitet sich in diesem Roman zu einem Panorama Deutschlands in den 1920er und 1930er Jahren.

Schneidig, selbstbewusst, charmant – so erobert der aus armen Verhältnissen stammende Franz Tausend 1924 die Welt. Er behauptet, auf geheimnisvolle Art und Weise Gold in großen Mengen herstellen zu können. Ultrarechte Patrioten und namhafte Industrielle wittern die Chance, mit diesem Gold die angestrebte heimliche Wiederaufrüstung finanzieren zu können, und strecken Tausend Geld vor. Als einige Anleger unruhig werden, ob es jemals Gold regnen wird, sorgen einflussreiche Politiker dafür, dass die Polizei einschreitet. Sie soll Franz Tausend aber nicht auf die Finger sehen, sondern ihn im Gegenteil vor den Anschuldigungen einer sich um ihr Geld geprellt sehenden Frau schützen.

Kommissar Heinrich Ahrndt, der diesen Auftrag erhält, ist zu gewissenhaft, um dieses Spiel dauerhaft mitzuspielen. Er wird nach Berlin strafversetzt, wo er den Pazifisten Carl Ossietzky beschatten soll ... Franz Tausend hingegen versucht sein Glück auf neue Weise, doch seine Wege und die des Kommissars kreuzen sich noch einmal: vor Gericht.


...aufregende Geschichte aus den 1920 Jahren von Alt Germany- und man glaubt es nicht, das höher gestellte Persönlichkeiten an diesen Spuk glaubten. (bü+m)


Titus Müller, geboren 1977, lebte lange in Berlin, studierte Literatur, Mittelalterliche Geschichte, Publizistik und Kommunikationswissenschaften. Mit 21 Jahren gründete er die Literaturzeitschrift "Federwelt". Seine zeithistorischen Romane wie "Tanz unter Sternen" (2011), "Nachtauge" (2013) und "Berlin, Feuerland" (2015) begeisterten viele Leser- und heute noch viel mehr
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17.03.2020 Poproman
 
Paula Irmschler
Superbusen

claasen Verlag

Mit Witz und Präzision erzählt Paula Irmschler in ihrem Romandebüt davon, was es bedeutet, sich von der eigenen Geschichte abzunabeln. Von der Verwundbarkeit des eigenen Körpers, von der Liebe, von Zuhause, von Lebensplänen, die häufig nur aus Warten bestehen, von der Kraft von Freundschaften. Und vor allem erzählt sie eine andere Geschichte von Chemnitz, eine Stadt, die wir so ganz anders kennen. In diesem Buch ist Chemnitz ein Sehnsuchtsort. Mutig, einzigartig, fantastisch.

»Superbusen
ist der Poproman, den man nicht mehr für möglich gehalten hatte. Referenzreich, entertaining und wahrhaftig.« sagt Linus Volkmann.


11.03.2020 Roman - Die Katastrophe als Wendepunkt
 
Pascal Mercier
Das Gewicht der Worte

Hanser Verlag

"Jetzt,
da er wieder eine Zukunft hatte, wollte er verschwenderisch mit seiner Zeit umgehen."
Der neue Roman von Pascal Mercier, dem Autor des Bestsellers
"Nachtzug nach Lissabon"
Ein philosophischer Roman über Freiheit, unser Leben zu gestalten und von der Freiheit, die uns dabei die Literatur verspricht.

Pascal Mercier,
1944 in Bern geboren, lebt in Berlin. Nach Perlmanns Schweigen (1995) und Der Klavierstimmer (1998) wurde sein Roman Nachtzug nach Lissabon (2004) einer der großen Bestseller der vergangenen Jahre und in zahlreiche Sprachen übersetzt.
2007 folgte die Novelle Lea. Unter seinem bürgerlichen Namen Peter Bieri veröffentlichte er, ebenfalls bei Hanser, Das Handwerk der Freiheit (2001) sowie Eine Art zu leben (2013).
Pascal Mercier wurde 2006 mit dem Marie-Luise-Kaschnitz-Preis ausgezeichnet und 2007 in Italien mit dem Premio Grinzane Cavour für den besten ausländischen Roman geehrt.
2007 erhielt er die Lichtenberg-Medaille der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen.
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08.03.2020 Feinde zu Freunden machen
 
Joana Osman
Am Boden des Himmels

Atlantik Verlag

Malek Sabateen, ein neunzehnjähriger Palästinenser mit dem Zorn eines Heiligen, dem Herzen eines Weisen und dem Verstand eines Kindes, besitzt eine besondere Fähigkeit. Durch seine Gabe gelingt es ihm, nicht nur die Menschen in seiner Umgebung zu beruhigen, sondern sie für einen Moment durch die Augen des Anderen, des Feindes, sehen zu lassen. In Israel, dem Heiligen Land, ist das jedoch gleichsam Wunder wie Bedrohung. Denn während die einen in ihm einen Engel sehen, schürt er bei den anderen Panik und Hass. Als Malek schließlich verhaftet wird, braucht es den Mut einer palästinensischen Journalistin, eines ausgefuchsten kleinen Jungen und eines bis über beide Ohren verliebten israelischen Doktoranden, um ihm zu helfen.

Eine Erzählung über Freundschaft und Kraft des Vertrauens.
Joana Osman
lebt in München und ist Autorin mit palästinensischen Wurzeln. Sie ist Mitbegründerin der Friedensbewegung "The Peace Factorys".
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11.02.2020 Blockhaus in Kanada
 
Carmen Rohrbach: Mein Blockhaus in Kanada
Wie ich mir den Traum von Wildnis und Einsamkeit erfüllte

Piper Verlag

Schon als Kind war Carmen Rohrbach fasziniert von den Geschichten über Trapper, Holzfäller und Goldsucher im ungezähmten Norden Amerikas. Nun ist sie ihrer Sehnsucht nachgekommen und hat 2017/2018 mehrere Monate in einem Holzhaus fernab der Zivilisation, an einem See mit glasklarem Wasser, umkränzt von felsigen Bergen gelebt. Fesselnd berichtet sie von den Vorbereitungen und Schwierigkeiten ihres Abenteuers. Sie beschreibt, wie sie auf ausgedehnten Wanderungen die Wildnis erkundete und schließlich mehrere Wintermonate in völliger Isolation bei bis zu minus 48 Grad verbrachte, ohne einem einzigen Menschen zu begegnen.
Auf mitreißende Art lässt sie uns an ihren intensiven Erfahrungen und Wahrnehmungen, ihren Beobachtungen und Gedanken teilhaben.

Carmen Rohrbach ist studierte Biologin, und zählt zu den beliebtesten Reiseautorinnen Deutschlands. Bei Malik und National Geographic erschienen zahlreiche Bücher von ihr, u.a. der Spiegel-Bestseller »Unterwegs sein ist mein Leben«. Zuletzt veröffentlichte sie »Die Neugier ist mein Kompass« und »Am blauen Fluss«.
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02.02.2020 Hörbuch
 
Tanja Kinkel: Die Gefängnisärztin
audible Original-Hörbuchserie

Krimispannung mit sozialkritischer Note: Gefängnisärztin Dr. Daniela Peters bewegt sich hinter Gittern in einem hochexplosiven Mikrokosmos, der seine eigenen Gesetze hat.

Landärztin Dr. Daniela "Dani" Peters ist frisch geschieden, weil ihr Exmann sie wegen einer Jüngeren sitzen gelassen hat. Zu allem Überfluss will auch noch ihre erste eigene Praxis einfach nicht florieren. Also bewirbt sie sich um den Posten der Gefängnisärztin in der Justizvollzugsanstalt der Kleinstadt, in der sie lebt. Dort wird sie täglich mit körperlicher Gewalt, Drogenhandel und Mafiageschäften konfrontiert.

Tanja Kinkels Hörbuchserie beschäftigt sich mit der existenziellen Frage, wie der Spagat zwischen staatlicher Sicherung und der Rehabilitation von Straftätern gelingen kann.

Tanja Kinkel ist Schriftstellerin, die unter anderem als Verfasserin historischer Romane bekannt wurde. Der Roman "Die Puppenspieler" wurde 2017 verfilmt.
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08.12.2019 Tatsachen des Lebens
 
Prügel für den Hausbesitzer
Tatsachenroman eines Immobilienspekulanten.

Solibro Verlag, Münster

Was denkt man sich beim Lesen dieses Titels? Jeden Tag wird in den Medien über den Missstand berichtet, dass nicht genügend Wohnungen in den Ballungszentren vorhanden sind, und vermutlich träumt so mancher Wohnungssuchende davon, auch mal einen Hausbesitzer zu verprügeln.

Der Autor Klaus Barski lebte in den 1960er Jahren in Frankfurt zuerst zur Miete, zahlte diese irgendwann aus Geldnot nicht, drohte aber beim Rauswurf dem Hausbesitzer, dass er sein Haus eines Tages kaufen werde.
Das geschah dann auch, Klaus Barski wurde erfolgreicher Immoblienspekulant. Die abenteuerliche Lebensgeschichte von Klaus Barski ist ein spannender Wirtschaftsroman, seine Protagonisten sind Makler, Mietbetrüger und Spekulanten.
Alles nur Geschichte?
Geschichte wiederholt sich auch im 21.Jahrhundert !

Dieser aufregende Tatsachenroman erzählt mit einem Augenzwinkern von einem, der nicht nur die Schule abbrach, zeitlang Sozialhilfe bezog, und dann millionenschwerer Immobilien-Kaufmann wurde.

Das Buch ist lebhaft, wie auch schonungslos. Man erfährt Tricks von beiden Seiten, vom Mieter und vom Vermieter, zum Beispiel wie gewiefte Mieter den Vermieter über den Tisch ziehen, und wie der darauf reagiert.

Kurzum, ein kurzweiliger Roman und spannend wie ein Thriller, sagt

Steffi von
Bücher & mehr e.V
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11.11.2019 Buchvorschläge
 
Astrid Lindgren
"Die Menschheit hat den Verstand verloren"
Tagebücher 1939 - 1945
Ullstein Verlag

Otto Julius Bierbaum
" Yankeedoodle-Fahrt"
Verlag TREDITION CLASSICS
Ergötzlicher Bericht einer Mittelmeerreise


Buchvorschläge von
Wini
Bücher & mehr.e.V.


Meer


10.10.2019 über Annette von Droste-Hülshof
 
Karen Duve
Fräulein Nettes kurzer Sommer

Galiani Verlag, Berlin

Hier ein Buchtipp: "Fräulein Nettes kurzer Sommer"
von Karen Duve. Das Buch konnte ich nur mit Mühe aus der Hand legen! Bin eh eine Bewunderin der Droste-Hülshoff.

Karen Duve: "Fräulein Nettes kurzer Sommer"
Ein echter Schmöker mit fast 600 S., trotzdem nie langweilig, historisch aufschlußreich, dabei spannend und witzig geschrieben - ich hab's ungern aus der Hand gelegt! Solche Bücher sind wirklich selten.

das sagen
Brigitte und Eliane
von Bücher & mehr e.V.


30.09.2019 Das Buch Tausend Zeilen Lüge
 
Juan Moreno
Tausend Zeilen Lüge
Das System Relotius und der deutsche Journalismus
Rowohlt Verlag


Zum Einschlafen habe ich noch den Fernseher eingeschaltet und wen sehe ich, Juan Moreno, der das Buch Tausend Zeilen Lüge geschrieben hat. Er war eingeladen worden zu der Sendung des RBB "Talk aus Berlin" um 23:30 Uhr. Moderator war Jörg Thadeusz, der das Buch auch als sehr lesenswert empfohlen hat (ist eigentlich logisch).

Juan Moreno hat mich als Person bei diesem Talk sehr überzeugt. Er spielte sich keineswegs auf als der große Held, betonte ausdrücklich, dass seine Aufdeckung keinesfalls mit der Watergate-Affäre vergleichbar ist und dergleichen. Wie man sich denken kann, gibt es im Internet jetzt eine Menge zu lesen zu diesem Buch.


Lotte von
Bücher und mehr e.V.
...
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08.07.2019 Sommer - Ferien - Urlaub - kleine Auswahl A-Z
 
Hier eine kleine Bücher-Auswahl von Bü+m von A-Z

Friedrich Ani
All die unbewohnten Zimmer – Roman
Die Vier" müssen im neuen Roman von Friedrich Ani aktiv werden: Polonius Fischer (der ehemalige Mönch), Tabor Süden (der zurückgekehrte Verschwundenensucher), Jakob Franck (der pensionierte Kommissar, immer noch Überbringer der schlimmsten Nachricht) und Fariza Nasri (Beamtin mit syrischen Wurzeln, erlöst von der Verbannung in die Provinz). Alle wenden ihre einzigartigen Methoden auf, um die Ermordung einer Frau und die Erschlagung eines Streifenpolizisten aufzuklären.
Nach All die unbewohnten Zimmer müssen wir die Literatur, die Kriminalliteratur, das Schreiben über Wahr und Falsch, das Böse und (das nie zu erreichende) Gute, Leben und Tod neu sehen lernen. (Suhrkamp Verlag)

Jane Austen
Stolz und Vorurteil
– Neue Ausgabe 2019 im Reclam Verlag.
Mit einem Essay von Tanja Kinkel
Klassikerinnen neu entdeckt von Schriftstellerinnen der Gegenwart
»Sie sind mir immer schon die liebsten: Romanheldinnen, mit denen sich herrlich debattieren lässt. Und bei keiner ist ein imaginäres Streitgespräch in so perfekter Mischung Vergnügen und große Herausforderung wie bei Elizabeth Bennet aus Stolz und Vorurteil.« – Tanja Kinkel

Deniz Aykanat
Die Isar-Türkin
- Mein Leben zwischen Bayern und Bosporus,
Irgendwas läuft für die Tochter eines Türken und einer Deutschen läuft schief in der Beziehung beider Kulturen. Mangelt es an Verständnis und Neugier, oder stehen nur Vorurteile im Weg? Für eine Türkin ist sie zu blond, für eine Deutsche ist sie zu laut. Die Autorin ist auf einer abenteuerlichen Reise – ob sie will oder nicht.
Diana Verlag

David Bielmann
Die Leserin
– Roman über die Phantasie und Macht der Bücher.
Auf den ersten Blick eine Liebesgeschichte – eine nicht alltägliche.
Riverfeld Verlag

Diana Hillebrand
Wo das Glück auf Wellen tanzt
- Roman
Kein Ratgeber – Die Romanfigur Julia Jupiter, die als Glückskolumnistin die kleinen Momente des Glücks aufspürt, ist eine Sehnsuchtsgeschichte nach dem Glück. Wer sich entspannen möchte, könnte es mit dieser Geschichte tun.
Anna ist voller Tatendrang und möchte sich in der schönen kleinen Stadt Walderstad, in der sie extra um in Ruhe schreiben zu können, gezogen ist, sich ihren Buchprojekt widmen. Alles dreht sich um das Thema Glück, aber mit Schreibblockaden redet sie sich anfangs damit heraus, sie müsste erstmals Interviews mit ihren neuen Nachbarn und Bekanntschaften sammeln. Kontakt findest sie schnell in den beschaulichen heimeligen Örtchen, besonders in dem schönen Café mit den schönen Namen Komet, und die Betreiberin wird schnell ihre beste Freundin vor Ort.
Knauer Verlag

Harry Kämmerer
Drachenfliegen
– Roman, kein Krimi. Im Sound eines Roadtrips erzählt Kämmerer die Erinnerung an ein Jahrzehntelanges, zurückliegendes Ereignis, und wer mit Schuld am spurlosen Verschwinden des Nachbarsjungen von damals trägt.
Nagel & Kimche Verlag

Literaturgeschichte Münchens

Ist der der erste Versuch, einen Abriss über die Literatur der Stadt München zu geben, denn eine Geschichte der Literatur Münchens von den Anfängen bis zur Gegenwart gibt es bisher nicht.
Fast 1000 Jahre Literaturgeschichte lassen sich auf 600 Seite erkunden und sind spannend, wie die einzelnen Epochen es auch sind. Die Autoren Waldemar Fromm, Manfred Knedlik, Marcel Schellong berichten über bekannte Bücher-Stars, vergessene Autoren, über ihre Verwurzelung mit der Stadt, und schaffen durch ihre Beiträge und ihren Blick. Wie München zu einer Weltstadt der Literatur wurde.
Verlag Friedrich Pustet.

Thomas Montasser
Eine himmlische Katastrophe

Ist eine herrliche Geschichte über Toleranz und Freundschaft, über ein vergessenes Kloster im Burgund, drei reizende Nonnen und eine junge Frau aus der Pariser Banlieue - und man muss manchmal dem Glück den richtigen Schubs geben.
Insel Verlag Berlin

Titus Müller
Das Mysterium
– ist ein Roman um das Vermächtnis der Katharer und spielt in München 1336. Nemo ist ein Meister der Täuschung – doch wer ist Nemo? Er hat allen Grund seine wahre Identität zu verbergen. Er hütet ein düsteres Geheimnis: das heilige Erbe der Katharer.
Großartiger und bildmächtiger, historischer Roman.
Aufbau Verlag

Martin Puchner
Die Macht der Schrift – wie Literatur die Geschichte der Menschheit formte.

Der Autor selbst machte sich auf Spurensuche nach jenen Fundamenten auf denen unsre Gedankenwelt ruht, nach den Schreibern, die irdische und himmlische Bereiche heraufbeschworen oder zerstört haben, nach den Wendepunkten, an denen das geschriebene Wort unser Schicksal in neuen Bahnen gelenkt hat.
Blessing Verlag

Heidi Rehn
Das Lichtspielhaus
– Roman - Zeit der Entscheidung. München 1926, Die goldenen Zwanzigern mit verführerischem Glanz, als die Bilder laufen lernten ist München nach Berlin die Metropole des deutschen Films und Kinos. Eine große Kinobetreiberfamilie Münchens droht durch Hitlers Machtergreifung die Lizenz für ihre Kinos zu verlieren.
Knaur Verlag

SAID
vom wort zum haus
- Gedichte
Rimbaud Verlag.
Anlässlich eines Interviews mit dem «ZEIT-Magazin» hat SAID einmal betont, seine eigentliche Heimstatt sei die deutsche Sprache. In seinen hier versammelten Gedichten wird die Sprache tatsächlich «vom wort zum haus».
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Urlaub - Lesen - Büchertipps
29.05.2019 Nach der Wende
 
Ines Geipel: Umkämpfte Zone. Mein Bruder, der Osten und der Hass
Klett-Cotta Verlag

Ein starkes Buch, das die Familiengeschichte der Autorin mit der Geschichte Ostdeutschlands verknüpft und Antwort auf die Frage sucht, warum Lage und Stimmung im Land nicht zusammenpassen.

Dazu geht Ines Geipel weit in ihrer Familiengeschichte zurück: da ist der Großvater, der als 'Reichskommissar für das Ostland' während der NS-Zeit in Riga stationiert war, der Vater, der als Agent mit unterschiedlichen Identitäten für die Staatssicherheit im Westen gearbeitet hat und die Frauen der Familie, die 'Frausein als Weichzeichner gegen Verstrickung' nutzten. In der 'Generation Mauer' sind sie und ihr Bruder Robby, die ganz unterschiedlich mit der privaten und politischen Vergangenheit umgehen.

An dieser Familiengeschichte entlang erzählt die Autorin eine komprimierte Geschichte der DDR und Ostdeutschlands nach der Wende aus soziologischer und psychologischer Sicht. Die aus ihrer Sicht mangelhafte Aufarbeitung der ostdeutschen NS-Geschichte, die mangelnde Wertschätzung für Dissidenten in der DDR-Geschichte, die Nebel, Tabus, das Schweigen. Was macht das mit einer Gesellschaft und was braucht der Osten jetzt?

In dichter Sprache geschrieben, ein Buch, das bewegt und neue Perspektiven eröffnet.

Rezension von Wanda
aus der Münchner Stadtbibliothek Am Gasteig



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03.03.2019 Gefangener Vogel
 
Maya Angelou: ich weiß, warum der gefangene Vogel singt
Suhrkamp TB

„Eine brillante Autorin, eine leidenschaftliche Freundin, eine sagenhafte Frau“. Wer von Barack Obama so beschrieben wird, sollte es wert sein, gelesen zu werden. Und tatsächlich ist diese afroamerikanische Autorin mit ihren autobiographischen Kindheits- und Jugenderinnerungen eine Entdeckung.

In 36 exemplarischen Kapiteln, die wie ein Episodenroman aneinandergereiht sind, wird das Leben eines aufbegehrenden Mädchens erzählt, das sich auflehnt gegen den alltäglichen und strukturellen Rassismus mit allen einhergehenden Diskriminierungen in den USA ab den 30er Jahren bis zum 2. Weltkrieg. Wie das im Einzelnen geschieht, berührt bei der Lektüre, und man sollte sich vom scheinbar schlichten kindlichen bzw. später jugendlichen Blickwinkel nicht täuschen lassen.

Wurde der Stil zunächst als zu sinnlich und anschaulich gebrandmarkt und somit als Schullektüre ausgeschlossen, so überzeugen gerade diese Beschreibungen: Wie es im Krämerladen der strenggläubig methodistischen Großmutter duftet, der Zerfall und Schmutz , in dem die farbigen Bewohner im Arkansas der 30er Jahre leben, ihre heruntergekommenen Schulen im Vergleich zu den Einrichtungen der Weißen, was es bedeutet, bei unerträglichen Zahnschmerzen von einem weißen Dentisten nicht behandelt zu werden, und der nächste farbige Zahnarzt ist eine Busreise weit entfernt! Tauchen Sie ein in dieses „Erinnerungsbuch“ und lassen Sie die alle Sinne berührende Sprache auf sich wirken.
Bereits 1969 in den USA veröffentlicht unter dem Titel „I Know Why the Caged Bird Sings“, feierte Maya Angelou später einen großen Erfolg mit ihrem autobiographischen Buch, das sie später auch noch fortsetzte. Besonders erfolgreich blieben jedoch ihre Kindheits- und Jugenderinnerungen, die später auch verfilmt wurden.

Leider gibt es zu dieser Neuauflage bei Suhrkamp kein Nachwort des Übersetzers Harry Oberländer. Daher einige Stationen aus dem bewegten Leben der Autorin, die teils auch im Buch Erwähnung finden.
Maya Angelou, 1928 geboren, war Tänzerin und Sängerin, Prostituierte, wurde mit 16 schwanger und zog ihren Sohn alleine auf. Sie schaffte es zur ersten schwarzen Straßenbahnschaffnerin in San Francisco, arbeitete als Schauspielerin sowie Film- und Theaterregisseurin, Journalistin und Autorin auch von bemerkenswerter Lyrik. Daneben engagierte sie sich in der Bürgerrechtsbewegung und war eine enge Vertraute von Martin Luther King und Malcolm X. Bei Bill Clintons Amtseinführung trug sie am 20.Januar 1993 ein selbst verfasstes Gedicht vor.

Schade, dass bislang nur wenig aus ihrem Werk ins Deutsche übersetzt wurde – das sollte sich ändern.

Rezension von Ute Gillessen
aus der Münchner Stadtbibliothek Fürstenried



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01.02.2019 Leben als Dolmetscherin in den frühen
1960 Jahren
 
Annette Hess: Deutsches Haus
Ullstein Verlag

Das Romandebüt der Grimme-Preisträgerin und Drehbuchautorin von „Ku'damm 56/59“ und „Weissensee“ macht neugierig. Kann Annette Hess auch als Romanautorin so überzeugen wie mit ihren erfolgreichen Serien? Ja sie kann!

Zeithintergrund ist Frankfurt, wo 1963 der 1. Auschwitz-Prozess unter Leitung des Generalstaatsanwalts Fritz Bauer stattfand. Die damals weit verbreitete Verdrängung der Nazi-Gräuel zeigt sich auch exemplarisch in der Familie von Eva, die als Dolmetscherin für Polnisch gegen den Willen ihrer Eltern beim Prozess in Frankfurt Zeugenaussagen übersetzen soll. Auch ihr Verlobter, aus wohlhabender Familie stammend, ist mit ihrer Tätigkeit dort nicht einverstanden, obwohl sein Vater selbst von den Nazis als Kommunist gefoltert worden war – auch wenn der es später noch zum erfolgreichen Versandhausunternehmer geschafft hat.

Doch die willensstarke junge Frau setzt sich durch und mehr und mehr erfährt sie durch ihre Dolmetschertätigkeit, die sie letztendlich auch mit Verteidigern und Staatsanwälten des Prozesses nach Auschwitz führt, dass ihre Eltern dort sogar nahe des Lagers in einem Haus mit ihr und ihrer Schwester lebten. Heute führen ihre Eltern, die Wirtsleute Bruhns, in Frankfurt das titelgebende gutbürgerliche Gasthaus „Deutsches Haus“. Doch während des Krieges arbeitete der Vater, ehemals SS-Mitglied, als Koch im Kasino des Lagers.
Mühsam erarbeitet sich Eva die tatsächliche Familiengeschichte, die seitens der Eltern stets verfälscht dargestellt wurde. So behauptet Ludwig Bruhns vor Evas Verlobten Jürgen, im Krieg an der Westfront gewesen zu sein.
Indem die deutsche Dolmetscherin den Auschwitz-Häftlingen ihre Stimme gibt und deren unfassbare Leiden hörbar macht, geschieht auch mit ihr eine Veränderung hin zu einer immer eigenständiger agierenden Persönlichkeit. So zieht sie von zu Hause aus, und auch ihr Verlobter muss sich entscheiden, ob er mit der „neuen“ Eva zusammenbleiben möchte. Oder doch eine Frau vorzieht, welcher er verbieten kann zu arbeiten, ein Konto zu eröffnen oder den Führerschein zu machen, was Ehemännern damals ja rechtlich auch zustand.

„Deutsches Haus“ überzeugt durch den Jargon der frühen 60er Jahre in den Dialogen und durch die genaue Schilderung des Auschwitz-Prozesses in Frankfurt. Hierzu hat Annette Hess genau recherchiert und Unterlagen des Fritz-Bauer-Instituts sowie Protokolle und Tonbandaufnahmen der Zeugenaussagen berücksichtigt. Dabei musste sie zwangsläufig Aussagen zusammenführen, um durch diese dadurch hervorgerufene Verdichtung möglichst viele Opfer sprechen zu lassen.

Dabei liest sich der in vier Teile gegliederte Roman flüssig und macht am Schluss nachdenklich, da Annette Hess nicht in die Falle der Schwarz-Weiss-Malerei tappt, sondern ihre Charaktere durchaus auch sehr differenziert anlegt. Wie hätte man selbst reagiert, wie viel HeldIn steckt in einem - diese Frage stellte sich mir nach der Lektüre. Und Iris Berben meint.“Dieser Roman kommt genau zur richtigen Zeit“.

Rezension von Ute Gillessen
aus der Münchner Stadtbibliothek Fürstenried


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02.01.2019 Sorgenfreie Jahre?
 
Alexa Hennig von Lange: Kampfsterne
Dumont Verlag

Mitte der 80er Jahre, es ist Sommer in einer deutschen, gepflegten Vorortsiedlung. „Was kann da schon großartig passieren“, werden Sie sich fragen. So allerhand, da es sich bei der Autorin um Alexa Hennig von Lange handelt, die dieses Milieu als aufmerksame Heranwachsende selbst kennenlernen durfte.

Zur Erinnerung: Man kocht so wie Herr Siebeck es vormacht, die Kinder werden gefördert und zum IQ-Test geschickt und ganz allgemein gelten Bildung, Aufgeklärtsein sowie guter Geschmack in allen Belangen als „Must-have“. Doch obwohl die Voraussetzungen für ein rundum gelungenes Leben so optimal scheinen, geht bei drei Familien so Einiges gründlich schief.

Abwechselnd wird in teils ganz kurzen, rasanten Kapiteln durchgängig im Präsens aus der Sicht der ProtagonistInnen berichtet; auch aus der Perspektive von Grundschulkindern und Pubertierenden wird die Handlung vorangetrieben.Gerade hier zeigt sich das erzählerische Talent der zugleich anerkannten Jugendbuchautorin, die sich in die Seelenwelten von noch nicht Erwachsenen einfühlen kann und diesen ganz individuelle Stimmen verleiht. So entstehen überzeugende Charakterzeichnungen im Gegensatz zu den fast im Klischee verhafteten Erwachsenen. Z.B. Rita, die einen phrasenhaften Feminismus herunter betet, dabei ihre Nachbarin Ulla begehrt und ihren Mann, einen Kulturwissenschaftler, zutiefst verachtet, der wiederum das manipulative Verhalten von Rita nicht versteht. Seine gesellschaftskritischen Überlegungen aus der Studienzeit führen auch zu keiner Lösung seiner häuslichen Probleme. Fehlen noch als weitere Hauptpersonen Macho-Ehemann und Architekt Rainer, der unbeherrscht und gewalttätig gegenüber seiner Frau Ulla auftritt, sowie Ella, die von ihrem Mann sehr klassisch mit der Sekretärin betrogen wird.

Und wie erleben die Kinder dieses Panoptikum aus Misstrauen, Angst und Konkurrenzdenken? Wo bleiben deren Bedürfnisse? Cotsch, attraktiv und schon ziemlich abgebrüht, holt sich ihre Anerkennung z.B. durch nymphomanischen Sex quer durch die Siedlung. Ihre goldige kleine Schwester Lexchen, die für ihre acht Jahre nur so groß ist wie eine 5-Jährige, wird am Ende des Romans einen Ausflug der besonderen Art mit Rita erleben, die wiederum ihre eigenen Kinder, den schlauen Romantiker Johannes und seine zum Musizieren gedrillte Schwester Klara, so gar nicht versteht.

In schonungsloser, schnörkelloser Sprache macht die Autorin deutlich, wie die Erwachsenen trotz Bildung und wirtschaftlicher Prosperität am Leben scheitern. Keiner von ihnen ist mit sich und seiner Situation zufrieden – doch zu einer Änderung ist auch niemand bereit, trotz ausgiebiger Selbstreflexion. Wie sollen diese narzisstischen Menschen glückliche Kinder heranziehen, die es dann (hoffentlich) besser machen als ihre überforderten, unzufriedenen Eltern? Hat sich seit den 80er Jahren in einer x-beliebigen deutschen Vorort-Reihenhaussiedlung tatsächlich so viel geändert?
Eine Überprüfung kann jede(r) selbst vornehmen.

Alexa Hennig von Lange, geboren 1973, schrieb Romane für Erwachsene und Jugendliche sowie Theaterstücke. 2002 erhielt sie den Deutschen Jugendliteraturpreis. Sie lebt mit ihrem Mann und ihren fünf Kindern in Berlin.

Rezension von Ute Gillessen
aus der Münchner Stadtbibliothek Fürstenried


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05.12.2018 Vater-Sohn-Konflikt
 
Christoph Hein: Verwirrnis
Suhrkamp Verlag

Wie möchten Sie den neuen Roman von Christoph Hein lesen? Als ein bewegendes Stück Literatur über eine homosexuelle Liebe oder als eine anschauliche Chronik deutsch-deutscher Zeitgeschichte? Lohnend ist die Lektüre auf jeden Fall.

In den 50er Jahren leben und lieben sich Wolfgang und Friedeward im erzkatholischen Heiligenstadt im Eichsfeld. Für die Menschen dieser Gegend, trotz des sozialistischen Systems, mit dem sie sich nun arrangieren, gilt diese Liebesbeziehung als schwere Sünde und ganz besonders für Friedewards strenggläubigen Vater, der auch vor brutalen Züchtigungen des (fast) volljährigen Sohns nicht zurückschreckt. Um der kleinstädtischen Enge zu entkommen, planen die jungen Männer gemeinsam in Leipzig zu studieren: Friedeward Germanistik, Wolfgang Musik. Beide tauchen in eine für sie ganz neue Welt ein: Theater, Cafés und insbesondere das Zusammentreffen mit berühmten Intellektuellen bereichern fortan ihr Leben. Doch auch im Leipziger Uni- und Künstlermilieu können sich homoerotische Paare nicht ohne Konsequenzen zueinander bekennen, und so planen sie zusammen mit der Studentin Jacqueline, die ihnen gesteht, eine Liebesbeziehung mit ihrer Dozentin zu führen, eine Scheinheirat. Für alle die perfekte Tarnung?

Wie Christoph Hein diese Lebenslinien zeichnet, ist einfach berührend und fesselnd, gerade trotz seines nüchternen, zurückhaltenden Tonfalls. Doch die Geschichten, die hier erzählt werden, erhalten gerade dadurch eine erstaunliche Plastizität und Unmittelbarkeit. Deutlich wird, dass der Autor offensichtlich Ähnliches wie seine Protagonisten erlebt hat während seiner Zeit in Leipzig, wo er den berühmten Germanisten Hans Mayer kennenlernte; im Roman wird er „Goethe höchst selbst“ genannt, von seinen Studenten geschätzt, gar bewundert. Ähnlich wie in Christa Wolfs Roman „Der geteilte Himmel“ wird die Liebe kein Happy End sehen: Nach dem Mauerbau geht Wolfgang nach West-Berlin um Kirchenmusik bei einem bedeutenden Professor zu studieren und Friedeward bleibt in Leipzig bei „Goethe höchst selbst“.

Interessant zum Verständnis der „Abwicklung“ in der Wende-Zeit, hier dargestellt am Beispiel der Uni Leipzig, ist vor allem der letzte Teil des Romans. Mit welcher Arroganz und Ignoranz dort Strukturen zerstört worden sind, dürfte wohl exemplarisch für viele Hochschulen und Unternehmen im Osten gewesen sein.
Wie sehr verinnerlichte Tabus wirksam bleiben, zeigt sich nicht zuletzt an Friedewards Verhalten. Niemals outet er sich als schwuler Mann, obwohl in der DDR Homosexualität schon seit Ende der 50er Jahre nicht mehr juristisch verfolgt wurde. Doch Gesetzeslage und Volksempfinden decken sich ja bekanntlich nicht immer.

Der sich durch „Verwirrnis“ ziehende Vater-Sohn-Konflikt ist im Grunde das aufwühlende Thema: Der gebildete, aber mit einer Peitsche prügelnde Vater, der seinen Sohn letztendlich nicht mehr ohne Scham leben lässt – bis zu seinem dramatischen Tod 1993, lässt den Lesenden fassungslos zurück.

Wer deutsch-deutsche Geschichte verstehen will, kommt an Christoph Hein nicht vorbei.

Der mit zahlreichen Preisen ausgezeichnete Schriftsteller wurde 1944 in Schlesien geboren und wuchs in der Nähe von Leipzig auf. Heute lebt er als freier Schriftsteller in Berlin.

Rezension von Ute Gillessen
aus der Münchner Stadtbibliothek Fürstenried




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02.11.2018 Psychogramm einer Vorstadtfamilie
 
Celeste Ng: Kleine Feuer überall
DTV Verlag

Wie viel an Lüge und scheinbarer häuslicher Perfektion hält ein Teenager in einer wohlsituierten Familie aus? Wann ist der Punkt erreicht, an dem ein 14-jähriges Mädchen aus „Suburbia“ , hier Shakers Height, einem Vorort von Cleveland, keinen anderen Ausweg mehr sieht als Rache?

Celeste Ng gelingt es meisterhaft, die entscheidenden Fragen im Familienleben der Richardsons aufzuwerfen: Wie wird eine Person zu der, die sie geworden ist? In ihrem lesenswerten Familien-Psychogramm „Kleine Feuer überall“ wird also das Wohnhaus einer Familie mit vier Kindern niederbrennen; so beginnt der Roman über zwei unterschiedliche Familienmodelle: Hier Mia, die mit ihrer Teenagertochter Pearl im Auto von Stadt zu Stadt zieht, nirgends sesshaft wird und dort die Vorzeigefamilie Richardson, die in einem Vorzeigevorort wohnt, wo alles bis ins kleinste Detail geregelt und geordnet ist, um Chaos oder auch nur das kleinste Durcheinander zu verhindern. Mrs Richardson arbeitet als Journalistin bei einer unbedeutenden Lokalzeitung, der Vater ist Partner einer Anwaltskanzlei.

Und nun treffen durch die Freundschaft der Kinder die beiden Familienkonzepte aufeinander. Selbstredend, dass die sehr konventionelle Elena Richardson der unkonventionellen, alleinerziehenden Fotokünstlerin Mia, kritisch gegenübersteht. Allerdings vermietet sie Mia günstig gegen Mithilfe in ihrem 6-Personenhaushalt ihr kleines Haus im Ort. Was steckt hinter ihrem Tun? Wirklich nur mildtätige Nächstenliebe? Und warum beginnt Elena so akribisch über Mias bisheriges unstetes Leben zu recherchieren? Offensichtlich hat Elena ein Problem damit, dass sie zu ihrer jüngsten Tochter Izzy, die sich dem Ideal des „All-American-Girl“ so komplett verweigert, keinen Zugang findet, Mia jedoch schon.
Bei ihrer Recherche deckt sie Mias Geheimnis auf und muss sich die Frage stellen, was Mutter-Sein alles beinhaltet, was sein eigentlicher Kern ist. Offensichtlich kann das Befolgen von Konventionen und Regeln nicht grundsätzlich Familienkatastrophen verhindern.

Wie dies sehr stimmig in auktorialer Erzählweise zunehmend spannend geschildert wird, ist großartige Literatur, die anrührt und zum Reflektieren anregt.
Genau das, was man von guter Belletristik erwartet.

Celeste Ng wurde 1980 in Pittsburgh, Pennsylvania geboren und wuchs zeitweise in Shaker Heights, Ohio auf. Sie studierte u.a. in Harvard, schrieb preisgekrönte Erzählungen. Ihr erster Roman „Was ich Euch nicht erzählte“ war ein internationaler Bestseller und wird in Kürze verfilmt.

Rezension von Ute Gillessen
aus der Münchner Stadtbibliothek Fürstenried




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01.10.2018 Liebesgeschichte
 
Sayaka Murata: Die Ladenhüterin
Aufbau Verlag

Eine wunderbar absurde Liebesgeschichte und interessante Einblicke ins japanische Lebensgefühl erwarten Sie bei der Lektüre von „Die Ladenhüterin“. Wobei der Titel durchaus zweideutig zu verstehen ist: Handelt es sich bei Keiko Furukura doch um eine 36-jährige Aushilfskraft in einem Konbini, also einem 24 Stunden geöffneten Supermarkt, die zugleich ohne (Ehe-)Partner lebt. In Japan für Frauen ein Makel, ein Debakel; schließlich fordert die japanische Gesellschaft sehr nachdrücklich die Anpassung an soziale Regeln ein.

Funktionieren hat für Keiko, wie für alle japanischen Berufstätigen, höchste Priorität und so tut sie alles, um sich gesund und fit zu halten, immerhin verlangt das ihre Arbeit im Konbini, wo sie viel stehen muss. Der Rigorismus und die Gefühlskälte dieser Gesellschaft spiegeln sich auch im Stil von Sayaka Murata wider, die selbst übrigens in einem Konbini arbeitet. Scheinbar ohne besondere Höhen und Tiefen, schnörkellos und durchdrungen von einem geradezu unterkühlten Humor entsteht eine Situationsbeschreibung aus der Ich-Perspektive. Keiko agiert und reagiert fast autistisch, auf jeden Fall sozial auffällig in den Augen ihrer Familie und ihrer ArbeitskollegInnen. Freundinnen hat sie nicht.

Und dann passiert das schier Unglaubliche: Sie, die so angepasste Mitarbeiterin seit Eröffnung des Konbini, lässt ausgerechnet den neuen, nichtsnutzigen Mitarbeiter, Herrn Shiraha, in ihre winzige Wohnung einziehen, der aufgrund seiner Faulheit, seiner Respektlosigkeit gegenüber dem Morgenappell und dem Filialleiter, alsbald arbeits- und obdachlos wird. Shiraha behandelt seine Retterin lieblos, verlangt gar, dass sie ihre Arbeit aufgibt, und nutzt sie aus. Doch aus Keikos Sicht profitiert auch sie selbst von diesem „Beziehungs-Deal“; ist sie doch jetzt von ihrer Familie ihren ArbeitskollegInnen anerkannt und respektiert. Letztendlich ändert sich Keiko nicht, was auch für das gesamte Romanpersonal gilt. Sie bleibt sich selbst treu, geht keine Ehe mit Herrn Shiraha ein; es gibt also kein Happy End im erwarteten Sinne. Allerdings gibt es für Keiko, aus ihrer Sicht, doch ein erfülltes, glückliches Ende, das zwar ohne Herrn Shiraha aber dafür mit einem neuen Konbini überrascht. „Ich kann nicht mit Dir zusammen sein. Ich gehöre zur Spezies der Konbini-Angestellten. Ich kann nicht gegen meinen Instinkt handeln und ihn verraten.“

Also ein Happy End mit einem Convenience Store? Eine Liebesbeziehung der ganz besonderen Art eben, meisterhaft und überzeugend beschrieben.

Sayaka Murata, 1979 in Japan geboren, erhielt für ihre literarische Arbeit bereits den Noma-Literaturpreis für Nachwuchsschriftsteller und den Mishima-Yukio-Preis. Zudem gewann „Die Ladenhüterin“ 2016 den Akutagawa-Preis, Japans renommiertesten Literaturpreis.


Rezension von Ute Gillessen
aus der Münchner Stadtbibliothek Fürstenried
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01.09.2018 Spannung - historische
Aufklärung
 
Ellen Sandberg: Die Vergessenen
Penquin Verlag

Ellen Sandberg? Dieser unter einem Pseudonym geschriebene Roman hat es in sich; vereint er doch Spannung, packendes Erzähltalent und historische Aufklärung über ein dunkles Kapitel der deutschen Geschichte auf gut 500 Seiten. Ein fulminantes Lesevergnügen steht allen Interessierten bevor, wenn Sie sich auf „Die Vergessenen“ einlassen.

Angesiedelt ist die Story auf zwei Zeitebenen: 2013 in München und 1944 in der Pflege-und Heilanstalt Winkelberg, in der Nähe von Anzing, die es tatsächlich gegeben hat als Heilanstalt Eglfing-Haar. Manolis Lefteris, Sohn einer deutschen Mutter und eines griechischen Vaters, leitet ein florierendes Autohaus in München, doch daneben übernimmt er auch „Spezialaufträge“. Sein aktueller Job scheint ein harmloser Routinefall zu sein: Akten für einen unbekannten Auftraggeber ausfindig machen, die eine hochbetagte Frau besitzt. Anfangs ahnt er nicht im Mindesten, dass dieser Auftrag ein Verbrechen aufdecken wird, das seinen Ursprung in der Naziherrschaft hat. Und auch Vera, die Nichte der alten Dame, hat ein nicht nur berufliches Interesse an der eigenen Familiengeschichte. War ihre fürsorgliche Tante Kathrin wirklich in Gräueltaten verwickelt?

In der Anstalt Winkelberg beginnt 1944 für die damals junge Kathrin Mändler ihr Dienst als angehende Krankenschwester. Sie trifft dort auf den Arzt Karl Landmann, der dem damaligen Leiter des Kinderhauses, Gustav Eidam entspricht. Kathrin wird die Geliebte Landmanns, ohne zunächst zu bemerken, was in dessen Verantwortung mit geistig behinderten Kindern und psychisch kranken Erwachsenen im letzten Kriegsjahr geschieht. Unter Einsatz ihres Lebens dokumentiert sie die Verbrechen an den wehrlosen Patienten, die durch falsche Medikation und Unterernährung sterben mussten. Warum nur zögert sie nach dem Krieg mit der Veröffentlichung dieser Dokumente? Eine Frage, die Vera keine Ruhe lässt und sie von der Frauenseite-Redaktion zum politischen Journalismus bringt.

Die Frage nach dem „Warum“ können Sie am 25.10.2018 um 19.30 Uhr der Autorin stellen. Und nun soll auch dass Geheimnis gelüftet werden: Bei Ellen Sandberg handelt es sich um die berühmte Krimiautorin Inge Löhnig, die bei uns in der Stadtbibliothek Fürstenried ihren neuen Roman präsentieren wird. Sicher wird es ausreichend Diskussionsbedarf geben; werden in „Die Vergessenen“ doch wichtige Fragen nach Gerechtigkeit, Schuld und (Selbst-)Justiz gestellt. Schließlich leidet auch Manolis noch durch die Erinnerungen seines Vaters an das Massaker deutscher SS-Soldaten im Dorf Daflimissa (real heißt das Dorf Distomo) an der grausamen Vergangenheit.

Interessant, dass gerade eben der Roman von Oliver Guez „Das Verschwinden des Josef Mengele“ erschienen ist, der ebenfalls in der Stadtbibliothek Fürstenried auszuleihen ist. In diesem Buch wird der beüchtigte Euthanasie-Arzt allerdings kein so angenehmes Leben führen können wie Dr. Landmann im Roman „Die Vergessenen“. Am besten, Sie vergleichen selbst beide Romane miteinander.

Karten für die Lesung gibt es ab dem 03.09.2018 für 8 Euro in der Stadtbibliothek Fürstenried, Forstenrieder Allee 61, Telefon 089/75969890.

Rezension von Ute Gillessen
aus der Münchner Stadtbibliothek Fürstenried

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19.08.2018 Bücherschmuggler in Timbuktu
 
Charlie English
Die Bücherschmuggler von Timbuktu:
Von der Suche nach der sagenumwobenen Stadt und der Rettung ihres Schatzes

Übrsetzung aus dem Englischen
Henning Dedekind u. Heike Schlatterer
Hoffmann u. Campe Verlag

Timbuktu ist ein Mythos – einst so reich, dass angeblich sogar die Sklaven Goldschmuck trugen, verfügt die abgelegene Stadt am Niger über einen ganz besonderen Schatz: eine der größten Bibliotheken mittelalterlicher Schriften. Als im Jahr 2012 die Stadt in die Hände von Islamisten fällt, droht die Vernichtung der Bücher. Doch eine Gruppe von Bibliothekaren und Archivaren schmuggelt die Bücher unter Lebensgefahr aus der Stadt. Eine große, meisterhafte Reportage über Menschen, die sich mutig der Vernichtung eines Wissensschatzes und Erbes der Menschheit entgegenstellen – und eine Zeitreise zu einer sagenumwobenen Stadt.

Der -The Guardinan- schreibet:
»Ein Meisterwerk des investigativen Journalismus. Ein kluges, fesselndes Buch!«

Und wir Bücherlesen ziehen den Hut vor soviel Mut.

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01.08.2018 Vater, Mutter, Kind
 
Natalie Buchholz: Der rote Swimmingpool
Hanser Berlin Verlag

Ein Debütroman, der nicht nur wegen seiner passgenauen Komposition zu loben ist: Der zudem auch zum Nachdenken über das eigene Leben anregt und zwar nicht nur Eltern, sondern auch ältere Jugendliche bzw. junge Erwachsene - „Der rote Swimmingpool“, ein perfekter All-Ager.

Adam, angehender Abiturient, lebt mit seinem beruflich erfolgreichen Vater und seiner schönen, von allen bewunderten Mutter, in wohlsituierten Verhältnissen in Harlaching ,genauer gesagt, in einem Haus mit dem titelgebenden roten Swimmingpool, da die französische Mutter eine leidenschaftliche Schwimmerin ist. Die Eltern haben jung geheiratet und sind trotzdem noch sehr verliebt ineinander. Adam wächst also wohlbehütet auf, besucht ein Münchner Gymnasium, und ist zudem ein begabter Schüler. So schön kann für alle Beteiligten das Leben sein!
Doch dann verschwindet sein Vater von heute auf morgen ohne eine Erklärung, und die Mutter sagt Adam nicht, warum. Der noch siebzehnjährige begeht daraufhin eine verhängnisvolle Straftat, die ihn fast aus der Bahn wirft...

Was ist passiert? Der Vater verlässt die Bilderbuchfamilie zugunsten einer unscheinbaren Frau mit zwei Töchtern, zieht mit diesen sogar in das luxuriöse Haus in Harlaching, worüber Adam schier verzweifelt. Um seine Entwicklung als LeserIn besser verfolgen zu können, ist der Roman auf zwei Zeitebenen angesiedelt. Die eine Zeitebene schildert die Gegenwart und Adams aufkeimende Liebe zu Tina, die er bei ihrer Uroma kennenlernt, wo er u.a. seine Sozialstunden ableisten muss.
Die zweite Ebene beschreibt die Hintergründe, wie es zu Adams Tat kommen konnte. Daher wird schon frühzeitig klar, dass Adam das Luxushaus in Brand gesteckt hat, wobei zwei Hundewelpen sterben mussten.

In recht kurzen Kapiteln wechseln die Zeitebenen à la Cliffhanger, daher muss man beim Lesen unbedingt wissen, wie es denn weitergeht. Und dann überzeugt das Romanende mit einer sehr überraschenden Wendung, die den scheinbar „bösen“ Vater in einem ganz anderen Licht dastehen lässt.

Natalie Buchholz hat einen lesenswerten Unterhaltungsroman vorgelegt der durchaus das Gespräch zwischen Eltern und (älteren) Jugendlichen fördern kann. Die Autorin schreibt schnörkellos und z.T. auch richtig witzig, ohne in einen gekünstelten Jugendjargon zu fallen.Stattdessen schildert sie ganz realistisch die Befindlichkeit eines jungen Mannes und sein erstes Eintauchen in die Sexualität, Partys und Alkohol.
Natalie Buchholz, 1977 geboren, lebt mit ihrer Familie in München.

Rezension von Ute Gillessen
aus der Münchner Stadtbibliothek Fürstenried



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01.07.2018 Liebe, Frauen, Familie
 
Carolin Hagebölling: Ein anderer Morgen
DTV Verlag

„Du lachst, du schmollst, du bist die Eva, die alle kennen. Und du bist dir fremd wie nie zuvor.“
Eva fühlt sich innerlich leer, ausgepumpt, obwohl doch alles zum Besten steht: Sie ist seit 13 Jahren mit einem beruflich erfolgreichen und zugleich sehr liebevollen Mann verheiratet, die beiden Kinder machen nicht mehr oder weniger Probleme als andere auch, und es gibt einen großen Bekanntenkreis bestehend aus ähnlich wohlsituierten MünchnerInnen.
Doch warum setzt sie dann den von ihren beiden Kindern geliebten Hamster im Garten aus, beteiligt sich wie aus heiterem Himmel mit am Mobbing der übergewichtigen Kollegin und interessiert sich mit einem Mal für One-Night-Stands? Glück sieht auf jeden Fall anders aus, fühlt sich anders an; zumindest das bemerkt Eva. Und dann gibt es den Paukenschlag: Auf einer Silvesterparty lernt sie Anna kennen, ausgerechnet die neue Freundin ihres Chefs.

„Ein anderer Morgen“ bricht also an, und so beginnt der zweite Teil „Ich“ folglich auch in der Ich-Form, aus Evas Sicht erzählt. Im ersten Teil „Du“ wird die Protagonistin noch von einem nicht näher bestimmten Hintergrunderzähler mit Du angesprochen. Das wirkt anfangs eventuell etwas überraschend, zeigt aber deutlich, wie Eva durch das Zusammentreffen mit Anna und der sie erfüllenden lesbischen Liebe zum eigenen „Ich“ findet, weg von der inneren Distanz zu sich selbst.

Dies alles beschreibt Carolin Hagebölling klar und schnörkellos, durchaus auch die erheblichen Konsequenzen für ihre Familie mit reflektierend. Der Roman thematisiert die Liebe zwischen zwei Frauen, stellt sie als etwas durchaus Normales dar; und das zu Recht. Dabei werden keine politischen Statements aufgestellt oder die gegenwärtig vorherrschende Familiensituation an den Pranger gestellt. Deutlich wird stattdessen: Für Eva und Anna „passt“ es nur nicht mehr; verallgemeinernde Aussagen vermeidet die Autorin, und das macht den Roman so überzeugend als eine nachvollziehbare Situation zwischen zwei Menschen, die sich „entdecken“ und lieben. Auch schon in ihrem ersten Roman hat Carolin Hagebölling eine Liebe zwischen Frauen in den Mittelpunkt gestellt, genauso unaufgeregt und überzeugend. Allerdings hat mich der Plot in „Ein anderer Morgen“ mehr angesprochen. Doch urteilen Sie selbst.

Carolin Hagebölling,
1980 geboren, studierte Kulturwissenschaften und arbeitete bei diversen Werbeagenturen. Seit 2010 ist sie freiberufliche Texterin und Redakteurin. Nach ihrem vielbeachteten Debüt „Der Brief“ ist dies ihr zweiter Roman.


Rezension von Ute Gillessen
aus der Münchner Stadtbibliothek Fürstenried

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01.06.2018 Aufruhr
Midlife-Crisis
 
Nina Lykke: Aufruhr in mittleren Jahren
Verlag Nagel & Kimche

Darf eine Mutter vor sich und anderen bereuen, dass sie Kinder bekommen hat? Ingrid bereut, und das zurecht! In ihrer Rolle als Angestellte im Hotel Mama fühlt sie sich von ihren inzwischen erwachsenen Söhnen ausgenutzt – obwohl zu fragen ist, warum die Lehrerin an einem Osloer Gymnasium es so weit hat kommen lassen. Ihre Ehe mit Jan versinkt nach 25 Jahren in Routine und Langeweile; Sex wird von Ingrid 1x/Woche „abgehakt“. Dabei lebt sie mit Jan, einem Beamten im Ministerium doch recht angenehm: Es gibt keine finanziellen Probleme, die Jobs sind sicher, das Heim gemütlich, wie eine Mittelstandsfamilie sich eben so im Haus am Stadtrand eingerichtet hat.

Doch dann wird Jan zum Abteilungsleiter befördert. Er beginnt eine heftige Liebesaffäre mit der deutlich jüngeren Hanne, die ebenfalls im Ministerium arbeitet und ihr Singl-Dasein satt hat. Als Jan seinen Seitensprung gesteht, fühlt sich Ingrid eher befreit, und sie beginnt, in ihrem Leben aufzuräumen statt ihren Söhnen weiterhin hinterher zu räumen. Das beginnt in der Schule, als sie ihrem unappetitlichen Kollegen und dessen ungebetenen Annäherungsversuchen eine sehr klare Absage erteilt und auch zu Hause ändern sich so einige Dinge. Jan, der am liebsten seine Ehefrau und seine kapriziöse Geliebte behalten möchte, steht am Ende anders da, als wie er es sich vorgestellt hat. Ingrid beschließt nämlich aus dem gemeinsamen Haus auszuziehen, zu reisen und fortan im Auto zu wohnen. Eine überraschende Wendung angesichts der Tatsache, dass gerade sie jahrelang am Status quo festgehalten hat und um Katastrophenvermeidung bemüht war.

Dieser mit bissigem Humor geschriebene Roman über eine Ehe samt Midlife-Crisis kommt sehr gut ohne aufgesetztes Psychologisieren aus und punktet stattdessen mit pointierten Dialogen und genauem Hinschauen. „Aufruhr in mittleren Jahren“ ist somit keine Anklageschrift an die böse Männerwelt, eher ein scharfsinniger Bericht aus dem Leben der gutsituierten „50-somethings“.

Für wen gibt es am Ende eigentlich ein Happy End? Erstaunlich gerät es auf jeden Fall. Und womöglich wohnt dann doch jedem Anfang ein Zauber inne?

In Norwegen erhielt die 1965 geborene Nina Lykke bereits zahlreiche Literaturpreise: „Aufruhr in mittleren Jahren“ ist ihr Debüt auf Deutsch.


Rezension von Ute Gillessen
aus der Münchner Stadtbibliothek Fürstenried



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18.04.2018 Feiern
 
Eric Nil: Abifeier
Verlag Galiani Berlin

Es steht also eine Abifeier an – und zwar die von der Tochter des namenlosen Ich-Erzählers. Selbstverständlich muss dieser Tag für Nora ein würdiger Abschluss ihrer Schullaufbahn sein und sie sollte unangefochten im Mittelpunkt stehen – eigentlich. Wäre da nicht die besondere Konstellation einer Patchworkfamilie, die es in sich hat.
Nora nämlich ist nach der Trennung der Eltern von Basel nach Hamburg zu ihrem Vater gezogen, unter anderem, um in Hamburg zur Hochschulreife zu gelangen, was ihr in der Schweiz wohl nicht geglückt wäre. Alexander, der Bruder, bleibt bei Bea in Basel, grollt dem Vater wegen der Scheidung so sehr, dass er den Kontakt mit ihm verweigert. Inzwischen hat der Ich-Erzähler jedoch in Hamburg eine neue Lebensgefährtin gefunden, Johanna, deren ältester Sohn Tobias mit Nora das selbe Gymnasium besucht und folglich auch an der titelgebenden Abifeier teilnehmen wird. Selbstredend, dass auch sein Vater Rolf, Johannas Ex, kommen wird. Armer Evren, dem die Herkulesaufgabe obliegt, die Tischordnung festzuzurren; es gibt Tische für 8-12 Personen. Angesichts von 50% Patchworkfamilien kein leichtes Unterfangen. Schließlich mag so manche Ex-Frau nicht mit der neuen Partnerin zusammen sitzen, die jeweiligen Kinder wollen die neue Frau nicht kennenlernen, Liebesbeziehungen unter den AbiturientInnen sind in die Brüche gegangen, um nur einige Untiefen zu nennen.

So ist der Roman folgerichtig in zwei Teile gegliedert, die die wichtigsten Fragen aufwerfen: „Tischordnung“ und „Tanzen oder nicht“. Der ungenannte Ich-Erzähler, Eric Nil ist lediglich das Pseudonym eines bekannten Romanautors, der sich mit komplizierten Familienkonstellationen auskennt. Dieser hat hier eher eine Novelle vorgelegt, nur 160 Seiten lang, eine „unerhörte Begebenheit“ (Goethe) schildernd.
Diese „Begebenheit“ gleicht also einem Drahtseilakt für alle Beteiligten, was auch das Cover sehr schön andeutet. Auch das Beziehungsgeflecht wird vor Teil 1 sicherheitshalber bildlich skizziert, und es ist durchaus empfehlenswert, diesen kurzweiligen Titel in einem Zug zu lesen.

Die knappen aber psychologisch gut durchleuchteten Personen und der ironische Grundton garantieren einen amüsanten Lesegenuss – nicht nur für AbiturientInnen und deren Eltern. Da in Deutschland fast jede dritte Ehe geschieden wird, dürften sich viele in den Seltsamkeiten des modernen Patchwork-Daseins wiederfinden.

Gute Unterhaltung ist auf jeden Fall garantiert und wer mag, kann sich ja am Rätselraten beteiligen, welcher Autor sich wohl hinter „Eric Nil“ verbirgt. Früher oder später wird wohl auch dieses Geheimnis gelüftet werden.

Rezension von Ute Gillessen
aus der Münchner Stadtbibliothek Fürstenried


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05.04.2018 Ehekrise, Flüchtlingskrise, Klimakrise
 
Norbert Gstrein: Die kommenden Jahre
Hanser Verlag

Ein Roman, so vielschichtig zu lesen: egal ob als Eheroman, als ein aufschlussreicher Roman über Doppelmoral oder über die Problematik der Erderwärmung mit den Folgen für die Gletscher dieser Welt. Wobei wir bei Richard wären, der sich als Glaziologe der Erforschung von Gletschern beruflich mit großem Engagement widmet. Seine Frau hingegen ist Schriftstellerin und hält sich eher an Kultur, Menschen und deren Sorgen. So drängt sie Richard, eine syrische Bürgerkriegsfamilie im Sommerhaus am See in Mecklenburg-Vorpommern wohnen zu lassen. Sämtliche Einwände Richards, z.B. hinsichtlich der einsamen Lage des Hauses, werden von Natascha in Bausch und Bogen als nichtig abgetan.

Ausgehend von dieser Situation zeigt Norbert Gstrein, wie sich das Ehepaar immer weiter voneinander entfremdet, geradezu in zwei verschiedenen Sprachen miteinander redet – hier die Ratio der Naturwissenschaft, „unterkühlt“, dort die Emotion, dauerempört und geradezu gefährlich naiv. Und dann reicht es Richard, aus dessen Perspektive erzählt wird. Er weicht seiner Frau aus – bis nach Kanada, Richtung St. Lorenz-Strom. So wie das Klima sich im Umbruch befindet, ist auch die Weltpolitik im Umbruch; der Roman beginnt in Trumps heißer Wahlkampfphase. Aber nicht nur politische Fragen haben das Paar auseinander driften lassen, auch unterschiedliche Vorstellungen über das zukünftige Leben – Hamburg oder eben Kanada – stehen zwischen ihnen so unüberwindbar wie die Gletscher, die Richard aufgrund seiner Tiroler Herkunft so faszinieren.
Und dann – man ahnt es schon – treibt das Geschehen zwangsläufig wie in einer antiken Tragödie auf eine Katastrophe zu, an der Natascha aufgrund ihrer Naivität und ihrer sich nicht eingestandenen Beweggründe zu helfen, mit schuldig wird.

Dieser Roman entwickelt einen unglaublichen Sog; innerhalb von zwei Tagen habe ich diesen gut strukturierten Roman verschlungen. Schnörkellos schreibt N. Gstrein in einer raffinierten Melange über Ehe- und weltpolitisch relevante Probleme, ohne ins Lamentieren zu geraten. Ob es allerdings von der Komposition her zwingend ist, dem Schluss drei Varianten angedeihen zu lassen, die letzte soll darstellen, wie sich die Handlung wirklich abgespielt hat, möchte ich offen lassen – urteilen Sie selbst über diesen wichtigen und lesenswerten Roman, der mit Sicherheit lebhaft diskutiert werden wird.

Norbert Gstrein, 1961 in Tirol geboren, lebt heute in Hamburg. Er erhielt unter anderem den Alfred-Döblin-Preis sowie den Uwe-Johnson-Preis.


Rezension von Ute Gillessen
aus der Münchner Stadtbibliothek Fürstenried



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01.03.2018 Liebe
 
Andrea Maria Schenkel: Als die Liebe endlich war
Diana Verlag

Nicht immer gelingt der Spagat zwischen Aufklärung über die dunkelsten Kapitel der deutschen Geschichte und einfach guter Unterhaltung. Bei Andrea Maria Schenkel allerdings schon!

Nach ihren großen Erfolgen wie „Tannöd“, Finsterau“ und „Kalteis“ hat die Bestseller-Autorin jetzt keinen Krimi, sondern einen zeitgeschichtlichen Roman vorgelegt. Wie auch in ihren früheren Romanen bildet die Nazizeit in Deutschland den Hintergrund für eine ergreifende Fluchtgeschichte – Parallelen zur gegenwärtigen Flucht- und Migrationsdebatte drängen sich bei der Lektüre regelrecht auf. Im Jahr 1938 flieht Grete mit den beiden Kindern Carl und Ida aufgrund eines glücklichen Zufalls im letzten Augenblick aus Deutschland. Der Vater jedoch verlässt in Genua das Schiff nach Shanghai, da er sich seiner geliebten Heimatstadt Regensburg und Deutschland als getaufter Jude zu stark emotional verbunden fühlt.Schon auf dem Schiff erfährt die zerrissene Familie mehr oder weniger subtile Diskriminierungen der jüdischen Passagiere.

Beeindruckend lebendig beschreibt die Autorin die katastrophalen Zustände für die Geflüchteten in der überfüllten Stadt; doch Grete und ihre Kinder kommen dank der Hilfe anderer zurecht und schaffen es, nicht unterzugehen im Moloch Shanghai. Nach dem Krieg trennen sich ihre Wege jedoch: Carl möchte keinesfalls nach Deutschland zurück und geht zusammen mit einer befreundeten Familie in die USA. Er lernt Emmi kennen, die ebenfalls aus Deutschland stammt und fühlt sich zu ihr nicht zuletzt aufgrund der gemeinsamen Sprache hingezogen. Ihre Liebe währt 60 Jahre, trotz einiger Unklarheiten und „Leerstellen“ in Emmis Leben, die Carl zwar immer durchaus wahr nahm aber deswegen nie die Integrität seiner Frau in Frage stellte. Und dann gerät Carl an Informationen und Unterlagen, die Emmi als eine ganz andere Person erscheinen lassen...

In „Als die Liebe endlich war“, vereinen sich mehrere Erzählstränge, u.a. der über Emmis Leben während der NS-Zeit in München, zu einem Roman, der überzeugt durch seinen Spannungsaufbau sowie die differenziert und klischeefrei gezeichneten Protagonisten.

Dass das Thema Schuld und Vergeben auch in einem klug geschriebenen Unterhaltungsroman adäquat bearbeitet werden kann, zeigt Andrea Maria Schenkel vortrefflich. Wer sich auf diese Lektüre einlässt, wird danach um einiges besser die Situation der deutschen jüdischen Familien verstehen: Ihre Zerrissenheit zwischen den Gefühlen der Zugehörigkeit zur deutschen Kultur und Lebensweise und dem Verlangen, in Sicherheit zu leben, und sei es auch im fernen Shanghai.
Und trotz der nüchternen, unaufgeregten Sprache macht „Als die Liebe endlich war“ betroffen: Ein echter „Leuchtturm im Büchermeer“.

Andrea Maria Schenkel, geboren 1962, lebt in Regensburg. 2007 wurde sie mit dem Friedrich-Glauser-Preis und der Corine ausgezeichnet , 2008 mit dem Martin Beck Award.

Rezension von Ute Gillessen
aus der Münchner Stadtbibliothek Fürstenried



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07.02.2018 Familienroman
 
Stina Lund: Preiselbeertage
Rowohlt Verlag

Eine wahrhaft geglückte Mischung aus einem gut geschriebenen Familienroman und einem anschaulich aufbereiteten Stück Zeitgeschichte - lassen Sie sich vom Cover und dem Titel nicht täuschen!
„Preiselbeertage“ von Stina Lund erzählt zum einen von einer Mutter-Tochter-Beziehung: Das Verhältnis zwischen Ariane und ihrer Mutter Ina ist von Distanz und Ressentiments geprägt. Zu viele Geheimnisse seitens der Mutter, zu wenig Eingehen auf die Befindlichkeiten der Mutter seitens der Tochter. Ein normaler Mutter-Tochter-Zwist ist dies hier nicht.
1986: Ina lebt in Leipzig und studiert dort Gesang. Während einer Chorreise nach Schweden kehrt sie nach einem Motorradunfall mit Jörg aufgrund eines Missverständnisses nicht mehr in die DDR zu ihren Eltern und ihrer unehelich geborenen Tochter Ariane zurück. So gilt sie drei Jahre vor der Wende als Republikflüchtling, mit allen Repressalien für die Eltern in Leipzig, inklusive eines Kontaktverbots, von dem Ina aber erst nach der Wende erfahren wird. In Schweden heiratet sie schließlich Jörg; beide führen eine vor allen Dingen pragmatische Ehe.
Als Jörg in Schweden stirbt, so beginnt der Roman, reist Ariane, die sofort 1989 von Ina aus Leipzig nach Schweden geholt wurde, von ihrer Arbeitsstelle in Leipzig nach Söderby zur Beerdigung. Und nun nimmt die Story so richtig Fahrt auf: Offensichtlich hatte der Vater ein Manuskript hinterlassen, das Aufschluss und neue Erkenntnisse über das Leben in der DDR geben soll. Doch dieses Manuskript scheint verschollen und gerade Ina zeigt so gar kein Interesse an dessen Auftauchen...Dass auch das Verhältnis zu ihrer Halbschwester Jolante überschattet ist durch emotionale Distanz, zuweilen gar Sprachlosigkeit, verwundert ebenfalls nicht. Ein Lichtblick für Ariane ist allerdings ihre Liebesbeziehung zu Viggo, dem Leiter des örtlichen Elchparks, wobei dieser Handlungsstrang eher eine Nebenrolle spielt.

Interessant, wie Stina Lund ihren Roman aufgebaut hat: Angesiedelt auf zwei sich ständig abwechselnden Zeitebenen wird zunächst über Ariane berichtet, über ihre Arbeit in einer Redaktion in Leipzig, ihre sie wenig befriedigende Beziehung zu einem Arbeitskollegen und wie sie sich schließlich in Schweden auf die Suche nach dem Manuskript begibt – gegen den ausdrücklichen Wunsch ihrer Mutter. Der zweite Erzählstrang startet in Leipzig circa 1986 und erzählt Inas Geschichte: Ihr One-Night-Stand und ihre Entscheidung, das Kind doch alleinerziehend zusammen mit ihren Eltern aufzuziehen.
Gut gelungen auch, wie sich die beiden Zeitebenen dann in der Gegenwart treffen. Daneben überzeugen die differenziert beschriebenen Charaktere, ihre plausibel nachvollziehbaren Verhaltensweisen sowie die Skizzierung der politischen Situation in der DDR kurz vor und nach der Wende, gerade auch im Gegensatz zu dem Leben in Schweden.
„Preiselbeertage“ bietet eine gute, solide Unterhaltung mit viel Zeitkolorit. Wem Uwe Tellkamps „Der Turm“ als zu voluminös und schwergewichtig erscheint, sollte bei Stina Lund zugreifen – und ein Rezept für Schwedische Kanelbullar (Zimtschnecken) ist dem Roman auch noch beigefügt.

Stina Lund, 1970 geboren als Tochter einer deutschen Mutter und eines schwedischen Vaters, wuchs in einer Kleinstadt in Smaland auf. Nach einer Buchbinderlehre studierte sie Buchwissenschaften und arbeitete als Restauratorin. Heute widmet sie sich nur noch dem Schreiben und lebt mit ihrer Familie im Münsterland.

Rezension von Ute Gillessen
aus der Münchner Stadtbibliothek Fürstenried

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01.01.2018 Die Optimierer
 
Theresa Hannig: Die Optimierer
Bastei Lübbe Verlag

München im Jahr 2052, also in gar nicht so ferner Zukunft. Selbst wer heute ca. 50 Jahre alt ist, hat gute Chancen, diese Zeit zu erleben; aber hoffentlich nicht die im Debüt von Theresa Hannig herrschende „Optimalwohlökonomie“- Orwells „1984“, erschienen 1948, reloaded!

Die bayerische Landeshauptstadt ist nun Teil der BEU (Bundesrepublik Europa)und durch eine technisch perfektionierte Grenze vom armen Rest der Welt hermetisch abgeschottet. Roboter, ausgestattet mit Künstlicher Intelligenz, sorgen für absolute Sicherheit und Wohlergehen, gefährliche oder eintönige Arbeiten müssen die Menschen nicht mehr verrichten.
Allerdings ist der Preis dafür die allumfassende Überwachung: Fleischkonsum wird mit Hausarrest bis zu einem Jahr bestraft; schließlich gibt es ja Synthfleisch in diversen Ausformungen. Sicherheitsroboter dürfen nicht beleidigt werden und der einmal von der Agentur für Lebensberatung vorgeschlagene Beruf darf nicht mehr gewechselt werden.
Und genau in dieser staatlichen Agentur arbeitet Samson Freitag als Lebensberater. Mit größtem Eifer versucht er jedem einzelnen Bürger den perfekten Platz im Arbeitsleben zu vermitteln. „Jeder an seinem Platz“ ist die allgemeine Grußformel statt Servus oder Guten Tag.
Eigentlich erwartet Samson demnächst seine Beförderung, doch dann gerät sein wohlgeordnetes Leben aus den Fugen: Seine Freundin Melanie verlässt ihn, und er wird beschuldigt, eine junge Frau falsch beraten zu haben. Seine Empfehlung in die Kontemplation zu gehen, kann sie nicht akzeptieren und begeht daher Selbstmord. Wobei „Kontemplation“ eine hinreichend bezahlte Arbeitslosigkeit bedeutet.

Ab jetzt nimmt diese spannend geschriebene Dystopie so richtig Fahrt auf. Samson soll selbst optimiert werden, und wie das aussieht, ist durchaus gruselig aber nachvollziehbar und einer inneren Logik folgend, aufgebaut.

Tatsächlich stellt sich nach dieser Lektüre die Frage, ob wir auch weiterhin in unserer „Schönen neuen Welt“ so unbeschwert und gedankenlos die Errungenschaften des digitalen Zeitalters nutzen sollten. Facebook und Smartphone gehören heute so selbstverständlich zu einer Spaßkultur wie früher Walkman, Kassettenrekorder oder VHS-Videos. Allerdings waren wir damals damit nicht „gläsern“!
Dieser kluge und so gar nicht moralgeschwängerter Roman hilft bei der Klärung dieser Überlegung. Und muss das Streben nach einer wie auch immer ideologisch begründeten perfekten Gesellschaft nicht zwangsläufig in eine Diktatur münden?

Theresa Hannig, 1984 in München geboren, studierte VWL, Politikwissenschaft und Philosophie. Sie arbeitete u.a. als Softwareentwicklerin und Beraterin für IT-Sicherheit. Für ihr Debüt „Die Optimierer“ erhielt sie 2016 den Stefan-Lübbe-Preis.

Rezension von Ute Gillessen
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01.12.2017 Justzizpalast
 
Petra Morsbach: Justizpalast
Knaus Verlag

Am 5.11.2017 hat Petra Morsbach den wichtigen und mit 30.000€ zugleich auch hochdotierten Wilhelm-Raabe-Preis erhalten – der Roman hat es verdient.

Dafür hat die Autorin allerdings auch neun Jahre recherchiert, mit zahlreichen Richtern gesprochen und sich somit einen umfassenden Überblick über ihr Sujet erarbeitet. Und das merkt man diesem grandiosen Roman auch an: angefangen von der Sprache, bei der es P. Morsbach gelungen ist, das „Justizdeutsch“ auf eine belletristische Sprachebene zu transferieren, bis hin zu den lebendigen, sehr individuell gezeichneten ProtagonistInnen. Allen voran natürlich Thirza Zorniger, der Hauptfigur von „Justizpalast“, die es dorthin bis zur Richterin schafft.
Ihr Lebensweg zeichnet eine anschauliche Gesellschafts- und Zeitskizze ab den 60 er Jahren in München, wo sie zunächst in Schwabings Bohème-Milieu als Tochter eines Schauspielers und ihrer Mutter Gudrun aufwächst, die selbst gerne Richterin geworden wäre aber diese Karriere für den glamourösen Carlos Zorniger opferte. Der Roman endet in der Gegenwart, Thirza steht dann knapp vor ihrer Pensionierung als Richterin. Bis dorthin begleitet man die aufstrebende junge Frau auf einer höchst aufschlussreichen Reise durch die deutsche Justizlandschaft: Zunächst als Zivil- und Familienrichterin am Amtsgericht, später als Staatsanwältin, Oberregierungsrätin und zuletzt als Vorsitzende Richterin einer Zivilkammer im Münchner Justizpalast. Dabei wird die schier unglaubliche Arbeitsbelastung der RichterInnen deutlich und man versteht, warum sich so mancher Justizfall über Jahre hinzieht: zu viele Akten, zu wenig Entscheider, die es aus finanziellen Gründen eher in die Wirtschaft zieht als in den Öffentlichen Dienst.

Wie wohl in fast jedem Arbeitsfeld pflegen auch die Juristen ihre Animositäten, Freundschaften oder Feindschaften und insbesondere ihre offen ausgetragenen Statuskämpfe; schließlich verfügt man ja meist über eine überragende Eloquenz! Die geduldige, erfahrene Thirza wird dabei oft zum „Seelenmülleimer“ für die Ergüsse ihrer KollegInnen und flüchtet sich in ihrer spärlichen Freizeit in die Herz- und Schmerz-Welt der Hedwig Courths-Mahler, wenn auch mit einer gewissen sympathischen Selbstironie. Trotz ihrer emotionsgeladenen Freizeitlektüre ist Thirzas Liebesleben kaum durch Leidenschaften überschattet; schließlich ist sie sich der möglichen Ehedramen sehr bewusst. Doch dann lernt die Juristin Max Girstl kennen, einen gescheiterten Juristen, der sich als Sachbearbeiter bei einer Versicherung durchschlägt und später als Anwalt in der kleinen Laube auf Thirzas Pasinger Grundstück arbeitet, eben als „Laubenanwalt“. Endlich tritt also doch noch das Liebesglück in ihr Leben ein, sie öffnet sich einem Menschen, um am Ende doch nicht zu einem Happy End zu gelangen.

Sehr klar und lakonisch beschreibt P. Morsbach die Missstände in der deutschen Justiz, u.a. die Verstrickungen Franz-Josef-Strauß' und dessen Auseinandersetzung mit Ex-Ministerialrat Schlötterer, was die Frage der Unabhängigkeit in der Rechtsprechung aufwirft. Doch kann es eine ideale Justiz überhaupt geben? Schließlich sind auch Richter keine Rechtsmaschinen und daher in ihrem Menschsein fehlbar, was die Autorin ebenfalls deutlich herausarbeitet.

Gewidmet hat Petra Morsbach diesen so soliden und unaufgeregten Bildungsroman übrigens den 30 Richtern, die ihr bei der Recherche zur Seite standen.

Und zu guter Letzt kann man als LeserIn beruhigt aufatmen, dass es mit der Justiz in unserem Land wohl doch nicht so schlecht bestellt ist

Petra Morsbach, 1956 in Zürich geboren, ist in München aufgewachsen und studierte Philologie und Theaterregie. Sie arbeitete zehn Jahre am Theater und lebt seit 1993 als freie Schriftstellerin in der Nähe von München.

Rezension von Ute Gillessen
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03.11.2017 Helden
 
Simona Morani: Ziemlich alte Helden
carl'sbook Verlag

„Bella Italia“ - in einem kleinen Dorf im Apennin, also tief in der italienischen Provinz. Dorthin führt uns Simona Morani: zu Gino, 96 Jahre alt, fast blind und seinen vier kaum jüngeren Freunden. Verweilen wir kurz beim Nestor der Gruppe. Trotz seiner nicht unerheblichen Sehschwäche brettert er mit seiner Ape, einem knallroten dreirädrigen Lieferwagen (s. Buchcover) durch die engen Gassen ihres Bergdorfs. Das ist wiederum dem jungen, kleinkarierten Corrado, Dorfpolizist von Bürgermeisters Gnaden, ein Dorn im Auge, ganz abgesehen davon, dass die leicht kauzigen alten Männer in Elvis' Bar „La Rambla“ auch noch heimlich rauchen. Taucht Corrado, der übrigens auch noch der Neffe des Bürgermeisters ist, auf, verschwinden Zigaretten und Aschenbecher schlagartig, und die Fenster der Bar werden aufgerissen.

Doch es geht den beiden nicht nur um ein Fahr- oder Rauchverbot. Schließlich steht die Einweihung der neuen Seniorenresidenz „Villa die Cipressi“ bevor, und genau in dieses Prestigeprojekt des Ortes sollen die so sehr die „Allgemeinheit“ bedrohenden Alten einziehen.
Doch da spielen die eigenwilligen Greise selbstverständlich nicht mit und machen stattdessen auf ihre Art deutlich, wer im Dorf das Sagen hat – Rebellion auf italienisch eben!

Dieser so warmherzig und amüsant geschriebene Roman stammt aus der Feder einer 35-jährigen Autorin. Simona Morani erzählt so lebendig, dass die Szenerie geradezu plastisch vor dem inneren Auge erscheint. Aufgewachsen ist sie in Canossa, einem Dorf in der Provinz Reggio Emilia mit 38 Einwohnern, umgeben von älteren Menschen und kaum Kindern. Anschauungsmaterial für ihren mit dem Literaturpreis „Premio Zocca Giovanni“ ausgezeichneten Roman hatte sie somit wahrhaftig.

„Ziemlich alte Helden“ ist eine gelungene Gratwanderung zwischen realistischer Gegenwartsbeschreibung, natürlich mit einem Augenzwinkern, Heldenepos und charmanter Urlaubslektüre.
Und das Beste: Simona Morani liest am 24. November um 19.30 Uhr in der Stadtbibliothek Fürstenried, Forstenrieder Allee 61, Telefon 7596989-0. Für italienisches Ambiente sorgen der Gitarrist Nico mit seinen Canzoni und köstliche italienische Antipasti.

Karten sind ab sofort für 10 Euro in der
Stadtbibliothek Fürstenried erhältlich.

Rezension von Ute Gillessen
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20.10.2017 Compact Lernkrimi
 
Anna Pou: Morir de miedo
Compact Verlag

Barcelona – für viele Touristen ein Traumziel und eine der beliebtesten Städte für ein Wochenende, eine Woche oder für immer?
Entscheiden Sie selbst, denn dieser wiederum sehr gelungene Compact-Lernkrimi auf B2-Niveau (gemäß dem Europäischen Referenzrahmen) lädt auf unterhaltsame Weise ein, Kataloniens Hauptstadt zu entdecken. Ausgerechnet in der Sagrada Familia kommt ein Geistlicher unter mysteriösen Umständen zu Tode. Fray Joans Interesse galt besonders dem genialen Antoni Gaudí und seinen Geheimnissen beim Bau dieser außergewöhnlichen und noch nicht vollendeten Kirche. Das allerdings ist einem anderen Priester der Kirche sowie einem der ausführenden Architekten auf der Baustelle der Sagrada Familia ein Dorn im Auge.

So ermitteln Comisario García und seine bayerische Assistentin Bea zusammen in einem heiklen Fall. Da Hilfe von Seiten der Kurie so gar nicht zu erwarten ist, im Gegenteil wird die Arbeit der Polizei nach Kräften behindert, wenden sich die zwei Ermittler einem Kunstwissenschaftler zu, der mit Fray Joan befreundet war und von ihm ein bahnbrechendes Geheimnis über die Sagrada Familie erfahren sollte. Doch dazu kam es ja nicht mehr, da Fray Joan angeblich in der Kirche Selbstmord begangen haben sollte. Daran glaubt jedoch Alex, der Neffe des Toten, nicht. Als dann auch noch der hilfsbereite Kunstwissenschaftler Bassega in der Sagrada Familia zu Tode kommt, Bea nur knapp einem vermeintlichen Unfall überlebt, überschlagen sich die Ereignisse... Wer ist Verdächtiger, wer das nächste Opfer?

Bei der Aufklärung dieses Falles erfährt der Lernende viel über die Geschichte Barcelonas im Spanischen Bürgerkrieg, lernt wichtige Bauten Gaudís in dieser kultur- und geschichtsträchtigen Stadt kennen und taucht regelrecht ein in die einzigartige Atmosphäre der interessantesten Stadtviertel. Dabei unterstützen mehr als 70 textbezogene Übungen das Lernen, Vokabelangaben auf jeder Seite verhindern lästiges Blättern im Buch, und ein umfangreiches Glossar sowie Infokästen, z.B. über den Park Güell oder den Spanischen Bürgerkrieg, geben zusätzlich gute Informationen zum Hintergrund der Kriminalgeschichte. Daneben finden sich ein Extra-Krimi als Hörbuch plus PDF zum Mitlesen im Buch.

Dieser Lernkrimi wird von inlingua zum Erlernen der spanischen Sprache empfohlen. Doch vorallem macht die Lektüre einfach Spaß und Vorfreude, Barcelona (wieder) zu besuchen.

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01.09.2017 Schicksal oder Zufall
 
Laura Barnett: Drei mal wir
Rowohlt Verlag

Was wäre, wenn ich in einem entscheidenden Moment meines Lebens anders gehandelt hätte? Wäre mein Lebensweg dann aufgrund von scheinbar unwichtigen Entscheidungen ein völlig anderer gewesen? Dieser Frage geht Laura Barnett auf packende und sehr lesenswerte Weise nach.
Eva und Jim treffen sich 1958 als Studenten in Cambridge, als Eva mit einer Fahrradpanne auf ihrem Weg ins Seminar liegen bleibt.. Ihr jeweiliges Handeln in dieser Situation wird ihr späteres Leben in ganz unterschiedliche Bahnen lenken. Und nun ergeben sich drei verschiedene Lebensläufe: In einer Version wird Eva eine große Autorin und ist mit Jim verheiratet, der sich in einer Künstlerkarriere versucht. In einer anderen Lebensversion gibt Jim seine Karriere als erfolgreicher Anwalt auf, um als Künstler zu arbeiten, ist aber zunächst mit Helena, ebenfalls Künstlerin, verheiratet. Dann gibt es für Eva noch die Option, an der Seite eines berühmten Schauspielers einen wichtigen Teil ihres Lebens zu verbringen.
Jim und Eva sind also über mal kurze, mal längere Zeitspannen hinweg ein Liebes- bzw. Ehepaar, hauptsächlich in London oder New York, und ihr Leben gestaltet sich immer wieder anders als erwartet. Ein Paar – aber drei unterschiedliche Geschichten.

Rote, blaue und grüne Pflanzen am Schnitt und auf den Buchseiten zeigen die drei Lebensversionen an, damit klar wird, in welcher Version man sich als LeserIn gerade befindet. Am Anfang ist tatsächlich ein wenig Konzentration erforderlich, und man sollte etwas länger bei der Lektüre bleiben. Oder die drei Versionen werden nacheinander gelesen; da sie ja farblich gekennzeichnet sind, wäre auch das kein Problem und hätte sicher seinen Reiz.

Jetzt sind Sie gefordert zu entscheiden: Wie möchten Sie dieses absolut gelungene Roman-Debüt lesen? Und gibt es Schicksal oder Zufall? Oder hält eine übergeordnete „Macht“ unsere Lebensfäden in ihren Händen?

Laura Barnett, 1982 in London geboren, arbeitet als Journalistin und hat bereits preisgekrönte Kurzgeschichten veröffentlicht. „Drei mal wir“ war ein in der Presse gefeierter Bestseller in England und wurde in 22 Länder verkauft.

Rezension von Ute Gillessen
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04.08.2017 Sonderbares Alter
 
Francesca Segal: Ein sonderbares Alter
Kein und Aber Verlag

Francesca Segal, bekannt geworden mit dem auch bei uns erfolgreichen Roman „Die Arglosen“, hat nun einen weiteren Beweis ihres schriftstellerischen Könnens vorgelegt. „Ein sonderbares Alter“ ist ein gelungener, glaubhafter Familienroman mit gut gezeichneten Protagonisten. Thema: Wie lebt eine Patchworkfamilie, welche Probleme können aufgrund neuer Konstellationen auftreten? Der Plot ist erfrischend anders als bei vergleichbaren Titeln.

Als sich Julia und James sich ineinander verlieben, sie Britin, er Amerikaner, sind sie beide schon in einem Alter, das ihre jeweiligen Kinder Gwen und Nathan nur noch peinlich finden hinsichtlich einer auch sexuellen Liebesbeziehung. Abgesehen davon, dass die beiden Teenager nun nicht mehr wie gehabt ihren deutlich ausgeprägten Egoismus ausleben können und für sich keinen Grund sehen, ihr bisheriges so bequemes Leben aufzugeben. Und ganz abgesehen davon, dass sie sich anfangs so gar nicht ausstehen können, was sich dann aber geradezu dramatisch ändern soll.

Auch Julias Ex-Schwiegereltern beäugen die neue Familienkonstellation gelinde gesagt interessiert. Doch das reife Liebespaar denkt nicht daran, sich den Ansprüchen und Forderungen , insbesondere der Kinder , zu beugen. Zulange haben beide auf privates Glück verzichtet, jetzt wollen sie endlich mal an sich denken, selbst mal egoistisch sein.
Doch als ein unerwartetes Ereignis über alle hereinbricht, stehen plötzlich die Lebensvorstellungen aller auf der Kippe, und die auftretenden Probleme scheinen unüberwindbar...

F. Segal erzählt diese Story multiperspektivisch und findet immer für jeden ihrer Protagonisten den richtigen, überzeugenden Ton, was auch für die Nebenfiguren gilt. Es passiert in diesem temporeichen und spannenden Roman ziemlich viel, deswegen an dieser Stelle mal keine Details zur Handlung.
Doch wer sich auf „Ein sonderbares Alter“ einlässt, wird intelligent und zugleich amüsant unterhalten. Und kann am Schluss beurteilen,ob es ein sonderbares Alter für die Liebe überhaupt gibt.

Francesca Segal, die Tochter von Eric Segal, der mit „Love Story“ weltberühmt wurde, arbeitet als Kritikerin und Feuilletonistin und lebt mit ihrer Familie in London. Für ihre beiden Romane erhielt sie bereits zahlreiche Literaturpreise.

Rezension von Ute Gillessen
aus der Münchner Stadtbibliothek Fürstenried

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13.07.2017 USA
 
Toni Morrison: Gott, Hilf dem Kind
Rowohlt Verlag

Die Literaturnobelpreisträgerin Toni Morrison hat erneut einen zutiefst aktuellen Roman geschrieben. Ihr Thema: starke Frauen, die sich auch durch widrige Umstände nicht unterkriegen lassen in einem Amerika, das insbesondere für weiße Amerikaner ab der gehobenen Mittelschicht aufwärts wirklich gute Chancen bietet.

Im Mittelpunkt steht Lula Ann, die als fast blauschwarzes Baby ihre eher helle Mutter Sweetness in Angst und Schrecken versetzt und den ebenfalls nicht sehr schwarzen Vater nach der Geburt in die Flucht treibt. Schließlich geht er davon aus, dass er unmöglich der Kindsvater sein kann. Lula Ann wehrt sich gegen die gutgemeinten Versuche ihrer Mutter, sie als gehorsames und gefügiges Kind zu erziehen; schließlich drohen gerade ihr rassistische Übergriffe. Doch je älter und schöner Lula Ann wird, desto mehr Widerstand setzt das selbstbewusste Mädchen der mütterlichen Autorität entgegen; Anpassung um den Preis der Selbstaufgabe – nein Danke. Stattdessen nennt sie sich Bride, trägt als schiere Provokation blendend weiße Kleidung und macht auf diese Weise Karriere bei einer Kosmetikfirma. Schließlich verliebt sie sich in einen exzentrischen jungen Afroamerikaner, der sich, genauso wie Bride, von den Gespenstern der Vergangenheit befreien muss, in seinem Fall, dem gewaltsamen Tod seines Bruders. Die kleine Lula Ann hingegen hat sich die fehlende Zuneigung ihrer Mutter mit einer furchtbaren Lüge erkaufen wollen, die eine Lehrerin für 15 Jahre unschuldig ins Gefängnis brachte.
Der Plan geht für Lula Ann auf, ihre Mutter ist stolz auf sie und endlich erfährt sie als Kind mütterliche Zuwendung.

Überzeugt hat mich dieser Roman gerade deswegen, weil er weder zu belehren noch zu missionieren beabsichtigt. Tatsächlich nimmt die Story im mittleren Teil richtig Fahrt auf. Den durch den ständigen Perspektivenwechsel der Protagonisten zeigt sich die ganz individuelle Sicht der Beteiligten. Selten nur lässt T. Morrison eine allwissende Erzählstimme zu Wort kommen – allgemeingültige Urteile werden somit nicht abgegeben. Es bleibt die Frage offen, ob der alltägliche und strukturelle Rassismus in den USA überwunden werden kann.

Im letzten Kapitel kommt die Mutter noch einmal zu Wort. In einem Brief ohne Absender hat ihr Bride mitgeteilt, dass sie schwanger ist. Und Sweetness denkt über ihre Fehler und Versäumnisse als Mutter nach. Sie kommt zu dem Schluss, dass sie oftmals hart reagiert hat – um ihr Kind zu schützen. Was sie Bride mit auf den Weg gibt : Viel Glück, und Gott, hilf dem Kind.

„Hätte Amerika eine Nationalschriftstellerin, so wäre es Toni Morrison“ laut der „New York Times“.

Toni Morrison wurde 1931 in Lorain, Ohio geboren und studierte an der Cornell University Anglistik. Sie hatte in Princeton eine Professur für afroamerikanische Literatur inne und ist Mitglied der National Council on the Arts sowie der American Academy of Arts and Letters. Neben zahlreichen Preisen erhielt sie 1993 den Nobelpreis für Literatur.

Rezension von Ute Gillessen
aus der Münchner Stadtbibliothek Fürstenried

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08.06.2017 New York
 
Rona Jaffe: Das Beste von allem
Ullstein Verlag

Ein New York-Roman aus den 50er Jahren und trotzdem von einer verblüffenden Aktualität; Rona Jaffes Bestseller aus dem Jahr 1958 wurde bei Ullstein in einer neuen Übersetzung (hier und da mit einigen Schnitzern) wieder aufgelegt und dürfte erneut begeisterte Leserinnen finden.

Sehr unterschiedliche Frauen Anfang 20 wollen im Big Apple Karriere machen, allerdings jede auf ihre eigene Art. Während Marie-Agnes ihr Glück in einer konventionellen Ehe sucht, träumt Caroline davon, als anerkannte Lektorin zu reüssieren. Gregg sieht sich den Broadway erobern, und die alleinerziehende Barbara versucht irgendwie über die Runden zu kommen. Alle jedoch träumen auch ihren ganz persönlichen Traum von der Liebe inklusive Hochzeit.

Der ständige Perspektivenwechsel zwischen den Protagonistinnen vermittelt deren Unterschiede im Fühlen und Denken. Der Plot ist in den 50er Jahren angesiedelt; Moralvorstellungen, gerade im sexuellen Bereich, werden aufgedeckt, ebenso die verlogene Doppelmoral, welche Männern weit mehr zugestand als Frauen. Zudem präsentiert R. Jaffe ein lebendiges New York-Flair, angefangen von der Schilderung eines damaligen Großraumbüros im Verlag, der dort immer wieder auftretenden sexuellen Belästigung von Frauen durch ihre männlichen Vorgesetzten bzw. Kollegen, über Affären bis hin zur ungewollten Schwangerschaft. Hier zeigt sich, warum „Das Beste von allem“ auch heute noch so frisch und aktuell zu lesen ist, zwar wird nicht der Computer heruntergefahren, sondern die Schreibmaschine abgedeckt, in den schummerigen Bars wird ständig geraucht und Martini mit oder ohne Olive ist en vogue.

Vielleicht drängt sich beim Lesen der Vergleich mit „Sex and the City“ auf – doch urteilen Sie selbst. Mich hat der Roman aus folgenden Gründen überzeugt: Zum einen verzichtet R. Jaffe auf ein allumfassendes kitschiges Happy End und die Struktur des Romans verführt unbedingt zum Weiterlesen, leider bleibt die ernüchternde (aber wichtige) Erkenntnis, dass viele Probleme für Frauen in der Arbeitswelt wohl immer noch ihrer Lösung harren. Fazit: Ein guter Unterhaltungsroman, der zum Nachdenken und Handeln animiert und mit viel Lokalkolorit ein gelungenes Stimmungsbild vermittelt.

Rona Jaffe (1931-2005)
schaffte mit diesem Debüt ihren großen Durchbruch, da selten zuvor die Tabuthemen über das Leben junger Frauen so offen angegangen wurden. Millionen begeisterter Leserinnen konnten sich in ihren Figuren wiedererkennen. Die Autorin gründete die „Rona-Jaffe-Foundation“, eine Stiftung, die amerikanische Nachwuchsautorinnen fördert.

Rezension von Ute Gillessen
aus der Münchner Stadtbibliothek Fürstenried


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02.05.2017 Alpen-Krimi
 
Nicola Förg: Scharfe Hunde
Pendo Verlag

Das hört sich zunächst einmal nach einem Durcheinander an – nichts scheint zusammenzupassen! Was können auch ein Camper aus den Niederlanden, eine nette wohlsituierte Oma und der streitlustige Inhaber einer Outdoor-Event-Agentur miteinander zu schaffen haben?! Außer, dass alle drei an einer Eisenhutvergiftung sterben, wohl gar nichts.

Trotz einiger Skepsis begann ich mich auf die Lektüre einzulassen und wurde nicht enttäuscht. Nicola Förg zeigt sich auch in ihrem achten Alpen-Krimi als Meisterin des Genres Regionalkrimi. Gekonnt werden Handlungsstränge zusammengeführt, viel Lokalkolorit aus der Werdenfelser Region vermittelt, und die spritzigen Dialoge tragen zudem zum Lesevergnügen bei.

Das Kommissarinnengespann Irmi Mangold und Kathi Reindl steht also vor drei seltsamen Todesfällen. Dann kommt es zu einem Unfall vor dem Farchanter Tunnel: Ein ungarischer LKW stürzt um, und auf der Straße liegen plötzlich Hundewelpen, eingezwängt in Käfigen. Der ungarische Fahrer weiß natürlich von nichts, er ist ja „nur der Fahrer“ der Ladung. Doch nun schließt sich der Kreis ein Stück weit, denn im Fahrerhaus findet sich die Adresse der netten Oma... Und nun nimmt die Story so richtig Fahrt und Spannung auf; so erfährt man nebenbei viele unschöne Details über den illegalen aber sehr lukrativen Welpenhandel, ein Thema das auch in den Medien durchaus aktuell ist.
Bei der intensiven Recherche entdeckte Nicola Förg, dass es sich hier um organisierte Bandenkriminalität handelt und schon bei 250 Welpen der Netto-Gewinn 200.000 Euro beträgt. Also durchaus ein Thema, das interessieren sollte angesichts der Tatsache, dass jedes Jahr bis zu 500.000 Welpen illegal aus Osteuropa nach Deutschland gelangen, so Tessy Lödermann, Vorsitzende des Tierschutzvereins Garmisch-Partenkirchen und Vize-Präsidentin des Deutschen Tierschutzbundes. Wie auch im Roman beschrieben, liegen ihr tatsächlich stapelweise gefälschte Dokumente vor, oftmals aus Ungarn.Sehenswert hierzu auch der Bericht „Scharfe Hunde“ der BR Mediathek (28.2.17), in dem Nicola Förg und Tessy Lödermann zu Wort kommen.

Am 10.5. 2017 kommen Nicola Förg und Michaela May nach Fürstenried. Sie lesen und erzählen, gemeinsam und einzeln, sodass die Krimihandlung sehr lebendig präsentiert wird. Die Veranstaltung findet um 20.00 Uhr im gegenüberliegenden Bürgersaal statt, der Eintritt beträgt 12 Euro.
Kartenreservierung und Kartenvorverkauf in der Stadtbibliothek
Fürstenried, Tel. 089/7596989-0

Rezension von Ute Gillessen
aus der Münchner Stadtbibliothek Fürstenried


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07.04.2017 Ehe mit Hintergrund
 
Karine Lambert: Und jetzt lass uns tanzen
Diana Verlag

Dürfen die eigenen Eltern auch mal aus der Reihe tanzen, sich nicht so verhalten comme il faut und ihre Kinder schockieren?

Mit Charme und Esprit geht Karine Lambert in „Und jetzt lass uns tanzen“ dieser Frage am Beispiel von Marguerite und Marcel nach. Beide haben ihre langjährigen Ehepartner verloren, und so unterschiedlich ihre Ehen und ihr gesellschaftlicher Hintergrund auch sind, sie verlieben sich ineinander.

In einer Kureinrichtung in den Pyrenäen, die ihre Kinder ihnen empfohlen, um nicht zu sagen aufgedrängt haben! Obwohl beide über 70 Jahre alt sind (Marguerite 78, Marcel 73) erleben sie eine wunderbare romantische Liebe, die Marguerite so in ihrer Ehe mit einem angesehenen Notar nie erlebt hat. Warum nur hat sie diese zwar höfliche aber doch sehr förmliche und kühle Ehe so lange ausgehalten? Wie sein Vater Henri wird auch der gemeinsame Sohn Frédéric Notar, lebt und denkt genauso konservativ und gesellschaftliche Konventionen niemals hinterfragend. Kein Wunder, dass er das „Treiben“ seiner Mutter beargwöhnt und auch deutlich missbilligt. Doch Marguerite setzt sich gegen ihren sie bevormundenden Sohn durch; nicht zuletzt dank Marcels Lebensfreude und seiner Energie, Dinge anzupacken. Seine Ehe mit Nora, die er schon seit Kindertagen kannte, war geprägt von Leidenschaft und tiefen Gefühlen füreinander und Noras tragischer Unfalltod hat Marcel fast alle Lebensfreude genommen. In den letzten beiden Kapiteln erfährt man, wie es mit Marguerite und Marcel weitergegangen ist – 10 Jahre später...

Schade,
dass dieser so anrührend und ehrlich geschriebene Roman nach 222 Seiten schon zu Ende war.
Aber manchmal liegt eben in der Kürze die Würze, egal ob es die spritzigen Dialoge zwischen Marguerite und Marcel sind oder die prägnant beschriebene Wandlung Marguerites, die sich eben nicht nur äußerlich vollzieht.

Karine Lambert, 1958 in Brüssel geboren, arbeitet als Fotografin und Schriftstellerin. Für ihr erstes Buch erhielt sie den Prix Saga Café für das beste belgische Debüt. „Und jetzt lass uns tanzen“ wurde bereits in neun Sprachen übersetzt und in 211 Ländern veröffentlicht.

Rezension von Ute Gillessen
aus der Münchner Stadtbibliothek Fürstenried
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01.03.2017 Lebensentwürfe
 
Elif Shafak: Der Geruch des Paradieses
Kein & Aber Verlag

„Drei junge Muslima in Oxford! Die Sünderin, die Gläubige und die Verwirrte.“ Muss das tatsächlich gefeiert werden? Und wenn ja, warum? Diese Frage stellt sich drei jungen Studentinnen, die für ganz unterschiedliche Lebensentwürfe und Identitäten stehen und somit exemplarisch sein können für das heutige Erscheinungsbild gebildeter muslimischer Frauen.

Peri, die Verwirrte, setzt ihren Wunsch, im Ausland zu studieren mit Hilfe ihres säkularen Vaters gegen die strenggläubige Mutter durch und gelangt so nach Oxford. Mona, überzeugte Muslima und Kopftuchträgerin mit amerikanisch-ägyptischen Wurzeln und Shirin, liberal, welterfahren und freiheitsliebend, aus dem Iran stammend, ziehen auf Shirins Betreiben hin in ein gemeinsames Haus. Alle besuchen das exklusive Seminar über Gott bei dem charismatischen aber nicht unumstrittenen Professor Azur – und jede wird von diesem Seminar auf ganz unterschiedliche Art geprägt werden. Gibt es einen Zusammenhang zwischen dem Seminar und der Wohnsituation; womöglich eine „Laborsituation“, hinter der Dr. Azur steckt? Die Figur des Wissenschaftlers steht für kritisches Denken, für das Hinterfragen religiöser Gewissheiten. Was ist Gott abseits der Religion? Diese Frage führt seine Studenten bis an ihre Grenzen: Was darf der Professor, um sie auf den Weg der Erkenntnis zu führen? Wie weit soll die Polarisation im wissenschaftlichen Diskurs gehen?

Genial, wie Elif Shafak diesen emotional berührenden und zugleich so klugen Roman aufbaut: Die Rahmenhandlung bildet ein Dinner mit dramatischem Ausgang bei einem Geschäftsmann der Istanbuler Oberschicht
. Die inzwischen verheiratete Peri erreicht die Villa nach einem Zwischenfall auf der Straße. Sie wird im Auto überfallen, nimmt die Verfolgung auf und wird dabei verletzt. Warum nur hat sie dieses Risiko auf sich genommen? Während des Essens reflektiert Peri die sich nicht wirklich dem Kreis der Gäste zugehörig fühlt, dass Geschehene und insbesondere ihre Zeit in Oxford; immer wieder unterbrochen durch Gespräche über den Gegensatz zwischen westlicher Demokratie und der islamischen Welt sowie der Frage, ob dieses Gesellschaftsmodell überhaupt zur Türkei passt. Eine gerade jetzt sehr interessante Frage. Antworten gibt die Autorin allerdings nicht direkt; stattdessen wirft sie die Frage auf: Wo steht die Türkei heute in ihrer Zerrissenheit zwischen Okzident und Orient – analog zu Peris innerer Zerrissenheit.

Elif Shafak, 1971 in Straßburg geboren, ist seit Veröffentlichung ihres bereits auf englisch erschienenen Romans „The Bastards of Istanbul“ in der Türkei nicht unumstritten aufgrund ihrer Skepsis gegenüber den Instanzen des türkischen Staates. Sie lebt heute mit ihrer Familie in London und Istanbul.
Und THE INDEPENDENT meint: „Elif Shafak ist die Stimme der türkischen Literatur.“ Dem ist nichts hinzuzufügen.

Rezension von Ute Gillessen
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16.02.2017 Roman über eine Flucht aus Ungarn 1972
 
Akos Doma: Der Weg der Wünsche
Rowohlt Verlag

Ein Roman über eine Flucht, wie Sie ihn so vielleicht nicht erwarten. Dies ist kein Fluchtbericht über die Balkanroute oder das Mittelmeer, mit Schleppern und im besten Fall Ankommen in Sicherheit. Stattdessen beschreibt „Der Weg der Wünsche“ die dramatische Irrfahrt einer Familie aus Ungarn Richtung Deutschland im August 1972 – sehr bewegend und plastisch. Der Autor versteht es, den Lesenden regelrecht mit ins Geschehen hineinzuziehen.

Und dabei beginnt alles ganz idyllisch mit einem Kindergeburtstag. Anfang der 70er Jahre feiert die Familie Kallay in Budapest den siebten Geburtstag ihres Sohnes Misi zusammen mit der zahlreich anwesenden Familie im Garten. Das hört sich zunächst nett an, doch feiert man dort gezwungenermaßen, da die Wohnung mit 16 Quadratmetern für vier Personen viel zu eng ist. Warum muss die Familie so beengt ,und auch offensichtlich bespitzelt, wohnen? Nun, die Eltern sind nie der Kommunistischen Partei beigetreten und Teréz, die Mutter ,gilt als religiös „uneindeutig“. Daher verliert sie auch ihre Stelle als Biologin in der Stadt und wird weit entfernt in die Provinz (straf-)versetzt- Ein äußerer Anlass für die Flucht, doch die inneren Ursachen liegen tiefer: in der ständigen Angst belauscht zu werden, in der unerträglichen Wohnsituation, und zudem immer ein Beispiel aus der Familie vor Augen, dass es allen gleich viel besser ginge, wenn man der KP beiträte. Doch Teréz ist zu diesem Opportunismus in einem aus ihrer Sicht durch und durch korrupten Staat nicht bereit und schmiedet einen Fluchtplan.

So geht es also an einem warmen Ferientag los im vollbesetzten VW-Käfer. Allerdings nicht an den Plattensee, wie die Eltern es den Kindern erzählt haben. Stattdessen endet die Fahrt zunächst an der jugoslawischen Grenze in der Hoffnung, irgendwie nach Italien zu gelangen. Und das schier Unmögliche gelingt: ein mitleidiger Grenzbeamter lässt die Familie trotz ungültiger Pässe passieren. Doch die Familienmitglieder sind einem Wechselbad der Gefühle ausgesetzt. Erleichterung es „geschafft“ zu haben, aber auch Angst und Verzweiflung angesichts der desaströsen Situation im Flüchtlingslager bei Neapel, wo ihre Baracke ohne verschließbare Türen und Fenster, dafür aber von Ratten und Ungeziefer bevölkert, ein Alptraum für alle ist. Auch scheint der Arm des ungarischen Geheimdienstes bis ins Lager zu reichen. Die Tochter verliebt sich ausgerechnet in einen Spitzel und entkommt nur knapp einer Entführung nach Ungarn. Und wieder muss Teréz erfahren, dass auch im Westen nichts ohne Gegenleistung zu haben ist, sei es eine etwas bessere Unterkunft oder der ersehnte Asylbescheid für Deutschland.
Dies alles wird ohne moralischen Zeigefinger, dafür aber ausgesprochen sensibel und einfühlsam erzählt, gerade die weiblichen Figuren scheinen A. Doma am Herzen zu liegen. Dabei wird die Handlung spannend vorangetrieben, unterbrochen durch Rückblenden, die die Traumata von Károly und Teréz während und nach dem 2. Weltkrieg aufdecken.

Die Themen Themen vieler Fluchtromane wie Heimatlosigkeit, Entwurzelung und Fremdheit werden hier bravourös bearbeitet und es gibt nur eine ganz kleine „Mäkelei“ anzumerken: Am Ende des Romans tritt das dramatische Moment zu stark in den Vordergrund, hier wäre etwas weniger mehr gewesen. Trotzdem ein lesenswerter Roman, der völlig zu Recht 2017 auf der Longlist zum Deutschen Buchpreis stand und es leider nicht bis ganz nach oben geschafft hat.

Akos Doma, 1963 in Budapest geboren, hat in „Der Weg der Wünsche“ die Erfahrungen seiner Flucht als Jugendlicher zusammen mit seiner Familie einfließen lassen. Er übersetzt Werke aus dem Ungarischen ins Deutsche und lebt heute mit seiner Familie in Eichstätt. Seine Romane sind bereits mehrfach ausgezeichnet worden.

Rezension von Ute Gillessen
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13.01.2017 Abenteuerreise - eine Fahrt ins eigene Innere.
 
Dagmar Leupold: Die Witwen – Ein Abenteuerroman
Jung & Jung Verlag

Ein Aufbruch! In ein Abenteuer, wie es der Untertitel andeutet? Tatsächlich fahren vier Frauen aus einem kleinen Winzerdorf an der Mosel mit einem per Inserat gesuchten Chauffeur los. Sie stammen alle aus Berlin, keine von ihnen ist Witwe und nur Penny, eigentlich Penelope, ist verheiratet. Allerdings ist ihr Mann von einer Dienstreise nach Fernost nicht mehr zurückgekommen – arme Penelope, die mit ihrem Sohn, nein nicht Telemarchos, sondern Bert zu Hause wartet...

Jede hat auf ihre Art genug von Steinbronn, und so plant das Quartett, alle sind so Ende 50, eine Fahrt an die Quelle der Mosel in die Vogesen, mit ihrem gelehrten Chauffeur und Philosophen Bendix. Eine sehr heterogene Truppe setzt sich also mit einem Fiat Ulysse in Bewegung, doch dann streikt das automatische Schaltgetriebe auf einer Bergkuppe nahe eines Gedenkorts für die Gefallenen aus dem 1. Weltkrieg.
Und nun wird es richtig spannend: Beatrix, Dodo, Laura und Penny erzählen sehr emotional über ihre Jugend, ihre Liebesgeschichten, ihre inneren Verletzungen; alles sehr intim, sehr intensiv. Da geht es z.B. um eine Abtreibung, um das Gefühl, als Kind von den Eltern nicht geliebt worden zu sein, um die fehlende Akzeptanz des eigenen Körpers – und keine hat diese Geheimnisse je vor den Freundinnen preisgegeben. Hier entfaltet der Roman seine Stärke, hier offenbart sich auch dass „Abenteuerliche“, das womöglich gar nicht aus unglaublichen Erlebnissen oder Ereignissen bestehen muss.

Dagmar Leupold erzählt diese vier Lebensläufe mit einer wundervollen Leichtigkeit; doch steckt dieser Roman voller Bildung, ohne diese zu prahlerisch mit einzubeziehen. Die Heimat der Autorin ist eben die Klassische Philologie und Philosophie, aber dies durchzieht „Die Witwen“ einfach amüsant und beschwingt.
Am Ende wird klar, dass diese Fahrt nicht wirklich eine echte Abenteuerreise war, auch keine Bildungsreise, sondern eine Fahrt ins eigene Innere, auch für Bendix schlussendlich, der seine Lebensprojekte wird überdenken müssen.

Wer einen kurzweiligen Roman sucht, der stets einen großen Bogen um Plattitüden macht, sollte hier zugreifen und die Autorin kennenlernen. Es lohnt sich.

Dagmar Leupold, 1955 in Niederlahnstein, Rheinland-Pfalz, geboren, lebt heute nach ihrem Studium (Marburg,Tübingen, New York) als Autorin und Übersetzerin in München. Seit 2004 leitet sie dass „Studio Literatur und Theater“ der Universität Tübingen. Ihr literarisches Werk erhielt bereits zahlreiche Auszeichnungen.

Rezension von Ute Gillessen
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02.12.2016 in den frühen Jahren der 70er
 
Matthias Brandt: Raumpatrouille
Kiepenheuer&Witsch Verlag

Noch einmal eintauchen in den Kosmos der eigenen Kindheit in den späten 60er und frühen 70er Jahren: In diesem besonderen Fall in die Kindheit eines Jungen, dessen Vater keinem „normalen“ Beruf nachgeht - er ist gerade Bundeskanzler der Bonner Republik, und folglich lebt die Familie in einem Haus mit Park, Wachleuten und Chauffeur. Der Nachbar ist ein älterer Herr mit schon erkennbaren Sprach- und Erinnerungsdefiziten namens Lübke, der den Knaben gelegentlich zum Kakao einladen lässt.

Wie viele andere Kinder besitzt Matthias einen (zuweilen beißfreudigen )Hund, der es besonders auf Nonnen und Wachleute abgesehen hat. Dann hören die Gemeinsamkeiten mit anderen Kindern aber auch auf. Ein Kirmesbesuch verläuft natürlich anders, nämlich schwer bewacht, die Anreise erfolgt im Limousinen-Konvoi, Fotografen machen Fotos vom Verspeisen einer monströs großen Zuckerwatte, die so gar nicht gewünscht war und auch ein peinlicher Lotteriegewinn bleibt dem Sohn nicht erspart. Oder welches Kind muss auf einer für seinen Papa äußerst unglücklich verlaufenden Radtour als Puffer dienen zwischen ihm und einem kauzigen, abgehackt sprechenden Politiker, der Herbert Wehner heißt?
Deutlich wird, dass der Ich-Erzähler oft einsam ist. So wartet er sehnsüchtig auf den Beginn einer Folge von Percy Stuart, fährt alleine mit seinem Bonanzarad zu den Wachleuten, um sich mit ihnen bei der Musik von James Last aus dem Kassettenrekorder die Zeit zu vertreiben. Daneben gibt es aber auch Episoden, die dank Matthias Brandts (Selbst-)Ironie einfach witzig sind, wie zum Beispiel sein kurzer Ausflug in die Briefmarkenkunde (dann doch zu langweilig) oder der Kauf eines Raumanzugs aus 100% Polyester statt der Schulbücher. Die Mondlandung war schließlich eine Sensation.!

Wer nun auf die Schlüssellochperspektive hofft, wird enttäuscht sein nach der Lektüre. Matthias Brandt schreibt selbst dazu: „Alles was ich erzähle, ist erfunden. Einiges davon habe ich erlebt. Manches von dem, was ich erlebt habe, hat stattgefunden.“ Hintersinnig ausgedrückt.
Da ja aus der Sicht eines Jungen erzählt wird, der im Verlauf der Geschichten zwischen 7 und 11 Jahre alt sein dürfte, bleibt die Sprache klar und schnörkellos aber keinesfalls platt. Vielmehr entsteht durch die Verdichtung der Erfahrungswelt und Befindlichkeit des jungen Protagonisten ein ganz eigener Ton, der gefangen nimmt. Und am Ende wünscht man sich, dass „Raumpatrouille gerne auch doppelt so viele Geschichten hätte enthalten können oder dass diesem Debüt eine Fortsetzung folgen möge.

Matthias Brandt, 1961 als jüngster Sohn von Rut und Willy Brandt geboren, ist ein bekannter Schauspieler und an renommierten Theatern engagiert. In den letzten Jahren arbeitete er hauptsächlich vor der Kamera. Für seine Leistungen ist er vielfach ausgezeichnet worden.

Rezension von Ute Gillessen
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03.11.2016 Ehe - Ehejahre - Lebenslügen
 
Meg Wolitzer: Die Ehefrau
DuMont Verlag

Joan Castleman, eine gut situierte Frau beschließt 11.000m über dem Atlantik, ihren Mann Joseph nach vielen Ehejahren zu verlassen. Mit diesem Paukenschlag eröffnet Meg Wolitzer ihren provokativen und zugleich dank feiner Ironie auch amüsant zu lesenden Roman über eine Ehe und den amerikanischen Literaturbetrieb, der dem europäischen in den aufgezeigten Strukturen ähnlich sein dürfte.
Joseph Castleman soll für sein schriftstellerisches Werk in Helsinki einen renommierten (fiktiven) Literaturpreis entgegen nehmen, der nur knapp unterhalb des Literaturnobelpreises angesiedelt ist. Joan hat ihr reichlich vorhandenes literarisches Talent 40 Jahre lang nicht zu ihrem eigenen Ruhm genutzt.
Warum nur?
Dieser Frage geht Meg Wolitzer nach und deckt dabei scharfsichtig die Lebenslügen und faulen Kompromisse in Joans auf den ersten Blick so angenehmen Leben auf.
Nach diesem schon fesselnden Beginn erfolgt eine Rückblende in die 50er Jahre am Smith College und ins Greenwich Village während der ersten turbulenten Beziehungsphase, in denen Joan scheinbar das Leben führt, das sie immer angestrebt hat. Schließlich verlässt ihr Literaturprofessor für sie als junge Studentin Frau und Kind, um Joan zu heiraten. Es kommen ihre eigenen Kinder zur Welt, und man etabliert sich in einem äußerst kultivierten Milieu. Doch wie sieht es in ihrem Inneren aus angesichts der ständigen außerehelichen Eskapaden ihres inzwischen berühmten Mannes angesichts seines literarischen Ruhms – der eigentlich wem zusteht? „Er war Joseph Castleman, einer jener Männer, denen die Welt gehört. Sie kennen diese Sorte Mann: diese wandelnden Werbebanner für sich selbst,...“

Das Endes des Romans hat es in sich: Joseph stirbt ganz überraschend in Helsinki; das wie und wo ist grandios inszeniert, und es kommt schließlich das gut gehütete Geheimnis des Ehepaares ans Tageslicht. Sie ahnen es bereits?

In den USA ist dieser mitreißende Roman bereits 2003 erschienen und hat rein gar nichts von seiner Aktualität eingebüßt. Männliches und weibliches Schreiben – wie (unterschiedlich) wird es in der Literaturkritik wahrgenommen und beurteilt? Eine Frage, die der Autorin offensichtlich am Herzen liegt, und der sie zum Glück ohne feministischen Missionierungseifer nachgeht.

Meg Wolitzer wurde 1959 in Long Island, New York geboren als Tochter der Autorin Hilma Wolitzer. Sie studierte am Smith College und an der Brown University Kreatives Schreiben. Verheiratet ist sie mit dem Autor Richard Panek.

Rezension von Ute Gillessen
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08.10.2016 Reise in die Vergangenheit und eine schicksalhafte Liebe
 
Hanni Münzer: Honigtot
Piper Verlag

Der inzwischen recht bekannten Autorin aus Wolfratshausen gelingt mit „Honigtot“ eine perfekte Melange aus Fiktion und Geschichtsfakten, die allerbeste Unterhaltung bietet und wohl kaum jemanden unberührt lässt.

Der Roman beginnt 2002 in Seattle, USA, wo sich die junge Amerikanerin Felicity auf die Suche nach ihrer wie vom Erdboden verschluckten Mutter Martha macht. Schließlich findet sie heraus, dass die Mutter sich, für alle völlig unverständlich, ein Flugticket nach Rom besorgt hat. Felicity entdeckt die völlig aufgelöste Martha mit Unterstützung eines katholischen Geistlichen in einem Hotelzimmer sitzend, das mit unzähligen Papierschnitzeln übersät ist, die zum großen Teil auf Hebräisch beschrieben sind.

Warum nur hat die Mutter diese Reise nach Rom unternommen? Aufschluss darüber können wohl nur die Zeitungsartikel und Papierfetzen geben – handelt es sich doch um Lebenserinnerungen...Der hilfsbereite Pater erstellt eine Übersetzung, und nun beginnt die eigentliche Story:
München während der Weimarer Republik; Felicitys Urgroßmutter, die gefeierte Opernsängerin Elisabeth Malpran und ihre Familie erleben die Auswirkungen der nationalsozialistischen Rassenideologie zunächst eher unterschwellig nach den „Rassegesetzen“ aber dann mit voller Wucht.
So lässt sich Elisabeth schließlich mit dem SS-Sturmbannführer Albrecht Brunnmann ein, in der Hoffnung, ihren jüdischen Mann Dr. Berchinger sowie ihre zwei Kinder Deborah und Wolfgang „Wolferl“ schützen zu können. Doch wie weit kann eine Mutter gehen, um ihre Lieben zu retten, und wie weit die Tochter, um Rache zu nehmen?

Der Zeithintergrund des Nationalsozialismus ist tatsächlich akribisch recherchiert worden und das merkt man diesem wirklich spannenden und geschickt aufgebauten Roman auch an. In den Nachbemerkungen sowie in einem Video Clip führt Hanni Münzer vor, wie sie im Einzelnen vorgegangen ist, und wie sich Fiktion und Geschichtsfakten mischen.

So ist das historische Vorbild für Albrecht Brunnmann Adolf Eichmann, der als „Architekt des Holocaust“ angesehen wird. Die Sängerin Elisabeth Malpran hingegen ist eine fiktive Figur, ebenso wie Marlene, die als Spionin in „Honigtot“ vorkommt und in der Fortsetzung dieses Romans die titelgebende Hauptperson sein wird.

Gerade die Protagonistinnen überzeugen
in ihrer differenzierten Charakterzeichnung, sowohl bei Elisabeth als auch bei Deborah zeigen sich durchaus ambivalente Züge, die glaubhaft sind. Daneben die atmosphärische Dichte: Hanni Münzers Beschreibungen z.B. der nationalsozialistischen Architektur, der blutroten Hakenkreuzfahnen werden in ihrer Wirkung auf die Menschen wohl ganz richtig wider gegeben.

Bei diesem Roman ist es nicht verwunderlich, dass
eine Verfilmung geplant ist. Die Autorin steht bereits in
Vertragsverhandlungen für einen Mehrteiler
mit internationaler Besetzung.


Hanni Münzer, geboren in Wolfratshausen, lebt dort mit ihrer Familie. Mit „Honigtot“ feierte die „Königin des Self-Publishing“ ihren bisher größten Erfolg.

Rezension von Ute Gillessen
aus der Münchner Stadtbibliothek Fürstenried


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09.09.2016 Krise-Krimi-Athen
 
Petros Markaris: Zurück auf Start
Diogenes Verlag

Der griechische Kommissar Kostas Charitos ermittelt gegen eine unbekannte Gruppierung, die sich Griechen der fünfziger Jahre nennt. Er glaubt, die Verantwortlichen für das ganze griechische Dilemma zu kennen.
Auch Katerina, die Tochter des Kommissars, wird in den Fall verstrickt, da sie zwei afrikanische Migranten vor Gericht vertritt.

Wie in den anderen Krimis von Petros Markaris ist die Krise das zentrale Thema – Sumpf in der Verwaltung, Sparzwang der EU und Griechen, die sich über Jahre an korrupte Systeme gewöhnt haben und nicht mehr dagegen ankämpfen.

Buchtipp von dem Team der
Münchner Stadtbibliothek Laim



08.09.2016 Science-Fiction-Epos
 
John Sandford und Ctein: Das Objekt
Piper Verlag

Auch im Jahr 2066 ist die Welt kein sehr gerechter oder friedlicher Ort.
Neben den (mehr oder weniger) demokratischen USA ist China zur zweiten Weltmacht aufgestiegen.

Als in der Nähe des Saturn ein geheimnisvolles Objekt gesichtet wird, macht sich ein bunt zusammengewürfeltes amerikanisches Team auf den Weg – aber auch die Chinesen wollen den Wettlauf um die begehrte Alien-Technologie um jeden Preis gewinnen ...

Ein trotz (oder wegen) einiger Klischees fesselnder SF-Thriller für alle, die sich gern hineinziehen lassen in die Weiten des Weltraums und Spaß haben an der fundierten Schilderung astronomischer und technischer facts (Ctein ist Physiker).

Buchtipp aus dem Team
der Stadtbibliothek Laim

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05.09.2016 Rennpferde und Liebhaber
 
Angelika Jodl: Die Grammatik der Rennpferde
DTV Verlag

Wie bitte? Besitzen Rennpferde eine eigene Grammatik – wer behauptet denn so etwas?
Nun, Salome Sturm, Lehrerin für Deutsch als Fremdsprache und somit Expertin für deutsche Grammatik muss sich von ihrem russischen Privatschüler Sergey in dieser Hinsicht belehren lassen. Schließlich ist er zwar absolut kein Experte für die deutsche Sprache und ihrer Grammatik, aber dafür kennt er sich mit Pferden aus.
Schade nur, dass er in Deutschland nicht als Jockey arbeitet oder Traber trainiert, so wie in seiner alten Heimat, hier mistet er rund um München und zuletzt in Daglfing Ställe aus, schuftet also für wenig Geld weit unter seinen Möglichkeiten.
Und zwar gerade deswegen, weil er die deutsche Sprache sehr eigenwillig spricht.Hier nun kommt Salli Sturm zum Zuge; sie braucht Sergey, um ihre wissenschaftliche Karriere voranzutreiben und zugleich ihre Position am Spracheninstitut zu festigen: Ihr „Pygmalion-Projekt,“ das aber bedingt durch Sergeys völlig andere Prioritätensetzung zu scheitern droht, lässt sie gar nach Daglfing auf einen heruntergekommenen Hof ziehen. So entwickelt sich zwischen der Akademikerin jenseits der 50 und dem so scheinbar ungehobelten oder nur „ungeschliffenen“ Pferdeflüsterer eine Romanze der besonderen Art. Wenn das ihre hochkultivierten KollegInnen wüssten oder noch schlimmer, ihren etwa gleichaltrigen Liebhaber reden hören könnten – Forschungsobjekt ja, das leuchtet ein, aber mehr?

Angelika Jodl, selbst Lehrerin für DaF und zugleich Besitzerin eines Pferdes namens Otto, kennt also beide Metiers, und das merkt man diesem so amüsant wie warmherzig geschriebenen Roman an. Allein schon die Idee, eine Lovestory jenseits der „Romantikgrenze“ zu schreiben, wie es ein Rezensent formuliert hat, ist köstlich. Doch stimmt das überhaupt? Befinden sich die beiden Protagonisten tatsächlich jenseits dieser Grenze und gibt es sie überhaupt. Fragen über Fragen!

Urteilen Sie selbst über diesen so vollkommen klischeefreien, aus wechselnder Perspektive des weiblichen Professor Higgins und der männlichen Eliza Doolittle geschriebenen Roman. Auf jeden Fall ein echter „Leuchtturm im Büchermeer“ für unser spezielles Regal in der Stadtbibliothek Fürstenried und beste Unterhaltung nicht nur für die Sommerferien.

Angelika Jodl unterrichtet Studenten aus aller Welt und reitet selbst ein ausgemustertes Rennpferd.. Mit Mann, Hund und Katzen lebt sie in München.

Rezension von Ute Gillessen
aus der Münchner Stadtbibliothek Fürstenried

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29.07.2016 Liebe und Gewalt
 
Katharina Winkler : Blauschmuck
Suhrkamp Verlag

Können einfache Sätze so viel Wortgewalt besitzen?
Ein einfaches „Ja“ an dieser Stelle, denn bei diesem Buch – das auf einer wahren Geschichte beruht – bleibt kein Auge trocken und keine Seele unberührt.

Filiz wächst mit vielen Geschwistern in einem kurdischen Dorf namen Tekbaş in der Türkei auf. Schon von klein auf ist sie mit Gewalt und Schlägen seitens ihres Vaters vertraut.
Resultate dieser Gewalt nennen die Frauen „Blauschmuck“, all die blauen, schwarzen, violetten Flecken und Blutergüsse, die ihnen von Ehemännern und Vätern zugefügt wurden.
„Blauschmuck ist Privateigentum. Man spricht nicht darüber und trägt ihn an vielen der Öffentlichkeit verborgenen Stellen des Körpers, wie eine Kette um den Hals, an den Rippen, an Handgelenken...
Wer keinen hat, gehört nicht dazu.“

Sie ist erst zwölf als sie sich in den älteren Yunus verliebt und sich ein gemeinsames Leben mit ihm in Deutschland vorstellt. Mit fünfzehn heiratet sie ihn heimlich gegen den Willen ihres Vaters.
Leider platzen Filiz\' Träume nach der Hochzeit. Träume von Freiheit, Autonomie und... Jeans.
Denn statt Jeans trägt Filiz jetzt eine Burka und statt in Deutschland wohnt sie auf dem Bauernhof ihrer Schwiegermutter. Gemeinsam mit den drei Kindern, die sie in dieser Ehe gebärt, ist sie der körperlichen und seelischen Brutalität ihres Mannes und ihrer Schwiegermutter ausgesetzt.
Auch ein Umzug nach Österreich ändert daran nichts und nach einer erneuten Eskalation der Gewalt, die sie fast mit dem Leben bezahlt, gelingt Filiz das Unmögliche...

Die Schilderungen erfolgen ausschließlich aus der Sicht der Protagonistin. In einfachen Sätzen, die dennoch sehr ausdrucksstark sind, berichtet Filiz über die Geschehnisse. Die Sprache ist poetisch, dennoch beschönigt sie nichts und kommt seltsam nüchtern, emotionslos und distanziert daher. Die kurzen prägnanten Sätze lassen viel Raum für Gedanken, damit das Gelesene erstmal seine Wirkung entfalten kann - und die Vorstellungskraft erledigt den Rest.

Dieser Roman erschüttert, wühlt auf und bringt selbst die hartgesottenen LeserInnen an ihre Grenzen. Es ist kein Buch zum Wohlfühlen, sondern eines, das eindringlich zum Nachdenken auffordert.

Ich habe es trotzdem gern gelesen, auch wenn ich so manche Pause brauchte, um das Gelesene zu verdauen.
Nach westlicher Sicht erscheint Filiz\' Ehe schier unerträglich und es bleibt zu hoffen, dass Yunus\' zweiter Frau ein ähnliches Schicksal erspart blieb...
Lassen Sie sich von Filiz\' Geschichte überraschen!

Katharina Winkler, geboren 1979 in Wien, studierte Germanistik und Theaterwissenschaft.
Heute lebt sie in Berlin. Blauschmuck ist ihr Debütroman.


Rezension von Katarzyna Szczepaniak
aus der Münchner Stadtbibliothek Fürstenried

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01.07.2016 Hoffnung - Grüne Revolution im Iran
 
Shida Bazyar: Nachts ist es leise in Teheran
Verlag Kiepenheuer & Witsch

Wo ist für eine Familie der richtige Platz zum Leben, wenn der Vater aus politischen Gründen im eigenen Land nicht mehr sicher leben kann? Der Titel „Nachts ist es leise in Teheran“ ist bestimmend für die Existenz der Menschen dort.
Unter dem strengen Regime der Islamischen Republik können schon kleinste Vergehen mit aller Härte des Gesetzes geahndet werden. Also ist jedermann und insbesondere „jedefrau“ vorsichtig und eben leise – außerhalb des eigenen Heims.

Erzählt wird mit ganz individuellem Timbre aus der Sicht der Familienmitglieder, jeweils im Abstand von einem Jahrzehnt. Beginnend 1979 mit Behsad, dem damals jungen kommunistischen Revolutionär, der sich mit seiner literaturbegeisterten Frau Nahid dazu entschließt, vor den Mullahs nach Deutschland zu fliehen. Doch wie sich integrieren in eine Gesellschaft, in der über saubere Luft, gesundes Gemüse und Milch für die Kinder aus La Palma im Freundeskreis gesprochen wird – wir befinden uns zeitlich kurz nach dem Gau in Tschernobyl. Für Nahid ein Grund, so manches Treffen mit ihren wohlmeinenden links- und ökoorientierten Freunden nicht zu besuchen.
Ihre Fragen drehen sich dagegen um verfolgte Freunde, um eine Besserung der politischen Situation im Iran; Nahid fühlt sich zunächst nicht wirklich dazugehörig mit ihren so ganz anderen Erfahrungen.
Tochter Laleh, inzwischen im Teenie-Alter, berichtet vom Gefühl der Fremdheit während eines dreiwöchigen Besuchs der Familienangehörigen im Iran aber auch von den Vorurteilen, die sie in Deutschland in der Schule und im Freundeskreis erlebt. Bruder Mo wiederum interessiert sich 2009 weniger für die Studentenproteste gegen die Studiengebühren in Deutschland als vielmehr für die Grüne Revolution im Iran. Wieder werden dort Demonstranten verhaftet oder verschwinden, genauso wie es 1979 sein Vater erleben musste.

Shida Bazyar beschreibt dies alles sprachlich äußerst souverän ohne in Larmoyanz abzugleiten. Das Ende des Romans überrascht , hat mich aber trotzdem überzeugt.
“Nachts ist es leise in Teheran“: Eine exemplarische Lebensgeschichte, wie sie ähnlich auch mir bekannt ist und vor allen Dingen ein wichtiger Beitrag zum Verständnis der aktuellen Flüchtlingsbewegungen sowie für die Diskussion um die Integration der Geflüchteten.

Shida Bazyar, 1988 in Deutschland geboren, studierte Literarisches Schreiben. Heute lebt sie in Berlin, arbeitet halbtags als Bildungsreferentin und nutzt die restliche Zeit zum Schreiben. Sie war Stipendiatin des Klagenfurter Literaturkurses und Studienstipendiatin der Heinrich-Böll-Stiftung.


Die Autorin liest am 11.07.2016 um 20.00 Uhr aus ihrem Roman in der Stadtbibliothek Fürstenried.

Rezension von Ute Gillessen
aus der Münchner Stadtbibliothek Fürstenried

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24.06.2016 Traurig und tröstlich
 
Anna McPartlin
Die letzten Tage von Rabbit Hayes

Rowohlt Verlag rororo

Wenn du dir vorstellst, du hättest nur noch neun Tage zu leben, wie würden diese neun Tage aussehen?
Diese Frage stellt sich Rabbit Hayes, denn Rabbit hat Krebs.
Ihr bleiben noch neun Tage, um Zeit mit der Familie zu verbringen und sich zugleich von ihr zu verabschieden. Vor allem von ihrer Tochter, die noch nichts davon weiß.

Ein sehr gefühlvolles Buch, das aus Sicht der verschiedenen Charaktere geschrieben ist. Man fühlt sich beim Lesen als Teil der Familie und fühlt mit ihnen mit.

Buchtipp aus dem Team der
Stadtbibliothek Laim


01.06.2016 Amerikanisches Familienleben
 
Meg Mitchell Moore: Eine fast perfekte Familie
BLOOMSBURY-Berlin Verlag

Eintauchen ins pralle amerikanische Familienleben–unmittelbarer als mit „Eine fast perfekte Familie“ geht es kaum.
In den USA besitzt „pursuit of happiness“, also das Streben nach Glück gar Verfassungsrang, und um diese so elementare Frage geht es Meg Mitchell Moore, was insbesondere das Romanende deutlich macht.

Was wollen die Hawthornes eigentlich mehr: beide verdienen in ihren Jobs richtig gut; Nora als Immobilienmaklerin in der Bay Area von San Francisco und Gabe als Consultant. Tochter Angela steht als Jahrgangsbeste ihrer High School im Frühbewerberverfahren für Harvard aber zugleich auch unter einem enormen Leistungsdruck. Und dann gerät für Nora ein Achtmillionendeal vollkommen außer Kontrolle; scheinbar nur eine kleine Unaufmerksamkeit der Multi-Tasking-Mutter, allerdings mit weitreichenden Folgen. Gabe wiederum wird von einer Praktikantin regelrecht gestalkt, und sie droht, sein bislang sorgsam gehütetes Geheimnis zu lüften. Mit Konsequenzen für seine Reputation in der Firma und ganz besonders vor Angela und ihrer Konzentration so ausschließlich auf Harvard...
Auch die beiden jüngeren Töchter plagen sich mit ihren ganz eigenen Problemen, wobei die Legasthenie des Nesthäkchens noch das am leichtesten zu schulternde ist.
Das so scheinbar perfekte Familienleben weist also immer mehr Risse auf, bis letztendlich einschneidende Konsequenzen auf die Hawthornes zukommen.

Zunehmend spannend wird die Story aus der Sicht der wichtigsten Protagonisten vorangetrieben,
und man bleibt von der Lektüre in der Tat nicht unberührt – bietet doch „Eine fast perfekte Familie“ gerade für LeserInnen mit eigener Familie jede Menge Identifikationsvorlagen bzw. Momente des Wiedererkennens.

Ein wirklich aufschlussreicher Roman nicht nur über amerikanisches Familienleben, sondern auch über die dortige Arbeitswelt mit ihren für Europäern so z.T. ganz anderen Gepflogenheiten.
Und um noch einmal auf die Frage nach dem Glück und dem Streben danach, zurückzukommen: Findet sich Glück eventuell auch abseits des Luxus-Domizils mit Blick auf die San Francisco Bay? Abseits von Millionendollardeals und einer Universität der Spitzenklasse?
Urteilen Sie selbst!

Meg Mitchell Moore lebt heute mit ihrer Familie in Massachusetts. Bevor sie sich ganz auf das Schreiben von Romanen verlegte, arbeitete sie als Journalistin. „Eine fast perfekte Familie“ ist ihr dritter Roman.

Rezension von Ute Gillessen
aus der Münchner Stadtbibliothek Fürstenried

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13.05.2016 IS Terroristen
 
Shirin
mit Alexandra Cavelius und Jan Kizilhan
Ich bleibe eine Tochter des Lichts: meine Flucht aus den Fängen der IS-Terroristen

Europa Verlag

Shirin - ein junge Jesidin im Irak - ist voller Ideen für ihre Zukunft, als der IS in ihr Dorf im Irak einfällt, die Männer tötet und Frauen und Kinder verschleppt. Sie durchlebt eine unvorstellbare Leidensgeschichte, wird verkauft und von Mann zu Mann gereicht, bis ihr letztendlich die Flucht gelingt.

Durch Shirins Schilderungen wird man hinein genommen mitten in das Geschehen: das Entsetzen über die Unmenschlichkeit ihrer Entführer, die ständige Angst um ihre Familie und das eigene Leben und auch das Hoffen auf Rettung und eine Zukunft.

Ein erschütternder Bericht, der den Opfern des IS einen Namen und eine Stimme gibt.

Buchtipp aus dem Team der
Münchner Stadtbibliothek Laim
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28.04.2016 Kurort Müritz
 
Michael Kumpfmüller: Die Herrlichkeit des Lebens
S.Fischer Verlag

"Es ist sehr gut denkbar, dass die Herrlichkeit des Lebens um jeden und immer in ihrer ganzen Fülle bereit liegt, aber verhängt, in der Tiefe, unsichtbar, sehr weit."
Diese Worte schrieb Franz Kafka im Jahre 1921. Kurz darauf lernte er die fünfzehn Jahre jüngere Dora Diamant kennen. Um diese letzte und größte Liebe Kafkas kreist Michael Kumpfmüllers neuestes Werk "Die Herrlichkeit des Lebens".

Der tuberkulosekranke Franz Kafka reist in das Ostseebad Müritz. Seine Schwester Elli, die ihn an diesen Kurort gelotst hat, hofft auf einen günstigen Einfluss der Seeluft und der landschaftlichen Schönheit. Nach einigen Tagen lernt Kafka eine Jüdin aus Polen kennen. Der Dichter und die Hauswirtschafterin mit dem illustren Namen Dora Diamant kommen sich schnell näher. Ersten kurzen Treffen folgen ausgedehnte Spaziergänge am Strand. Bei der Abreise Kafkas ist aus dem unverbindlichen Flirt eine große Verliebtheit geworden, und das Paar schmiedet Pläne für eine gemeinsame Wohnung.

Als sie ihre neue Unterkunft in Steglitz beziehen, sind sie zu Beginn sehr glücklich. Kafka hat endlich wieder einmal eine kreative Phase und schreibt an einem neuen Text. Die Zeitläufte gehen aber auch an ihnen nicht spurlos vorüber: es ist Ende 1923, und die Inflation im Deutschen Reich befindet sich auf dem Höhepunkt. Die finanzielle Lage von Kafka und Dora wird immer ernster. Sie können sich viele notwendige Anschaffungen nicht mehr leisten.

Nach einem Wohnungswechsel verschlechtert sich Kafkas Gesundheit so sehr, dass seine Angehörigen auf einen Krankenhausaufenthalt dringen. Er wird in das Sanatorium Wienerwald in Niederösterreich eingewiesen, wo er bald nur noch mühsam essen und trinken kann. Dora weicht in Kafkas letzten Tagen nicht mehr von seiner Seite. Unmittelbar vor seinem Tod stellt er ihr schließlich einen Heiratsantrag. Am 3. Juni 1924 stirbt der Schriftsteller.

Kumpfmüller hat mit "Die Herrlichkeit des Lebens" zuallererst einen Liebesroman geschrieben. In epischer Länge nähert er sich den Befindlichkeiten seiner Protagonisten, lässt den Leser an den kleinsten Beobachtungen, Gedanken und Handlungen teilhaben. Das kann ermüdend wirken, vor allem im ersten Teil des Romans.
Auch wer sich eine tiefergehende literarische Verarbeitung von Kafkas letzter Liebesbeziehung erwartet hat, könnte enttäuscht werden. Seine Korrespondenz mit befreundeten Autoren und seine schriftstellerische Arbeit werden zwar erwähnt, spielen aber im Kontext der Handlung nur eine Nebenrolle.

Sehr beeindruckt hat mich jedoch die Schilderung des langsamen Sterbens von Franz Kafka. In seiner Beziehung zu Dora Diamant war Kafka vielleicht zum ersten Mal in seinem Leben wirklich glücklich. Es scheint eine grausame Ironie des Schicksals, dass beiden nur ein kurzes gemeinsames Jahr blieb. Umso bitterer ist es für den Leser mitzuerleben, wie machtlos Dora Diamant dem langsamen Dahinsiechen ihres Partners gegenüber steht.

Rezension von Kai Scheuing
aus der Münchner Stadtbibliothek Am Gasteig

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28.04.2016 Sunset Kalifornien
 
Klaus Modick: Sunset
Eichborn Verlag

„Gedenkt unsrer mit Nachsicht“ – dieses Zitat von Bertolt Brecht stellt Klaus Modick seinem neuen Roman als Motto voran.
Das Nachdenken über die Verstorbenen ist es vor allem, worum „Sunset“ kreist. Der Roman spielt 1956, Lion Feuchtwanger lebte zu dieser Zeit immer noch im Exil in Pacific Palisades. In dem kleinen Vorort von Los Angeles hatte sich während des Dritten Reichs eine Anzahl bedeutender deutscher Intellektueller versammelt, darunter Thomas und Heinrich Mann.
Viele waren wieder nach Deutschland zurückgekehrt, nur einige wenige in der fremden Heimat geblieben.
Die Handlung setzt am Morgen eines langen Sommertages ein. Feuchtwanger vollführt sein tägliches Morgenritual, er macht Kniebeugen und andere Gymnastik. Wie er die abnehmende Beweglichkeit seines Körpers spürt, so wird ihm bewusst, dass er auch die meisten seiner Freunde überlebt hat. Bei seinen Gedanken wird er vom Postboten gestört, der ihm ein Telegramm überbringt - Feuchtwanger ist zum Begräbnis von Bertolt Brecht eingeladen, seines, wie er sagt, "vielleicht einzigen Freundes".

Mit Brecht hatte ihn über viele Jahre hinweg eine Art Hassliebe verbunden; sie kannten sich seit knapp vierzig Jahren. Als Entdecker und Förderer des jüngeren Kollegen hatte Feuchtwanger die Karriere Brechts mitverfolgt. Ihre Zusammenarbeit, das gegenseitige Kritisieren und Sich-Beschimpfen hatte auf das Werk beider Autoren äußerst fruchtbar gewirkt.
Ein anderes Thema, das Feuchtwanger im Laufe des Tages immer wieder beschäftigt, ist sein Antrag auf die amerikanische Staatsbürgerschaft. In den Jahren der McCarthy-Ära, also Mitte der 40er bis Mitte der 50er Jahre, wurde Feuchtwangers Freundschaft mit Brecht den Behörden skeptisch beobachtet. Brecht, der schon 1947 vor das "Komitee für unamerikanische Umtriebe" geladen worden war, galt als subversives Element. Da sich Feuchtwanger nie offen von ihm distanzierte, zog sich dessen Antragstellung auf die Staatsbürgerschaft über viele Jahre hin. Er wurde immer wieder vor verschiedene Ausschüsse geladen, musste Rechenschaft ablegen über seine Lebensweise und wurde hingehalten mit der Begründung, man müsse noch weitere Fakten prüfen.
Eng verwoben mit der Handlung des Romans - die im Wesentlichen aus den Rückblenden Feuchtwangers auf sein Leben besteht - sind Einschübe über den Stoff, an dem Feuchtwanger im Jahr 1956 saß. Jefta und seine Tochter handelt von der alttestamentarischen Person des Jiftach. Dieser opfert nach einem Kriegszug aus Treue gegenüber Gott seinen liebsten Besitz - seine Tochter. Feuchtwanger sieht in dem Stoff eine Parallele zu seinem eigenen Schicksal. Feuchtwangers einzige Tochter verstarb im Säuglingsalter. Dieser Vorfall wurde zwischen den Eheleuten nie aufgearbeitet. Das Paar blieb kinderlos.
Die Handlung des Buches spielt an einem einzigen Tag. Feuchtwanger lässt sein Leben Revue passieren; auch der Titel "Sunset" - also Sonnenuntergang - betont den Aspekt des nahenden Endes. Themen wie Alter, Verfall, Abschiednehmen und Tod sind allgegenwärtig. Mir hat an dem Werk besonders die Sprachmelodie gefallen. Melancholisch, aber nie weinerlich resümiert Feuchtwanger und versucht, seine Fehler und Versäumnisse zu akzeptieren. Außerdem ist "Sunset" auch ein Stück über Los Angeles und die Nachkriegsgesellschaft der USA in den 50er Jahren.
Ich kann "Sunset" allen Leserinnen und Leser empfehlen, die sich für Literatur und Literaten im 20. Jahrhundert interessieren.

Rezension von Kai Scheuing
aus der Münchner Stadtbibliothek Am Gasteig

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27.04.2016 Roman aus Indien
 
Shilpi Somaya Gowda: Der goldene Sohn
KiWi Kiepenheuer& Witsch Verlag

Nach dem Welterfolg „Geheime Tochter“ hat die kanadisch-indische Autorin einen neuen Roman vorgelegt, der neugierig macht auf Indiens Gegenwart und Kultur.
Anil, der im Kreis seiner Familie behütet aufwächst, soll als ältester Sohn später die Rolle des Schiedsmanns im Dorf übernehmen. Mit der mutigen und naturliebenden Leena durchstreift er den Dschungel und die umliegenden Felder; beide erleben eine wunderbare Kinder- und Jugendfreundschaft. Doch dann trennen sich die Wege der Heranwachsenden: Anil verlässt sein Dorf, um Medizin zu studieren und später sogar am Parkview Hospital in Houston/Texas eine Facharztausbildung anzutreten. Er genießt die Freiheit, die sich für ihn in seinem gänzlich anderen Leben ergeben, auch wenn die Anfangszeit durchaus von Heimweh durchzogen ist. Leena hingegen erlebt ein traumatisches Schicksal in ihrer auf traditioneller Art arrangierten Ehe. Als sich Anil und seine Freundin aus Kindheitstagen nach Jahren wieder sehen, sind die alten Gefühle und auch mehr sofort präsent. Doch beide haben in ihren jeweiligen Lebenssituationen Entscheidungen getroffen, die Konsequenzen mit sich bringen und somit ein erneutes Zusammensein fraglich machen...

Eingeteilt in vier große Abschnitte wird die lebendig erzählte Geschichte abwechselnd aus Anils und Leenas Perspektive vorangetrieben. Die eingestreuten Fälle, welche Anil als Schiedsmann z.T. sogar aus dem fernen Texas aus klären soll, tragen zudem anschaulich zum Verständnis des Lebens in indischen Dorfgemeinschaften bei. Daneben ist „Der goldene Sohn“ als interessanter Integrationsroman eines Inders in die us-amerikanische Gesellschaft zu lesen, und immer wieder geht es um den Gegensatz von individuellem Glücksstreben und den Werten eines traditionellen Familienlebens in Indien.

Trotz vieler dramatischer Wendungen zeigt sich dieser Indien-Roman kitschfrei. Die Handlung ist glaubwürdig, wenn auch aus westlicher Sicht Leenas Ehe schier unfassbar erscheint. Daneben punktet der Roman mit differenzierten Chrakteren, besonders Anils Mutter überzeugt in ihrer Vielschichtigkeit.

Was die „Washington Post“ für den Debütroman „Geheime Tochter“ schreibt, gilt auch für „Der goldene Sohn“: „Die Autorin beschönigt die Schwierigkeiten des Familienlebens nicht, aber sie zeigt mit großer Herzenswärme, wie Menschen sich durch Liebe verändern und wie sie wachsen können.“

Shilpi Somaya Gowdo ist in Toronto geboren und aufgewachsen. Ihre Eltern stammen aus Mumbai. Heute lebt sie mit ihrer Familie in Kalifornien.

Rezension von Ute Gillessen
aus der Münchner Stadtbibliothek Fürstenried

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26.04.2016 Klassiker deutscher Nachkriegsliteratur
 
Wolfgang Koeppen: Tauben im Gras
Suhrkamp Verlag
Neuauflage, die achtunddreißigste !


Wolfgang Koeppens "Tauben im Gras" ist ein Klassiker der Nachkriegsliteratur. 1951 erstmals erschienen, schildert der Roman einen Tag in München. Das Buch lässt sich vielleicht am besten als eine Stimmungskurve der ersten Nachkriegsjahre im zerbombten Deutschland beschreiben. Die Figuren in seinem Roman erzählen das Leben so, wie es ist - assoziativ, subjektiv, in einem wilden Strudel von Gedanken, Eindrücken und Sinneswahrnehmungen. Dass das Buch auch bei dieser Neuauflage wieder auf der Bestsellerliste landete, ist ein Beleg für die anhaltende Popularität des Romans.

Eine durchgehende Handlung gibt es bei "Tauben im Gras" nicht; mehr als dreißig Personen treten in der Geschichte auf. Da ist beispielsweise Mr. Edwin, ein berühmter Dichter aus den USA. Er hält in München eine Rede, um die Moral der Deutschen zu heben. Für das Münchner Publikum ist die Veranstaltung aber nur ein beliebiger gesellschaftlicher Anlass, was Mr. Edwin sehr enttäuscht. Das deutsche Gegenstück zu ihm ist Philipp. Er ist ebenfalls Schriftsteller und macht zur Zeit eine Schaffenskrise durch. Recht schnell wird aber klar, dass sich die Verbitterung Philipps genauso auf seine Ehe und sein Leben im Allgemeinen bezieht. Sein Selbstwertgefühl ist am Boden, und er findet in nichts einen Sinn mehr. Bezeichnend ist ein innerer Monolog, den er in einem Schreibwarengeschäft führt: "Mir fehlt der Sinn für die Wirklichkeit, ich bin eben kein ernster Mann, der Geschäftsmann hier ist ein ernster Mann, ich kann das, was alle treiben, einfach nicht ernst nehmen... Ich möchte ihnen ins Gesicht lachen, dabei lachen sie mich aus, sie haben recht, ich bin der Reingefallene, unfähig, feige, überflüssig bin ich: ein deutscher Schriftsteller."

Einer der optimistischeren Charaktere, die in "Tauben im Gras" geschildert werden, ist der dunkelhäutige Soldat Washington Price. Er hat ein Verhältnis mit einer Deutschen namens Carla, die ein Kind von ihm erwartet und mit der er eine gemeinsame Zukunft plant. Sein Blick auf das Leben ist hoffnungsvoll; Washington träumt von einer Welt, in der keiner diskriminiert wird und "niemand unerwünscht" ist. Carla, seine Geliebte, erlebt diese Diskriminierung hautnah: Als sie von Washington schwanger wird, wird sie von ihrem sozialen Umfeld geschnitten und ausgegrenzt. Die Schande, Nachwuchs mit einem schwarzen Besatzungssoldaten zu haben, ist zu groß.

All diese Personen und Geschichten sind gespickt mit Verweisen auf das aktuelle Zeitgeschehen; Zeitungsartikel, Radiomeldungen und Werbesprüche schildern kaleidoskopartig die politischen und wirtschaftlichen Themen des jungen Deutschlands.

Mir hat gefallen, dass man dem Autor trotz des eher resignativen Sounds, der das Werk durchzieht, die Sympathie für seine Protagonisten stets anmerkt. Er beschreibt die allzu menschlichen Seiten der Charaktere in einer Weise, dass man sich immer wieder an die eigene Unzulänglichkeit erinnert fühlt. Fragen wie "Hätte ich in so einer Notsituation nicht ähnlich feige gehandelt?" oder "Bin ich oft nicht genauso schnell dabei, einen Menschen für sein angeblich falsches Verhalten abzuurteilen?" schießen einem bei der kritischen Lektüre durch den Kopf.
Der Roman besticht durch seine detailreiche Beschreibung eines zerstörten, Not leidenden Münchens Ende der 40-er-Jahre. Im Chaos der Nachkriegsjahre tritt die innere Zerrissenheit der Menschen hervor, ihr Ringen um Würde und um ein halbwegs glückliches Leben.

Rezension von Kai Scheuing
aus der Münchner Stadtbibliothek Am Gasteig
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25.04.2016 Schauerliteratur
 
Susan Hill: Die Frau in Schwarz
Knaur Verlag

Neulich in der Buchhandlung. Nach einigen anspruchsvollen und teilweise auch langwierigen Büchern wollte ich mal wieder einen spannenden Schmöker verschlingen. Ein richtiger Pageturner sollte es werden. Zwischen zahllosen Stephen King- und Dean Koontz-Wälzern entdeckte ich, ziemlich versteckt, ein schmales Bändchen. Der Titel lautete schlicht "Die Frau in Schwarz". Ich zögerte erst, war aber bald von dem düsteren Cover und dem Klappentext fasziniert. "Ein Klassiker der Schauerliteratur" - das müsste doch was sein!

Susan Hill, die Autorin des Romans, hat bereits mehrere Bücher im Stil der "Gothic fiction", auf Deutsch eben "Schauerliteratur", veröffentlicht. 1983 erschien "Die Frau in Schwarz", der wohl ihr bekanntester Roman wurde. Dieses Jahr kam eine Verfilmung mit Daniel Radcliffe als Hauptdarsteller ins Kino, was dem Buch eine Neuauflage und große mediale Aufmerksamkeit verschaffte.
Die Handlung spielt in England zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Der Londoner Anwalt Arthur Kipps bekommt den Auftrag, sich um den umfangreichen Nachlass der verstorbenen Alice Drablow zu kümmern. Mrs. Drablow lebte bis zu ihrem Tod in einem alten, verlassenen Herrenhaus an der Küste. Deshalb reist Arthur Kipps in das nahe gelegene Dorf Crythin Gifford, um von dort aus alles weitere zu regeln.
Am Tag nach der Ankunft nimmt der Anwalt an der Beerdigung von Mrs. Drablow teil. Gegen Ende der Messe wird er auf eine dürre, ganz in Schwarz gekleidete Frau aufmerksam, die einen sehr kranken Eindruck auf ihn macht. Als er einen anderen Trauergast auf die zerbrechliche Dame anspricht, reagiert dieser mit panischem Entsetzen.
Nach der Trauerfeier macht sich Arthur Kipps auf den Weg zum Haus der Mrs. Drablow, das allgemein unter dem Namen "Eel Marsh House" bekannt ist. Es liegt in den Marschen, einem Gebiet außerhalb des Dorfes selbst, auf einer kleinen Insel. Nur bei Ebbe ist das Haus über einen Damm erreichbar, während es bei Flut von Wasser umgeben und somit vom Rest der Welt abgeschnitten ist. Als Arthur Kipps sich in der Umgebung des Hauses näher umsieht, sieht er wieder die schwarz gekleidete Frau, die in dieses Mal hasserfüllt anstarrt.
Arthur Kipps muss nun die Unterlagen sichten und ordnen, die weit verstreut im düsteren Herrenhaus liegen. Unerklärliche Dinge gehen in den folgenden Tagen vor sich, und immer wieder taucht die geheimnisvolle Frau in Schwarz auf. Bald wird dem jungen Anwalt klar, dass sich hinter der Geschichte des Hauses ein entsetzliches Geheimnis verbirgt...

Dieser Gruselroman ist eine Spukgeschichte der alten Schule. Das verfallene Haus, die einsame Wattlandschaft und die übersinnlichen Phänomene erzeugen beim Leser ein Gruseln, das bei der üblichen Horror- und Mystery-Literatur von heute kaum noch vorkommt. Susan Hill baut den Spannungsbogen langsam auf und verzichtet auf abrupte, anstrengende Szenen- und Perspektivenwechsel. Außerdem mag ich die etwas altmodische Sprache des Buches: sie wirkt viel melodiöser und literarischer als die der Thriller, die aktuell auf den Markt kommen.

Nachdem ich das Buch gelesen hatte, wollte ich mir natürlich auch den bereits erwähnten Film von 2012 anschauen, um zu vergleichen. Danach musste ich feststellen, dass dieses wohl einer der wenigen Fälle ist, wo eine Verfilmung eines Romans besser ist als der Roman selbst. Die Darstellung der feindseligen Dorfbewohner, das tolle Setting mit dem bedrohlichen Herrenhaus im Marschland und der überraschende und schockierende Schluss machen den Film zu einem richtig guten Gruselstreifen, der auch Filmliebhaber anspricht, die etwas härtere Kost mögen.

Rezension von Kai Scheuing
aus der Münchner Stadtbibliothek Am Gasteig



12.04.2016 Thriller
 
Zoran Drvenkar: Still
Heyne Verlag

Sie sind eine verschworene Gemeinschaft, geprägt von einem kollektiven Trauma, das sie seit Generationen verfolgt.
Sie sind Jäger, sie leben und jagen nach einem strengen und unveränderbaren Kodex.
Im Winter, wenn Schnee und Eis alle Spuren verwischen, ist ihre Zeit für die Jagd – es ist die Zeit, zu der jedes Jahr vier wohlbehütete Kinder aus den Kinderzimmern ihrer Elternhäuser spurlos verschwinden …
Aber eines der Kinder kommt zurück – und ein Vater nimmt die Fährte der Jäger auf …

Drvenkar erzählt aus unterschiedlichen Perspektiven – und Schicht für Schicht entwickelt sich ein wahrhaft abgründiger Plot – fast unerträglich spannend und nichts für zarte Gemüter!


Christoph Maria Herbst als Leser des Hörbuchs transportiert Düsternis, Kälte und das Gefühl einer Schlinge, die sich immer weiter zuzieht.

Buchtipp von Stefanie Zech
aus der Stadtbibliothek Laim
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08.04.2016 Isarlauf
 
Bettina Plecher: Isarlauf
Frieda May & Quirin Quast

Rowohlt Verlag rororo

Rechtzeitig zum Start der Laufsaison im Frühjahr ein neuer Krimi von Bettina Plecher:
Ein gut trainierter Läufer bricht am Ende des titelgebenden Isarlaufs zusammen. Jegliche Hilfe kommt zu spät; dafür sind wiederum das medizinische Detektivgespann Frieda May, Assistenzärztin, und Quirin Quast, Toxikologe, auf den Plan gerufen.
Handelt es sich bei dem Toten doch um Kijan, den Bruder einer guten Freundin von Frieda, der als Psychiater mit sehr dubiosen Mitteln insbesondere Frauen behandelte und dabei etliche Fotos von diesen Patientinnen gemacht hat – schlafend, in eher ungewöhnlichen Posen...Hat der angesehene Psychiater verbrecherische Methoden genutzt bei der Behandlung der gut bis sehr gut situierten Frauen? Haben diese sich von dem attraktiven Arzt womöglich mehr versprochen als nur eine ärztliche Konsultation?
Die beiden so herrlich unterschiedlichen jungen Mediziner begeben sich also inkognito auf die Suche nach potentiellen Feinden des renommierten Seelenarztes und entdecken, dass mehrere Kollegen der Eisbachklinik ein größeres Interesse an dessen Ableben gehabt haben könnten. Natürlich, um kein Aufsehen zu erregen, soll der Fall rasch zu den Akten gelegt werden, doch auf „unorthodoxe“ Weise findet Quast im Blut des Toten einen toxischen Medikamentenmix. Und auch die Frauen in Kijans Leben scheinen einiges zu verbergen.

Genau so wünsche ich mir einen perfekten München-Krimi:
Voller Lokalkolorit, samt einem köstlich beschriebenen Ausflug nach Niederbayern zwecks kriminalistischer Ermittlung, einem gelungenen Spannungsaufbau, stetig ansteigend mit glaubhaften Wendungen und Enthüllungen aus dem Klinik-Milieu. Die beiden ärztlichen Ermittler kommen authentisch rüber, wobei Dr. Quirin Quast abermals den Kauz gibt - aber eben nicht übertrieben.
Wie auch schon mit „Giftgrün“ ist Bettina Plecher wiederum ein spannender, gut nachvollziehbarer Krimi gelungen, und es bleibt zu hoffen, dass Frieda und Quirin sich auch weiterhin als Sherlock Holmes und Watson betätigen werden.

Bettina Plecher, 1969 in München geboren, studierte zunächst Philologie und Germanistik, arbeitete später als Lehrerin und Schulbuchautorin. Verheiratet mit einem Klinikarzt (!) lebt sie heute mit ihrer Familie in München.

Rezension von Ute Gillessen
aus der Münchner Stadtbibliothek Fürstenried

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09.03.2016 La Palma - die schöne Insel - Spanien
 
Anna Levin: Das Korallenhaus
blanvalet Verlag

Schon das Buchcover lädt Sie ein, eine Auszeit aus dem Alltag zu nehmen: Herzlich willkommen auf La Palma, nicht umsonst „La isla bonita“ (die schöne Insel) genannt.

Hierhin führt es die Meeresbiologin Nina beruflich. Sie erhält einen Forschungsauftrag und soll in diesem Rahmen Vorkommen und Gefährdung von bedrohten Korallenarten dokumentieren. Dass sie sich kurz zuvor in München von ihrem untreuen Verlobten getrennt hat, erleichtert ihr den Umzug nach Tazacorte ins titelgebende „Korallenhaus“, von dem sie sich magisch angezogen fühlt.

In einer alten Holzhütte auf dem traumhaft oberhalb des Meeres gelegenen Grundstücks findet Nina zufällig ein Tagebuch und taucht immer tiefer ins Leben der Korallentaucherin Serena ein, in deren Liebe zum Meer und zu dem Hirten Mateo – eine Liebesgeschichte aus dem 19. Jahrhundert wird so ganz schnörkellos aber trotzdem berührend aus der Sicht eines einfachen jungen Mädchens mit erzählt, das nur wenig jünger als Nina selbst ist. Diese beginnt im Verlauf der Tagebuchlektüre Parallelen zwischen ihrem eigenen Leben und dem der mutigen und für die damalige Zeit sehr unabhängig lebenden Serena zu ziehen. Kann sich die nüchterne Wissenschaftlerin dem Charme eines der Mitarbeiter ihres Forschungsteams ganz entziehen? Fabio Guantes, Palmero und Apnoetaucher lässt sich von Ninas anfänglicher Zurückhaltung und Sprödigkeit nicht einschüchtern.
Doch auch diesen für die Wissenschaftlerin insgeheim faszinierenden Mann umgibt ein Geheimnis...

Dann wird die Arbeit des Forscherteams massiv behindert; es kommt sogar dazu, dass Ninas Autoreifen zerstochen und das Stromkabel zu ihrem Haus zerstört wird. Wer könnte ein Interesse am Abbruch der Arbeit in den Korallengärten rund um La Palma haben? Und gibt es gar einen „Maulwurf“ innerhalb des Teams?

Eine leichte Liebesgeschichte, die ein interessantes Thema, die Ausbeutung der Meere, mit behandelt und zugleich viel Lokalkolorit bietet, erwartet Sie. Die Bezeichnung der handelnden Personen nach deren Herkunft ist allerdings gewöhnungsbedürftig; „der Palmero“ bzw. „der Isländer“ wirkt etwas antiquiert. Doch welcher Roman ist schon ohne Fehl und Tadel?

Anna Levin arbeitete zunächst im medizinischen Bereich, bevor sie hauptsächlich als Autorin erfolgreich auftrat. Die Recherche für diesen Roman führte sie nach La Palma und dort u.a. in eine Tauchbasis in der Nähe von Los Cancajos.


Rezension von Ute Gillessen
aus der Münchner Stadtbibliothek Fürstenried


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22.02.2016 Fantasy mit Kriegern, Königen, Intrigen u.v.m.
 
Anthony Ryan
Das Lied des Blutes

Hobbit-Presse
Klett-Cotta Verlag


Vaelin Al Sorna ist der berühmteste Gefangene des Reiches und soll nun während eines Duells sterben. Auf dem Weg dorthin begleitet ihn der Geschichtsschreiber Lord Vernies.
Während der Reise erzählt Vaelin Al Sorna von seinem Leben. Er wurde von seinem Vater mit zehn Jahren zum sechsten Orden gebracht und dort zum Kämpfer und Hüter des Glaubens ausgebildet. Zusammen mit zehn anderen Jungen teilt sich Vaelin ein Zimmer. Die Ausbildung schweißt die Brüder des Ordens zusammen, und Vaelin wird ihr Anführer...

Ein gelungener erster Band der Fantasy-Trilogie Rabenschatten!

Buchtipp aus dem Team der
Stadtbibliothek Laim


15.02.2016 Italien - Mailand
Wirtschafts- und Psychothriller
 
Andrea Camilleri: Aussetzer
Kindler Verlag

Mit „Aussetzer“ verlässt der Altmeister des italienischen Kriminalromans seine Heimat Sizilien und Commissario Montalbano; stattdessen nimmt er seine Leser mit ins wahrhaft undurchsichtige Milieu Mailänder Topmanager. Das ergibt einen in furiosem Tempo geschriebenen Wirtschafts- und Psychothriller mit höchst interessanten Handlungssträngen. Firmenbosse, die ihrer eigenen Gier nach Macht erliegen, korrupte Politiker, Frauen, die mit bewusst eingesetzter Erotik genau diese Männer becircen aber auch von diesen gebraucht bzw. missbraucht werden – ein Reigen aus Intrigen, Leidenschaft und abgrundtiefen Hass tut sich hier auf.
Und mitten drin: Mauro De Blasi, CEO der Firma Manuelli, auf dem Zenit seiner Karriere. Bedauerlicherweise wird er infolge der Wirtschaftskrise Firmenstandorte schließen müssen, doch korrupte Journalisten und Politiker helfen mit, damit alles glatt über die Bühne gehen sollte...
Dabei arbeitet De Blasi bereits an einem weiteren Coup: die Übernahme der schwächelnden Firma Artenia steht bevor. Wären da nur nicht diese titelgebenden „Aussetzer“ - De Blasi hört und sieht dann Dinge, die geradezu irreal erscheinen und hat sich selbst nicht mehr unter Kontrolle. Handelt es sich bei diesen Blackouts um eine bedrohliche Krankheit? Oder lauern in diesem Haifischbecken italienischer Tycoons noch ganz andere Bedrohungen?

Wer einen aufschlussreichen Wirtschaftskrimi sucht, geschrieben mit analytischer Schärfe und folgerichtig stilistisch kühl-zurückhaltend, wird diesen für uns neuen aber wie immer spannenden „Camilleri“ lieben.
„Aussetzer“ erschien in Italien bereits 2010, wurde aber erst 2015 ins Deutsche übersetzt.

Andrea Camilleri wurde am 06.09.1925 in Porto Empedocle auf Sizilien geboren. Seine Karriere begann er als Drehbuchautor und Regisseur. Bevor er mit seinen Krimis um den Commissario Salvo Montalbano weltberühmt wurde, schrieb Camilleri historische Romane über seine Heimat Sizilien.

Rezension von Ute Gillessen
aus der Münchner Stadtbibliothek Fürstenried
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11.01.2016 Eine deutsche und spanische Geschichte
über drei Generationen
 
Verena Boos: Blutorangen
Aufbau Verlag

Geschickt versteht es Verena Boos über drei Generationen und Zeitebenen (1939,1990,2004) hinweg, Alltagsgeschichte und geschichtliche Ereignisse miteinander zu verknüpfen. Wie hingen die Franco-Diktatur, insbesondere ihr Sieg über die republikanischen Kräfte, und der deutsche Nationalsozialismus zusammen? Warum wurde die Verstrickung in Schuld und das Schweigen darüber in beiden Ländern erst so spät aufgearbeitet?

Am Beispiel einer Familie, die Opfer der brutalen Franco-Herrschaft wurde sowie einer Täter-bzw. Mitläuferfamilie werden die politischen Verflechtungen aufgezeigt: Am Anfang und am Ende des Romans steht ein Massengrab mit sieben von der Guardia Civil erschossenen Republikanern als Klammer – aber auch die titelgebenden „Blutorangen“ stellen ein verbindendes Glied zwischen den verschiedenen Orten, Zeiten und Personen dar. Am Schluss, in der Gegenwart angekommen, finden sich drei Generationen ein, die versuchen, das Unbegreifliche zu verstehen und einander Halt zu geben. Maite, die junge Spanierin aus erzkonservativer Familie, die vor den engen familiären Grenzen zum Studienaufenthalt nach München floh, Carlos, ihr späterer Mann, der aus einer deutsch-spanischen Familie stammt, sein Vater Paul und vor allem Antonio, Carlos' Großvater, der auf abenteuerlichen Wegen auf der Flucht vor Francos Schergen ebenfalls nach München gelangte.

In diesem Reigen kommen die Geheimnisse und Verflechtungen beider Familien zusammen, und die Lektüre bleibt tatsächlich bis zur letzten Seite voller Überraschungen und fesselnd.
Dies gelingt, obwohl die verschiedenen Erzählstränge keiner Chronologie folgen; mal begleitet der Leser Maite auf eine Bergtour, wo sie als junge Studentin Carlos kennenlernt, dann erlebt man Maites Vater in einer deutschen Uniform freiwillig an der Ostfront kämpfend und nicht zuletzt immer wieder Antonios Flucht über Frankreich, seine erste Ehe, und wie er sich in München schließlich etablieren konnte.

Dieser zeitgeschichtliche Roman, dem es durchaus nicht an Gefühl und Liebesgeschichten mangelt (z.B. die von Maite und Carlos, aber auch Antonio bleibt von amourösen Schlägen nicht unberührt) besticht durch atmosphärische Dichte und genaue historische Recherche. Selten ist die Frage nach Schuld und persönlicher Verstrickung in so eingängiger Weise literarisch behandelt worden. „Blutorangen“ ist ein sehr lesenswerter Roman für alle, die an Spanien mehr interessiert als nur Sonne, Strand und Sangria.

Verena Boos, 1977 geboren, hat neben ihrem Anglistik- und Soziologiestudium in Zeitgeschichte promoviert. Ihre Tätigkeit als Journalistin und Referentin führte sie für mehrere Jahre u.a. nach Italien und Spanien. Für „Blutorangen“ erhielt sie den Mara-Cassens-Preis des Hamburger Literaturhauses.

Rezension von Ute Gillessen
aus der Münchner Stadtbibliothek Fürstenried


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06.01.2016 Lebensgeschichte
 
Kjersti A. Skomsvold: Je schneller ich gehe,
desto kleiner bin ich

Hoffmann und Campe Verlag 2011

Erzählt wird die Geschichte von Mathea, einer alten Frau, deren Mann Epsilon gestorben ist. Sie sagt von sich selbst „ich bin so weit außerhalb des Ganzen wie man nur sein kann. Aber vielleicht ist es noch nicht zu spät. Vielleicht bemerkt mich jemand, wenn ich zum Laden gehe.
Aber was soll ich tun, wenn der Fall eintritt?“ Diese Frage verdeutlicht Matheas Unvermögen anderen Menschen gegenüber zu treten, während sie gleichzeitig mit ihrer Einsamkeit kämpft. Nach und nach erschließt sich aus kurzen Andeutungen und einzelnen Szenen die Lebensgeschichte Matheas und auch die Geschichte der Ehe von Mathea und Epsilon.

Epsilon ist das bestimmende Element in Matheas Leben, ihre Gedanken kreisen um ihn, sie strickt nach wie vor Ohrenwärmer für ihn und erzählt abwechselnd in Gegenwarts- und Vergangenheitsform von ihm. Erst allmählich begreift der Leser, dass sie verwitwet ist und nach und nach treten die Umstände seines Todes zu Tage. Während Mathea einerseits um Epsilon trauert, fühlt sie sich andererseits verpflichtet, das Beste aus dem ihr noch verbleibenden Rest ihres Lebens zu machen. Ihrer Angst vor dem Tod versucht sie mit einer ganz eigenen Konfrontationstherapie zu begegnen. „Am Ende möchte ich damit leben können, sterben zu müssen“.
Trotz dieser sehr ernsten Elemente ist es kein trauriger Roman. Das liegt auch an der Persönlichkeit Matheas. Sie ist keine einfache Figur, sie ist schwermütig, stur und einsam und gleichzeitig schafft es Kjersti Skomsvold sie anrührend und sympathisch darzustellen. Hinzu kommen unzählige Situationen, die umwerfend komisch sind. Zu diesen wunderbaren Szenen gehören ein Wettlauf mit „Rollator-Rolf“ und Matheas Teilnahme am gemütlichen Beisammensein im Seniorenzentrum.

„Je schneller ich gehe, desto kleiner bin ich“ ist der Debütroman der norwegischen Autorin Kjersti Skomsvold. Sie ist 1979 in Oslo geboren, wo sie auch lebt. Der Roman bekam hervorragende Rezensionen und wurde in Norwegen mit dem Tarjei-Vesaas-Debütpreis ausgezeichnet.


Rezension von Anke Wagner
Münchner Stadtbibliothek – Zentrale Dienste
Belletristik u. Literaturwissenschaften
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05.01.2016 Chinesische Gesellschaft
 
Mo Yan: Frösche
Hanser Verlag 2013

Über Mo Yan wurde viel geschrieben, vor allem seit er 2012 den Literaturnobelpreis bekam.
Zunächst hat mich keines seiner Bücher besonders angesprochen.
Als ich aber vom zuletzt veröffentlichten Roman „Frösche“ las, war dann doch meine Neugier geweckt.
Mo Yan setzt sich hier mit der Lebensgeschichte seiner Tante und der chinesischen Ein-Kind-Politik auseinander. Erzählt wird die Geschichte von Gugu und Renner. Diese erstreckt sich über 50 Jahre bis in die Gegenwart nach der Jahrtausendwende.
Gugu ist eine der ersten modernen Geburtshelferinnen in China und zunächst ein wahrer Segen für die schwangeren Frauen. Durch ihre Biografie wandelt sich dies jedoch und sie wird absolut parteitreu. Die Frau von Gugus Neffen sagt an einer Stelle: „ Meine Tante ist für die kommunistische Partei wie ihr abgerichteter, treuer Hund, der sofort in die Richtung beißt, in die sein Herr schwenkt.“ Gugus Neffe (Renner genannt) macht Karriere beim Staat. Insofern verbietet sich absolut, der Ein-Kind-Politik zuwiderzuhandeln.
Als seine Frau ein zweites Mal schwanger wird, zwingt er sie zu einer Abtreibung. Seine Tante Gugu führt diese durch, die Frau stirbt dabei. Der Abschied des Ehepaares vor der Operation gehört für mich zu den beeindruckendsten Szenen dieses Buches. Hier wird mit wenig Worten ein Ausgeliefertsein deutlich, das mir Gänsehaut verursacht hat. In Szenen wie dieser zeigt Mo Yan wie zerstörend der Eingriff des Staates in das persönliche Leben ist. Mo Yan spannt den Bogen von den Anfängen und Gründen für die Ein-Kind-Politik bis in die Gegenwart. Besonders interessant fand ich, dass der Roman autobiografische Züge hat. Vorbild für die Figur Gugus war die Tante Mo Yans.

Alles in allem ein facettenreicher, gut zu lesender Roman, der viel über chinesische Geschichte und die chinesische Gesellschaft vermittelt.


Rezension von Anke Wagner
Münchner Stadtbibliothek – Zentrale Dienste
Belletristik u. Literaturwissenschaften
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04.01.2016 Kriminalroman Irland
 
Tana French: Schattenstill
Scherz Verlag 2012

Irland in der Rezession. Ort des Geschehens ist Broken Harbour, die Siedlung Ocean View, an der die Bauarbeiten eingestellt wurden. Inmitten der Bauruine leben vereinzelt Familien, Teenager feiern Partys in leeren, halb fertigen Häusern.
Die Atmosphäre ist gespenstisch und trist. Eindrücklich beschreibt Tana French die Szenerie „Je tiefer wir in die Siedlung kamen, desto unvollständiger wurden die Häuser, als würden wir einen Film rückwärts sehen. Schon bald bestanden sie nur noch aus wahllosen Ansammlungen von Mauern und Gerüsten, mit dem einen oder anderen klaffenden Fensterloch“. In dieser Siedlung wird eine Familie ermordet – die Eltern erstochen, die beiden Kinder erstickt. Der Fall wird Detective Mike Kennedy übertragen, der sich als Partner den Neuling Richie Curran wählt.

Minutiös schildert Tana French nun die Ermittlung in der beklemmenden Atmosphäre dieser halb fertigen Siedlung weit außerhalb von Dublin. Stück für Stück erfährt man mehr über die Opfer, augenscheinlich eine Bilderbuchfamilie. Immer wieder nimmt die Geschichte eine unerwartete Wendung. Behutsam wird nebenbei die persönliche Verbindung des Detective Kennedy zum Ort Broken Harbour Schicht für Schicht freigelegt. Diese Verbindung wirkt sich auch auf die Arbeit des Detectives aus. Er sagt über den Fall „Jeder Schritt spülte uns tiefer in finsteres Chaos, führte uns noch unentwirrbarer in ein Rankwerk aus Wahnsinn und zog uns nach unten.“

In diesem Roman verknüpft Tana French einen spannenden Kriminalfall mit fesselnden Psychogrammen des Detective, der Opfer und der möglichen Täter. Es gelingt ihr auf diese Weise die Spannung tatsächlich über die gesamten 730 Seiten zu halten.

Tana French ist eine irische Krimi-Autorin, die mehrfach mit Preisen ausgezeichnet wurde, u.a. 2008 mit dem renommierten Edgar-Allan-Poe-Award für ihren Debüt-Roman „Grabesgrün“. Sie lebt mit ihrer Familie in Dublin und ist für Film, Theater und Fernsehen tätig. „Schattenstill“ ist ihr vierter Kriminalroman.


Rezension von Anke Wagner
Münchner Stadtbibliothek – Zentrale Dienste
Belletristik u. Literaturwissenschaften
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04.01.2016 Mr. Chartwell spricht
 
Rebecca Hunt: Mr. Chartwell
Luchterhand Verlag 2012

Kann ein Roman über Depressionen humorvoll und vergnüglich sein? Ja, er kann! Rebecca Hunts Roman
„Mr. Chartwell“ ist beides ohne platt zu sein.


Die Bibliothekarin Esther hat sich durchgerungen, das ehemalige Arbeitszimmer ihres Mannes zu vermieten. Als Untermieter stellt sich Mr. Chartwell vor. „Das Erste, was ihr ins Auge fiel, war, dass Mr. Chartwell ein Koloss sein musste.“
Es stellt sich heraus, dass Mr. Chartwell ein großer schwarzer Hund ist, ein unangenehmer Geruch geht von ihm aus -
„Er roch wie etwas Uraltes, das immer feucht gehalten wurde.“ Außerdem kann er sprechen und ergreift trotz Esthers zaghaftem Widerstand Besitz von dem zu vermietenden Zimmer und mehr und mehr von ihrem Haus.
Esthers Leben verändert sich dadurch gravierend. Sie zieht sich zurück, wirkt abwesend und ungepflegt. All diese Anzeichen werden mit Depressionen verbunden. Auslöser ist der zweite Todestag ihres Mannes, der Selbstmord beging. Mr. Chartwell plagt aber nicht nur Esther, sonder er „arbeitet“ auch für Winston Churchill. Dieser steht kurz vor dem Ende seiner politischen Laufbahn, wir schreiben das Jahr 1964, und prägte tastsächlich den Begriff „Black dog“. Damit bezeichnete er die Depressionen, die ihn zeitlebens begleiteten. Im letzten Drittel des Romans werden die beiden Erzählstränge um Churchill und Esther kurz zusammen geführt. Danach werden beide Geschichten jede für sich zu Ende erzählt.

Rebecca Hunt lässt diesen schwarzen Hund, der sich im Buch gerne „Black Pat“ nennt, vor unseren Augen lebendig werden. Schrecklich aufdringlich, bedrohlich und dennoch haben manche der geschilderten Situationen einen leisen Witz. Das Ende des Buches ist sehr versöhnlich, sowohl Esther als auch Churchill haben ihre eigene Art mit Black Pat umzugehen gefunden.

Dies ist keine problemorientierte Auseinandersetzung mit der Krankheit Depression. Es ist eine gut erzählte Geschichte von Verlust und vom Leben mit der Depression, aber alles mit einem eher hoffnungsvollen Unterton.

Rezension von Anke Wagner
Münchner Stadtbibliothek – Zentrale Dienste
Belletristik u. Literaturwissenschaften
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04.01.2016 Zahltag - Griechenland
 
Petros Markaris: Zahltag
Diogenes Verlag 2012

„Die Merkel hat also der griechischen Regierung empfohlen, die eigenen Bürger umzubringen, damit sie brav ihre Steuern zahlen?“ Mit dieser Theorie wird Kommissar Charitos in Petros Markaris neuem Krimi „Zahltag“ konfrontiert.
Der selbsternannte nationale Steuereintreiber geht um in Athen.
Wenn nach einer von ihm verschickten Zahlungsaufforderung keine Steuernachzahlung erfolgt, wird der säumige Steuerschuldner mit Schierling vergiftet.
Eine recht antike Hinrichtungsmethode, die dem Kommissar einiges Kopfzerbrechen bereitet. Zudem muss er ungewohnt rücksichtsvoll ermitteln – aus früheren Romanen weiß man, dass das nicht seine Stärke ist. Aber es winkt die Beförderung und aus verschiedenen Gründen möchte er diese nicht gefährden. Außerdem herrscht in der Bevölkerung große Sympathie für den nationalen Steuereintreiber.
Doch nicht genug mit den Hinrichtungen, plötzlich verlangt der Steuereintreiber auch noch Provision. Als er die nicht bekommt, wird es unangenehm für einige Profiteure, die sich an Fördergeldern bereichert haben oder auf unsauberem Weg an Bankkredite kamen.

Petros Markaris große Stärke ist es, den Athener Alltag zwischen Protesten, Existenzängsten und Filz zu schildern. Sein Kommissar Kostas Charitos wirkt ein bisschen aus der Zeit gefallen, seine liebste Freizeitbeschäftigung ist das Studieren eines Wörterbuchs. Die dort gefundenen Definitionen geben ihm ganz altmodisch Denkanstöße für seinen gerade aktuellen Fall. Markaris Romane sind auch immer Gesellschaftsromane, die das Griechenland der Gegenwart widerspiegeln. Diesem Roman wurde laut Frankfurter Allgemeiner Zeitung in Griechenland eine derartige Sprengkraft unterstellt, dass der Verlag den Hinweis auf den Buchrücken drucken lassen musste: „Nicht zur Nachahmung empfohlen“.

Rezension von Anke Wagner
Münchner Stadtbibliothek – Zentrale Dienste
Belletristik u. Literaturwissenschaften
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14.12.2015 Leutnant Gustl - Moral und Offiziersehre
 
Arthur Schnitzler: Leutnant Gustl
in: Arthur Schnitzler: Die großen Erzählungen, dtv 2012

2012 hatte Arthur Schnitzler seinen 150ten Geburtstag – aber anders als einige andere moderne Klassiker, die in den letzten Jahren von einem breiten Lesepublikum wieder entdeckt wurden, erlebte er keine wirkliche Renaissance. Schnitzler war der große Chronist der k und k-Gesellschaft und insbesondere des Offiziersstandes mit seinen verkrusteten und oberflächlichen Vorstellungen von Moral und Offiziersehre. Sein Freund Hugo von Hofmannsthal meinte einmal, man könne die Wiener Gesellschaft zwischen 1890 und 1914 kurzweg die „Schnitzlersche Welt“ nennen. Wie unbequem Schnitzler dabei war und wie sehr er gerade mit seinen frühen Erzählungen den Nerv seiner Zeitgenossen traf, wird an einem Ehrgerichtsverfahren der Armee deutlich. Ihm wird sein Rang als Offizier der Reserve aberkannt, weil er mit seiner Novelle „Der Leutnant Gustl“ die Standesehre verletzt und das Ansehen der österreichischen Armee herabgesetzt habe.

Die Novelle ist das Porträt eines jungen Mannes Mitte 20, Leutnant bei der k und k Infanterie. Sein Leben ist geprägt von der Langeweile und Sinnlosigkeit des Kasernenalltags, von oberflächlichen Frauengeschichten und von permanenten Geldnöten, da der kärgliche Offizierssold ohne den Rückhalt einer wohlhabenden Familie kaum für das Nötigste reicht. Wo jede echte Sinnhaftigkeit fehlt, beherrscht ein strenger, mit annähernd religiösem Eifer befolgter Ehrenkodex das Offiziersleben.
Die Ehre ist das höchste und zugleich ein stets gefährdetes Gut, schon ein falsches Wort, ein scheler Blick kann Satisfaktion – ein Duell also – erfordern. Ist die Ehre verloren, bleibt dem Ehrenmann nur der fast schon rituelle Selbstmord durch Erschießen. In genau dieser Situation befindet sich unser junger Leutnant: An der Theatergarderobe wurde er von einem Bäckermeister beleidigt. Gustl hat nicht schnell genug reagiert, sich nicht sofort gegen diese Beleidigung zur Wehr gesetzt – und da der Bäckermeister nicht von Stand und damit nicht satisfaktionsfähig ist, hat der junge Mann seine Ehre verspielt. In der Gewissheit, sich am nächsten Morgen erschießen zu müssen und trotzdem völlig unfähig, diesen wahnwitzigen Ehrenkodex zu hinterfragen, irrt er, den Kopf voller Gedanken, durch das nächtliche Wien.

Was die Novelle zu einer fesselnden Lektüre und auch literarisch heute noch spannend macht, ist ein Novum in der deutschen Literatur ihrer Entstehungszeit: Sie ist vollständig im so genannten stream of consciousness verfasst; das heißt: wir erleben die Gedanken und Gefühle, Überlegungen und Ängste des jungen Leutnants vollständig aus der Innenperspektive, wir hören ihm quasi beim Denken zu – und aus einer scheinbar chaotischen Mischung aus unmittelbaren Wahrnehmungen, Assoziationen, Bewusstseinssplittern und Erinnerungen entsteht Stück für Stück und psychologisch unglaublich stimmig das Bild eines oberflächlichen, in den Konventionen seiner Gesellschaft gefangenen und letztlich ungeheuer einsamen jungen Mannes.

Wie Gustls längste Nacht endet? Nun ... überraschend, würde ich sagen!

Rezension von Stefanie Zech
aus dem Team der Münchner Stadtbibliothek Laim
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14.12.2015 Frankenstein
 
Mary Wollstonecraft Shelley: Frankenstein oder der neue Prometheus
Aufbau-Taschenbuch-Verl., 2010; 251 S.

Schon seit der Stummfilmzeit ist Frankenstein ein Mythos: Jeder kennt Boris Karloff, den Mann mit den Schrauben im Hals, und seine schaurig schöne Braut , jede Filmgeneration erfindet die Figur neu. Fast vergessen dagegen ist die Schriftstellerin Mary Wollstonecraft Shelley (ein herrlicher Name, oder?) , die mit ihrem 1818 erschienen Roman Frankenstein oder der moderne Prometheus den Mythos schuf.

Im Zentrum der Erzählung steht der junge Victor Frankenstein - Frankenstein ist hier also nicht das Monster, sondern sein Schöpfer, wie sich im weiteren Verlauf der Geschichte herausstellen wird. Er repräsentiert den Typus des ehrgeizigen Wissenschaftlers, der in seinem fanatischen Forschungsdrang jedes Maß verliert und sich über alle ethischen Bedenken hinwegsetzt
.
In grausigen Versuchen an Leichen findet er heraus, wie Materie sich wiederbeleben lässt; danach verlässt er sein Labor kaum noch und erschafft in fieberhafter Arbeit eine lebende Kreatur. Doch als er diesem Scheusal, wie er es im selben Moment nennt, gegenübersteht, packen ihn Grauen und Reue. Von Entsetzen geschüttelt flieht er und überlässt seine Schöpfung ihrem Schicksal.

Und damit nimmt das tragische Verhängnis seinen Lauf. Frankenstein hat ein Monster von ungeheurer Körperkraft geschaffen; hinter einem Angst und Abscheu erregenden Äußeren aber verbirgt sich ein hoch intelligentes und empfindsames Wesen. Von seinem Schöpfer verlassen, versucht es immer verzweifelter, seiner Einsamkeit zu entkommen und einen Platz in der Welt zu finden. Aber jeder Versuch, sich Menschen anzunähern, endet in einer Katastrophe - und allmählich wird aus Hoffnung Resignation und schließlich ein abgrundtiefer Hass auf die Menschheit und insbesondere auf Frankenstein, der die immer noch namenlose Kreatur zu ihrem unerträglichen Schicksal verdammt hat. Wütend und mordend zieht das Monster nun durch die Lande, verfolgt von seinem unseligen Schöpfer, der erst Ruhe finden wird, wenn er die Welt von diesem Fluch befreit hat …

Mary Shelleys mit geradezu überbordender Fabulierfreude geschriebene Schauergeschichte steht unverkennbar im Geist der Romantik mit ihrer Liebe zu Dramatik und großen Gefühlen: Die Schauplätze sind düster, Liebe und Freundschaften tief und innig, Verzweiflung bodenlos.
Viel differenzierter als im heutigen Horror-Genre üblich, stellt sie die künstlich geschaffene Kreatur nicht als bloßes Monster dar, sondern als fühlendes und leidendes Wesen, das erst durch seine Ausgeschlossenheit von jeglicher Gesellschaft böse wird. Faszinierend fand ich auch Shelleys zeitlos-aktuelle Warnung vor wissenschaftlicher Hybris, die sie an mehreren Stellen des Romans ganz explizit äußerst beziehungsweise ihren Figuren in den Mund legt.

Das alles macht zusammen mit einer einfach schönen Sprache – Romantik eben – Mary Wollstonecraft Shelleys Frankenstein zu einer wirklich lohnenden literarischen Entdeckung und einem echten Lesevergnügen!

Zuletzt noch ein Filmtipp: Mary Shelleys Frankenstein von 1998 mit Kenneth Branagh als eitel-getriebenem Wissenschaftler, Robert de Niro als gequälter Kreatur und der wunderschönen Helena Bonham Carter als Frankensteins geliebter Ziehschwester. Der Film bleibt recht nah an Shelleys literarischer Vorlage, fängt die düster-melodramatische Atmosphäre der Erzählung
überzeugend ein und besticht durch die großartigen schauspielerischen Leistungen der Hauptdarststeller.

Rezension von Stefanie Zech
aus dem Team der Münchner Stadtbibliothek Laim
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13.12.2015 Existentes Liebesleben
 
Jennifer Egan: Der größere Teil der Welt
Schöffling 2012, 386 S.

Irgendwann im letzten Jahrzehnt: Musikproduzent Benny müsste sich eigentlich eingestehen, dass er beruflich und privat auf auf dem absteigenden Ast ist: Er hasst und verachtet die Branche, in der er arbeitet, sein eigener Musikgeschmack ist irgendwann vor zehn Jahren stehengeblieben, er hat eine geschiedene Frau, einen Sohn, den er nicht versteht und ein nicht existentes Liebesleben.

1979: Rhea erzählt von ihrer Highschool-Punk-Clique: die Jungs spielen in wechselnden Bands, Rheas Freundin Jocelyn hat ein Verhältnis mit einem verheirateten alten Sack und alle warten darauf, dass das wirkliche, echte Leben endlich anfängt.

Die Welt in etwa 20 Jahren: Ein Ort, an dem Sie nicht wirklich leben möchten, geprägt von Smartpads schon für Kleinkinder, der unbeschränkten Macht multinationaler Konzerne und ihrer Datenbanken und einem reichlich schrägen Verständnis von politicas correctness. Im Zentrum dieser Welt, im New Yorker Central Park , feiert ein alternder Rockstar den Triumph seines Lebens.

Das sind nur 3 von 13 kurzen Geschichten,
die schlaglichtartig Stationen im Leben der wechselnden Protagonisten beleuchten. Sie spielen an unterschiedlichen Schauplätzen, umspannen einen Zeitraum von mehr als 50 Jahren und sind - jede für sich – exakt beobachtete Zeit- und Psychostudien
.
Aber Egan kann noch mehr: Schon bald stellt man nämlich fest, dass einem bereits bekannte Personen in wechselnden Konstellationen und unterschiedlichen Lebenssituationen immer wieder begegnen. Und da die Szenen nicht in einer zeitlich linearen Abfolge erzählt werden, ist es ein Teil des Lesevergnügens, immer wieder herauszufinden, zu welcher Zeit und in welcher Phase ihres Lebens uns eine Figur gerade begegnet. Nach und nach fügen diese einzelnen Puzzleteile sich zusammen zu komplexen Lebensgeschichten vor dem Hintergrund eines halben Jahrhunderts.

Die Autorin selbst hat den Roman mit einem Konzeptalbum verglichen, wie sie in der Rockmusik der 70er-Jahre sehr beliebt waren – dass ihr Konzept aufging, zeigt der Pulizer-Preis, den sie für das Buch bekommen hat.

Rezension von Stefanie Zech
aus dem Team der Münchner Stadtbibliothek Laim
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13.12.2015 Wachstumschmerz
 
Sarah Kuttner: Wachstumsschmerz
S. Fischer 2011, 280 S.

Vorab ein Geständnis: Ich lese manchmal recht gern Bücher von der Art, für die die Literaturkritik schon mal den nicht sehr schmeichelhaften Ausdruck „Befindlichkeitsliteratur“ gebraucht. Sarah Kuttners zweiter Roman „Wachstumsschmerz“ passt wohl ein bisschen in diese Schublade. Und natürlich steht Kuttner als ehemalige Viva- und MTV-Moderatorin ohnehin unter dem Generalverdacht einer oberflächlichen Zeitgeist-Schreibe. Da ist es schon fast ein Kompliment, dass ihre Geschichte der Berliner Thirty-Somethings Luise und Flo von der Kritik mit einer gewissen wohlwollenden Herablassung behandelt wurde.

Luise und Flo, Großstädter um die Dreißig, wie gesagt, haben sich in einem rundum vorläufigen Leben eingerichtet – beruhigend vorläufig, wie sie beide finden. Obwohl sie seit über drei Jahren ein Paar sind, leben sie in verschiedenen WGs, und sie weichen der Frage aus, ob ihre im übrigen gar nicht so schlechten Jobs denn nun das sind, womit sie sich auf Dauer ihren Lebensunterhalt verdienen wollen. Überhaupt haben die zwei die für ihre Generation so typische Angst sich festzulegen, in einem Leben zu landen, das falsch ist oder sich zumindest falsch anfühlt. Als sie sich schließlich doch entschließen zusammenzuziehen, lädt Luise jede Kleinigkeit des täglichen Zusammenlebens mit so viel Bedeutung auf, dass das Ganze eigentlich nur noch schief gehen kann.
Sie hinterfragt sich, Flo und die Beziehung, steht immer mehr neben sich. Luise ist nicht blöd: sie guckt sich selber dabei zu, wie sie in immer ungutere Verhaltensmuster verfällt und ist doch unfähig, einen Schritt von sich weg zu machen. Als sie endlich spüren kann, was sie eigentlich will, ist es vielleicht schon zu spät.

Sarah Kuttner hat keinen locker-flockigen pseudowitzigen Zeitgeistroman geschrieben. Luise und Flo sind keine Schablonen, sondern Menschen mit ihren Sorgen, Ängsten und Verdrehtheiten, Menschen, mit denen man fühlen, über die man sich gelegentlich wundern und auch mal ärgern kann. Dabei trifft Kuttners Schreibe den Ton ihres Personals, dem sie die Geschichte auch quasi in den Mund legt: locker, mit Witz und Selbstironie und einem klaren Blick für Menschen, Situationen und Gefühle.

Besonders nahe gegangen sind mir die Passagen, in denen sie Luises Liebeskummer schildert - kein großes heroisches Leiden, sondern das ganz klägliche Elend, das einen umtreibt und jedesmal mit Macht überfällt, wenn (einen) irgendwelcher Alltagskram an den anderen erinnert.

Ich weiß natürlich nicht, wie Sie, die LeserInnen dieser Plattform, Liebeskummer erleben und erleiden … Ich hatte in diesen Passagen – und nicht nur da - das Gefühl, sie spricht von mir. Und so was liest man ja mal ganz gerne!

Rezension von Stefanie Zech
aus dem Team der Münchner Stadtbibliothek Laim
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13.12.2015 Eine zusammengemischte Reisegesellschaft
 
Katherine Anne Porter: Das Narrenschiff
Manesse-Vlg, 2010

In den Dreißigerjahren des letzten Jahrhunderts gibt es sie noch: die gewaltigen Ozeanriesen, die ihre Passagiere in nicht weniger als drei bis vier Wochen quer über den Atlantik bringen – luxuriös im Oberdeck, oder im Zwischendeck, zusammengepfercht wie Vieh, hungrig und dreckig.
Im August 1931 sticht die „Vera“ von Mexiko aus in See – Zielort Bremerhaven, an Bord eine bunt zusammengemischte Reisegesellschaft, die sich im Lauf der nächsten Wochen das Leben gegenseitig mehr und mehr zur Hölle machen wird.

Ein betont unkonventionelles amerikanisches Pärchen arbeitet sich an seinen Neurosen und völlig widersprüchlichen Bedürfnissen ab; ein junges Mädchen, dicklich und reizlos, ergibt sich resigniert in ihr Schicksal der Unsichtbarkeit - umso sichtbarer sind die Mädchen einer spanischen Tanztruppe, die sich ihr Geld immer offensichtlicher nicht nur mit Tanzen verdienen; ein deutscher Professor schwingt aufgeblasene p Reden, ein anderer Deutscher wird von seinen Landsleuten geschnitten, als das Gerücht aufkommt, er sei Jude. Überhaupt ist die Konversation, das Klima an Bord geprägt von Nationalismus, Antisemitismus und einer mehr oder weniger unterschwelligen Aggression, die sich am Ende der Reise in einer Katastrophe entladen wird.

Vielleicht fragen Sie sich jetzt, warum Sie ein so pessimistisches Buch lesen sollen. Weil Porters meisterhafte Beobachtungsgabe ein Lektürevergnügen ist. Ihr klarer und unbestechlicher Blick und ihre analytische Schärfe haben mir ihr breites Personal so nahe gebracht, dass ich immer wieder geschwankt habe zwischen leisem Grauen und einer gewissen fast widerwilligen Sympathie für diese Menschen mit ihren Egoismen und Beschränktheiten, ihren Ängsten und Hoffnungen.

Das literarische Werk der 1890 geb. Katherine Anne Porter ist schmal, es besteht aus einigen Erzählbänden, einer großen Sammlung journalistischer Reportagen und eben dem „Narrenschiff“, ihrem großem Gesellschaftsroman, an dem sie dreißig Jahre lang schrieb. Als das Buch 1962 endlich erschien, wurde es in den USA zu einem überwältigenden Erfolg: Es stand drei Tage nach Erscheinen auf Platz Eins der Bestsellerliste, war das meistverkaufte Buch der Sechzigerjahre und wurde mit Vivian Leigh, Heinz Rühmann und Oskar Werner prominent verfilmt.

Der Manesse-Verlag hat den Roman, versehen mit einem sehr informativen Nachwort, für den deutschen Markt 2010 neu aufgelegt – eine lohnende Wiederentdeckung, finde ich.

Übrigens: Falls Ihnen der Titel „Das Narrenschiff“ irgendwie bekannt vorkommt: Die Autorin hat ihn einem absoluten Klassiker der Weltliteratur entlehnt, nämlich einer bereits 1494 in deutscher Volkssprache verfassten satirischen Allegorie über die Torheiten der Welt.

Porter selbst sagt: "Als ich über meinen eigenen Roman nachzudenken begann, übernahm ich dieses einfache, beinahe universale Bild des Schiffes dieser Welt auf seiner Reise in die Ewigkeit... Ich bin ein Passagier auf diesem Schiff."

Rezension von Stefanie Zech
aus dem Team der Münchner Stadtbibliothek Laim
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12.12.2015 Bayern, Geschichte einer Bauern- und Wirtsfamilie
 
Josef Bierbichler: Mittelreich
Suhrkamp 2011, 391 S.

Als Schauspieler ist Josef Bierbichler vielen von Ihnen sicher kein Unbekannter. Jetzt hat er seinen ersten Roman geschrieben. Erzählt wird die Geschichte einer Bauern- und Wirtsfamilie über etwa ein Jahrhundert.

Die Seewirtschaft ist, wie das ganze Dorf Seedorf, direkt an einem oberbayerischen See gelegen, der gewiss nicht zufällig stark an den Starnberger See erinnert. In den Jahrzehnten vor dem Ersten Weltkrieg wird die Gegend rund um München von den Städtern entdeckt und erobert. Die Ausflügler und Sommer­frischler locken mit Geld und völlig neuen Einkommensmöglichkeiten, und mit ihnen hält ein Stück der weiten Welt mit ihren neuen Ideen und Anschauungen Einzug in den Dörfern. Auch der Seewirt hat seine Dorfwirtschaft zu einem gelben Bauernrenaissance-schlösschen mit einem Anlegesteg direkt vorm Haus erweitert.
Da bricht der Erste Weltkrieg mit ganzer Wucht über das Dorf und die Familie herein. Der ältere Sohn des Seewirts kommt mit einem Kopfschuss zurück, und als deutlich wird, dass er den Familienbetrieb nicht fortführen kann, zerstört das auch alle Träume und Hoffnungen seines jüngeren Bruders Pankraz. Der hatte Gesangsstunden genommen und von einer Karriere als Sänger und Künstler in der Landeshauptstadt geträumt. In den Dreißigerjahren, während im Dorf und in der Wirtsstub'n die Stimmen der Nazis immer lauter werden, fügt er sich halbherzig und widerwillig in die Rolle des Hoferben und künftigen Seewirts.

Nach dem Zweiten Weltkrieg heiratet er die Bauerntochter Theresa, eine Verbindung, die beiden wenig Glück bringt. Pankraz ist ein schwacher Mann, der an der Verantwortung für das "verfluchte Erbe", wie er es nennt, schier zerbricht, aber es nicht schafft, sich zu befreien. Das große Wort im Haus führt seine Schwester, eine bittere und bigotte Frau, die in der Schwägerin nie mehr als die „reig'schmeckte“ Häuslerin sieht. Pankraz stellt sich nicht vor seine Frau, und er begegnet – tragisch und typisch - seinem sensiblen Sohn Semi mit dem selben Unverständnis wie sein Vater früher ihm. Er steckt Semi in ein Klosterinternat, wo der Bub von einem Pater, dem einzigen noch dazu, von dem er sich zunächst verstanden glaubt, missbraucht wird. Trotz seiner flehenden Bitten wird der Bub in das Internat zurückgeschickt, diesmal glaubt ihm auch seine Mutter nicht, der er sich in seiner Not anvertraut. Er wird an diesem Trauma zerbrechen, so wie in Siebziger Jahren die ganze Seewirtsfamilie auseinander fällt.

Bierbichlers Blick auf die Menschen, von denen er erzählt, ist klar, unbestechlich, aber nie ohne Verständnis für ihre Not, für die inneren und äußeren Zwänge, von denen sie sich nicht befreien können. Und er bettet das Kleine, die individuellen Schicksale, immer ein in das Ganze, in die Zeitläufte eines ganzen Jahrhunderts, wie sie über die Seedorfer – Einheimische, Flüchtlinge und Zuag'roasde – hereinbechen.

Und dann ist da noch die Sprache des Romans, über die ich ins Schwärmen geraten kann: bildgewaltig, prägnant, kraftvoll. Und wenn man das Bayrisch des Oberlandes im Ohr hat, dann hört man immer wieder typische Wendungen und einen Rhythmus, in dem ein gesprochenes Bayrisch leise mitschwingt, ohne dass es je aufdringlich oder gar bayerntümelnd daher käme. A propos im Ohr haben: Gönnen Sie sich zumindest in Ausschnitten auch das Hörbuch: Der Autor selbst liest, und zwar genau so, wie ich denke, dass der Text sich anhören muss.

Bierbichler kennt die Menschen und die Gegend, von der sein Roman erzählt - das zeigt schon ein flüchtiger Blick auf seine eigenen biografischen Eckdaten. Dass er keine Biografie geschrieben hat, wird aber spätestens gegen Ende des Buchs deutlich. Hier kippt die bis dahin realistische Erzählweise, die Psychologie der Figuren spiegelt sich nun in surrealistisch-alptraumhaften Szenen. Einige Literaturkritiker waren gerade von diesem Kunstgriff sehr angetan, ich persönlich fand diesen Bruch störend, die Gewalttätigkeit der so evozierten Bilder irritierend.

Trotzdem: Ich gehe mit den Feuilletons d'accord, wenn sie "Mittelreich" mit Oskar Maria Grafs biografischen Erinnerungen "Das Leben meiner Mutter" vergleichen - ein großes Kompliment, dem ich mich alles in allem gerne anschließe.

Rezension von Stefanie Zech
aus dem Team der Münchner Stadtbibliothek Laim
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06.12.2015 Schicksale
 
Hilary Mantel: Brüder
DuMont, 2012


Die Französische Revolution und besonders die Schicksale von Georges Danton, Maximilien de Robespierre und Camille Desmoulins sind das Thema dieses neuen und zugleich alten Romans der Booker-Preisträgerin: alt, da im Original bereits 1992 unter dem Titel „A Place of Greater Safety“ erschienen und neu, da jetzt in deutscher Übersetzung vom DuMont Verlag herausgebracht.

Auf 1.100 Seiten unternimmt die Autorin den Versuch, historische Fakten und eigene Fiktion in einen gelungenen und plausiblen Zusammenhang zu bringen: Sie schildert die Kindheit ihrer Protagonisten – besonders hier ist sie angewiesen auf eigene Vermutungen und psychologisches Gespür - sie schildert ihre menschliche und politische Entwicklung, ihre Rolle im historischen Geschehen und ihr Scheitern auch an den eigenen Zielen. Weder Bösewichte noch Helden kann man in Hilary Mantels Roman finden - der individuelle Mensch nimmt bei ihr Gestalt an mit all seinen Vorzügen und Begabungen, Lastern und Defekten, Träumen und Idealen. Und manchmal bleiben ihre Figuren auch undurchschaubar, unberechenbar und wohltuend unergründlich.

Die Geschichte der Französischen Revolution ist bekannt, das Ende der Protagonisten ebenso: aus der Ungewissheit des Handlungsverlaufs lässt sich also keine Spannung aufbauen. Allerdings gelingt es Hilary Mantel, die Dramatik und Leidenschaftlichkeit dieser Epoche zum Leben zu erwecken und in einer beängstigenden Dynamik zu einer zeitlosen Tragödie weiter zu entwickeln. Dem hoffnungsfrohen Aufbruch der Romanfiguren, die sich mit Idealismus, Wagemut und Begeisterungsfähigkeit den neuen Ideen ihrer Zeit stellen, wird schon bald das Chaos und die Brutalität des schließlich erfolgreichen Umsturzes entgegen gestellt. Aus Spielfiguren drohen Spielbälle zu werden: Idealismus entartet zu Gesinnungsterror und Wagemut steht nur noch im Zeichen der Profitgier. Schließlich frisst die Revolution ihre Kinder, der Roman endet mit der Hinrichtung von Danton, Desmoulins und ihrer Freunde, der Anhang bietet einen Ausblick auf Robespierres baldiges Ende.

Hilary Mantel nimmt ihre Leser mit in eine überaus dramatische und bewegte Zeit. Sie entwickelt ein gewaltiges historisches Panorama mit eigenwilligen Persönlichkeiten, die oft überraschend modern reden und handeln; die Konflikte der geschilderten Epoche erweisen sich als erstaunlich aktuell. Ein wahrer Genuss sind die Dialoge: lakonisch, pointiert und auch humorvoll sorgen sie für eine mitreißende Lebendigkeit in der Darstellung, die auch bei über 1000 Seiten keine Langeweile aufkommen lässt.

Rezension von Doris Reinwald
Münchner Stadtbibliothek – Zentrale Dienste
Belletristik u. Literaturwissenschaften
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06.12.2015 Eine aufgeschlossene Gesellschaft
 
Leif Randt.: Schimmernder Dunst über Coby County.
Berlin Verlag 2011


Der Frühling steht vor der Tür in Coby County, einem paradiesischen Ort irgendwo an irgendeinem Meer, eine Art Wellness-Utopia der westlichen Welt. Zunächst als sonnige Produktionsstätte für Hygiene- und Schönheitsartikel gegründet, legten der Bau einer ersten Beautyfarm sowie der Zuzug von immer mehr jungen Avantgardisten und Künstlern den Grundstein für die Kultur- und Tourismusszenerie der Stadt. Jetzt reisen jedes Jahr im Frühjahr gut aussehende Touristen dorthin – alle ausnahmslos talentierte Freiberufler aus den Metropolen des Westens.
Für sie, und auch für die Bewohner von Coby County, bringt der Frühling sommerliche Partys, unverbindliche Romanzen und jede Menge Spaß.

Darauf freut sich auch schon Wim, Hauptfigur und Ich-Erzähler des Romans.
26 Jahre alt, hat er gerade sein Studium abgeschlossen und arbeitet als Agent für junge Literatur. Seine Klienten sind junge bis sehr junge (teilweise noch minderjährige) Autoren, deren Texte älteren Jugendlichen zeigen, wie sich das Leben der jüngeren Jugendlichen heute anfühlt. Er führt eine überaus reflektierte Beziehung mit der talentierten Carla, hat in Wesley einen langjährigen besten Freund und versucht sehr ernsthaft, sein Leben an einem der besten Orte der Welt zu genießen.

Doch dieses Jahr scheint eine diffuse und seltsame Stimmung über dem Ort zu liegen, allerlei Katastrophen und Kataströphchen setzen unheilvolle Akzente im behaglichen und berechenbaren Wohlfühl-Kosmos von Coby County: Eine Hochbahn verunglückt, ein Brand bricht aus und schließlich droht gar ein Sturm den ganzen Ort aus den Angeln zu heben. Und auch für Wim entwickeln sich die Dinge nicht zum Besten. Wesley verlässt kurz vor Beginn der Partysaison die Stadt, Carla beendet ihre Beziehung kurz und äußerst vernünftig per SMS und sein Chef verordnet ihm einen Zwangsurlaub mit dem Tipp, doch mal zu verreisen und dem Alltag von Coby County zu entfliehen.

Veränderung liegt in der Luft, für Wim ein erschreckender und zutiefst verstörender Zustand; findet er doch Halt vor allem in lieb gewonnenen Ritualen, im beständigen Reflektieren einer ihm vertrauten Umwelt und im Kontrollieren jeder Art von Emotion. Bei aller oberflächlichen Souveränität sind es Angst und Unsicherheit, die sein Leben bestimmen: Jede seiner Gesten ist eine Pose, jedes Gefühl nur ein Zitat, jede Entscheidung stellt ein Risiko dar.

Doch eine Flucht aus dieser Stadt voller attraktiver, gesunder und heiterer Menschen, die kreativen Beschäftigungen nachgehen, dabei hochwertige Textilien tragen, in ihrer Freizeit Konzeptgastronomien besuchen und darin aufgehen, ein möglichst behagliches und seltsam indifferentes Leben zu führen, scheint nicht nur unmöglich, sondern auch gar nicht wünschenswert. Und so bleibt auch für Wim alles beim alten: seine Reise endet schon, bevor sie begonnen hat, Wesley kehrt zurück, es findet sich eine CarlaZwei und zumindest für den Moment findet er auch seine Zuversicht wieder.

Leif Randts Buch „Schimmernder Dunst über Coby County“ ist ein schmaler, vom Berlin Verlag sehr schön gestalteter Roman, der präzise und pointiert eine nur scheinbar aufgeschlossene Gesellschaft schildert, hinter deren glänzender Fassade Selbstzufriedenheit und Mittelmäßigkeit herrschen.

Rezension von Doris Reinwald
Münchner Stadtbibliothek – Zentrale Dienste
Belletristik u. Literaturwissenschaften

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05.12.2015 Die Geschichte des Waisenjungen
 
Charles Dickens: Große Erwartungen.
Hanser Verlag, 2011


Charles Dickens war ein außerordentlich produktiver Autor und hinterließ ein reiches Werk mit 15 Romanen, fünf Weihnachtsbüchern sowie zahlreichen Erzählungen und Reportagen. Einige Zeit nach seinem Tod schien er in Vergessenheit zu geraten, um dann mit großer Begeisterung wieder entdeckt und heute als einer der großen Autoren des 19. Jahrhunderts gefeiert zu werden. „Große Erwartungen“, 1860/61 in wöchentlichen Fortsetzungen veröffentlicht, gilt vielen als sein bester, auf jeden Fall aber sein tiefster und reifster Roman.

Dickens erzählt darin die Geschichte des Waisenjungen Pip, der von seiner Schwester „von Hand aufgezogen“ wird, was der Schwester hohes Ansehen und Pip regelmäßige Schläge einbringt. Zum Glück gibt es noch seinen Schwager Joe, ein Schmied von kindlichem Gemüt, der ihn beschützt und liebt und ihm auch in schwierigen Zeiten die Treue hält.

Schon als Kind verliebt sich Pip hoffnungslos in die schöne Estella, die Adoptivtochter der reichen alleinstehenden Miss Havisham. Nur als Gentleman – so glaubt er – kann er je ihre Zuneigung gewinnen. Doch ein gesellschaftlicher Aufstieg ist für einen Jungen, dessen Zukunft die Schmiede seines Schwagers sein wird, mehr als unwahrscheinlich. Doch da – welch Wunder – taucht ein unbekannter Förderer auf und stattet ihn mit Geld und damit auch mit Möglichkeiten aus – er wird zu einem jungen Mann von großen Erwartungen. Als solcher verlässt er den Ort seiner Kindheit, um in London sein neues Leben als Gentleman zu beginnen.

Zahlreiche Verwicklungen und dramatische Geschehnisse später werden düstere Rätsel gelöst, unglaubliche Verwandtschaftsverhältnisse geklärt und manche Illusion zerplatzt sein. Pip steht nicht vor einem Happy End, aber am Ende einer Entwicklung, die ihm Charakter, Selbsterkenntnis und eine gute Portion Resignation beschert hat.

So unwahrscheinlich die Handlung in dieser Kürze klingt, so skurril muten auch die Romanfiguren zunächst an. Miss Havisham, eine am Hochzeitstag verlassene Braut, lebt licht- und freudlos nur noch für die Rache am gesamten männlichen Geschlecht. Ihr Werkzeug ist ihre Ziehtochter Estella, die - schön aber kalt - kein Empfinden für Glück oder Unglück hat. Der Anwalt Jaggers ist ein genialer Rechtsverdreher, der mit seinem furchterregenden Auftreten sogar das Hohe Gericht in Angst und Schrecken versetzt. Dessen Schreiber Mr. Wemmick wiederum führt ein einzigartiges Doppelleben mit einer beruflichen sehr unzugänglichen Persönlichkeit und einer warmherzigen privaten.

Viele Figuren gäbe es noch aufzuzählen und sie alle sind, trotz Überzeichnung, Ironie und Sentimentalität von einer solchen Lebendigkeit, dass sie aus ihrer literarischen Existenz heraustreten und zu vertrauten Bekannten werden. Dickens Phantasie, der Detailreichtum seiner Schilderungen, sein Humor und die Zeitlosigkeit seiner Beobachtungen und Einsichten machen dem Roman auch 150 Jahre nach seinem Erscheinen zu einem wunderbaren Lesevergnügen.

Rezension von Doris Reinwald
Münchner Stadtbibliothek – Zentrale Dienste
Belletristik u. Literaturwissenschaften

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05.12.2015 Pakistan, Karachi
 
Mohammed Hanif: Alice Bhattis Himmelfahrt
A1 Verlag, 2012

Pakistan, Karachi: Eine fremde, laute und chaotische Stadt, in eine Stadt voller Gewalt, Unruhe und Korruption. Im Herz Jesu Krankenhaus arbeitet Alice Bhatti, eine Hilfskrankenschwester: Sie ist jung und schön, Katholikin und eine Angehörige der untersten Kaste. Gerade erst wurde sie aus der Besserungsanstalt entlassen und jetzt möchte sie ihrem Leben bei ihrem Vater im Christenghetto so bald wie möglich entfliehen.

Alice ist kein einfacher Charakter. Einerseits ist sie für ihr Alter schon seltsam abgeklärt, alles andere als naiv und darum bemüht, unnötigen Konflikten aus dem Weg zu gehen. Auf der anderen Seite kann sie bemerkenswert stur sein und wenn sie in die Enge getrieben wird, weiß sie sich zu wehren – auch handgreiflich.

In dem überfüllten und vom Mangel an Geld, Personal und Möglichkeiten geprägten Krankenhausalltag fällt sie auf – auch durch ihre Freundlichkeit und Güte, die frei ist von Sentimentalität. Bald wird sie umworben von Teddy Butt, einem Handlanger des für seine Gewalttätigkeit bekannten sogenannten "Gentleman-Korps". Diese illegale Truppe der Polizei setzt sich vorwiegend zusammen aus geläuterten Vergewaltigern, Folterern und Scharfschützen. Teddy, Muslim, Bodybuilder und als solcher ehemaliger Junior Mister Faisalabad, bringt nicht die nötige Abgebrühtheit für dieses Geschäft mit, er erhofft sich aber über diese Verbindung vielleicht einmal eine reguläre Stelle bei der Verkehrspolizei.

Eine unglaubliche Liebesgeschichte nimmt ihren Lauf. Ungestüm und mit einer Waffe in der Hand macht Teddy seine erste – und wie nicht anders zu erwarten, erfolglose – Aufwartung. Ein zielloser, aus Frustration abgegebener Schuss und die damit verbundene Kettenreaktion aus Unfällen verursacht ganz nebenbei ein dreitägiges Chaos mit Unruhen, Brandstiftung und schließlich 11 Toten in der Stadt. Schließlich kommen sich die beiden doch näher, auf einem U-Boot wird geheiratet, gegenseitige Vertrautheit stellt sich im Zusammenleben allerdings nicht ein. Bald entwickelt Teddy, vom Gentleman-Korps wegen eines Fehlers massiv unter Druck gesetzt, heftiges Misstrauen gegenüber Alice – ein Misstrauen, das genährt und angestachelt wird von eigener Unsicherheit und der Frauenfeindlichkeit der ihn umgebenden Männerwelt. In rasender Eifersucht macht er sich mit einer Flasche Salzsäure auf den Weg zu seiner Frau und es beginnt ein atemloser Showdown.

Der pakistanische Autor und Journalist Mohammed Hanif legte 2008 mit „Ein Kiste explodierender Mangos“, eine politische Satire als Debütroman vor, der bereits kurz nach Erscheinen für den Booker Prize nominiert wurde. „Alice Bhattis Himmelfahrt“ ist sein 2. Roman und auch hier setzt er sich mit seiner Heimat Pakistan auseinander. Seine Haltung ist sarkastisch und zornig, aber niemals gleichgültig.
Seine Sprache ist mitreißend, und auch wenn die Handlung durchzogen ist von zum Teil grotesken Gewaltausbrüchen, ist sein Blick auf seine Mitmenschen voller Wärme. Gerade dies macht die Lektüre so lohnend und auch berührend.

Rezension von Doris Reinwald
Münchner Stadtbibliothek – Zentrale Dienste
Belletristik u. Literaturwissenschaften

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05.12.2015 Wie die Wissenschaft in die Berge kam
 
Vea Kaiser: Blasmusikpop oder Wie die Wissenschaft in die Berge kam - Kiepenheuer & Witsch, 2012

Unsere Lesereise geht diesmal nach St. Peter am Anger - in ein kleines abgelegenes Bergdorf, so abgelegen, dass seine Bewohner viele Jahrhunderte lang relativ unbehelligt von der großen Geschichte ihre „Un-Kultur“ des Bergbarbarentums pflegen konnten. Ausgestattet mit reichlich Selbstvertrauen, Sturheit und Witz begegnen diese Bergbarbaren der räumlichen Enge ihrer Welt mit freiwilliger geistiger Beschränkung. Und fühlen sich wohl dabei.

Bis im Jahre 1960 ein 14 Meter langer Fischbandwurm sowie eine Schwangerschaft unklarer Herkunft eine unerhörte Geschichte in Gang setzen, an deren Ende – mittlerweile schreiben wir das Jahr 2010 - die große weite Welt in Form des FC St. Pauli Einzug in das abgelegene Dorf hält und damit dessen selbstgewählter Isolation ein Ende setzt.


Eine wesentliche Rolle spielt dabei der junge Johannes Irrwein. Dem Enkel des Dorfarztes und und Bandwurmforschers Johannes Gerlitzen sind schon als Kind die eher derben Dorftraditionen fremd und zuwider. Dank eines Stipendiums wird er der erste (und natürlich auch) einzige Gymnasiast des Dorfes. Als er jedoch völlig unerwartet durch die Matura-Prüfung fällt und sich der Beginn seines Studium vorerst verzögert, zieht er sich gekränkt in sein ungeliebtes Heimatdorf zurück und beginnt, eine Dorfchronik im Sinne seines großen Vorbilds Herodot zu verfassen.

Das Misstrauen zwischen Johannes und den „Barbaren“ seines Geburtsortes ist zunächst groß. Doch als sich Johannes in ein hübsches zugezogenes Mädchen aus der Hauptstadt verliebt und Freundschaft mit einem begnadeten Dorffußballer schließt, beginnen die Mauern allmählich zu wanken. Und hier kommt dann eben der FC St. Pauli ins Spiel. Doch damit ist noch lange nicht alles erzählt ...

Der Debüt-Roman der 23-jährigen Autorin sprüht nur so von Einfallsreichtum, Erzählfreude und sprachlichen Kapriolen. Eine liebevoll in altertümlicher Diktion verfasste Dorfchronik, ein Feuerwerk von turbulenten Begebenheiten und skurrilen Persönlichkeiten und der immer wieder eingestreute von der Autorin erfundene Dialekt der Bergbarbaren bescheren ein kurzweiliges und unterhaltsames Lesevergnügen.

Rezension von Doris Reinwald
Münchner Stadtbibliothek – Zentrale Dienste
Belletristik u. Literaturwissenschaften

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04.12.2015 Roman
 
Gavin Extence
Das unerhörte Leben des Alex Woods oder warum das Universum keinen Plan hat

Limes Verlag

Alex Woods hat es nicht leicht: Epileptiker, seit ihn als Kind ein Meteorit am Kopf getroffen hat, ohne Vater aufgewachsen, lebt er in einem kleinen Dorf in der englischen Provinz mit seiner unkonventionellen Mutter.

Der Außenseiter freundet sich mit Mr. Peterson, einem alten Eigenbrötler an. Der Jugendliche und der Senior werden ungleiche Freunde, hören Unmengen klassischer Musik, gründen einen Kurt-Vonnegut-Leserclub und bereichern einander das Leben mit schlauen, schlagfertigen Sprüchen.
Bis bei Mr. Peterson eine unheilbare Nervenkrankheit diagnostiziert wird und es um die Frage geht, auch jetzt das Richtige zu tun.

Eine wunderschöne, leicht bizarre Geschichte, ein philosophischer Roman - eins meiner Lieblingsbücher der letzten Jahre.

Rezension aus dem Team der
Münchner Stadtbibliothek Laim
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03.12.2015 American Novel
 
Philipp Meyer
Der erste Sohn

btb Verlag

In der Tradition der Great American Novel erzählt Philipp Meyer die Geschichte einer texanischen Familiendynastie über fünf Generationen.

Gründervater Eli McCullough wird um 1850 von den Comanchen entführt und erlebt, wie diese mächtigen Herren der Prärie vom weißen Mann verdrängt werden.
Eine Generation später sind es die Mexikaner, für die kein Platz mehr ist im Texas der weißen Rinderbarone.

Und dann kommt noch Urenkelin Jeannne Anne zu Wort, eine starke und für ihre Zeit (zu?) unabhängige Frau, die den gewaltigen Grundbesitz der Familie zu einem Öl-Imperium ausbaut.
Wie viele andere in ihrer Familie, wird auch sie nicht wirklich glücklich ...

Ein großartig erzählter Roman, der mit romantischen Gründungsmythen des Go West gründlich aufräumt.

Rezension von Stefanie Zech
aus dem Team der Münchner Stadtbibliothek Laim
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01.12.2015 Büchertipp
 
Urs Augstburger: Kleine Fluchten
Klett-Cotta Verlag

Ist bei Südwind wirklich alles für ein langjährig verheiratetes Ehepaar erlaubt? Nach 17 Jahren ist die Langeweile bei Rea und Peer eingekehrt und so gönnen sich beide die titelgebenden kleinen Fluchten aus dem Alltag, da auch die eheliche Erotik stark gefährdet ist.
Obwohl Rea, die als Filmprofessorin arbeitet, sehr gut aussieht, „erkennt“ Peer sie nicht mehr als Frau. Er lebt stattdessen seine erotischen Bedürfnisse im virtuellen Second Life aus, gefangen in einem unbefriedigenden Job. Doch dann ergibt sich eine neue, erfüllendere berufliche Perspektive für ihn.
Zudem scheint die neue Chefin mit ihm zu spielen; ist sie die unbekannte „Baronin D“ aus dem Second Life? Beide haben ihre intimsten Geheimnisse und Gelüste miteinander ausgelebt – virtuell. Doch diese attraktive Vorgesetzte scheint auch ein Auge auf Rea geworfen zu haben, die auf einer Firmenveranstaltung von einer unbekannten Person im Gedränge von hinten berührt wird; doch Rea dreht sich nicht um... Kurz darauf erhält sie von einem unbekannten Maler eine Email, woraus sich ein erotisch aufgeladener Emailverkehr entwickelt.
Derweil gibt es Probleme mit der 14-jährigen Tochter Stina, deren „aufbereitete“ Fotos mit krimineller Energie womöglich ins Internet gelangen könnten. Und auch der kleine Sohn hält insbesondere Rea mit einem geheimnisvollen „Bienen-Zauberer“ in Atem.

Es gibt somit die ganz alltäglichen Probleme zu bewältigen, doch wie Urs Augstburger diese am Beispiel eines normalen Schweizer Ehepaares erzählt, gelingt großartig.

Mit „Kleine Fluchten“ halten Sie einen sinnlichen und zugleich sogar spannenden Roman in den Händen, der zum ehrlichen Gespräch über Bedürfnisse und Wünsche in der Ehe verführen will; also unbedingt zugreifen.

Urs Augstburger hat zu „Kleine Fluchten“ ein Liveprogramm mit Sounds und Songs erstellt, mit dem er durch die Schweiz tourt. Der 1965 geborene Autor arbeitet beim Schweizer Fernsehen und lebt mit seiner Familie in Ennetbaden.
Im Münchner Bibliothekssystem gibt es von ihm noch den spannenden Bergroman „Wässerwasser“ zu entdecken.

Rezension von Ute Gillessen
aus der Münchner Stadtbibliothek Fürstenried
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02.11.2015 Psychothriller
 
Susanne Kliem: Trügerische Nähe
carl's books Verlag

Zwei kultivierte Paare, die sich schon lange kennen, beschließen vor den Toren Berlins auf einen renovierten Bauernhof zu ziehen, der es ohne Weiteres in „Schöner Wohnen“ schaffen könnte. Jeder für sich träumt von einem ganz persönlichen Neuanfang, und zunächst scheint die Idylle auch zu funktionieren – bis für alle sehr überraschend Livia, die Tochter von Marlies auftaucht. Ab jetzt nimmt die Geschichte Fahrt auf, denn es kommen all die unausgesprochenen Ressentiments zwischen den „Freunden“ zu Tage, die sich alsbald nicht nur in verbaler Gewalt äußern werden.
Indem die so unnahbare Livia mit psychologischem Spürsinn alle Bewohner des Hofes gegeneinander ausspielt, entsteht ein dichtes Geflecht aus (Lebens-)Lügen, Eifersucht und Misstrauen unter allen, einschließlich ein paar neuen Freunden aus dem Dorf. Die beiden Männer Johannes und Alexander sowie Lukas, der Sohn von Nora und Alexander, begehren die schöne Livia, die wiederum in etwas verstrickt zu sein scheint, über das sie mir ihrer Mutter Marlies nicht sprechen kann. Nora kommt diesem Geheimnis auf die Spur, doch als sie Marlies davon erzählt, kommt es zwischen den beiden Frauen zum Eklat. Und auch der gemeinsame Ausflug der Männer zum nahegelegenen See endet fast in einer Testosteron bedingten Katastrophe...
Als nach einer total missratenen Theateraufführung mit Livia als Iphigenie eine unter Laub versteckte Leiche gefunden wird, steigert sich die Beklemmung unter den Hofbewohnern ins fast Unerträgliche.
Dadurch, dass die Handlung vorangetrieben wird, indem die Story immer wieder aus der Sicht einer anderen Person weiter erzählt wird, entsteht „suspense“ vom Feinsten . Man kann das Buch nicht zur Seite legen, ohne nicht wenigstens noch dieses und jenes Detail zu kennen, was dann wiederum zum nächsten wissenswerten Fakt führt – dieser Roman ist also ein echter Pageturner.

Ob es sich nun um einen Krimi, Thriller oder wie Elisabeth Herrmann meint, um „Ein meisterhaftes Psychodrama“ handelt, entscheiden Sie selbst. Auf jeden Fall erwartet Sie ein kurzweiliges Lesevergnügen.

Susanne Kliem, 1965 geboren, schreibt seit 2009 Krimis, für die sie bereits mit dem Krefelder Kurzkrimipreis ausgezeichnet sowie für den Agatha-Christie-Preis nominiert wurde.

Rezension von Ute Gillessen
aus der Münchner Stadtbibliothek Fürstenried
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10.10.2015 Banker in der City oder wohnen mit Garten
 
John Lanchester
Kapital

Klett-Cotta Verlag

Sie finden die Münchner Immobilienpreise überzogen?

Nun - alles relativ: In der Südlondoner Pepys Road, die im Mittelpunkt von John Lanchesters Roman Kapital steht, zahlt man für ein hübsch renoviertes spätviktorianisches Häuschen mit kleinem Garten die fast schon obszöne Summe von 3 Millionen Pfund. Kein allzu großes Problem, denkt der erfolgsverwöhnte Banker Roger Yount – bis der Jahresbonus von einer Million, mit dem er bereits fest gerechnet hat, ausbleibt.

Ganz andere Probleme hat die nigerianische Politesse, die die Straße überwacht und bei einer Abschiebung um ihr Leben fürchten muss.

Einfühlsam, humorvoll und mitreißend erzählt Lanchester von den Bewohnern einer Straße mit ihren ganz unterschiedlichen Schicksalen.

Rezension von Stefanie Zech
aus dem Team der Münchner Stadtbibliothek Laim
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24.09.2015 Forschung-Ethnologie
 
Lily King: Euphoria
C.H.Beck Verlag

Ein Buch, das die „New York Times“ unter die fünf besten Romane des Jahres 2014 wählt, macht neugierig.

Interesse und Neugierde für das Leben der Ethnologin Margret Mead sollte für diesen atmosphärisch dichten Titel auch vorhanden sein. Ist doch die in den 1930er Jahren u.a. auf Bali, Neuguinea und Samoa forschende Wissenschaftlerin das Vorbild für die Figur der Nell Stone, die unangepasst und unerschrocken zusammen mit ihrem Ehemann Fen Shuyler und dem befreundeten Ethnologen Andrew Bankson die Eingeborenen am Fluss Sepik erforscht.

Beide schätzen dessen Arbeit sehr, obwohl Bankson sich in einer äußerst schlechten seelischen und körperlichen Verfassung befindet, als er das Ehepaar kennenlernt. Er forscht zunächst noch einige Kilometer entfernt am Sepik – doch sehnt er sich verzweifelt nach der Gegenwart des Ehepaares. Schließlich besucht er die beiden und erkennt immer mehr, wie seine Bewunderung für Nells Arbeit, ihre Zähigkeit und nicht zuletzt ihre grazile Schönheit, ihn bezaubern.
Er gerät geradezu in den Bann dieser humorvollen und trotzdem so diszipliniert arbeitenden Frau, und so entwickelt sich in dieser Zeit zwischen den Wissenschaftlern eine von heftigen Emotionen und intensiven intellektuellen Auseinandersetzungen geprägte Dreiecksbeziehung.

Dass Nell bei dem Volk der Tam eine Umkehrung der Geschlechterrollen feststellt, wie sie in einem Matriarchat anzutreffen sind, beurteilt Fen ganz anders: auch lehnt er ihre Art zu forschen als unwissenschaftlich ab – wobei er, der sich selbst als so nüchternen Wissenschaftler sieht, mit Nells größerem Ruhm in der noch jungen Ethnologie ganz klar ein Problem hat.

In diesen Auseinandersetzungen spiegeln sich somit geschickt eingefügt die damaligen unterschiedlichen Strömungen und Denkschulen in der Ethnologie wider. Lily King war selbst nie in Neuguinea; die detailreiche und anschauliche Schilderung der Tam und anderer Stämme sowie der dortigen exotischen Natur hat sie den Büchern von Margret Mead entnommen.

Daneben überzeugt der Roman von Lily King durch gelungene Perspektivenwechsel, um insbesondere Banksons Innenleben zu veranschaulichen; „Euphoria“ ist vielschichtig und punktet zudem mit interessanten Erzählsträngen.

Lassen Sie sich von Lily King literarisch mit in den Urwald von Neuguinea nehmen. Und wenn Sie wissen wollen, was Fiktion und was biographisch ist an der Figur der Nell/Margret, lesen Sie eventuell noch eine Biographie über Margret Mead.

Lily King, geb.1962, wuchs in Massachusetts auf. Sie studierte Englische Literatur und Creative Writing. Ihre früheren Romane erhielten in den USA bereits wichtige Literaturpreise; allerdings übertrifft „Euphoria“ die beiden anderen noch nicht ins Deutsche übersetzte Titel deutlich: allein 2014 erhielt er 10 Preise bzw. Nominierungen.

Rezension von Ute Gillessen
aus der Münchner Stadtbibliothek Fürstenried
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31.08.2015 Buchtipp: Großbritannien
 
Ian McEwan: Am Strand
Diogenes Verlag

Hoffentlich haben unsere Eltern nicht eine ähnlich katastrophale Hochzeitsnacht verlebt wie Florence und Edward in McEwans neuesten Roman „Am Strand“.

Es ist Juli 1962 im noch recht prüden England vor „Flower Power“ und „Make Love Not War“. Florence und Edward, beide gut gebildet, jedoch aus ganz unterschiedlichen Schichten stammend, lieben sich und beschließen, trotz sehr unterschiedlicher Interessen, zu heiraten.
In „Cecil Beach“, so auch der Originaltitel des Buches, beziehen sie in einem Hotel die Hochzeitssuite – alles scheint perfekt zu sein... Doch das „erste Mal“ wird für beide zum Fiasko. Wo sind dafür, für diesen unaussprechlichen Vorfall, die Gründe zu suchen?
Beide wollten doch alles so ganz anders machen als ihre Eltern; wollten freier von Konventionen, ehrlicher sein..., doch es fehlen ihnen letztendlich die Worte, um sich mitzuteilen, ohne den anderen bis ins Mark zu verletzen. Ihre für heutige Verhältnisse unglaubliche Prüderie, Unwissenheit gepaart mit Furcht und Schüchternheit sind nur Puzzleteile für eine Erklärung.

Meisterhaft entwirft Ian McEwan in diesem novellenartigen Roman ein Zeit- und Sittengemälde von England vor den „Swinging Sixties“, und man ist nach der Lektüre froh, nicht in dieser Zeit schon“ erwachsen“ gewesen zu sein.

Rezension von Ute Gillessen
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30.08.2015 Buchtipp: Großbritannien
 
Alan Bennett: Die souveräne Leserin
Wagenbach Verlag

Kann ein Roman bibliophilen Genuss bereiten und dabei noch eine Liebeserklärung an die Queen sowie an die Literatur bzw. das Lesen sein?
Yes, it can. Der Wagenbach Verlag hat mit diesem Titel sowohl vom optischen als auch vom haptischen Aspekt her, ein kleines feines Meisterstück vorgelegt.

„Die Hunde waren schuld“. So beginnt Alan Bennetts liebevoll ironische Darstellung, wie aus der englischen Queen eine begeisterte Leserin wird. Besagte Corgis laufen nämlich laut bellend in den immer mittwochs vor dem Wirtschaftstrakt des Buckingham Palace haltenden Bücherbus der Bezirksbibliothek.
Höflich wie Elisabeth nun mal ist, entschuldiget sie sich im Bus für ihre Hunde; doch damit nicht genug, sie fühlt sich auch verpflichtet, ein Buch auszuleihen. Nun beginnt eine höchst erstaunliche Veränderung mit der Queen: Durch literarische Gespräche mit dem Bibliothekar des Busses und dem lesefreudigen Küchenjungen Norman erweitert sie von nun an nicht nur ihren literarischen Horizont erheblich.

Diese und auch so manch andere Veränderung werden von ihrer Umgebung, als da wären ihr Gemahl, ihre Berater, ihre Zofen... sehr misstrauisch beobachtet. Schließlich fragt Elizabeth ihre Besucher nicht mehr nach Art und Weise der Anreise, sondern erkundigt sich stattdessen nach deren aktueller Lektüre. Selbst Staatsoberhäupter, auch der eigene Premierminister, werden dieser manchmal hochnotpeinlichen Investigation unterzogen. Ferner leidet Ihrer Majestäts’ Pünktlichkeit und es ist für sie auch nicht mehr so bedeutsam, ob sie einen Hut oder eine Brosche schon mal die letzten zwei Wochen getragen hat. Ihr Hofstaat ist also kurz gesagt „not amused“, trotz ihrer neu erworbenen Fähigkeit des gleichzeitigen Lesens und Winkens. Es kommt gar zu gewissen Maßnahmen der Hofstaats-Bürokratie, doch die Queen bleibt eben „The Queen“

Am Ende wünscht man sich:
1. Eine Queen wie im Roman beschrieben auch bei uns in Deutschland. 2. Der Roman sollte doppelt so dick sein (= gleich doppelter Lesespaß) 3. Deutsche Autoren, die mit leiser Ironie gesellschaftliche Konventionen und ihren eigenen Berufsstand so gekonnt aufs Korn nehmen.


Bleibt die Hoffnung, dass Alan Bennett das ungemütliche britische Herbst- und Winterwetter nutzt, um einen neuen Roman zu schreiben.

Rezension von Ute Gillessen
aus der Münchner Stadtbibliothek Fürstenried


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28.08.2015 Buchtipp: Japan
 
Hiromi Kawakami: Bis nächstes Jahr im Frühling
DTV Verlag

Ehe- und Beziehungsromane aus Japan - eine eher seltene Spezies im deutschsprachigen Raum. Mit "Bis nächstes Jahr im Frühling" legt die in ihrer Heimat sehr populäre Autorin einen besonders lesenswerten Roman aus diesem Genre vor. Ein Jahr im Leben eines Paares aus Tokio, beide "30-somethings" und studiert. Jetzt im siebten Jahr ihrer Ehe erfährt Noyuri durch einen anonymen Anruf, dass ihr Mann Takuya eine Affäre mit einer anderen Frau hat. Bislang zeichnete sich das Eheleben durch gepflegte Langeweile und Routine aus. Leidenschaftliche Gefühle und heftiges sexuelles Verlangen schienen für beide kein Thema gewesen zu sein.

Oder hat nur keiner von den beiden die persönliche Unzufriedenheit thematisiert? Schließlich muss es einen Grund für Takuyas eheliche Untreue geben. Und wirklich begeistert ist auch Noyuri nicht, was u.a. in den offenen Gesprächen mit ihrem Onkel Makoto deutlich wird. Als Takuya ihr eine Trennung vorschlägt, ist das für Noyuri kein Thema; sie verweigert sich diesem Gedanken geradezu. Allerdings sucht sie sich eine Arbeit in einer Arztpraxis, geht gelegentlich auch mit einem Mann bzw. ihren Kolleginnen aus und reflektiert ihre Situation unter immer neuen Gesichtspunkten. Was zunächst völlig abwegig schien, nämlich eine Scheidung, stellt sich für Noyuri nach einer gemeinsamen Reise nach Fukushima, lange vor dem GAU 2011, in einem anderen Licht dar.

Dieser Roman nimmt Sie auf eine Reise in den japanischen Alltag mit: Man fährt mit dem Shinkansen (statt dem ICE), besucht ein Onsen, das ist ein Thermalbad, das es in viele Hotels/Pensionen gibt, oder bestellt Fugu (Kugelfisch). Das Glossar am Ende des Romans ist tatsächlich hilfreich, Analog zur Ehe schreibt H. Kawakami emotional zurückhaltend, geradezu lakonisch ohne ein Wort zu viel zu verwenden. Trotz dieser schnörkellosen Sprache entsteht ein sehr poetisches Sprachbild. Hier wird die Kunst des "Weglassens" zelebriert.


So übersichtlich wie ein Zen-Garten zeigt sich die Einteilung des Eheromans in 12 Kapiteln gemäß den Monaten eines Jahres, z.B. "Pandanuspalmen", "Heumond" oder "Ein Garten im Winter". Insbesondere die mit Sinn für einen gelungenen Spannungsaufbau geschriebenen letzten Kapitel fesseln " es hängt die Frage im Raum, ob Noyuri sich von ihrer Ehe abnabeln kann oder ob sie, nun auf Takuyas Drängen hin, bei ihm bleibt.

Hiromi Kawakami, 1958 in Tokio geboren, studierte zunächst Naturwissenschaften und unterrichtete Biologie. Ihre Bücher wurden mit wichtigen japanischen Literaturpreisen ausgezeichnet. Wem schon "Am Meer ist es wärmer" (2010)oder "Herr Nakano und die Frauen" (2009) gefallen hat, wird auch Hiromi Kawakamis neuesten Roman mit Genuss lesen.

Rezension von Ute Gillessen
aus der Münchner Stadtbibliothek Fürstenried


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28.08.2015 Buchtipp: Skandinavien
 
Therese Bohman: Die Ertrunkene
Rowohlt Verlag

"Therese Bohman hat das Debüt des Jahres geschrieben. Sie lässt einen mit etwas Seltenem zurück: dem Hunger nach mehr." So formuliert ein schwedischer Literaturkritiker und bringt es perfekt auf den Punkt - diese Autorin ist eine literarische Entdeckung.

Die Geschichte, scheinbar so banal wie alltäglich: Zwei Schwestern, die jüngere verliebt sich in den charismatischen Ehemann der bewunderten, attraktiven Schwester, die es doch so viel weiter gebracht zu haben scheint. Das kennt man ; doch der Aufbau dieser Dreiecksgeschichte ist bemerkenswert. Zunächst sieht alles nach einem normalen Familienbesuch aus. Es ist drückend heiß in Schweden, als die Kunststudentin Marina ihre Schwester Stella auf dem Land besucht, wo sie mit dem bekannten Schriftsteller Gabriel lebt. Doch die Stimmung ändert sich unter den dreien ganz langsam, so wie die Schwüle immer mehr zunimmt, die im Garten geradezu tropisch üppig wuchernden Pflanzen mit ihrem Geruch schon fast benebelnd wirken und das Schwimmen im nahe gelegenen See mit seinen Algen und Aalen kaum Abkühlung bringt.

Stella kommt Martina seltsam bedrückt vor; und dann bemerkt sie beim Schwimmen Brandmale am Bein der eleganten Schwester. Gabriel hingegen nähert sich Martina immer wieder, was ihrem Selbstwertgefühl zunächst einfach nur gut tut, zudem er für ihr Seminarthema, die Kunst der Präraffaeliten, ein großes Interesse zeigt.
Martina gibt seinen Verführungskünsten immer wieder nach, obwohl sie allmählich ein ambivalentes Empfinden Gabriel gegenüber entwickelt. Warum nur meinen etwa die Nachbarn, immer mal wieder nach dem Rechten bei dem frisch verheirateten Ehepaar sehen zu müssen? Gibt es ein dunkles Geheimnis zwischen Stella und Gabriel? Und warum interessiert dieser sich so sehr für das Motiv der Ertrunkenen bei den Präraffaeliten?

Dieser mit subtiler Spannung geschriebene Beziehungsroman wurde von schwedischen Bibliothekaren 2010 zum besten Roman gewählt und in bislang vier Sprachen übersetzt. Ich kann mich dem Urteil meiner skandinavischen Kollegen nur anschließen. Therese Bohman arbeitet als Kulturjournalistin für bedeutende Zeitschriften und Zeitungen.

Rezension von Ute Gillessen
aus der Münchner Stadtbibliothek Fürstenried


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28.08.2015 Buchtipp: Skandinavien
 
Karin Alvtegen: Eine zweite Chance
btb Verlag

Wenn die Großnichte von Astrid Lindgren Romane für Erwachsene schreibt, darf man gespannt sein! Und tatsächlich, literarisches Talent hat sich hier, wenn auch nicht auf direktem Weg, vererbt.
Warum scheitert eine Ehe, die von beiden Partnern doch mit so viel Enthusiasmus und durchaus auch Selbstreflexion begonnen hat? Helena, aus einer zerbrochenen Familie stammend, will in ihrer eigenen Familie unbedingt alles anders machen als ihre unzuverlässige Mutter.

Im Norden Schwedens erfüllt sie sich einen lang gehegten Traum, indem sie dort ein kleines Hotel eröffnet. Allerdings nimmt sie dabei wenig Rücksicht auf die Wünsche und Bedürfnisse ihres Mannes und ihrer 13-jährigen Tochter Emelie. Die Ehe scheitert, und das Verhältnis zur pubertierenden Tochter gerät zu einem Fiasko. In dieser für die 45.jährige Helena so deprimierenden Situation begegnet sie in ihrem Hotel Anders, einem vermögenden Geschäftsmann, der sich jedoch nicht als Tycoon zu erkennen gibt. Auch er ist in seinem Leben an einem Punkt angelangt, wo er sich ausgebrannt und orientierungslos fühlt. Helena und Anders empfinden Sympathie füreinander, doch bis zu einem gemeinsamen Neuanfang ist es ein langer Weg. Zu viele ganz unterschiedliche Erfahrungen haben die beiden vom Leben enttäuschten Menschen geprägt; die Narben ihrer seelischen Verletzungen sind noch nicht verheilt. Wie kann bei dieser Ausgangslage, die geprägt ist durch eine so differierende Weltsicht, eine Beziehung gelingen?

Entscheidend für beide sind die Gespräche mit dem eigenbrötlerischen Verner, der ihnen eine neue, vollkommen nicht materielle Sicht auf das Leben vermittelt. Natürlich erinnert Verner an die Figur des "weisen Eremiten", doch er passt in diesen Handlungsrahmen, nicht zuletzt auch vom Ort des Geschehens her. Alle Charaktere besitzen ihre Ecken und Kanten, sind ausgeprägte Individualisten.
Die Entwicklung der Beziehung zwischen Helena und Anders wird, ohne jemals auch nur an den Rand des Kitsches zu geraten, überzeugend dargestellt. Und es gibt auch genügend Raum bei dieser Lektüre, über die eigene Lebenserwartungen und Lebenskonzepte nachzudenken. In "Eine zweite Chance" treffen gute Unterhaltung und intelligente Gedanken auf die Frage, was für unser Leben und unser Sein letztendlich von Bedeutung ist.

Karin Alvtegen wurde 1965 in Stockholm geboren und lebt dort mit ihrer Familie. In ihrer Heimat zählt sie bereits zur Spitzenriege der schwedischen Krimiautoren. Mit "Eine zweite Chance" hat sich die Autorin nun einem neuen Genre zugewandt.

Rezension von Ute Gillessen
aus der Münchner Stadtbibliothek Fürstenried

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28.08.2015 Buchtipp: Skandinavien
 
Kajsa Ingemarsson: Eins, zwei, drei - beim vierten bist du frei. Oder was ist eigentlich "ChickLit"
DTV Verlag

Warum wollen alle, dass ich mit 31 Jahren "erwachsen" werde und nicht mehr das chaotische Girlie sein kann? Diese Frage stellt sich für Paula, die von einem ihrer zahlreichen Auslands-Jobs nach Stockholm zurückkehrt und feststellt, dass sich in ihrem Freundeskreis einiges verändert hat.

Da ist z.B. die bislang so flippige Anna, die ein Baby erwartet und heiraten will oder auch Rakel, welche nun vorhat, in ihrem Beruf Karriere zu machen. Auch ihr bislang so geduldiger Freund Johan ist nicht mehr bereit, Paulas immer sehr spontane und bloß nicht auf längerfristig angelegen Pläne im Privaten oder im Job weiter mitzumachen. Was will Paula mit ihrem Leben also anfangen? Plötzlich sieht sie sich nämlich von allen Seiten in Frage gestellt und muss sich endlich entscheiden zwischen Aushilfsjobs, unverbindlichen Affären und Trips in die weite Welt einerseits und Johans Erwartungen, die in Richtung Heirat und Familiengründung laufen, andererseits...

Diese Entscheidungsfindung beschreibt K. Ingemarsson, Schwedens "Instanz für Frauenliteratur mit Witz und Verstand" so überzeugend, dass man unwillkürlich zum Nachdenken über die eigene Situation während der Zeitspanne zwischen 30 und 40 Jahren angeregt wird.
Die Frage, wann man im Leben eben nicht mehr alle Optionen offen hat, wurde bislang selten in einem Frauenroman so amüsant und zugleich nachvollziehbar beschrieben, wie in diesem Top-Bestseller aus Schweden.

Kajsa Ingemarsson ist für mich eine besonders positive Vertreterin der Gattung "ChickLit"


Rezension von Ute Gillessen
aus der Münchner Stadtbibliothek Fürstenried
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27.08.2015 Buchtipp: Italien
 
Paul Theroux: Der Fremde im Palazzo d'Oro
Hoffmann & Campe Verlag

"Bewegend. Meisterlich beschwört Paul Theroux Sinnlichkeit herauf." So urteilt die "New York Times" über diesen Roman. Dabei handelt es sich von der Komposition her eher um eine Novelle, die mit Erotik nicht geizt und sich als kurzweilige Urlaubslektüre perfekt eignet.

Sizilien, die pittoreske Stadt Taormina, ein heißer Sommer im Jahr 1962, das ist der Hintergrund für die folgende Amour fou, die Theroux' Alter Ego, ein mittelloser angehender Maler, erlebt. Eigentlich auf den Spuren von D.H. Lawrence wandelnd, entdeckt er auf der Terrasse des eleganten, für ihn unerschwinglichen titelführenden Hotels ein faszinierendes Paar: eine ganz in weiß gekleidete, schöne blonde Frau mit ihrem dunkelhaarigen Begleiter. Sie werden auf ihn aufmerksam, und der Mann lädt den 21-jährigen Gil ein, an ihren Tisch zu kommen...
Was sich nun zwischen ihm und der unnahbar anmutenden, so arroganten deutschen Gräfin entwickelt, wird mit wenigen Worten meisterhaft beschrieben. Welche Abgründe lauern in ihm und ihr; es geht um Unterwerfungsfantasien und die reine sexuelle Freude am Anderen, doch nie wird die Grenze zum Obszönen, zur Geschmacklosigkeit überschritten.

Wann kippt das Gefühl der Abhängigkeit in Widerwillen um, wie den Absprung finden aus einem Leben, das zunächst so verlockend erschien? Öffnet das Zusammentreffen mit einer ebenfalls einfach reisenden jungen Amerikanerin Gil die Augen für seine eigenen Wünsche? Immer deutlicher treten die Interessen des männlichen Begleiters der Gräfin, eines homosexuellen arabischen Arztes, der seiner Patientin devot ergeben zu sein scheint, hervor.

Die Frage: "Was ist Schönheit"
beherrscht dieses immer wieder überraschende Buch ; und das Ende, wo wir den Autor bzw. Gil als älteren Mann wieder in Taormina, an einem Hotelpool sitzend, antreffen, im Gespräch mit einer barbusigen Bikini-Schönheit aus dem ehemaligen Jugoslawien zeigt, dass es sich bei "Der Fremde im Palazzo d'Oro" eben doch um eine feine "Erotik"-Novelle handelt.


Paul Theroux, 1941 in Massachusetts geboren, ist auch als Reiseschriftsteller bekannt geworden und gehört zu den weltweit populärsten Gegenwartsautoren. Theroux ist Mitglied der American Academy of Science and Arts. Mit seiner Familie lebt er in London und auf Cape Cod.

Rezension von Ute Gillessen
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27.08.2015 Buchtipp: Italien
 
Fabio Volo: Lust auf dich
Diogenes Verlag

Ein Mann schreibt einen vordergründig erotischen Roman aus der Sicht einer Frau. Das ist schon eher ungewöhnlich - doch dieser Roman ist gelungen und landete nicht zu Unrecht in Italien auf Platz 1 der Jahresbestsellerliste.

Elena hat sich ein scheinbar perfektes Leben kreiert: Uni-Abschluss, ein interessanter Beruf und eine Heirat mit einem grundsoliden Mann, der sich allerdings bald als Langweiler entpuppt. Sie fühlt sich als Frau "nicht mehr gesehen"; gemeinsame Interessen und Unternehmungen, außer die für Elena so frustrierenden Besuche zum Mittagessen bei seiner "Mama", bleiben auf der Strecke. In dieser Situation lernt sie, zunächst nur beruflich, einen faszinierenden Fremden kennen, der ihre Lust und Leidenschaft wieder neu entfacht: "Beim Sex erkenne ich mich nicht wieder. Ich bin eine andere Frau, und diese Frau gefällt mir."

Überzeugend beschreibt Fabbio Volo Elenas Metamorphose hin zu einer lustvolleren, weniger an gesellschaftlichen Konventionen klebenden jungen Frau. Wie vom Cover und Titel nicht anders zu erwarten, gibt es allerdings Sexszenen, die aber nie zu sehr ins Detail gehen. Immer steht das Empfinden, die Gefühlswelt Elenas im Vordergrund; alles in allem ein sehr poetischer, ehrlicher Eheroman, der auch in seinem überraschenden Ende nachvollziehbar erscheint. In recht kurzen Kapiteln, z.T.nur zwei bis drei Seiten lang, sowie zahlreichenTagebucheinträgen, wird die Handlung und Elenas Entwicklung vorangetrieben, wobei beim Lesen wahrhaft nie Langeweile aufkommt.

Fabio Volo schreib seine bisherigen Romane "Einfach losfahren" sowie "Noch ein Tag und eine Nacht" (beide in der Stadtbibliothek Fürstenried vorhanden) aus der Sicht seiner männlichen Protagonisten. Mit "Lust auf dich" beweist er ebenfalls großes Einfühlungsvermögen in die weibliche Psyche. Der Autor, 1972 bei Brescia geboren, arbeitet u.a. als Schauspieler und hat eigene Sendungen im Radio und Fernsehen.

Rezension von Ute Gillessen
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27.08.2015 Buchtipp: Italien
 
Michael Weirether / Adriana Falcieri: Pizza alla famiglia
Piper Verlag

"Noch sechs Monate, dann seid ihr zu dritt..." Dies konstatiert Michaels Mutter und hofft damit zugleich, seine Frau Adriana würde nun ihre Arbeit in Italien aufgeben und die junge Familie zöge nach München. Denn, so die Logik der alten Dame: "Mit Kind müsst ihr Euch für einen Wohnort entscheiden."

Das jedoch wollen Adriana und Michael keineswegs. Beide arbeiten in anspruchsvollen und erfüllenden Berufen; er als leitender Ingenieur eines alternativen Energieunternehmens, sie als Philosophieprofessorin. Bislang pendelte man zwischen München,Triest, gelegentlich auch dem Trentino, und genoss die Vorzüge der deutschen als auch der italienischen Lebensweise. Doch mit der Geburt Tobias muss eine Lösung gefunden werden: ein Au-pair scheint das Passende zu sein. Und nun wird der Leser regelrecht mit ins binationale Familienleben hineingenommen., da sehr realitätsnah und meist auch amüsant erzählt wird, wie das mit neun höchst unterschiedlichen Au-pairs in einem Zeitrahmen von zwölf Jahren funktioniert. Als auch noch Eva zur Welt kommt, Michael zudem beruflich öfters in Cuxhaven sein muss und Adriana in Triest immer mehr gefordert wird, scheinen sich die Befürchtungen der deutschen Oma zu bewahrheiten, dass dieses "Nomadentum" zwischen den beiden Wohnorten München und Triest eben doch nicht möglich ist.

Doch wo ein Wille, da auch ein Weg: Mit kreativen Lösungen, einer guten Portion Organisationstalent und viel Gelassenheit bei den überraschenden Zwischenfällen, die ein Leben mit den Au-pairs und dem ständigen Pendeln auch tatsächlich erfordern, schaffen es Michael und Adriana letztendlich doch. Dabei profitieren gerade auch die Kinder von dem Aufwachsen in der Zweisprachigkeit, den Erfahrungen mit beiden Kulturen sowie der immer erforderlichen Anpassungsfähigkeit an sich ändernde Lebensumstände. "Pizza alla famiglia" erzählt mit Humor aber ohne Slapstick-Attitüde abwechselnd aus der Perspektive beider Eltern, was eine besondere Unmittelbarkeit herstellt. Michael Weirether und Adriana Falcieri leben tatsächlich dieses Familienkonzept und beweisen somit, was bei guter Betreuung, Toleranz und gegenseitigem Respekt an intensiv gelebtem Familienleben möglich ist.

Auch wenn sich Realität und Fiktion mischen, ist dieser Titel lesenswert für Frauen und Männer, die sich Gedanken über die Vereinbarkeit von Familie und Beruf machen. Ganz besonders ist er aber allen verantwortlichen Familienpolitikern zu empfehlen. Angemerkt sei noch, dass es den Begriff "Rabenmutter" nur in der deutschen Sprache gibt.

Michel Weirether, 1955 geboren, arbeitet als Physiker bei verschiedenen Forschungsorganisationen im Großraum München und ist nebenher als Schriftsteller tätig. Seine Frau Adriana Falcieri lehrte zunächst Philosophie an der Universität Triest und folgt 2010 einem Ruf an die Universität Mailand. Wie in ihrem gemeinsamen Buch hat das Paar zwei Kinder.

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26.08.2015 Buchtipp: Roman aus Großbritannien
 
Francesca Segal: Die Arglosen
Kein & Aber Verlag

Der Mikrokosmos einer gut situierten jüdischen Gemeinde im Nordwesten Londons, wo es sich gut wohnen und leben lässt, bildet den Hintergrund für Francesca Segals Roman "Die Arglosen". Parallelen zu Edith Whartons berühmten Roman "Zeit der Unschuld" (The Age of Innocence) von 1921 drängen sich auf, und doch weist Segals Story eine ganz eigene Handschrift auf. In beiden Büchern steht eine unmögliche Liebesgeschichte im Mittelpunkt und bildet die Plattform für eine anschauliche Gesellschaftsskizze modernen jüdischen Lebens in London.

Seit 12 Jahren sind Adam und Rachel bereits ein für die jüdische Community "typisches" Paar: Beide mit guten Berufen, sie Lehrerin, er aufstrebender Rechtsanwalt in der Kanzlei seines zukünftigen Schwiegervaters. Alles scheint perfekt auf die geplante Hochzeit hin zu laufen. Doch dann taucht Rachels Cousine Ellie aus New York auf, schillernd, skandalumwittert und vor allem sehr attraktiv...
Und Adam verliebt sich in das verletzliche junge Model; sein bisheriger Lebensentwurf: Heirat, Familie, ein angesehenes Mitglied der jüdischen Gemeinde zu sein, steht plötzlich zur Disposition. Soll er seinen Emotionen folgen oder den von ihm bislang nie in Frage gestellten Konventionen folgen? Bei der Entscheidungsfindung nimmt die Familie aber auch der weitläufige Freundeskreis nicht unerheblich Einfluss auf das weitere Geschehen; schließlich herrscht eine unbedingte Solidarität in dieser liberalen jüdischen Gemeinde. Adam spürt natürlich diesen z.T. eher subtilen Druck, das "Richtige" zu tun und ist hin und her gerissen.Zudem kommt es noch zu einem Finanzcrash in der Kanzlei seines Schwiegervaters, bei dem wiederum der Zusammenhalt aller gefordert wird. Dieses Spannungsmoment tut dem Roman gut und wirkt keinesfalls "aufgepfropft".

Mit "Die Arglosen" halten Sie einen gut geschriebenen Gesellschaftsroman in Händen, der vor allem durch seine Zeichnung der einzelnen Charaktere überzeugt. Gerade die Schilderung der prallen, der liebenswerten Mütter und Großmütter lassen beim Lesen immer wieder ein Schmunzeln zu.
Man wünscht sich regelrecht, für eine gewisse Zeit in diesen Kosmos jüdischer Tradition einzutauchen.


Francesca Segal 1980 in London geboren, ist die Tochter des Literaturprofessors Erich Segal, dem Autor von .Love Story.. Sie studierte in Oxford und Harvard; heute arbeitet sie als Journalistin und Kritikerin. Ihr Debüt "Die Arglosen" wurde bereits mit zahlreichen Literaturpreisen ausgezeichnet und erscheint in bisher elf Ländern.

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26.08.2015 Buchtipp: Roman aus Großbritannien
 
Bethan Roberts: Der Liebhaber meines Mannes
Diana Verlag

Eine homosexuelle Liebe Ende der 50er/Anfang der 60er Jahre des letzten Jahrhunderts in England - damals ein Fall für die Justiz! Was fällt einem Mann in dieser Zeit in Brighton ein, um seine Liebe trotzdem leben zu können?

Das beschreibt Bethan Roberts eindringlich und mit Einfühlungsvermögen in ihre weiblichen als auch männlichen Protagonisten. Marion verliebt sich als Teenager in den gut aussehenden Bruder ihrer Freundin, ohne dabei wahrnehmen zu wollen, dass Tom sich nicht für sie als Frau interessiert. Als er ihr einen Heiratsantrag macht, scheint für die inzwischen junge Lehrerin ein Traumleben in Erfüllung zu gehen, obwohl sie zu diesem Zeitpunkt bereits spürt, dass ihr zukünftiger Ehemann "anders" ist, und ihre Liebe auch für sie beide wird reichen müssen.

Tom, der jetzt eine Stelle als Polizist in Brighton gefunden hat, verliebt sich in Patrick, den Kurator des örtlichen Museums; angezogen von dessen Kultiviertheit und Bildung. Als dieser Tom für ein paar Tage nach Venedig einlädt, meldet Marion den Liebhaber ihres Mannes bei der Polizei, übermannt von Gefühlen der Eifersucht und Enttäuschung. Dachte Marion doch, ihre Liebe könnte Tom "ändern". Patrick kommt also ins Gefängnis, und erst 40 Jahre später versucht Marion auf äußerst aufopfernde Weise, ihren Verrat an Patrick wieder gut zu machen.

Diese fesselnde Dreiecksgeschichte wird abwechselnd aus der Sicht Marions im Jahr 1999 am Sterbebett Patricks und Patricks Tagebucheinträgen erzählt. Die perfekt aufgebaute Spannung hält bis zum Schluss an. In einem geschickten Bogen wird die Geschichte am Ende wieder ganz an ihren Anfang zurückgeführt. Dieser wahrhaft runde, gelungene Roman, der nuanciert die Untiefen der Eifersucht auslotet und ein aufschlussreiches Zeitkolorit bietet, inspiriert dazu,auch die älteren Romane der Autorin zu lesen.

Bethan Roberts, in Oxford geboren, unterrichtet Creative Writing an der Chichester University und dem Goldsmith College in London. Sie lebt mit ihrer Familie in Brighton.

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26.08.2015 Buchtipp: Italien
 
Natasa Dragnic: Immer wieder das Meer
btb Verlag

Drei Schwestern verlieben sich nacheinander in den selben Mann. Was hat das für
Auswirkungen auf die schwesterlichen Beziehungen und das Familienleben zusammen mit den Eltern?
Das beschreibt Natasa Dragic in ihrem gekonnt aufgebauten Familienroman "Immer wieder das Meer" - wohin es die Schwestern immer wieder in den verschiedensten Lebenslagen zieht. Ein wahrhaft stimmiger Titel! Doch welche der drei Schwestern führt der gut situierte Dichter Alessandro Lang schließlich zum Altar? Roberta, die Älteste, als Ärztin arbeitend, Lucia, die erfolgreiche Bankerin, oder Nannina, das Nesthäkchen, welches es über die Arbeit als Übersetzerin selbst zur Autorin schafft?

Dieses Geheimnis lüftet N. Dragnic erst gegen Ende des Romans, obwohl das Buch mit I. "Heute heirate ich Alessandro Lang, den berühmten italienischen Dichter." beginnt und 2010 mit der Hochzeit von ??? endet. Es soll nur so viel verraten werden: Die drei Schwestern versöhnen sich am Hochzeitstag " nachdem es über die Jahre immer wieder zu heftiger Eifersucht zwischen ihnen gekommen ist. Allerdings fragt man sich, warum Alessandro so eine magische Anziehungskraft zuerst auf Roberta, dann auf Luca uns schließlich auf Nannina ausübt" schließlich gibt es im Leben von allen dreien auch noch andere Männer. Doch davon abgesehen, hält man mit "Immer wieder das Meer" einen gut geschriebenen Unterhaltungsroman in Händen, der es schafft, den Spannungsbogen bis zum Schluss aufrecht zu halten und den Leser regelrecht mit in die Familie hinein zu nehmen.

Natasa Dragnic, 1965 in Split, Kroatien, geboren, lebt seit 1994 in Erlangen. Sie studierte Germanistik und Romanistik in Zagreb. Anschließend arbeitete sie u.a. als Literaturdozentin. Ihr Debütroman "Jede Stunde, jeder Tag" wurde mit dem IHK-Kulturpreis der Stadt Nürnberg ausgezeichnet undzugleich national wie international ein Bestseller, übersetzt in 30 Sprachen.


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07.08.2015 Buchtipp: Spanien
 

Thomas Vogel: Die goldenen Äpfel der Hesperiden

Klöpfer & Meyer Verlag

Ein wunderbar literarischer Roman, der so schnell zu lesen ist, dass es fast schon schade ist, lassen Sie sich von Thomas Vogels ganz speziellen Sog fesseln und auf die Insel Teneriffa entführen.
Zwei Schulfreunde haben noch eine Strafarbeit für ihre verehrte ehemalige Deutschlehrerin anzufertigen, allerdings liegt das bereits Jahrzehnte zurück. Doch das Versprechen, diese sehr besondere Arbeit zu schreiben, nämlich einen ganzen Roman, gilt. Da passt es, dass sich Charlie nach über 25 Jahren im Schuldienst reif für eine Auszeit sieht. Zudem fühlt er sich seinem bereits verstorbenen Freund Simon verpflichtet, diese letzte "Herkulesaufgabe" zu vollbringen; hatten sie doch in ihren gemeinsamen Jahren vorher bereits schier nicht zu bewältigende "Heldentaten" gemeinsam gemeistert, wie z.B. mit 10 Mark 1000 km weit zu trampen.

So entsteht ein niveauvoller Roman mit Exkursen in die Philosophie sowie in die Welt der griechischen Mythologie; auch die Liebe lässt Charlie auf Teneriffa nicht unberührt. Ausgerechnet auf dem Archipel der Glückseligen trifft er wieder auf die Schwester seines verstorbenen Freundes. Es überzeugen die lebendigen Dialoge, und auch das Lokalkolorit der abwechslungsreichsten Kanareninsel kommt nicht zu kurz.

Greifen Sie zu dieser kurzweiligen Lektüre, wenn Sie für die Ferien noch einen geistreichen und zugleich anregenden Roman suchen.

Thomas Vogel, 1947, studierte Romanistik, Kunstgeschichte und Theologie. Er arbeitet als Journalist und Redakteur, zuletzt als Leiter der Redaktion Kultur bem SW-Rundfunkstudio Tübingen. Zudem unterrichtet Thomas Vogel Rhetorik an der Universität Tübingen

Rezension von Ute Gillessen
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07.08.2015 Buchtipp: Spanien
 
Juli Zeh: Nullzeit
btb Verlag

Un ménage à trois oder Spiele der Erwachsenen auf eine besondere Art: So könnte der Untertitel zu Julis Zehs neuestem Roman lauten.

Auf Lanzarote wird in dem nicht gerade umfangreichen Roman Lebenslügen und anderen Untiefen des Lebens aller Protagonisten nachgegangen. Dass das vorherrschende Milieu nicht nur das Land, sondern auch das Wasser ist - daher auch der Titel "Nullzeit" ein Terminus aus der Tauchersprache - schafft zusätzlich Spannung. Und um ein Eintauchen ins Dunkle und Ungewisse der Seele (und des Meeres) geht es in Juli Zehs intelligent konstruiertem Psychothriller. Die Schauspielerin Jola und ihr deutlich älterer Lebensgefährte Theo, ein mäßig erfolgreicher Schriftsteller, nehmen bei Sven auf der Insel Tauchunterricht; Jola, um sich auf eine von ihr erwartete Rolle vorzubereiten. Svens Motto "Keine Einmischung in fremde Probleme" wird schon bald hinfällig; seine Beziehung zu Antje, die mit ihm die Tauchschule führt, ist für Sven bequem aber ohne größere Leidenschaft. Zu sehr fühlt er sich von der attraktiven Jola angezogen und bemerkt dabei nicht, dass er zum Spielball in einem mörderischen Spiel zwischen Jola und Theo wird.

Das wird brillant beschrieben, und die Einfügung von Jolas Tagebucheinträgen, welche die Realität völlig anders wiedergeben als Sven, der Ich-Erzähler sie schildert, schaffen zusätzlich Suspense à là Patricia Highsmith. Wer sieht nun die Realität richtig - wer verdreht sie und mit welchen Hintergedanken? Eine fatale Dreiecksbeziehung, in der sich allgemeingültige Lebensmaximen auflösen und eine Unterscheidung zwischen Opfer und Täter unmöglich wird, und wohin sie führt; diese literarisch geglückte Schilderung habe ich in einem Zug gelesen und nur für wirklich notwendige Unterbrechungen beiseite gelegt.

Juli Zeh, promovierte Juristin, wurde 1974 in Bonn geboren.
Ihre inzwischen in 35 Sprachen übersetzten Bücher wurden mit zahlreichen bedeutenden Literaturpreisen ausgezeichnet. Von einigen ihrer Romane gibt es auch Bühnenfassungen, so Z.B. von "Spieltrieb" (2006) und "Schilf" (2008).

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07.08.2015 Buchtipp: Roman zu Spanien
 

Elia Barceló: Töchter des Schweigens

Piper Verlag

Erinnern Sie sich an Ihr letztes Klassentreffen oder ein Treffen mit engen SchulfreundInnen? Man hat sich lange nicht gesehen und ist einigermaßen gespannt...
In Elia Barcelós "Töchter des Schweigens" treffen sich sieben Freundinnen in der Kleinstadt ihrer Kindheit an der spanischen Mittelmeerküste nahe der Stadt Alicante. Diese nun um die 50 Jahre alten Frauen teilen ein Geheimnis:
Während der Abi-Klassenfahrt nach Mallorca im Jahr 1974 muss etwas passiert sein, das alle Freundinnen schuldig werden ließ und deren Leben nachhaltig beeinflusst hat - jede einzelne auf ganz individuelle Weise. Und dann stirbt ausgerechnet die sanfte Lena aus der heutigen Frauen-Clique auf sehr mysteriöse Art - war es Selbstmord oder Mord? Was haben die Freundinnen mit diesem Tod zu tun? Geschickt streut die Autorin, zunächst eher subtil, Andeutungen auf das tragische Unglück - oder das Verbrechen - während der Überfahrt nach Mallorca kurz nach dem Abitur ein. Die Andeutungen vermischen sich nun mit den persönlichen Geheimnissen jeder einzelnen der Freundinnen, die damals unter gar keinen Umständen ans Licht hätten treten dürfen.

Dieses Geflecht übt einen unwiderstehlichen Sog beim Lesen aus; man/frau muss wissen, wie es weiter geht! Der meisterhaft konstruierte Spannungsbogen führt, zunehmend steiler ansteigend, zu dem überraschenden und trotzdem überzeugenden, in sich stimmigen Finale. Auch die gelungene Komposition trägt zur "suspense" bei: Ständig pendelt die Story zwischen Mai/Juni 1974 (2 Jahre vor Francos Tod) bzw. dem letzten Schuljahr 1973 und dem Treffen der Frauen im Mai/Juni 2007. Überzeugen konnten insbesondere die psychologisch gut ausgeleuchteten Frauencharaktere in ihrer ganzen Individualität, die sich aufgrund ganz unterschiedlicher Familienhintergründe genauso ergeben mussten. Eventuell kommen dabei die Männer etwas zu kurz...

Bilden Sie sich selbst eine Meinung über "Töchter des Schweigens".
Der Roman zeigt deutlich die Prägung Spaniens durch den rigiden Katholizismus und Francos Diktatur (1936-1976) sowie durch die "movida", also der Aufbruchsstimmung gerade der jungen Frauen Ende der 70er/Anfang der 80er Jahre. Ein Roman über das Gelingen und Scheitern von Lebensentwürfen, der LeserInnen, die ein wenig Rückschau auf ihr Lebenhalten wollen, fesseln dürfte.


Elia Barceló ist mit einem Österreicher verheiratet und lehrt seit vielen Jahren an der Universität Innsbruck Spanische Literatur. Die Frankfurter Allgemeine Zeitung bescheinigte schon ihrem ersten auf Deutsch erschienene Roman "Das Geheimnis des Goldschmieds" einen "unwiderstehlichen Sog".

Rezension von Ute Gillessen
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07.08.2015 Buchtipp: Roman aus USA
 

Elizabeth Strout: Das Leben natürlich

btb Verlag

Das Schlechteste an Elizabeth Strouts neuem Roman ist sein deutscher Titel!
Leider ist er so banal und nichtssagend, dass man davon leicht auf das Buch schließen könnte; doch das wäre ein Fehler. Im Original lautet der Buchtitel "The Burgess Boys". Und genau um diese zwei Brüder und deren sehr unterschiedliche Leben geht es in E. Strouts hervorragenden Roman.

Jim und Bob entflohen beide der Enge des kleinen Ortes Shirley Falls, Maine. Und beide wurden Anwälte in New York - Jim ein erfolgreicher Staranwalt, Bob hingegen ein mäßig engagierter im Öffentlichen Dienst angestellter Anwalt. Folglich leben beide in sehr unterschiedlichen Milieus: Jim hat eine reiche, attraktive Frau geheiratet und ist zudem mit wohlerzogenen Kindern und einem luxuriösem Heim "gesegnet". Er hat es also geschafft, auf der gesellschaftlichen Leiter weit oben anzukommen. Bob wiederum ist geschieden, seine beste Freundin ist seine Ex-Frau, und er lässt sich eher durch sein Leben und die Straßen von New York treiben. Zudem wohnt er in einem Block, den Jim als Studentenwohnheim bezeichnet.
Doch dann werden beide von ihrer alleinerziehenden Schwester Susan um Hilfe gebeten. Ihr immer noch sehr linkischer Sohn Zach hat während des Ramadans einen tiefgefrorenen Schweinekopf in die Moschee der somalischen Flüchtlinge geworfen.

Wie Elisabeth Strout nun Fragen aufwirft nach der Gültigkeit von Lebenskonzepten, nach der Beurteilung, wann etwas als rassistischer Akt zu bewerten ist und insbesondere ihre Frage, wie sich das Verhältnis der Brüder zueinander entwickelt hätte, wenn Jim seine Lebenslüge früher aufgedeckt hätte, ist großartige Literatur.
Der Roman überrascht durch unerwartete Wendungen im Leben der Brüder Burgess; am Ende steht der Siegertyp Jim nämlich gesellschaftlich im Abseits und Bobs Weg scheint nach oben zu gehen.
Wie es dazu kommt, wird nachvollziehbar und mit einer guten Portion Ironie geschildert.


Elizabeth Strout erhielt für das Buch "Blick aufs Meer" vor fünf Jahren den Pulitzerpreis und gehört zu den erfolgreichsten US-amerikanischen Autorinnen. Sie stammt aus Maine und lebt heute in New York.

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07.08.2015 Buchtipp: Roman aus USA
 
Stewart O'Nan: Die Chance
Rowohlt Verlag

"Wahrscheinlichkeit, dass Ihnen dieser Roman gefällt: 100%". So vermutet die "Washington Post" - und sie dürfte damit richtig liegen. Schließlich geht es in Stewart O'Nans Roman tatsächlich um eine allerletzte Chance: ein langjährig verheiratetes Ehepaar versucht dem Familienbankrott zu entkommen, indem es die Hochzeitsreise ins kanadische Niagara Falls wiederholt und im Casino um "alles oder nichts" spielt und eventuell zugleich auch noch die angeschlagene Ehe
zu retten. Doch wie kommt es zu so einer Entscheidung?

Die Wirtschaftskrise - Stichwort Immobilienblase 2008 - reißt das sehr typische Mittelstandsehepaar Marion und Art Fowler in den finanziellen Ruin, als er seinen Job als Versicherungsfachmann verliert und die Kredite fürs viel zu große Haus nicht mehr bedient werden können. Dazu kommen noch die besonderen Affären der Eheleute.
Doch Art, ein schlauer Statistiker, meint eine Spielweise beim Roulette entdeckt zu haben, die zum großen Gewinn führen muss. Also schmuggelt das Paar alles noch verfügbare Geld im Reisebus über die kanadische Grenze, mietet sich eine Suite im Casino-Hotel mit spektakulärem Blick auf die Niagara Fälle, schwelgt im Champagner. Und das alles auf Kreditkarte; schließlich geht es ja um alles oder
nichts...

In diesem schmalen Roman verdichtet Stewart O'Nan die Probleme der amerikanischen Mittelschicht während der Zeit der Lehman-Pleite mit einer typischen Ehekrise, bei welcher ein über 30 Jahre miteinander verheiratetes Paar trotz allem noch eine gewisse Nähe zueinander verspürt. Die Dialoge sind absolut glaubwürdig, der Spannungsbogen perfekt aufgebaut, und die eher kurzen Kapitel mit passenden Überschriften aus der Statistik treiben die Handlung rasant voran.
Stewart O'Nan braucht keinen Vergleich mit John Irving oder John Updike zu scheuen; das beweist nicht zuletzt dieser neue Roman von ihm. Er wurde 1962 in Pittsburgh geboren und wuchs in Boston auf.

Nachdem Stewart O'Nan zeitweise als Flugzeugingenieur arbeitete, studierte er Literaturwissenschaft an der Cornell University. Für seinen Erstling "Engel im Schnee" erhielt er den William-Faulkner-Preis. Und zu guter Letzt: Die Übersetzung von Thomas Gunkel bereitet wiederum ein ganz besonderes Lesevergnügen.

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07.08.2015 Buchtipp: Roman aus USA
 
Sally Koslow: Freundinnen wie diese
DTV Verlag

Schon das Cover dieses bei dtv premium erschienenen Paperbacks ist verheißungsvoll: zeigt es doch die Skyline von Manhatten mit den Baumwipfeln des Central Parks und einem roten Seidentuch im Wind, Magnolienblüten,"- eben Frühling in New York. Und dieser New York-Roman ist ein echter Knüller, "Witzig, intensiv und schmerzhaft real", wie es Publishers Weekly so treffend ausdrückt.

Chloe, Talia, Quincy und Jules sind also die "Freundinnen wie diese", die sich zu Beginn eine Wohnung in einer weniger privilegierten Gegend New Yorks teilen. Nach einigen Jahren und aufgerieben vom hektischen Leben im Big Apple - jede hat
inzwischen sehr unterschiedlich mehr oder weniger "Karriere" gemacht im Berufs- bzw. Familienleben - treffen sie sich nur noch gelegentlich. Zu verschieden sind die Wege, die jede Frau eingeschlagen hat, sei es nun Jules, die Single - Frau auf Karriere-Trip, die mit einem Hedgefond-Manager und Kind halbtags arbeitende Chloe oder Talia und Quincy, deren als Lehrer und Rechtsanwalt arbeitende Männer durchaus auf das zusätzliche Salär ihrer Frauen angewiesen sind, um ein halbwegs "decent life" mit ihren Familien führen zu können.
Deutlich wird, wie stark das Leben in dieser "Traumstadt"(?) von einem regen Konkurrenzkampf geprägt ist; sei es um den Platz in einer guten Vorschule, um eine Wohnung oder um den Job. Jede der vier Freundinnen versucht, das Beste für sich und/oder ihre Familie herauszuholen, und so werden die Frauen in unterschiedlichen Konstellationen zu erbitterten Kontrahentinnen...

So hatten sie sich ihre Zukunft mit Anfang zwanzig wohl nicht vorgestellt! Dieser Großstadt-Roman wirft somit die Frage auf, wie belastbar Freundschaft sein darf oder sein muss. Interessant bei der Lektüre ist, dass die Handlung durch die Erzählperspektive der einzelnen Protagonistinnen vorangetrieben wird, wodurch man immer ein wenig mehr an Hintergrundinformation hat als die anderen Frauen und sich fragt, was wohl passiert, wenn dies oder jenes "rauskommt".

Sally Koslow versteht es auf jeden Fall, ihre LeserInnen amüsant und spannend zu unterhalten, was sie schon in ihrem Spiegel-Bestseller "Ich, Molly Marx, kürzlich verstorben" gezeigt hat.
Die Autorin studierte Englisch an der University of Wisconsin und hat für verschiedene Zeitschriften und Magazine gearbeitet. Mit ihrem Mann und ihren beiden Söhnen lebt sie in Manhatten.

Rezension von Ute Gillessen
aus der Münchner Stadtbibliothek Fürstenried

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07.08.2015 Buchtipp: Roman aus USA
 

Maggie Shipstead: Leichte Turbulenzen - Bei erhöhter
Strömungsgeschwindigkeit

DTV Verlag

Ein etwas sperriger Titel, der aber nicht vom Lesen abhalten sollte. Der amerikanische Originaltitel lautet schlicht: "Seating Arrangements". Das ist wesentlich treffender, da im Vordergrund und als Handlungsrahmen drei Tage rund um eine Hochzeit auf einer der typischen Ostküsten-Inseln stehen. Und da es sich um die reiche aber nicht protzige Familie van Meter handelt, in der alle relevanten WASP-Traditionen hoch im Kurs stehen, darf man gespannt sein.

M. Shipstead blickt genau hinter die Fassade aus dem vermeintlich korrekten American Way of Life der Ostküsten-Elite. Winn van Meter hat sich jedenfalls sein ganzes bald 60-jähriges Leben daran gehalten. M. Shipstead hat einen Harvard Abschluss, war in den richtigen Clubs und Studentenverbindungen, er heiratete eine Frau mit "Herkunftsnachweis" und besitzt ein angemessenes Ferienhaus auf Waskeke. Doch die Familie spielt nicht so recht mit. Daphne plant hochschwanger zusammen mit ihrer Mutter die Hochzeit wie eine Mischung aus Staatsbankett und Feldzug, die jüngere Livia leidet noch unter dem Schwangerschaftsabbruch sowie der unfreiwilligen Trennung vom Verursacher dieser für die Familie so peinlichen Situation. Ganz nebenbei, stammt auch dieser aus einer Elite Familie. Zudem studiert Livia das falsche Fach, nämlich Meeresbiologie anstatt Jura!

Am schlimmsten trifft Winn van Meter jedoch die Erkenntnis, dass er es letztendlich doch nicht in den "inner circle" der besseren Oststaaten- Gesellschaft geschafft hat. Geradezu verbissen versucht er z.B. in den feinen Golfclub auf Waskeke aufgenommen zu werden - dazu braucht er ausgerechnet die Hilfe des Vaters von Livias Exfreund. Und dann plagt ihn auch noch trotz bester Vorsätze die Anziehungskraft einer der Brautjungfern, Daphnes Jugendfreundin... Somit hat "Seating Arrangements" alles, was einen aufschlussreichen Roman über eine ganz spezielle Gesellschaft ausmacht: genaue Beobachtung, einen guten Schuss satirischen Humor und wunderbare Dialoge, die viel über die Protagonisten aussagen.

Eine absolut gelungene Gesellschaftsskizze.

Maggie Shipstead, 1983 geboren, studierte Amerikanische Literatur in Harvard und besuchte den berühmten Iowa Writers' Workshop. Für ihr Debüt "Seating Arrangements" wurde sie 2012 mit dem Dylan Thomas Prize ausgezeichnet.

Rezension von Ute Gillessen
aus der Münchner Stadtbibliothek Fürstenried

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07.08.2015 Buchtipp: Roman aus USA
 
Nickolas Butler: Shotgun Lovesongs
Heyne Verlag

Mit diesem berührenden Roman hat N. Butler eine Hommage an die Bewohner von Little Wings, Wisconsin geschrieben, als Repräsentanten der Kleinstädte im gesamten Mittleren Westen der USA.

Was sind die Themen von "Shotgun Lovesongs"? In erster Linie geht es um Liebe zwischen Mann und Frau, daneben aber auch um die Liebe zur und dem Verwurzeltsein in der Heimat. Das dokumentiert sich in einem Zusammenhalt der Bewohner, der in dieser Art wohl insbesondere in ländlichen Gebieten der USA zu beobachten ist. Und ein guter Beobachter ist N. Butler zweifelsohne: Wie er von Hochzeiten, Scheidungen, Eheproblemen und den alltäglichen Sorgen seiner Protagonisten schreibt, entwickelt einen eigenen Sog und Rhythmus. Das klingt sehr amerikanisch und wird von der Übersetzerin Dorothee Merkel authentisch ins Deutsche übertragen.

Kapitel für Kapitel berichten fünf Handelnde aus ihrer Sicht, was ein facettenreiches Gesamtbild ihrer Vergangenheit und Gegenwart ergibt und die Handlung kompositorisch geschickt vorantreibt. Das Personal: Ronny, ein alternder alkoholkranker Rodeo-Star, der es dank seiner Freunde wieder sozial auf die Beine schafft, Beth und Henry, die sich schon seit ihrer Schulzeit kennen, heiraten und um das Überleben ihrer Farm kämpfen; dann Kip, in Chicago als Rohstoffmakler tätig, der nach seiner Hochzeit in der alten Heimat nur schwer wieder Fuß fassen kann. Und natürlich Lee, der mit den Titel gebenden "Sotgun Lovesongs" zu einem international erfolgreichen Star avancierte, dann jedoch nach einer gescheiterten Kurzehe ebenfalls wieder nach Little Wings zurückkehrt. Dort bleibt er der Familienfreund von Henry und Beth, mit der er allerdings mehr als nur eine alte Freundschaft teilt und dies in einem unbesonnen Moment Henry gegenüber gesteht...

Wer einen guten, sehr amerikanischen Roman voll Empathie zum "Mitfühlen und Miterleben" sucht, sollte "Shotgun Lovesongs" nicht links liegen lassen.

Nickolas Butler, 1979 geboren, wuchs in Eau Claire, Wisconsin auf. Er studierte an der Univerity of Wisconsin und beim Iowa Writers' Workshop.

Rezension von Ute Gillessen
aus der Münchner Stadtbibliothek Fürstenried
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06.08.2015 Buchtipp: Roman zu Frankreich
 

Saira Shah: Ziemlich nah am Glück

Kiepenheuer & Witsch Verlag

Wie lernt man ganz bewusst von einem Tag zum anderen zu leben? Sogar mit einem schwerstbehinderten Kind? Dieses Thema wird in "Ziemlich nah am Glück" von Saira Shah auf berührende Weise, z.T. autobiographisch, behandelt.

Anna, Köchin aus Leidenschaft und Tobias, ein noch um Anerkennung ringender Filmmusik-Komponist planen, sich in der Provence niederzulassen. Da dort die Immobilienpreise für das junge Paar nicht zu bezahlen sind, entscheiden sie sich für ein heruntergekommenes Gehöft im Languedoc, einsam gelegen und voller Ungeziefer. Die Geburt ihrer gemeinsamen Tochter Freya verläuft, noch in London, nicht wie geplant "Freya kommt schwerbehindert zur Welt. Die Ärzte prognostizieren, dass ihr Kind sie womöglich nie als Eltern wahrnehmen könnte aufgrund eines schweren Hirnschadens.

Wie das Paar nun mit dieser Situation umgeht, ist absolut ehrlich, z.T. auch erschütternd zu lesen. Beide sind zwischen heftiger Liebe zu Freya aber auch dem Versuch, sich von ihr abzugrenzen und abzuwenden, um sie eventuell in einem Pflegeheim unterzubringen, hin und her gerissen. Dazu kommen noch die widrigen Lebensumstände mit zunächst nicht ganz einfachen Einheimischen, deren Anerkennung Anna und Tobias sich erst erkämpfen müssen.
Im Anschluss an den Roman folgt in "Wahrheiten" ein zusammen gefasstes, sehr aufschlussreiches Interview mit der Autorin. Der Leser erfährt u.a., welche Teile autobiographisch sind und welche Fiktion. Für Lesekreise eignen sich dieses Interview und die Diskussionsvorschläge am Ende des Buches perfekt.
Fragen wie: Was passiert, wenn Träume zerplatzen? Wenn das Leben einem anderen Drehbuch folgt? oder die Erörterung des medizinischen Fortschritts in der Pränataldiagnostik regen zum Weiterdenken an.


Saira Shah hat afghanisch-indische Wurzeln und wuchs in England auf. Für ihren unter Lebensgefahr gedrehten Dokumentarfilm "Im Reich der Finsternis" erhielt sie u.a. den renommierten Peabody Prize. "Ziemlich nah am Glück" ist ihr erster Roman, nach "Die Tochter des Geschichtenerzählers. Meine Heimkehr nach Afghanistan."


Rezension von Ute Gillessen
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05.08.2015 Buchtipp: Romane aus Frankreich
 

Bertina Henrichs: Das Glück der blauen Stunde

Diana Verlag

Sie kennen und mögen die Provence? Dann könnte "Das Glück der blauen Stunde" ein gelungener literarischer Abstecher in den Süden Frankreichs für Sie sein. Schon das Cover dieses rundum gelungenen schmalen Romans mit den in der Abendsonne blühenden Lavendelfeldern stimmt auf die folgende Story ein.

Delphin führt mit ihrem Mann Cyril das, was man eine perfekte Ehe nennt: Er arbeitet als Hochschullehrer in Paris, sie als Innenarchitektin; beide genießen zusammen mit ihrem Freundeskreis die kulturellen Vorzüge der Seine-Metropole. Da erhält Delphin einen Brief von einem Rechtsanwalt aus Sanary-sur-Mer mit der Nachricht, dass sie in diesem Ort ein Haus geerbt hat. Delphin ist begeistert, Cyril bleibt zunächst skeptisch und weist auf seine beruflichen Verpflichtungen in Paris und die Vorzüge ihres bisherigen Lebens hin. Doch beim Aperitif am Hafen von Sanary-sur-Mer zur blauen Stunde, lässt auch Cyril sich verzaubern und beschließt, das Experiment "Leben im Haus der geheimnisvollen Erbtante" mit dem Pendeln zwischen Paris und der Provence, einzugehen.

Doch für beide zeigt sich die Idylle trügerisch: Am Haus ist so einiges zu erneuern, und die Kleinstädter verhalten sich den Neuankömmlingen gegenüber mehr als reserviert, was mit dem Leben und der Ehe der Erbtante zusammen zu hängen scheint. Als sich schließlich Cyril von Delphin trennt, scheint für sie alles in Scherben zu liegen. Delphin beginnt zu zweifeln, ob sie alleine in dem ihr nicht gerade freundlich gesonnenen Ort bleiben soll.

Wie sie es schafft, ihr berufliches und auch privates Leben wieder zu meistern, beschreibt Bertina Henrichs mit einem guten Schuss Humor. Zudem zeigt sich die Autorin als Kennerin der südfranzösischen Verhältnisse: Politische Probleme wie z.B. das Erstarken des Front National und das Liebäugeln mit rechtsradikalem Gedankengut auch von Teilen der gutbürgerlichen Gesellschaft, werden geschickt mit in die Handlung verwoben.
Nicht zuletzt überzeugt die psychologische Durchdringung ihrer Protagonistin: Delphin erscheint als sensible, nachdenkliche junge Frau, durchaus mit Identifikationspotential aber absolut klischeefrei.

Bertina Henrichs, 1966 in Frankfurt geboren, studierte Literatur- u.Film- wissenschaften. Sie lebt und arbeitet seit langem in Paris. Ihr erster Roman "Die Schachspielerin" wurde auch in Frankreich ein Bestseller und erhielt den Corine-Buchpreis für das beste Debüt. Die Verfilmung mit Sandrine Bonnaire war ein großer Erfolg. Lesenswert zudem: "It's all right, Mama" (2009) und "Ein Garten am Meer" (2011).

Rezension von Ute Gillessen
aus der Münchner Stadtbibliothek Fürstenried

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04.08.2015 Buchtipp: Romane aus Frankreich
 
Jean-Philipp Blondel: 6 Uhr 41
Deuticke Verlag

Sollten Sie öfters Zug oder S-Bahn fahren, dann eignet sich dieser schmale und brillant geschriebene Roman perfekt, um etwa 2,5 Stunden zu überbrücken.

Cécile fährt an einem der Montagmorgen mit dem Zug von Troyes nach Paris, frustriert über den anstrengenden Wochenendbesuch bei ihren Eltern. In Paris erwartet sie als Chefin eines aufstrebenden Kosmetikunternehmens eine sehr arbeitsreiche Woche und eine kriselnde Ehe. Was für ein Glück also, dass der Platz neben ihr frei bleibt aber warum eigentlich? Trotz ihres beruflichen Erfolgs plagen Cécile nämlich erhebliche Selbstzweifel, deren Ursprung in der Vergangenheit liegen...
Und dann kommt doch tatsächlich ein Mann in ihr Abteil, fragt höflich, ob der Platz neben ihr noch frei sei und setzt sich auch prompt. Cécile erkennt in diesem Mann sofort Philippe Leduc, der an ihren Selbstzweifeln eine nicht unerhebliche Mitschuld trägt. Sie erinnert sich an ihre Schulzeit als Mauer-blümchen, das für alle überraschend vom smarten doch arroganten Womenizer Philippe erwählt wurde, wenn auch nur für eine kurze Zeit, die in einer für beide desaströsen Londonfahrt endete.

Auch Philippe erkennt seine Sitznachbarin sofort, überlegt, ob er das Abteil verlassen oder den Fremden geben soll doch auch ihn holen die Gedanken an die Vergangenheit ein. Er kann es kaum glauben, dass aus dem unscheinbaren Mädchen eine offensichtlich erfolgreiche und attraktive Frau geworden ist, während er es nur zum Verkäufer von TV-Geräten in einem Einkaufszentrum gebracht hat. Und sein Äußeres mit Bierbauch und ergrautem Haar anders als bei Richard Gere löst bei Frauen keine Begeisterungsstürme mehr aus.

Ihm bleiben etwa 1,5 Stunden, Cécile anzusprechen, Dinge zu klären,sich eventuell sogar zu entschuldigen, insbesondere für seinen Vergleich in London, sie sei wie eine Ameise auf einem Rasenstück. Erzählt wird abwechselnd aus der Perspektive beider Protagonisten und das voller Aufrichtigkeit. Wie lange werden beide ihr Versteckspiel aufrecht erhalten?

Diese für die Lektüre so spannende Frage lässt das leider kurze Lesevergnügen bis zum Schluss nicht abflauen, und ich rate keinem Leser, auf die letzten zwei Seiten schon vor Ungeduld ab Seite 50 zu blicken.

Jean-Philippe Blondel, 1964 in Troyes geboren, lebt und arbeitet dort als Autor und Englischlehrer; sein neuester Roman 6 Uhr 41 wurde in Frankreich zum Bestseller.


Rezension von Ute Gillessen
aus der Münchner Stadtbibliothek Fürstenried
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04.08.2015 Buchtipp: Romane aus Frankreich
 
Ellen Sussman: An einem Tag in Paris
Blanvalet Verlag

Sie suchen zur Einstimmung auf einen Kurztrip nach Paris einen mit leichter Hand geschriebenen Roman? Mit Ellen Sussmans "An einem Tag in Paris" treffen Sie keine schlechte Wahl. Schon das Cover mit einem Ausschnitt des Pariser Stadtplans sowie einem typischen Eck-Café nebst Eiffelturm lockt entsprechende Assoziationen hervor.
Und in einem typischen Pariser Straßencafé treffen sich an einem herrlichen Sommermorgen drei junge Privatlehrer einer Sprachschule: Chantal, Philippe und Nico. Die Beziehungen zwischen den drei höchst unterschiedlichen Charakteren sind ein wenig verworren - "eigentlich" sind Chantal und Philippe nur miteinander befreundet, doch Chantal hegt auch erotische Gefühle für Nico, dem grand filou der Gruppe, mit welchem sie vor einiger Zeit eine berauschende Nacht verbrachte.
Jeder hat seine ganz individuellen Träume und Erwartungen ans Leben; die Arbeit in der Sprachschule stellt für alle drei nur eine Übergangslösung dar. Bevor die Lehrer sich mit ihren Sprachschülern treffen und mit ihnen auf ganz unter-schiedlichen Pfaden durch Paris streifen werden, verabreden sie sich noch für den Abend in einem Lokal.

Dann ziehen Josie und Nico, Riley und Philippe sowie Jeremy und Chantal durch Paris, wobei diese Paare zugleich die drei Hauptkapitel abgeben, eingerahmt von den beiden Kapiteln "Die Privatlehrer" zu Beginn und am Ende des Romans. Diese Gliederung besitzt einen ganz eigenen Charme und baut eine gewisse Spannung auf, da der Leser spürt, dass sich am Ende des Tages die Konstellation zwischen Nico, Chantal und Philippe verändern wird.

Ein sehr französischer Roman, dessen Entstehungsgeschichte in den "Zehn Fragen an Ellen Sussman" am Ende des Buches verraten wird: Sie schenkte ihrem Mann eine Privatlehrerin während eines Aufenthalts in Paris...
Mit "An einem Tag in Paris" möchte Ellen Sussman beim Lesen Gefühle der "Hoffnung, Leidenschaft, Zärtlichkeit, Trauer" hervorrufen..."Ich hoffe, diese Reise lohnt sich für den Leser". Genau das ist der Autorin gelungen.

Neben einigen Romanen hat Ellen Sussman bereits zahlreiche Drehbücher und Kurzgeschichten veröffentlicht. Nach einem fünfjährigen Aufenthalt in Paris lebt sie zusammen mit ihrer Familie in Kalifornien.

Rezension von Ute Gillessen
aus der Münchner Stadtbibliothek Fürstenried
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11.07.2015 Wie die Welt klingt
 
Eleni Torossi: Als ich Dir zeigte, wie die Welt klingt
Langen Müller Verlag

Unter wie vielen Aspekten kann dieser Roman mit großem Lesegenuss goutiert werden?
Zum einen beschreibt Eleni Torossi eine ganz ungewöhnliche Mutter-Tochter Beziehung: Die Tochter muss der gehörlosen aber nicht stummen Mutter erklären, was um sie herum passiert eben wie die Welt klingt. Zugleich ist es aber auch ein großartiger zeitgeschichtlicher Roman, da er das diktatorische Griechenland der 60er Jahre beschreibt, die Gründe, warum so viele Griechen ihrem Land den Rücken gekehrt haben, und wie ein Neuanfang in der Fremde aussehen konnte.

Am Beispiel von Eleni und ihrer Mutter entsteht ein plastisch geschildertes Migrantenschicksal, das den Leser mitnimmt nach München und zwar bis in die 90er Jahre; dabei mangelt es keineswegs an Lokalkolorit.
Eleni Torossis wohl auch autobiographisch geprägter Roman ist voller berührender Momente und doch zugleich zum Reflektieren darüber geeignet, wie Menschen ihr Umfeld wahrnehmen, gerade wenn eine Sinnesfähigkeit ausfällt. Zudem passt diese Migrationsgeschichte perfekt in die heutige Zeit und zwar als (Nach-)Denkanstoß in der derzeitigen Migrationsdebatte, wie sie gerade auch in Bayern geführt wird.

Eleni Torossi, in Athen geboren, lebt seit 1968 in München. Während ihres Studiums der Politikwissenschaften arbeitete sie für den Bayerischen Rundfunk und schreib Sozial- und Kulturbeiträge sowie zahlreiche Bücher. Sie publiziert in zwei Sprachen und erhielt bereits 2006 den CIVI Europas Medienpreis für Integration sowie 2009 das Bundesverdienstkreuz für ihre Rolle als Vermittlerin zwischen den Kulturen.


Rezension von Ute Gillessen

aus der Münchner Stadtbibliothek Fürstenried
Forstenrieder Allee 61
81476 München
Tel. (089) 759 69 89 -0
Fax (089) 759 69 89-29
www.muenchner-stadtbibliothek.de/fuerstenried
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29.06.2015 Ein Jahr auf dem Land
 
Anna Quindlen: Ein Jahr auf dem Land
DVA Verlag

Laut "The New York Times" überzeugten schon Anna Quindlens frühere Romane "durch Wärme und Intellekt, doch dieser glänzt darüber hinaus durch Humor und Prägnanz".
Es kommt wahrhaftig selten vor, dass sowohl die Literaturkritik als auch das breite Publikum von einer Autorin und allen ihren Romanen gleichermaßen begeistert sind.
Dieses Buch nun erzählt die Geschichte einer Frau um die 60 Jahre, die völlig
unprätentiös und nur scheinbar simpel daherkommt. Rebecca Winter, vormals eine gefeierte Fotokünstlerin, wurde berühmt mit ihrem "Stillleben mit Brotkrümeln"; für sie völlig überraschend, da sie nach einer Party einfach nur erschöpft das schmutzige Geschirr in ihrer Küche fotografierte.
Doch Kunstkritiker sahen darin gar eine flämische Komposition und Feministinnen ein politisches Statement. Entscheidend für Rebecca war einzig und allein, dass das Foto ihre Rechnungen als geschiedene, alleinerziehende Mutter bezahlte. Doch mittlerweile bleiben die Tantiemen aus, sodass sich Rebecca gezwungen sieht, New York sowie die dortige wertvolle Eigentumswohnung zu verlassen und diese stattdessen zu vermieten. Die Anzeige eines Immobilienmaklers "Charmantes Haus auf dem Land zu vermieten" fasziniert Rebecca, ungeachtet der früheren Warnung ihres Exmannes, dies sei nur ein Euphemismus für "viel zu klein mit schlechten Rohren".

Was Rebecca hier, Stunden mit dem Auto vom so ganz anderen, bequemen Leben im Big Apple erwartet, wird trotz diverser "Problemlagen" vollkommen unsentimental und ohne Larmoyanz geschildert. Wird es die so unerschrocken gegen alle Widrigkeiten der Natur und des Hauses kämpfende Protagonistin schaffen, sich von den Erwartungen anderer Menschen zu lösen und zu sich zu finden? Und kann ihr hilfreicher Dachdecker und zugleich jüngerer Liebhaber sie davon überzeugen auf dem Land zu bleiben?

Begleiten Sie Rebecca durch dieses aufregende Jahr und lassen Sie sich von der Stimmung dieses Romans einfach mitnehmen. Es erwartet Sie ein Lesevergnügen für einen Kurzurlaub oder ein verregnetes Wochenende.

Anna Quindlen, 1952 geboren, erhielt für ihre Kolumnen bereits den Pulitzer-Preis; ihr früherer Bestseller "Die Seele des Ganzen" wurde unter dem Titel "Familiensache" mit Meryl Streep verfilmt.

Rezension von Ute Gillessen
aus der Münchner Stadtbibliothek Fürstenried
Forstenrieder Allee 61
81476 München
Tel. (089) 759 69 89 -0
Fax (089) 759 69 89-29
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